Protokoll der Sitzung vom 12.11.2014

Das ist ein Gesetz, das die Entscheidungskompetenz auf die örtliche Ebene gibt, das regelt, dass also vor Ort entschieden werden soll. Das sagen Sie doch immer. Wir geben diese Möglichkeit. Das Gesetz ist absolut sinnvoll. Die Menschen warten darauf. Wir bekommen tagtäglich Dutzende von E-Mails und Briefen, mit Fragen, wann das Gesetz endlich in Kraft tritt.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir wollen, dass die Bürger gegenüber Großinvestoren nicht schutzlos bleiben und dass es weiterhin Möglichkeiten gibt, vor Ort sinnvolle Lösungen zu finden. Von Verfassungswidrigkeit kann überhaupt keine Rede sein. Deshalb werden wir heute das Gesetz beraten und beschließen; denn es ist sinnvoll. Wir kritisieren Ihre Verzögerungstaktik. Sie sollten endlich zur Kenntnis nehmen, dass Sie hier gegen die große Mehrheit der Menschheit in Bayern arbeiten.

(Beifall bei der CSU)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 a auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Statistikgesetzes und anderer Rechtsvorschriften (Drs. 17/3961) - Erste Lesung

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD) – Thomas Kreuzer (CSU): Da muss man nicht abstimmen!)

Herr Kollege, ein Blick in die Geschäftsordnung wird Ihnen deutlich machen, dass ich hier keine Abstimmung herbeiführen muss. Ich denke, darin sind Sie firm. Es tut mir leid. Schauen Sie in die Geschäftsordnung. Der Geschäftsordnungsantrag wird begründet. In dem Moment, in dem sich eine Fraktion mit großer Mehrheit dagegen ausspricht, brauche ich über den Geschäftsordnungsantrag nicht mehr abzustimmen. Es tut mir leid, dass ich Ihnen das sagen muss.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Herr Kollege, ich hätte jetzt nicht gedacht, dass von Ihrer Seite diese Diskussion kommt.

Erlauben Sie mir bitte, dass ich jetzt mit der Tagesordnung beginne, und zwar mit Punkt 1 a: Erste Lesung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Statistikgesetzes und anderer Rechtsvorschriften auf Drucksache 17/3961, der ohne Aussprache an den federführenden Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen überwiesen werden soll.

Wer mit der Überweisung an den zur Federführung vorgeschlagenen Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit wird der Gesetzentwurf diesem Ausschuss zur Federführung zugewiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 b auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Dr. Christian Magerl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Wassergesetzes Schutz von Gewässerrandstreifen (Drs. 17/3726) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet.

Herr Kollege Magerl, ich gehe davon aus, dass Sie Begründung und Aussprache in einem vornehmen. Bitte schön, Herr Kollege, zehn Minuten.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Um den Zustand des Wassers im Freistaat Bayern ist es schlecht bestellt.

(Zurufe von der CSU: Ah!)

Ja, es ist so. Sie sollten sich die von der Bayerischen Staatsverwaltung vorgelegten Zahlen vor Augen führen. Ich werde Ihnen in der Ersten Lesung noch nicht so viele, im Ausschuss dann mehr Daten nennen. Die vom Landesamt für Umwelt und vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz vorgelegten Zahlen sprechen insofern eine sehr deutliche Sprache, als wir bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und beim Schutz unseres Wassers – sowohl beim Grundwasser als auch bei den Fließgewässern und Seen – nicht da sind, wo wir sein sollten.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich nenne Ihnen zwei Punkte, zum einen in Bezug auf das Grundwasser. Wenn Sie sich die Risikokarten

des Landesamtes für Umwelt anschauen, in denen dargestellt wird, ob wir die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie rechtzeitig erreichen oder nicht, werden Sie Folgendes feststellen: 2004 gab es die erste Risikokarte, wonach wir die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie bis zum Jahre 2015 bei 20 % der Flächen des Freistaats Bayern nicht erreichen werden. Das ist an sich ein Zustand, der besorgniserregend ist. Jetzt haben wir – in Anführungszeichen gesetzt – "das Wasser zehn Jahre lang verbessert", wie es uns die Wasserrahmenrichtlinie eigentlich aufgibt. Im Sommer dieses Jahres haben wir die neuen Risikokarten bekommen, wonach wir im Freistaat Bayern die Ziele nicht zu 20 %, sondern zu knapp 40 % nicht erreichen. Wir hätten in den zehn Jahren runterkommen müssen, aber diese Risikokarten zeigen letztendlich eine Verdoppelung der Fläche, die in einem schlechten Zustand ist. Diese Daten stammen nicht von mir, sondern vom Landesamt für Umwelt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch für die Fließgewässer liegen entsprechende Zahlen vor; auch hier stellen wir keinerlei Verbesserung, sondern eine Verschlechterung fest. Eigentlich sollte das Ziel entsprechend der Vorschrift der Wasserrahmenrichtlinie bis 2015 erreicht werden. Jetzt haben wir dieses Ziel bereits auf 2021 verschoben. Bei den Flüssen liegt der Wert gemäß Wasserrahmenrichtlinie bei 9,69 %, also nicht einmal bei 10 %. Bei 34 % ist es unklar, bei 56,70 % ist es unwahrscheinlich, dass wir den von der EU vorgeschriebenen Zustand unserer Fließgewässer erreichen. Damit können wir uns nicht zufriedengeben. Da besteht Handlungsbedarf.

Die vorläufige Bewertung für die Fließgewässer Bayerns zeigt folgenden ökologischen Zustand: 40,6 % mäßig, 19,27 % unbefriedigend, 6,95 % schlecht. Ich könnte da noch weitermachen, aber das schenke ich mir heute in der Ersten Lesung. Die Seen sind in einem ähnlich schlechten Zustand.

Es besteht also dringender Handlungsbedarf. Deshalb haben wir heute den Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Wassergesetzes bewusst eingebracht, in dem wir auf der Basis des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes verbindlich Gewässerrandstreifen von je 10 Metern entlang der Ufer in Bayern festschreiben wollen. In Deutschland haben dies 15 Bundesländer umgesetzt und Wassergewässerrandstreifen eingerichtet. Allein Bayern setzt hier auf Freiwilligkeit. Wozu das führt, haben die Zahlen gezeigt, die ich eben vorgetragen habe. Wir erreichen das nicht, was wir nach EU-Recht sowie nach deutschem und bayerischem Recht machen müssten.

Ich habe mir die Mühe gemacht, das Ganze einmal durchzulesen. Wir hatten vor der Sommerpause im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz eine große Anhörung zum Thema Hochwasser, wobei es auch allgemein um Wasser ging. Ich möchte aus dieser Anhörung zwei Experten zitieren. Professor Dr. Disse von der TU München, ein anerkannter Experte, hat sich wie folgt geäußert:

Die Landwirtschaft besitzt eine große Verantwortung hinsichtlich des Stoffaustrags und der Erosion. Mulchsaat verhindert Erosion und erhöht die Infiltration signifikant. [...] Gewässerrandstreifen sollten gesetzlich vorgeschrieben werden, um Stoffausträge in die Gewässer zu minimieren.

Prof. Dr. Peter Rutschmann hat in dieser Anhörung unter dem Kapitel Land- und Forstwirtschaft gesagt:

Die Landwirtschaft ist kritisch zu sehen, da die Anbaumethoden zu großen Flächen und Monokulturen tendieren. Für das Hochwasser ist das vielleicht weniger kritisch, aber für die Einflüsse auf die Gewässer sehr relevant. Bei Starkniederschlägen wird viel Feststoff als Feinsediment aus den landwirtschaftlichen Flächen eingebracht. Dieser verändert das Sohlsubstrat und schädigt aquatische Populationen und Habitate.

Wir können zudem auf die Seite der Landesanstalt für Landwirtschaft gehen. Auch auf dieser Seite steht unter dem Kapitel "Düngung, Gewässerschutz und Wasserrahmenrichtlinie, Bewirtschaftungs- und Düngemaßnahmen" als Letztes: "oder die Anlage von Gewässerrandstreifen". Also auch die LFL sagt klar und deutlich, Gewässerrandstreifen seien ein gutes Mittel zum Schutz unseres Wassers und unserer Gewässer.

Unisono bekommen wir die Forderungen sowohl von den Naturschutzverbänden – ich habe eben die Experten zitiert – als auch von den Fischereiverbänden. Gestern hat ein Parlamentarischer Abend des Landesfischereiverbandes mit den drei Oppositionsfraktionen stattgefunden. Dabei wurde klar gesagt, dass wir Gewässerrandstreifen brauchen. Es wurde gesagt: Der Gesetzentwurf, den wir heute hier eingebracht haben, wird begrüßt.

Ich meine, dass das Ganze dringend erforderlich ist. Es besteht ein enorm großer Handlungsbedarf. Die Leute sind nicht mehr bereit, es hinzunehmen, dass ihr Wasser – sei es nun Fließgewässer oder Grundwasser – in dieser Art und Weise belastet wird und dass nicht der Zustand erreicht wird, wie er eigentlich von der EU gefordert ist.

Es ist nicht das erste Mal, dass wir über das Thema Gewässerrandstreifen hier in diesem Hohen Hause

diskutieren. Die neuen Zahlen vom Sommer dieses Jahres - deshalb haben wir sie jetzt eingebracht sprechen jedoch eine beredte Sprache. Daher fordere ich die CSU auf: Wir müssen handeln, wir brauchen die Gewässerrandstreifen, ansonsten wird es um unsere Gewässer weiterhin schlecht bestellt bleiben.

Darüber werden wir ausführlich in den Ausschüssen diskutieren und in der Zweiten Lesung. Ich bitte Sie aber schon jetzt: Denken Sie darüber nach, geben Sie sich einen Ruck. Das Wasser im Freistaat Bayern würde es ihnen danken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Magerl. - Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Hünnerkopf. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein intakter Zustand unserer Gewässer, ob jetzt des Grundwassers, von Fließgewässern oder von stehenden Gewässern, ist ein Anliegen, das wir alle – da bin ich mir sicher – verfolgen und das uns allen wichtig ist.

Wir wissen sehr wohl, dass nicht alles ideal ist und dass wir noch Herausforderungen im Rahmen der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie bestehen müssen. Das steht außer Zweifel, das sehen wir auch ganz deutlich, und dem stehen wir offen gegenüber. Was uns jedoch unterscheidet, lieber Kollege Dr. Magerl, ist der Weg, wie wir dahin gelangen.

Ich möchte bewusst machen, wo wir eigentlich stehen. Wir haben in vielen Fällen schon viel erreicht. Jeder von uns kennt Situationen, in denen unsere Wasserwirtschaftsverwaltung vor Ort tätig ist, um an den Gewässern erster und zweiter Ordnung die notwendigen Pufferstreifen zustande zu bekommen – ich nenne nur das Stichwort "Fränkische Saale". Das erfolgt sehr intensiv, zusammen mit den Landwirten, in Form von Grunderwerb.

Grunderwerb für den Schutz der Gewässer ist in vielen Fällen auch weiter möglich. Ich selbst war 15 Jahre in der ländlichen Entwicklung tätig und habe Flurneuordnungsverfahren mit durchgezogen. Da war es üblich - und da, wo heute noch Neuordnungen stattfinden, wird es noch so praktiziert -, dass man entsprechende Maßnahmen vorsah und Grund erwarb, um entlang von Gewässern bis hin zu Trockengräben einen Puffer einzulegen.

Weiterhin besteht die Möglichkeit, im Rahmen von Hochwasserschutzmaßnahmen und bei der Umsetzung von kommunalen Landschaftsplänen an den Gewässern dritter Ordnung sehr viel zu realisieren, was

in diese Richtung geht, damit also Entwicklungszonen - die wir als Puffer bezeichnen – geschaffen werden.

Unser Grundsatz lautet: "Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht". Wir haben in den zurückliegenden Jahren immer wieder unsere Landwirte - die Bewirtschafter der Flächen, die vorwiegend an die Oberflächengewässer angrenzen - mitgenommen und über Kulturlandschaftsprogramme kooperativ vieles mit ihnen erreicht. Ein Drittel der bewirtschafteten Flächen ist aufgrund von Kulturlandschaftsprogrammen extensiver bewirtschaftet worden. Das heißt: Wir haben dort viel erreicht.

In Bereichen, in denen es vielleicht etwas brenzliger ist, haben wir spezielle Berater eingesetzt und auch dort viel zusammen mit den Landwirten zustande gebracht. Ich will nur bewusst machen, was schon alles erreicht worden ist.

Jetzt gibt es unserer Meinung nach die Chance, dass wir noch einen zusätzlichen Schub bekommen. Im Rahmen der Kompensationsverordnung besteht die Möglichkeit, dort über Ausgleich und Ersatz über den Erwerb von Grundflächen weitere Lücken an Gewässern zu schließen.

Was uns in Zukunft jedoch noch weiter nach vorne bringt und uns sehr stark hilft, ist die Notwendigkeit von Greening-Maßnahmen in der Landwirtschaft. Ich darf Ihnen versichern: Wir werden auch die Landwirte, die bisher noch nicht so bereitwillig mitgemacht haben, überzeugen können. Sie werden gerade dort, wo ihre Grundstücke an Fließgewässer grenzen, mitmachen. Landwirte müssen ja künftig 5 % der bewirtschafteten Flächen als Greening-Maßnahmen vorhalten.

Wenn Greening-Flächen entlang Gewässern mit dem Faktor 1,5 bewertet werden, dann sind es eigentlich nur noch 3,5 % Fläche, die die Landwirte nicht mehr bewirtschaften können. Da geht es dann nicht um fünf oder zehn Meter, sondern da werden es tiefere Streifen sein. Das heißt, der Effekt wird noch größer sein. Im Zusammenspiel mit den Flächen, die bislang schon mit bereitwilligen Landnutzern erreicht worden sind, werden wir hier so einen großen Schritt weiterkommen.

Wir können diese Argumente, lieber Herr Kollege Dr. Magerl und liebe Kollegen von den anderen Fraktionen, im Umweltausschuss noch austauschen. Ich freue mich darauf, weil wir damit bewusst machen können, dass wir hier auf einem guten Weg sind.

Es wird aber wohl so sein – und das kann ich vorweg sagen –, dass wir unseren Grundsatz "Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht" beibehalten werden. Das wird