- Ist doch wahr! – Länderöffnungsklausel, lieber Erwin Huber: Ich möchte gar nicht wissen, was ihr sonst noch alles macht, wenn man euch von der Leine lässt, wenn das schon die Begründung für 10 H ist. In der Länderöffnungsklausel war nämlich ganz klar formuliert: Ein Land kann davon Gebrauch machen, aber das Land übernimmt die Verantwortung für das, was es tut. Ihr übernehmt aber mit der 10-H-Regel als Land nicht die Verantwortung, sondern ihr bewegt euch hinter dem Rücken der Kommunen weg, ihr steht nicht mehr hinter ihnen und unterstützt sie nicht mehr wie vor drei Jahren, sondern sagt: Die Verantwortung liegt jetzt bei den Kommunen,
die Kommunen können angeblich selber ja viel besser entscheiden. Ich nenne das, was ihr da macht, verlogen.
- Was heißt hier "verstehen"? Wisst ihr, was ihr nicht versteht? - Ihr versteht anscheinend nicht, was ihr vor drei Jahren gestartet habt; denn plötzlich fragt ein junger Herr Baumgärtner, ob wir gegen den Willen der Bürger Windkraftanlagen bauen wollen.
Damals wusstet ihr noch, warum. Ich sage Ihnen eines, Herr Huber. Sie sprechen von Klarheit. Welche Klarheit gibt es denn noch hier in Bayern?
Die IHK und der Verband der Bayerischen Wirtschaft fordern von euch Geschwindigkeit, damit wir in diesem Land endlich wieder Klarheit darüber bekommen, wohin denn die Energiewende gehen soll: Der Energiedialog habe gefälligst Ergebnisse zu bringen, weil in diesem Land keine Klarheit mehr herrscht.
Er wird keine Klarheit schaffen; denn es müssen endlich Entscheidungen getroffen werden, und dann ist die große Frage: Was macht der Herr Vorsitzende, der Herr Ministerpräsident am Ende? Und dann könnt ihr wieder dem Dilemma hinterherrennen, ohne eigene Meinung. Wenn das eure Struktur in der CSU ist und euer Verständnis von Demokratie und Parlamentarismus – danke schön!
Danke schön. Frau Kohnen, bitte verbleiben Sie am Rednerpult. Es gibt noch eine Zwischenbemerkung des Kollegen Hofmann.
Erstens. Wie wollen Sie die Gemeinde Schäftlarn, die Ihnen bekannt sein dürfte, eigentlich vor Investoren wie zum Beispiel der Gemeinde Berg schützen, die in dieser Gemeine eine Windkraftanlage aufstellt, obwohl man sich vor Ort dagegen ausspricht?
Zweitens. Ist Ihnen der Fall Heiligenstadt ein Begriff, in dem es ein Bürgerbegehren und einen Bürgerentscheid gab, mit denen sich die Bürgerinnen und Bürger gegen Windkraftanlagen in ihrem Gemeindegebiet ausgesprochen haben? Die Stadt Bamberg mit den Stadtwerken lässt sich davon aber nicht beeindrucken, sondern plant weiter und hat weiterhin vor, Windkraftanlagen dorthin zu stellen. Ist das die Art der Bürgerbeteiligung, wie Sie sie sich ohne 10 H vorstellen?
In Schäftlarn sind der Abstand und alles Weitere geprüft worden. Ich wohne selber in dieser Gegend und weiß, dass es Menschen gibt, die nicht zufrieden sind.
Aber es gibt genauso auch Menschen, die zufrieden sind. Wir können uns auch die Investoren noch einmal anschauen. Das sind alles Detailfragen. Mit denen muss man sich selbstverständlich auseinandersetzen.
(Lachen bei der CSU – Zuruf von der CSU: Die Wahrheit ist doch, dass das den Nachbarn auf die Schnauze geknallt wird! – Weitere Zurufe von der CSU – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Ich rede mich überhaupt nicht um Kopf und Kragen, sondern die Regelungen sind klar. Komm! Jetzt kriegen wir uns echt wieder ein!
(Zuruf von der CSU: Das ist ein guter Ansatz! – Oliver Jörg (CSU): Selbstmahnend! – Abgeordnete Natascha Kohnen (SPD) begibt sich unvermittelt zurück zu ihrem Platz)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Anschluss an den Kollegen Glauber gehe ich auf ein paar Punkte ein, die uns wirklich wichtig sind, und führe aus, warum wir die zur Diskussion stehenden Regelungen für verfassungswidrig halten.
Erstens. Die 10-H-Regelung schreibt einen so großen Mindestabstand vor, dass für die Errichtung von Windkraftanlagen fast kein Raum bleibt. Damit wird die Privilegierung faktisch aufgehoben. Dies kommt einer völligen Streichung des § 35 Absatz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuchs gleich. Dafür fehlt Bayern die Gesetzgebungskompetenz, meine Damen und Herren.
Zweitens. Der Gesetzentwurf verstößt gegen das Rechtsstaatsprinzip, weil die Regelung schlicht und ergreifend nicht erforderlich ist. Die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, die Richtlinien zum Schattenwurf und die ständige Rechtsprechung zur optisch bedrängenden Wirkung von Windkraftanlagen gewährleisten schon jetzt den Schutz der Wohnbevölkerung in ausreichender Weise, und zwar variabel, nämlich nach den örtlichen Verhältnissen und nicht nach einer starren 10-H-Regelung. Deswegen zweifeln wir daran, dass die Regelung geeignet ist. Die Praxis zeigt, dass Klagen gegen genehmigte Windkraftanlagen unabhängig von der Höhe erhoben werden. Die Entfernung spielt dabei gar keine Rolle.
Drittens. Dass Nachbargemeinden ein Widerspruchsrecht gegen bestehende Flächennutzungspläne eingeräumt wird, bedeutet einen Verstoß gegen die kommunale Selbstverwaltung. Der Kollege Glauber hat das ausführlich dargestellt.
Viertens. Mit einem Ihrer Ergänzungsanträge soll Artikel 82 Absatz 5 der Bayerischen Bauordnung eine bundesgesetzliche Regelung erhalten und konkretisiert werden, ohne dass es dafür in der Länderöffnungsklausel eine entsprechende Ermächtigung gibt. Sie wollen dort vorschreiben, dass in einem Verfahren, in dem ein geringerer Mindestabstand als 10 H festgesetzt werden soll, im Rahmen der Abwägung auf eine einvernehmliche Festlegung mit den betroffenen Nachbargemeinden hinzuwirken ist. Das bedeutet eine Pflicht zum Einvernehmen, meine Damen und Herren. Für Abwägung ist dort kein Raum mehr. Damit wird das Abwägungsgebot im Baugesetzbuch abgeschafft. Auch hierfür hat Bayern keine Gesetzgebungskompetenz.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegt heute ein Gesetzentwurf zur Beschlussfassung vor, der ein klares, großes Ziel verfolgt: den Ausbau der Windenergie nicht rück
sichtslos gegen die Bürger und gegen die Gemeinden, sondern mit den Gemeinden und mit den Bürgern. Dieses Gesetz ist kein Windkraftverhinderungsgesetz, sondern ein Bürgerbeteiligungsgesetz, ein Gemeindemitwirkungsgesetz. Genau das ist gut so.
Normalerweise darf im baurechtlichen Außenbereich nicht gebaut werden. Seit etwa 20 Jahren sind dort Windkraftanlagen privilegiert. Sie haben dort einen Genehmigungsanspruch, selbst wenn der Gemeinderat klar dagegen ist.
Genau da setzen wir an. Diese Privilegierung gibt es künftig nur noch, wenn der Mindestabstand der zehnfachen Höhe eingehalten wird, also bei einer 150 m hohen Anlage ein Abstand von 1.500 m. Wird dieser Mindestabstand nicht eingehalten, obliegt es allein der Gemeinde, ob sie einen entsprechenden Bebauungsplan aufstellen will. Wenn sie einen Bebauungsplan aufstellt, kann sie selbst den Abstand festlegen; sie ist dann nicht an diese Abstandsregelung gebunden. Das ist etwas ganz Normales in unserem Baurecht. Einen Abstand in Abhängigkeit zur Höhe eines Bauprojekts zu definieren, ist
Dass der notwendige Abstand in Abhängigkeit von der Höhe des Bauwerks definiert wird, ist überhaupt nicht Neues. Mit Verlaub, ich habe wirklich den Eindruck, dass manche sich mit der geltenden Gesetzeslage nur unzureichend beschäftigt haben.
Ebenso ist es ganz normal, für spezielle Projekte einen eigenen Bebauungsplan aufzustellen. Viele neue Gewerbebetriebe können nur angesiedelt werden, weil die Gemeinde dafür vorher einen speziellen Bebauungsplan aufstellt.