Protokoll der Sitzung vom 02.12.2014

Ich sehe zwar, dass einige schnell den Raum verlassen; der Rest schweigt. Ich könnte Ihnen auch sagen: Deshalb sind Sie hier und nicht im Operationssaal. Diese Antwort wäre aber zu billig. Sie merken, wie wenige es sind. Für unsere Qualifikation als Volksvertreter und Gesetzgeber spielt die Abiturnote keine Rolle. Das ist auch gut so. Ich glaube – damit sind wir auch beim Thema –, dass bei angehenden Ärzten die beinahe ausschließliche Fixierung auf die Abiturnote nicht der richtige Weg ist.

Worum geht es im Kern? – Im Kern geht es um die Frage: Sind bessere Abiturienten auch automatisch die besseren Ärzte? – Ich glaube, das ist nicht so. Was macht das Arztsein aus? – Selbstverständlich braucht es eine fachliche Qualifikation. Diese wollen

wir alle. Jeder hat sich schon einmal in den Händen eines Arztes befunden. Das will ich Ihnen zwar nicht wünschen, aber das passiert jedem einmal. Jeder Patient wünscht sich von seinem Arzt soziale Kompetenz, Einfühlungsvermögen und Empathie. Das alles ist wichtig, aber nicht so leicht messbar. Deshalb haben wir uns in den vergangen Jahren und Jahrzehnten bei der Auswahl derjenigen jungen Leute, die Medizin studieren wollen, im Wesentlichen auf die Abiturnote beschränkt. Die Fachärzteverbände fordern an dieser Stelle schon seit Längerem ein Umdenken. Vor dem Hintergrund eines Ärztemangels, insbesondere im ländlichen Raum, stellen sich die Fragen, wer diesen Beruf bei uns ausüben soll und wie wir uns die Menschen aussuchen. Das ist in den europäischen Ländern ganz unterschiedlich.

Wenn sich Parlamente und Verwaltungen dieser Frage annehmen, erhält man meistens eine Flut an Gesetzen. Wir haben ein Hochschulrahmengesetz. Dazu gibt es einen Staatsvertrag. Wir haben ein Bayerisches Hochschulzulassungsgesetz, eine Bayerische Hochschulzulassungsverordnung sowie Satzungen von allen Hochschulen. Wie wird ausgewählt, wenn Sie das auf 1.000 Studienplätze runterrechnen? Es gibt – und das ist auch gut so – 154 Härtefälle. Immerhin werden von den 1.000 Fällen 154 nach der Härtefallregelung behandelt. Der ganze Rest wird jedoch hauptsächlich nach der Note ausgewählt. Zuerst werden über die Zentrale Vergabestelle – ZVS – 20 % der Bewerber ausschließlich nach der Note ermittelt. Weitere 169 Bewerber – das sind auch noch einmal 20 % – werden nach der Wartezeit ausgewählt, die sich jedoch ebenfalls an der Note orientiert. Den verbleibenden Rest an Studierenden und Bewerbern – das sind 508 – dürfen sich die Hochschulen in einem entsprechenden Verfahren aussuchen. In Bayern – wen wundert es? – zählt bei diesen 508 überwiegend die Note. Schon wieder schauen wir auf die Abiturnote.

In den hochschulgesetzlichen Regelungen der anderen Bundesländer steht statt des Wortes "überwiegend" das Wort "maßgeblich". Die Note muss eine maßgebliche Bedeutung haben. Jetzt werden Sie fragen: Was ist der Unterschied zwischen maßgeblich und überwiegend? Was bedeutet das? – Wenn Sie mehrere Kriterien haben – im Moment haben wir drei –, bedeutet das in Zahlen ausgedrückt: Bei dem Wort "maßgeblich" beträgt die Gewichtung der Note 30 %, bei dem Wort "überwiegend" mindestens 51 %. Da setzt unser Gesetzentwurf an. Wir sagen: Warum sollen wir in Bayern wieder einmal Vorschriften des Bundes verschärfen und noch mehr nach der Note gehen als die meisten der anderen Bundesländer? Ich glaube, es handelt sich um zehn oder elf Bundesländer. Deshalb sagen wir: Wir streichen als kleinen Schritt in

die richtige Richtung das Wort "überwiegend" aus dem Gesetz und ersetzen es durch das Wort "maßgeblich". Damit hätten die Hochschulen die Möglichkeit, andere Kriterien noch deutlicher in den Vordergrund zu stellen. Bei dieser Art der Bewertung hat die Note nur noch eine Gewichtung von 30 und nicht von 50 %.

Ich sage ganz offen: Wir hätten gern mehr getan. Wir würden gern mehr tun. Das geht jedoch nur auf Bundesebene. Deshalb mein Appell an Sie: Wählen Sie bei der nächsten Bundestagswahl die FREIEN WÄHLER, damit wir dies im Bundestag umsetzen können. – Das war jetzt der Werbeblock. – Da Sie hier zum großen Teil nicht dazu bereit sind, seien Sie wenigstens bereit, in Bayern etwas zu ändern. Schaffen Sie eine Regelung, die transparent und, das ist wichtiger, gerichtsfest ist. Die Hochschulen gehen nämlich deshalb sehr stark nach der Note, weil dies justiziabel ist. Andere Maßstäbe sind schwieriger anzuwenden, erfordern mehr Aufwand und manchmal auch mehr Stellen.

Wo liegen die Vorteile? – Die Vorteile liegen darin, dass unterschiedliche Begabungen zum Zuge kommen und nicht nur die Leute, die gut lernen können und eine gute Note haben. Erinnern wir uns doch einmal an diese Leute! Sie alle haben keine Abschlussnote von 1,2 und besser. Was waren das für Menschen?

(Bernd Kränzle (CSU): Hast du denn eine Abschlussnote von 1,2?)

- Ich selber? – Nein, natürlich nicht. Wenn ich jedoch eine Abschlussnote von 1,2 hätte, wer weiß, wo ich dann wäre.

(Allgemeine Heiterkeit)

Denken Sie an Ihre Schulklasse zurück. Waren die Leute, die den Notendurchschnitt 1,2 erreicht haben und Mediziner wurden, tatsächlich diejenigen, denen Sie es zugetraut haben, gute Mediziner zu werden? – Manche ja, manche aber auch nicht. Deshalb stellt sich schon die Frage, ob wir mit diesem Verfahren für die Medizin die am besten Begabten wählen.

Daneben ist die Vielfalt der Arbeitswelt zu berücksichtigen. Werden fürs Medizinstudium Kandidaten genommen, die lange als Krankenschwestern oder Pfleger gearbeitet haben und jetzt Medizin studieren wollen? Diese Leute haben sich zum Teil im Ausland in den entsprechenden Berufen engagiert. Wir glauben, dass auch hier eine breite Auswahl gut wäre. Fachrelevante außerschulische Leistungen sollten bei der Auswahl der Ärzte stärker gewichtet werden.

Wenn Sie mit Medizinern und Ärzten sprechen, geht es häufig um die Begriffe "Mediziner" oder "Arzt". Viele sagen bewusst: Ich bin Arzt; ich habe etwas, was ich in meinem Inneren mit mir trage; mir geht es nicht nur um Fachwissen. Für mich ist es ein Zeichen, dass sehr viele junge Ärzte in die Pharmaindustrie und in die Forschung abwandern oder ins Ausland gehen. Sie sind nicht bereit, den oftmals härteren Weg des Hausarztes, gerade im ländlichen Raum, zu wählen. Möglicherweise liegt dies an der fehlenden Berufung. Ich möchte das nicht jedem unterstellen; denn das wäre kühn. Wir sollten aber künftig stärker darauf achten, wer sich zum Arzt berufen fühlt. Dieses Kriterium sollte bei unserer Auswahl eine Rolle spielen, weniger die Note.

Gewiss können wir die Note nicht ganz außen vor lassen. Sie ist sicherlich wichtig. Wir sollten aber mehr auf die Begabungen und das berufliche Vorleben sehen. Wir wollen mit der kleinen Veränderung in unserem Gesetzentwurf versuchen, in die richtige Richtung zu gehen. Helfen Sie uns dabei! Diskutieren Sie mit! Wir sind für alle Lösungen aufgeschlossen. Vielleicht schaffen wir es mit diesem Gesetzentwurf, mehr gute Ärzte für Bayern zu bekommen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Kränzle.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Piazolo, was mich bei deiner Argumentation überzeugt, ist der Umstand, dass du immer wieder gesagt hast: Die FREIEN WÄHLER glauben. Ich darf anknüpfend daran feststellen: Glauben heißt, nichts wissen. Hier wird eine Prognose verfassungsrechtlichen Grundsätzen entgegengehalten. Das ist die Schwachstelle dieses Gesetzentwurfs. Bei der Änderung des Gesetzes über die Hochschulzulassung spielt die Frage, ob die Note 1,2, 1,5 oder 1,6 erzielt wurde, nicht die entscheidende Rolle, wie das heute behauptet wurde.

Ganz konkret: Die FREIEN WÄHLER wollen den Artikel 5 Absatz 5 und Absatz 6 des Hochschulzulassungsgesetzes ändern. Dabei geht es übrigens nicht nur um Humanmediziner, sondern um die allgemeine grundsätzliche Regelung der Zulassung zum Hochschulstudium. Wir sehen zwei Punkte völlig anders als die FREIEN WÄHLER.

Erstens. Es ist völlig unklar, ob die von den FREIEN WÄHLERN vorgeschlagene Regelung überhaupt verfassungsgemäß ist. Das Bundesverfassungsgericht hält seit dem Jahr 1977 unverändert an seiner Recht

sprechung fest. Wir werden aus dieser Rechtsprechung im Gesetzgebungsverfahren ausführlich zitieren. Ein Indiz dafür, dass sich das Bundesverfassungsgericht mit den Gedanken der FREIEN WÄHLER auseinandergesetzt hat, ist der Beschluss vom 06.09.2012 zur Studienplatzvergabe im Fach Humanmedizin. In Klammern möchte ich dazu sagen: Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, das den Vorlagebeschluss nach Artikel 100 des Grundgesetzes erarbeitet hat, hätte in seiner Begründung etwas mehr Substanz liefern müssen, so zitiere ich das Bundesverfassungsgericht. Wenn eine Vorlage schlechthin als unzulässig bezeichnet wird, ist das kein Markenzeichen für eine besonders vertiefte Auseinandersetzung.

Das Bundesverfassungsgericht hat bei seiner Entscheidung nicht anklingen lassen, dass das Auswahlverfahren an die Auswahlmaßnahmen anzupassen wäre. Deswegen stünde die vorgeschlagene Regelung nicht mit der bisherigen Rechtsprechung und dem Artikel 12 des Grundgesetzes in Einklang. Der Beschluss des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen besagt nur, dass möglicherweise eines der Auswahlkriterien eine andere Gewichtung erhält. Damit wird jedoch nicht aufgeklärt, ob diese Maßnahme auch vor der Verfassung hält.

Zweitens. Jetzt komme ich zur verfassungsgemäßen Umsetzung. Ich muss Ihnen ganz deutlich sagen, dass ich die Umsetzung Ihrer Vorschläge für schlechthin unpraktikabel halte. Sie stellen die überwiegende Gewichtung der Abiturnote in Frage. Diejenigen, die dadurch benachteiligt werden, obwohl sie eine bessere Abiturnote haben, könnten die Verfassungsgemäßheit dieser Regelung infrage stellen. Das ist sehr problematisch.

Abschließend möchte ich auf ein paar Begleiterscheinungen eingehen: Ich gehe davon aus, dass den FREIEN WÄHLERN die Erklärung des Wissenschaftsrates zur Abiturnote bekannt ist. Diese Menschen haben sich mit dem Thema auseinandergesetzt und sind nicht ohne guten Grund zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Abiturnote eine gute Prognose ermöglicht. Wir können darüber diskutieren, ob die Abiturnote bei 1,2, 1,5 oder 1,3 liegen muss. Die Prognosekraft des Abiturs wird allgemein anerkannt. Die Schülerinnen und Schüler müssen über zwei Jahre hinweg vergleichbare Leistungen bringen, um auf diese Note zu kommen. Zur Evaluation gibt es ein Gutachten aus dem Jahr 2009. Ich halte es nicht für sinnvoll, die Erfolgsquote noch einmal zu thematisieren. In aller Regel erzielen Menschen, die gute Abiturnoten erreicht haben, auch gute Examensergebnisse. Ich möchte jetzt nicht die Frage stellen, welcher Jurist in diesem Raum sein Examen mit welcher Platzziffer

bestanden hat. Lieber Professor, es würde mich aber reizen, diese Frage im Gesetzgebungsverfahren ebenfalls zu vertiefen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. Jetzt hat Frau Kollegin Zacharias das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER zur Neuordnung der Hochschulzulassung verwundert mich einigermaßen. In diesem Gesetzentwurf wurden Bundesvergaberichtlinien, die Nachfolger der zentralen Vergaberichtlinie zur Human-, Dentalund Veterinärmedizin, mit den landesüblichen Zulassungsverfahren in einen Topf geworfen. Das habe ich nicht verstanden. Der Begründungstext passt nicht zum Gesetzentwurf.

In der Argumentation habe ich Herrn Kollegen Piazolo sehr wohl verstanden: Noten allein dürfen nicht darüber entscheiden, ob ein junger Mensch Arzt werden darf. Den Lehrerinnen und Lehrern verkünden wir zweimal jährlich durch die Staatsnote, ob sie Lehrerinnen und Lehrer werden dürfen. Kolleginnen und Kollegen, hier wird nur die Note herangezogen. Wir sagen Leuten mit der Note 1,7 oder 2,0: Du bist keine gute Lehrerin oder kein guter Lehrer, deswegen kommst du nicht in den Staatsdienst. Das halte ich an dem System für viel perverser als die Frage der Hochschulzulassung.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin auf unsere Ausschussberatungen gespannt; denn ich würde gerne die zuständige Behörde zu dem Thema befragen. Ich glaube Ihnen nämlich nicht ganz, Kollege Piazolo, dass es so ist, wie Sie es skizziert haben. Ich bin dem Kollegen Kränzle für die juristische Detailbetrachtung sehr dankbar. Das hätte ich nicht schöner darstellen können, weil ich keine Juristin bin.

(Beifall bei der CSU)

Erstens steht für mich fest, dass Universitäten und Hochschulen die Zulassungsverfahren sehr wohl für sich regeln können. Möglichkeiten dazu gibt es ja schon. Ich rechne übrigens an, dass jeder Dritte nach anderen Kriterien aufgenommen werden kann; hier haben wir eine unterschiedliche Lesart. Ich bin gespannt, ob wir im Ausschuss mit Fachfrauen und Fachmännern dem zugrunde liegenden Irregedanken auf den Grund gehen können.

Zweitens fordere ich die Universitäten dazu auf: Tut es doch bitte auch! Sich immer darauf zu beschränken, nur die Noten heranzuziehen, ist immer ein vorgeschobenes Argument, weil die Universitäten einer beständigen Klageflut ausgesetzt sind. Das weiß ich doch auch; das wissen wir alle. Dabei werden Humanmedizinplätze eingeklagt, und zwar durchaus auch erfolgreich.

Ich glaube nicht, dass wir mit dem Gesetzentwurf bei diesem Thema weiterkommen. Vielmehr möchte ich die Autonomie der Hochschulen und Universitäten stärken. Arbeiten wir doch das Alleinstellungsmerkmal der Universitäten nicht durch Gesetze heraus, sondern lasst sie sich eigene Grundordnungen und eigene Zielvorgaben geben! Gesetze helfen dabei nicht, weil sie das nicht leisten. In unserem jetzigen Rahmen könnten die Hochschulen und Universitäten so verfahren, aber sie reizen ihren Spielraum nicht aus.

Herr Kollege, ich bin noch nicht überzeugt von Ihrem Gesetzentwurf und kann ihn fürs Erste nur ablehnen. Wenn Sie mich in der Ausschussberatung mit Fachleuten überzeugen können, nachdem Ihnen das wegen der Widersprüchlichkeit Ihrer Ausführungen nicht gelungen ist, können wir uns damit gerne weiter befassen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Osgyan. Bitte schön, Frau Kollegin.

Verehrte Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unser liebes langes Schulleben verwenden wir darauf, am Ende zu einer einzigen Zahl zu gelangen: zur Abschlussnote. Diese eine Zahl entscheidet dann über unseren beruflichen Werdegang. Wir haben gerade von den Lehrerinnen und Lehrern in Bayern gehört, dass sie erst dann Ruhe vor den Noten haben, wenn sie das Pensionsalter erreicht haben.

Wir sind heute schon längst weiter, als dass man ein einziges hartes Kriterium in diesem System anwendet; denn jemand mit einem Einserabitur wird noch nicht zwangsläufig ein guter Arzt, wie wir schon gehört haben. Dem schließe ich mich an. Und es geht ja nicht nur um Ärzte und Ärztinnen. Ich möchte das Thema durchaus etwas breiter fassen. Es betrifft tatsächlich alle zulassungsbeschränkten Studiengänge.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor knapp drei Wochen fand hier im Landtag eine Anhörung zum Thema Erhöhung der Studienerfolgsquote statt. Dabei wurde von den meisten Expertinnen und Experten bestätigt, dass Verfahren gefunden werden müssen, um die Ab

brecherquote zu reduzieren. Das gilt umso mehr, als sich die Studierenden in den letzten zehn Jahren wirklich gewandelt haben. Studienanfänger, die das G 8 absolviert haben, sind viel jünger und brauchen mehr Orientierung. Auch studieren viel mehr Menschen, die aus dem beruflichen Bildungssegment kommen. Angesichts dieser Entwicklung und der zunehmenden Differenzierung sowohl der Fächer als auch der Studierenden kann die Abschlussnote nicht mehr das alleinige Kriterium sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nicht zuletzt deshalb wurde eingeführt, dass bei zulassungsbeschränkten Studiengängen beispielsweise auch die berufliche Vorbildung angerechnet werden kann. Diese Möglichkeit sieht auf den ersten Blick sehr gut aus. Auf den zweiten Blick aber zeigt sich, dass sie sich in der Praxis viel zu wenig auswirkt. Im Moment werden beim Bewerbungsverfahren nämlich die Studienplätze zu 25 % nach Abschlussnote, zu 10 % nach Wartezeit und zu 65 % nach dem ergänzenden Hochschulauswahlverfahren vergeben. Wie setzen sich die Kriterien hauptsächlich zusammen? – Wieder aus der Abschlussnote. Es ist also gut gemeint, aber hat nur wenig Einfluss. Nach dem Gesetzentwurf der Fraktion der FREIEN WÄHLER soll bei zulassungsbeschränkten Studiengängen – wir haben das schon öfter gehört – das ergänzende örtliche Auswahlverfahren weniger stark auf die Durchschnittsnote abstellen. Das halte ich durchaus für richtig; denn das bedeutet keineswegs, dass die Note nicht mehr zählt. Vielmehr orientiert sich der Gesetzentwurf mit der neuen Regelung nach wie vor an den Vorgaben des Staatsvertrags, in dem lediglich ein maßgeblicher Einfluss der Durchschnittsnote verlangt wird. Das klingt kompliziert, bedeutet aber nur, dass wir nachvollziehen können, was viele andere Bundesländer bereits vorgemacht haben. Deswegen kann ich mich Ihrem Einwand, Herr Kränzle, leider nicht anschließen.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Da auch wir die Notenfixierung beim Hochschulzugang seit jeher kritisch sehen und eine stärkere Durchlässigkeit begrüßen würden, bedeutet der vorliegende Gesetzentwurf für uns zumindest eine kleine Verbesserung, die wir problemlos unterstützen können. Erinnern wir uns zurück. Bereits 2002 hat der Präsident der Technischen Universität München Herrmann bemängelt, dass das Abitur zu wenig über eine Eignung für spezielle Studiengänge aussage, und mehr Flexibilität gefordert. – Auch dieser Meinung schließe ich mich an; denn seit Jahren geistern die Wörter Fachkräftemangel und demografischer Wan

del durch diese heiligen Hallen, und Herr Spaenle klammert sich an seine Noten wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lassen Sie davon ab, und Sie werden sehen: Die Studierenden in Bayern werden deshalb nicht schlechter werden.

Ich sage aber auch in aller Deutlichkeit: Wir alle in diesem Haus stehen für starke und wettbewerbsfähige Hochschulen in Bayern. Das weiß ich genau. Das ist unsere Zielvorstellung. Dafür bedarf es aber nicht nur beim Zugang, sondern auch an anderer Stelle flexibler Strukturen. Das haben zuletzt die Experten und Expertinnen in der Anhörung vorgetragen: Kontinuierlich und verlässlich sollten Vorbereitungs- und Brückenkurse angeboten werden. Das Beratungs- und Informationsangebot für Studieninteressierte muss gut und ausreichend vorhanden sein. Außerdem brauchen wir fachspezifische Angebote, die den Übergang von Schule, Beruf und Handwerk zur Hochschule erleichtern; denn nur so können wir dem Fachkräftemangel wirklich entgegenwirken.

Einen weiteren wichtigen Bestandteil bilden auch soziale und psychosoziale Infrastrukturmaßnahmen , wie sie zum Beispiel die Studierendenwerke leisten. Auch diese müssen gestärkt werden. Wenn es dann noch mehr Personal in der Verwaltung gibt und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im akademischen Mittelbau endlich ordentliche Verträge bekommen, wird die Qualität des Studiums insgesamt gesteigert. Dort müssen wir hin, und der Gesetzentwurf bedeutet zumindest einen ersten Schritt auf diesem Weg. Deswegen möchte ich ihm gerne zustimmen.