Danke schön, Herr Kollege. – Als nächster Redner hat der Kollege Franz Schindler von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Rudrof, wo leben Sie denn eigentlich, wenn Sie alles so positiv darstellen?
Haben Sie nicht die vielen Eingaben und Beschwerden zur Kenntnis genommen, die sich zum Beispiel auf die Personalsituation in manchen Justizvollzugsanstalten bezogen haben und den Umstand betrafen, dass 41 Gefangene aus der Untersuchungshaft entlassen werden mussten, weil unsere Strafgerichte überlastet waren? – Ich glaube nicht, dass die Darstellung, die Sie hier vorgebracht haben, mit der Realität in Übereinstimmung zu bringen ist.
Meine Damen und Herren, leider ist es in der knappen Redezeit nicht möglich, die Situation der bayerischen Justiz und des Justizvollzugs sowie den Justizhaushalt 2015/2016 in angemessener Weise zu beschreiben und zu bewerten. Deshalb nur folgende wenige Anmerkungen:
Erstens. Die Justiz ist nicht irgendein Teil der Staatsverwaltung, sondern die dritte Gewalt, und sie ist systemrelevant im besten Sinne. Schon deshalb muss jeder Haushalts- und Stellenplan für die Justiz anderen Maßstäben genügen als die Haushalte anderer Ministerien.
Zweitens. Aufgabe der Justiz ist es, den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Handwerksbetrieben und den multinationalen Konzernen zu ihrem Recht zu verhelfen, ihnen Rechtssicherheit im Grundbuch, im Handelsregister oder im Erbrecht zu verschaffen, gegen Verdächtige zu ermitteln, Verfahren einzustellen oder Anklage zu erheben und dann Angeklagte entweder schuldig oder freizusprechen.
Drittens. Bei der Erfüllung ihrer Aufgabe und bei den jeden Tag zu treffenden Entscheidungen, was Recht ist und was nicht, ist die Justiz unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. In einem entwickelten Rechtsstaat dürfen nur Gerichte über Gerichte entscheiden, nicht aber Politiker und auch nicht Journalisten. Angesichts unserer Geschichte ist es bedauerlich, immer wieder daran erinnern zu müssen.
Viertens. Meine Damen und Herren, Wesensmerkmal unserer freiheitlichen Verfassung ist die Unabhängigkeit der Richter, die jedoch kein Freibrief für Willkür sein darf und keine gottähnliche Unantastbarkeit gewährt. Eine unabhängige und nur dem Gesetz unterworfene Justiz muss deshalb transparent sein und erklären, warum eine Frage so und nicht anders entschieden worden ist. Sie muss auch bereit sein, Kritik der Öffentlichkeit zu akzeptieren. Sie darf gelegentlich aber auch gelobt werden. Ich will das tun und dem für das NSU-Verfahren zuständigen Senat am Oberlandesgericht München ausdrücklich für das intensive Bemühen danken, die Wahrheit ans Licht zu bringen, auch wenn nicht alle Erwartungen erfüllt werden können.
Meine Damen und Herren, die Kritik an Entscheidungen von Staatsanwaltschaften und Gerichten nimmt allerdings gefühlt ständig zu. Zum Beispiel versteigt sich ein ehemaliger Bundesminister dazu, ein Buch zu schreiben, in dem er der Justiz pauschal vorwirft, sich zu überschätzen und systematisch willkürlich zu entscheiden.
Die richtige Ausübung und der richtige Gebrauch der richterlichen Unabhängigkeit setzen starke Richterpersönlichkeiten voraus. Idealerweise müsste vor der Ernennung eines Richters nicht nur auf die Noten in den Staatsexamen gesehen werden, wie es zum Beispiel bei dem Richter in Lichtenfels der Fall war, sondern auch darauf, ob er oder sie neben hervorragenden Rechtskenntnissen auch über sonstige Kompetenzen für die Ausübung des Richterberufs verfügt. Die Anstellung ausschließlich nach der Note ist zwar sicher nicht das schlechteste Verfahren, aber gewiss auch nicht das beste.
Das System der Elitenbildung von Richtern und Staatsanwälten in der Justiz ist völlig intransparent und reformbedürftig. Wir treten deshalb weiterhin für mehr Mitbestimmungsrechte der Richter- und Staatsanwaltsräte und, dem Beispiel anderer Länder folgend, für die Einrichtung von Richterwahlausschüssen ein.
Meine Damen und Herren, die Staatsanwaltschaften und Gerichte können ihren Arbeitsumfang nicht selbst bestimmen, sondern müssen erledigen, was auf den Tisch kommt. Das wird wegen der zunehmenden Komplexität von Gesetzen und neuen Vorschriften und auch deshalb, weil heutzutage jeder rechtsschutzversichert ist, immer mehr. Da die Gerichte verpflichtet sind, Recht zu gewähren, sind der Gesetzgeber und die Justizverwaltung aber auch verpflichtet, für die hierfür erforderliche sachliche und personelle Ausstattung zu sorgen. Das gilt nicht nur, aber insbesondere in Strafsachen. Das Bundesverfassungsgericht hat erst vor Kurzem in einem Beschluss zu einer Verfassungsbeschwerde gegen die Aufrechterhaltung von Untersuchungshaft in dankenswerter Deutlichkeit ausgedrückt, dass die Überlastung eines Gerichts in den Verantwortungsbereich der staatlich verfassten Gemeinschaft fällt, und wörtlich: Dem Beschuldigten darf nicht zugemutet werden, eine Aufrechterhaltung des Haftbefehls nur deshalb in Kauf zu nehmen, weil der Staat es versäumt, seiner Pflicht zur verfassungsgemäßen Ausstattung der Gerichte zu genügen.
Meine Damen und Herren, dass es mittlerweile sogar ein Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gibt, spricht Bände. Das, lieber Herr Kollege Rudrof, und nicht das Bemühen, die Versäumnisse der vielen letzten Jahre auszugleichen, muss der Maßstab für den Justizhaushalt sein.
Nun einige konkrete Anmerkungen zum Haushalt. Trotz der Schaffung neuer Stellen für Richter und Staatsanwälte im Doppelhaushalt 2013/2014 haben
auf der Grundlage des amtlichen Berechnungssystems zum Ende des Jahres 2013 eben immer noch 418 Stellen gefehlt. Wir anerkennen, dass auch im vorliegenden Haushalt neue Stellen für Richter und Staatsanwälte vorgesehen sind, und freuen uns, dass wenigstens ein Teil der von uns seit Jahren fast schon rituell immer wieder geforderten Stellen nun geschaffen wird, prophezeien aber auch, dass damit die Not nur gelindert, nicht aber beseitigt wird. Auch nach Anstellung von 75 weiteren Richtern und Staatsanwälten wird es in den Staatsanwaltschaften und an den Gerichten nicht gemütlich zugehen. Man kann nur hoffen, dass nicht weiterhin Haftbefehle wegen überlanger Verfahrensdauer aufgehoben werden müssen, wie dies in der Zeit von Januar 2011 bis August 2014 in insgesamt 41 Fällen geschah.
Im Übrigen geht es nicht nur um neue Stellen, sondern auch um die Bezahlung der Richter und Staatsanwälte. Leider ist es so gekommen, dass auch Richter und Staatsanwälte nicht mehr bundesweit einheitlich bezahlt werden, weswegen wir eine Auseinanderentwicklung zwischen reichen und armen Bundesländern erleben. Anerkannt wird, dass das Eingangsgehalt eines bayerischen Richters höher ist als in den meisten anderen Bundesländern. Dennoch können wir gespannt sein, wie das Bundesverfassungsgericht mit den Vorlagenbeschwerden einiger Verwaltungsgerichte genau zu dieser Frage umgehen wird, zumal es Realität ist, dass Richter in Deutschland im europäischen Vergleich eigentlich arme Schlucker sind und ein Berufsanfänger weniger als das Durchschnittseinkommen aller Berufstätigen verdient.
Es geht aber nicht nur um Richter und Staatsanwälte. Wir brauchen an den Gerichten auch Rechtspfleger, Urkundsbeamte, Justizfachkräfte, Wachtmeister und Bewährungshelfer, und wir brauchen Gerichtsvollzieher. Es entspricht unseren langjährigen Forderungen und ist gut, wenn mit diesem Haushalt neue Stellen für Rechtspfleger und Justizsekretärsanwärter geschaffen und Stellen gehoben werden.
Meine Damen und Herren, zum Justizvollzug kann ich nur anmerken, dass die Stellen, die nun geschaffen werden, dringend erforderlich sind. Sie alle kennen die Beschwerden über die vielen Krankheitstage, über die Überstunden und und und. Mehr kann ich dazu nicht sagen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte aber auch die Gelegenheit nutzen, den vielen Mitarbeitern an den Gerichten und den Staatsanwaltschaften sowie in den Justizvollzugsanstalten ganz herzlich für ihre Arbeit zu danken.
Ihnen ist es zu verdanken, dass die bayerische Justiz trotz gelegentlich beißender Kritik insgesamt ein hohes Ansehen genießt und dass ausweislich einer Befragung, die zwar schon einige Jahre zurückliegt, aber wohl immer noch gilt, fast 70 % der Bürgerinnen und Bürger, fast 80 % der Rechtsanwälte und immerhin fast 50 % der Unternehmen mit der bayerischen Justiz sehr oder zumindest eher zufrieden als unzufrieden sind.
Die Zeit reicht leider nicht aus, um auch auf rechtspolitische Themen vertieft einzugehen. Zum Beispiel müsste über den Stand der Reformierung der Paragrafen 62, 63 ff. des Strafgesetzbuches geredet werden sowie darüber, dass trotz aller Ankündigungen bis heute kein Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Maßregelvollzugsgesetz vorliegt. Ich weiß, dass hierfür nicht das Justizministerium verantwortlich ist; dennoch besteht aber die dringende Aufgabe, einen solchen Entwurf in nächster Zeit vorzulegen.
Es müsste auch darüber geredet werden, wie die erkennbaren und bereits vorhandenen Schwierigkeiten bei der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs überwunden werden können und wie im Übrigen auch der Tendenz zum Ausbau einer privaten Schiedsgerichtsbarkeit begegnet werden kann. Wir haben bereits eine Parallel-, um nicht zu sagen Schattenjustiz – nicht so sehr in dem Bereich, wo man sie vermutet, im Bereich des Islamismus, sondern im Bereich der Wirtschaft –, die den hohen Ansprüchen an Transparenz, Unabhängigkeit und Öffentlichkeit keineswegs genügt.
Man müsste auch darüber reden, wie die Rückgabe von Raubkunst erleichtert werden und wie dafür gesorgt werden kann, dass die Qualität von gerichtlich erholten Gutachten insbesondere in Familiensachen, aber auch in Strafsachen – ich erinnere an die vielen Verfahren, über die wir diskutiert haben – erhöht werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gebe zu: Der neue Staatsminister hat sich bemüht. Er hat eine große Aufgabe. Er muss die Versäumnisse vieler Jahre aufholen. Er hat sich bemüht. Wie Sie aber alle wissen, genügt das nicht für ein Prädikatsexamen.
Danke schön, Herr Kollege. - Als Nächster hat Kollege Florian Streibl für die FREIEN WÄHLER das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Beschäftigten der bayerischen Justiz leisten eine her
vorragende Arbeit, trotz schwieriger und schwierigster Arbeitsbedingungen und hoher und höchster Arbeitsbelastung. Deshalb an dieser Stelle zuerst einmal Dank an alle, die sich um die Rechtspflege im Freistaat Bayern verdient machen, die einen Dienst leisten. Danke von uns allen für das, was Sie für unsere Heimat leisten.
Meine Damen und Herren, wir sind erfreut, dass im Entwurf zum Doppelhaushalt 350 neue Stellen vorgesehen sind. Außerdem begrüßen wir es außerordentlich, dass die langjährige Forderung nach einer Angleichung der Gitterzulage erfüllt wird. Es ist wichtig, dass wir im öffentlichen Dienst und gerade in der Justiz attraktiv bleiben; denn wir stehen im Wettbewerb mit der privaten Wirtschaft. Gerade in der Justiz und im öffentlichen Dienst wollen wir eigentlich die Besten haben. Deswegen brauchen wir ein Mehr an Attraktivität, damit wir die besten Personen bekommen. Diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen. – Ich stelle das Lob an den Anfang, da die Justiz in den letzten Jahren von der Staatsregierung stiefmütterlich behandelt worden ist, sei es durch die Auflösung der Zweigstellen bei den Amtsgerichten, sei es durch den kaum vorhandenen Personalzuwachs, der, Herr Minister, unter ihrer Vorgängerin leider gängige Praxis war – und das, obwohl es sich bei der Justiz um die dritte Säule der staatlichen Gewalt handelt. Deswegen gibt es auch großen Mangel an Sachmitteln, der mit dem Personalmangel einhergeht.
Natürlich trägt auch das Justizressort eine Gesamtverantwortung für den Haushalt. Hier muss man aber anmerken, dass sich die Justiz zu einem großen Teil selbst finanziert. Herr Minister, Sie haben im Haushaltsausschuss gesagt, dass die Justiz jeden zweiten Euro selbst einnimmt. Deswegen wäre es nur recht und billig gewesen, wenn die Justiz im Staatshaushalt die notwendige Unterstützung, die sie aufgrund ihrer Auslagen braucht, in einem entsprechenden Umfang bekommen hätte. Das hätte sich im Doppelhaushalt zugunsten der Justiz widerspiegeln müssen. Auch wenn die Justiz durch die Umbesetzung an der Spitze des Ministeriums jetzt offensichtlich besser vertreten ist, ist sie immer noch verbesserungswürdig und verbesserungsfähig. Dies gilt gerade beim Personal; denn die Personaldecke in der bayerischen Justiz ist auf Kante genäht. Der Justiz kommt eine Kernaufgabe in unserer Gesellschaft zu. Deswegen darf hier letztlich nicht gespart werden.
Meine Damen und Herren, unsere Anfragen, gerade in Bezug auf den Justizvollzug haben gezeigt, dass ein sehr gravierender Mangel vorherrscht. Zwar ist es gut, wenn jetzt 117 neue Stellen im Vollzugsdienst
kommen und gerade auch für die neue JVA Augsburg-Gablingen vorgesehen sind. Diese Stellen allein reichen aber nicht aus. Wir haben in diesem Bereich 120 Überstunden pro Mitarbeiter. Das ist extrem hoch. Deswegen brauchen wir mehr und weitere Stellen, damit der Vollzugsdienst sinnvoll geleistet werden kann. Darüber hinaus muss bei den Justizwachtmeistern mehr getan werden. Es ist zwar gut gewesen, dass nach den tragischen Vorfällen in Dachau private Sicherheitsdienste für ein Mehr an Sicherheit gesorgt haben. Langfristig gesehen und auf Dauer sollte die Sicherheit in der Justiz aber durch ausgebildete Justizwachtmeister gewährleistet werden. Auch hier brauchen wir zusätzliche Stellen, nämlich nach unserer Berechnung etwa 100 Stellen. Dies wäre für den Haushalt unschädlich, weil man diese Kosten bei den Fremdfirmen einspart.
Darüber hinaus fehlen nach der aktuellen Bedarfsberechnung bei den bayerischen Rechtspflegern 258 Stellen. Die Beförderungswartezeiten bei den Rechtspflegern liegen zwischen 10 und 15 Jahren. Wir haben auch hier eine äußerst angespannte Situation. Gerade durch neue Aufgaben wie den elektronischen Rechtsverkehr wird noch mehr Personal notwendig werden. Darüber hinaus steht auch eine Ruhestandswelle in den nächsten Jahren an, die ausgeglichen werden muss. Von daher fordern wir hier auch eine Stellenmehrung.
Genauso ist es bei den Bewährungshelfern, die letztlich eine präventive Aufgabe erfüllen. Hier fordern wir 30 zusätzliche Stellen. Auch bei den Justizsekretäranwärterstellen muss weiter zugelegt werden. Wir brauchen eine bessere Beförderungssituation. Es müssen außerdem Stellenhebungen vorgenommen werden.
Nun, meine Damen und Herren, kommen wir zu den Richtern und Staatsanwälten. Der Bayerische Richterverein hat schon vor einiger Zeit eindringlich davor gewarnt, dass aufgrund der aktuellen Situation Haftentlassungen gefährlicher Beschuldigter die Folge überlanger Verfahrensdauer sein können. Leider hat sich im letzten Sommer das bewahrheitet, was befürchtet worden ist, nämlich dass ein mutmaßlicher Sexualstraftäter aus der Untersuchungshaft entlassen werden musste, weil sich das Verfahren so lange hinzog. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist eine schallende Ohrfeige für die Bayerische Staatsregierung.
Denn in dem Beschluss heißt es, dem Beschuldigten dürfe nicht zugemutet werden, länger als angemessen in Untersuchungshaft zu sitzen – jetzt kommt es –, weil der Staat es versäumt hat, seine Pflicht zur
verfassungsgemäßen Ausstattung der Gerichte nachzukommen. Das heißt, das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, hier hat der bayerische Staat geschlafen, weil er an Personal in der Justiz gespart hat. Deswegen müssen Straftäter freigelassen werden. Das ist ein Riesenskandal. Hier muss gehandelt werden.
Hier steht die Staatsregierung in der Pflicht. Herr Minister, Sie haben ein sehr schweres Erbe angetreten und versuchen, jetzt die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Dabei haben Sie unsere Unterstützung; denn Sie müssen die Fehler der Vergangenheit ausbaden. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, dass Sie es möglichst bald schaffen, dass solche Dinge in Bayern nicht mehr passieren. Die Justiz und die bayerische Bevölkerung werden es Ihnen danken.
Die Berufsverbände haben seit Langem immer wieder darauf hingewiesen, dass die Personalsituation der Justiz in Bayern katastrophal ist. Man darf die Justiz nicht nur unter fiskalischen Aspekten sehen. Man muss sie auch unter dem Aspekt ihrer zentralen Rolle im Staatsgefüge sehen. Die Justiz hat eine systematische Bedeutung. Da kann man den Blick nicht nur auf die Haushaltsmittel richten, sondern man muss die Funktion sehen, die die Justiz hat. Sie hat die Funktion, dass Demokratie im Sinne von Gleichheit und Gerechtigkeit gelebt wird, dass Sicherheit geschaffen wird für alle, die in Bayern leben, gerade auch für die Wirtschaft, dass schnell Recht gesprochen wird, dass Straftaten schnell verfolgt werden, damit es unbequem wird für Straftäter oder Leute, die versuchen, andere übers Ohr zu hauen. Mit fiskalischen Zwängen zu argumentieren wie in der Vergangenheit, ist höchst fahrlässig. Gerade bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit dürfte das keine Rolle spielen; denn sie finanziert sich zu nahezu 75 % selbst. Die Justiz ist ein Teil im Staatsgefüge, der neben den Finanzämtern Geld einbringt. Das müsste man auch richtig berücksichtigen. Von daher waren wir, als wir den Entwurf des Staatshaushalts zum ersten Mal gesehen haben, ziemlich schockiert, weil keine einzige neue Stelle für Richter oder Staatsanwälte enthalten war. Erst in den Ausschussberatungen wurde mit 55 neuen Richterstellen und 20 neuen Stellen für Staatsanwälte nachgebessert. Das begrüßen wir ausdrücklich. Wir haben 100 Stellen beantragt. Für die gute Nachbesserung unser herzliches Dankeschön. Deswegen werden wir uns zu diesem Einzelplan enthalten und nicht dagegenstimmen.
Meine Damen und Herren, man nimmt das Problem der Personalnot ernst. Ich hoffe, man wird in dieser Richtung weitergehen. Die Justiz ist mit ihren vielfältigen Aufgaben nicht nur ein Garant für einen funkti
onsfähigen öffentlichen Dienst, nicht nur ein Garant für den Wirtschaftsstandort Bayern, sondern auch ein Garant für eine demokratische Gesellschaft, die von den Bürgerinnen und Bürger akzeptiert wird. Darum wäre es sicher gut, wenn man in Zukunft auf diesem Weg weitergehen würde und sich ein Herz nehmen würde, der Justiz mehr Selbstverwaltung zuzugestehen, damit die Justiz die Dinge selbst regeln und als wahre dritte Säule der Gewalten mehr auf Augenhöhe mit Exekutive und Legislative sprechen kann.
Darüber hinaus kann es auf Dauer für eine unabhängige Justiz nicht hingenommen werden, dass hohe und höchste Stellen in der Justiz letztlich vom Ministerpräsidenten, vom Kabinett bestimmt werden. Die Justiz sollte selber sagen, wer die besten Köpfe sind und wer welche Funktion übernehmen soll. Darum plädieren wir dafür, dass das Heft in die Hand der Justiz gelegt wird und sie selbst bestimmen kann und mehr Selbstverwaltung bekommt.
Wir hoffen, dass der Weg positiv weitergegangen wird, und freuen uns auf die weitere Auseinandersetzung hierüber in diesem Hohen Haus.