Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Fackler, Sie haben das Wort.

Ich glaube, wir brauchen hier im Hohen Haus nicht über parteiinterne Anträge zu reden. Letztendlich ist klar, dass wir eine europäische Solidarität in dieser Frage brauchen. Die Italiener haben sich an die Vereinbarungen, die in Schengen und Dublin gemacht worden sind, zu halten, und diese gilt es letzten Endes umzusetzen und auch weiterhin zu debattieren.

(Kerstin Celina (GRÜNE): Dabei sterben Menschen!)

Letztendlich ist es unsere Aufgabe, humanitäre Hilfe solidarisch zu leisten. Das tun wir mit der Zurverfügungstellung unserer Mittel. Und das ist die Aufgabe, die wir erfüllen können.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort gebe, darf ich zwei Dinge tun. Erstens begrüße ich die Behindertenbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Frau Irmgard Badura, auf der Tribüne sehr herzlich.

(Allgemeiner Beifall)

Wir freuen uns, dass Sie der Debatte über den Haushalt für Ihr Aufgabengebiet beiwohnen.

Zweitens. Angesichts von sechs namentlichen Abstimmungen, die uns in diesem Zusammenhang noch ins Haus stehen, habe ich mich mit den Fraktionen dahingehend verständigt, dass wir keine Mittagspause machen. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir unmittelbar nach diesem Tagesordnungspunkt mit dem Einzelplan 06 fortfahren werden, damit wir das zeitliche Ende absehen können.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt hat Frau Kollegin Angelika Weikert von der SPD das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Eine gute Sozialpolitik kann sich im Grunde an drei "A" orientieren. Das erste "A" steht für das Aufwachsen von Kindern in unseren Familien und unserer Gesellschaft. Dazu wird meine Kollegin Doris Rauscher im Laufe der Diskussion einiges beitragen. Das zweite "A", Kolleginnen und Kollegen, steht für Armut, hier natürlich für Armutsbekämpfung. Das dritte "A" steht für die Gestaltung einer älter werdenden Gesellschaft.

Die Ausgangslage für diese drei "A" finden wir im Bericht zur sozialen Lage in Bayern. Ich gehe davon

aus, dass Sie alle ihn nicht nur in den Aktenschränken verstaut haben, sondern die wichtigsten Daten im Kopf parat haben. Der Sozialbericht der Staatsregierung sollte die Leitlinie für die Sozialpolitik in Bayern vorgeben.

Ich bleibe beim zweiten "A", beim Thema Armut. Armut hat im Land Bayern zugenommen. Im Vergleich der letzten zehn Jahre ist die Armutsgefährdungsquote in Bayern von 13,8 % auf 14,3 % gestiegen. 1,7 Millionen Menschen in Bayern leben von weniger als 754 Euro im Monat. Besonders betroffen sind ältere Menschen über 65 Jahre, in Bayern deutlich mehr als im übrigen Bundesgebiet, Alleinerziehende, Personen mit Migrationshintergrund, und – besonders schmerzlich – Kinder unter sechs Jahren sind zu 16,6 % armutsgefährdet, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zu 15,3 %.

Dagegen steht Reichtum im Land: 10 % der Menschen in Bayern haben ein Einkommen, welches um 200 % über dem mittleren Einkommen liegt. Der Abstand zwischen den einkommensstärksten und einkommensschwächsten 10 % der bayerischen Bevölkerung hat zwischen 2008 und 2012 um 5,6 % zugenommen. Das ist nur die Einkommenssituation und sagt noch nichts über die Vermögenssituation aus.

Entscheidend für Armutsgefährdung ist sowohl bei Kindern als auch bei älteren Menschen die Erwerbsbiografie, bei Kindern natürlich die der Eltern. Deshalb steht gute Arbeit für uns Sozialdemokraten nach wie vor im Mittelpunkt unserer Politik. Es hat uns schon erstaunt, mit welcher Leichtigkeit die CSU und die Bayerische Staatsregierung mit dem Thema Mindestlohn umgehen. Was soll eigentlich die Aussage des Kollegen Erwin Huber, die er in diesem Zusammenhang gemacht hat - jetzt ist er gerade nicht da -: Nun haben wir zwar den Mindestlohn, den musste man hinnehmen, aber kontrollieren ist zu viel des Guten. Der gesetzliche Mindestlohn ist ein Mittel – ich betone, ein Mittel –, um den Menschen im Land zu einem besseren Einkommen zu verhelfen. Genauso wichtig sind eine stärkere Tarifbindung, mehr Allgemeinverbindlichkeit bei den Tarifverträgen und die regelmäßige Anhebung des Mindestlohns.

(Beifall bei der SPD)

Ich kündige schon jetzt an: Diesen laxen Umgang mit dem Thema Mindestlohn in Bayern werden wir Sozialdemokraten nicht hinnehmen.

(Beifall bei der SPD)

Bleiben wir bei der Erwerbsbiografie. Ich spreche kurz die Langzeitarbeitslosigkeit an. Alle Studien belegen:

Um hier tatsächlich Wirkung zu erreichen, brauchen wir eine öffentlich geförderte Beschäftigung. Leider konnten wir uns bisher in der Großen Koalition in Berlin zu diesem Thema nicht durchsetzen. Aber auch hier verspreche ich: Wir bleiben dran. Öffentliche Beschäftigung zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit muss es geben.

(Beifall bei der SPD)

Ganz wichtig bei Armut und Erwerbsbiografie ist das Thema Jugendarbeitslosigkeit. Es ist gut, dass wir in Bayern im Vergleich zu den anderen Bundesländern und im europäischen Vergleich eine gute Ausgangslage haben. Aber in neueren Studien – übrigens, Frau Müller, mit Unterstützung Ihres Sozialministeriums – wurde festgestellt, dass die Zahl der Jugendlichen ohne Ausbildung, die Zahl derer, die sich in unserem System verweigern, die nach einer verkrachten Schullaufbahn einfach nichts mehr wissen wollen von Schule und Bildung, groß ist und immer größer wird. Genau um diese Gruppe von Jugendlichen, die keiner mehr erreicht, die in keinen Statistiken auftauchen, müssen wir uns besonders kümmern.

(Beifall bei der SPD)

Das Thema Jugendarbeitslosigkeit können wir in Bayern nicht abhaken. Kein Jugendlicher darf verloren gehen. Das gilt für uns Sozialdemokraten nach wie vor.

(Beifall bei der SPD)

Zum Thema Armut und Reichtum passt eine Studie der OECD, die erst vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde - ich kann sie kurz zeigen -, mit der Überschrift: Wachsende Ungleichheit bremst deutsches Wachstum. Diese Studie besagt, dass wachsende Ungleichheit das deutsche Wachstum bremst. Gerade für die Wirtschaftspolitiker hier im Hause halte ich das für eine lohnende Lektüre. Die Autoren stellen fest: Starke Ungleichheit in der Einkommensverteilung ist eine Wachstumsbremse, vor allem deshalb, weil in dem ärmeren Teil der Bevölkerung naturgemäß von den Familien nur noch wenig in Bildung investiert werden kann. Klar, wenn man gerade einmal genug zum Leben hat, hat man wenig Geld, den Bildungsprozess der Kinder zu begleiten. Wir wissen alle, in Bayern gilt nach wie vor: Der Bildungsprozess der Kinder ist vom Geldbeutel der Eltern abhängig.

(Beifall bei der SPD)

Diese Ungerechtigkeit schadet Deutschland. Umverteilung ist deshalb richtig und wichtig. Es ist auch langfristig der richtige Weg, um Wachstum zu ermöglichen. Gerechtigkeit und wirtschaftliche Entwicklung

zusammen zu denken, Kolleginnen und Kollegen, ist daher das Ziel sozialdemokratischer Politik.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe jetzt zum "A" wie Armut gesprochen. Auf das Thema ältere Menschen und Mobilität geht Kollegin Waldmann später ein.

Asyl fängt auch mit "A" an. Einige Bemerkungen hierzu. Wir haben im Plenum und im Ausschuss wirklich viel über das Thema Asyl geredet. Deswegen möchte ich mich heute auf drei für mich sehr wichtige Bemerkungen beschränken.

Erstens. Die durch die Krisen in unserer Welt ausgelösten Fluchtbewegungen und die damit verbundenen Herausforderungen für Bayern haben Sie von der Bayerischen Staatsregierung jahrelang ignoriert. Wir hoffen, dass durch den jetzt eingerichteten Krisenstab alle Menschen, die jetzt im Winter zu uns kommen, gut durch den Winter kommen.

Zweitens. Ein Bett alleine reicht nicht. Diese Menschen brauchen persönliche Zuwendung, und die wird ihnen durch die haupt- und ehrenamtlich Aktiven in der Flüchtlingsarbeit gewährt. Wir finden hier eine ungeheure Solidarität innerhalb unserer Gesellschaft vor. Es gibt eine Willkommenskultur in den Gemeinden, in den Städten. Von den Städten und Gemeinden und Landkreisen wurde ganz viel geleistet. Aber ich sage an dieser Stelle ganz ausdrücklich: Asylsozialarbeit ist ein unverzichtbarer Bestandteil dieser gesellschaftspolitischen Aufgabe. Es bleibt auch nach dem Haushaltszuwachs für uns immer noch die Frage: Wie groß ist der Schlüssel, nicht in den Erstaufnahmeeinrichtungen, sondern in den Gemeinschaftsunterkünften im Land? Auf meine Nachfrage im letzten Plenum haben Sie, Frau Müller, versichert, der Schlüssel wird 1 : 150 sein. Wir finden allerdings diese Regelung in keiner der Grundlagen, auch nicht im Haushaltsgesetz.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Kreuzer hat zu Beginn dieser Haushaltsdebatte vieles gesagt. Ein richtiger Satz war dabei, vielleicht mehrere, aber einen will ich hervorheben. Er hat gesagt, dass die Finanzierung der Unterbringung der bei uns ankommenden Flüchtlinge und Asylbewerber staatliche Aufgabe ist. Deshalb erhalten die Kommunen vollen Ersatz. Das ist so. Die Unterbringung ist eine staatliche Aufgabe, also müssen Sie es im Haushalt auch abbilden. So ist die Situation, da gibt es nichts, wofür besonders zu danken wäre, sondern Sie haben diese Aufgabe einfach zu erfüllen.

(Beifall bei der SPD)

Das Dritte, Kolleginnen und Kollegen, verursacht überhaupt keine Kosten. Es ist gesellschaftspolitisch trotzdem sehr wichtig. Die Menschen, die zu uns kommen, ob aus Bürgerkriegsgebieten, aus Staaten, in denen es keinen Staat mehr gibt, wegen Armut, Naturkatastrophen oder aus welchen Gründen auch immer, sind Opfer und nicht Täter.

(Beifall bei der SPD)

Wählen Sie deshalb eine verantwortungsvolle Sprache, wenn Sie mit dieser Thematik umgehen. Wählen Sie eine Sprache, die Ängste in unserer Gesellschaft abbaut und nicht schürt. Das wäre ein wichtiger gesellschaftspolitischer Beitrag. Dieser Beitrag wäre gerade in der momentanen Situation, wo es in der Gesellschaft noch eine hohe Bereitschaft gibt, Flüchtlinge aufzunehmen, sehr wichtig.

(Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, ich will mich zum Schluss bedanken. Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern Ihres Ministeriums, Frau Ministerin Müller, bei Herrn Höhenberger und bei Herrn Sigl. Wir hatten immer eine korrekte Zuarbeit vonseiten des Ministeriums. Ihre Mitarbeiter im Ministerium standen uns hilfreich zur Seite, wenn es Petitionen gab. Ich bedanke mich als stellvertretende Ausschussvorsitzende auch bei Herrn Unterländer und bei den Kollegen im Sozialausschuss für die gute Zusammenarbeit. Trotz unterschiedlicher Positionen, die wir im Sozialausschuss sehr deutlich austragen, geht es uns um Gemeinsamkeiten. Ich denke nur an die Vorgehensweise beim Bundesteilhabegesetz. Hier haben wir als Ausschuss immer Wert darauf gelegt, dass viele Interessengruppen in diesen Prozess einbezogen werden. Dafür bedanke ich mich. Vielen Dank für Ihr Zuhören und eine gute weitere Beratung!

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächste hat Kollegin Gabi Schmidt von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Unterländer, Frau Weikert, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bayern ist spitze. Das habe ich gestern bis abends um neun Uhr – und ich habe es sicherlich einige Male verpasst – 57-mal gehört.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Es reicht nicht, wenn Sie Ihre Goldmedaille polieren, die Sie in der Kreisliga oder der Landesliga errungen

haben, und sich darauf ausruhen. Sportler sollten weiter trainieren und nach Höherem streben.