Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Christine Kamm von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. – Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gehört, dass wir eine strukturelle Reform in unserem Sozialhaushalt brauchen. Beispiel frühkindliche Bildung: Der Bund hat ein weiteres Programm zum Ausbau der Kitas beschlossen; das bayerische Sonderprogramm dagegen läuft aus. Viele Kommunen können es sich unter den derzeitigen Rahmenbedingungen aber nicht leisten, den erforderlichen weiteren Ausbau zu stemmen. Es kann aber nicht sein, dass Kinder demnächst abgewiesen werden, weil der Ausbau fehlt.
Fördern Sie mit einer Zustimmung zu unseren Anträgen den weiteren Ausbau – auch den Ausbau der Qualität, die Verbesserung des Personalschlüssels und eine bessere Honorierung von Kitas mit höherer Qualität, mit längeren Öffnungszeiten; entschlacken Sie dabei gleichzeitig Ihre unklugen bürokratischen Regelungen des BayKiBiG!
Alle von uns geforderten Verbesserungen können durch andere Lösungen bei den Themen Landeserziehungsgeld und beitragsfreies Jahr gegenfinanziert werden. Das wäre ein Schritt hin zu mehr Qualität und zu einer besseren Politik für Kinder in Bayern.
Ich komme zur Migrations- und Asylpolitik. Das Ehrenamt schenkt der Asylpolitik in Bayern ein menschliches Gesicht; Ehrenamt schenkt Bayern ein menschliches Gesicht. Insbesondere bei der Asylpolitik gilt: Geld allein reicht nicht. Es kommt auf die Haltung an.
Heute Morgen führte die Sozialministerin aus, dass die Mittel im Bereich Migration in keiner Weise ausreichen werden. Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihren Fraktionsbeschlüssen folgen, laufen Sie also Gefahr, einen Haushalt zu beschließen, von dem zumindest die zuständige Ministerin schon weiß, dass
Ich möchte nicht unbedingt sagen, dass bei den Unterkünften Geld fehlt, hier könnte weitaus besser gewirtschaftet werden. Oft werden überteuerte Mieten für schäbige Immobilien bezahlt. Das könnte besser sein; hier könnte mehr auf Qualität geachtet werden.
Insbesondere könnte das bayerische Unterbringungsgesetz geändert werden, das Flüchtlinge in Bayern zwingt, länger als in anderen Bundesländern in Gemeinschaftsunterkünften zu wohnen. Ich sage Ihnen eines, und das weiß ich ganz genau: Wohnungen sind weitaus preisgünstiger als viele dieser Unterkünfte.
Ich komme zu Ihrem sogenannten Winternotfallplan: Er ist teuer, schlecht, unwürdig. Ich habe ein Flüchtlingspaar kennengelernt, das Mitte September zu uns gekommen ist und das mittlerweile in der sechsten sogenannten Dependance Ihrer Erstaufnahmeeinrichtungen lebt. Statt kurzfristiger Notlösungen müssen wir dauerhafte, anständige Lösungen finden. In dieser Richtung müssen wir weiterarbeiten und dürfen nicht immer nur von heute auf morgen denken.
Ich komme zur Asylsozialarbeit. Versprechungen sind viele gemacht worden: 80 % Zuschuss für die Sozialarbeiterstelle und in Erstaufnahmeeinrichtungen Schlüssel von 1 : 100, anschließend dann ein Schlüssel von 1 : 150 – wunderbar! Jetzt nehmen wir Ihre nachgebesserten 9,3 bzw. 9 Millionen Euro, teilen sie durch den 80-%-Anteil für die Sozialpädagogenstellen und vergleichen das mit der momentanen Zahl der Flüchtlinge in Bayern. Dabei kommt ein durchschnittlicher Betreuungsschlüssel von 1 : 225 heraus. Sie kalkulieren also, dass die Quoten, die Sie versprechen, nicht eingehalten werden. Sonst könnten Sie diesen Haushaltsansatz nicht aufrechterhalten.
Daher sage ich Ihnen: Stimmen Sie mit uns für die Erhöhung der Mittel für die Asylsozialarbeit, sonst geht das nicht.
Ist Ihnen bekannt, dass Kommunen und Landkreise wahnsinnig große Anstrengungen unternehmen, um einen Winternotfallplan in der Tasche zu haben? – Es gibt bei den Kommunen detaillierte Notfallpläne. In meiner Gemeinde kenne ich diesen Plan. Ich bin mehr als beeindruckt, was die Kommunen, die Landkreise, die Landräte und die ehrenamtlichen Organisationen hier tun.
Das ist mir sehr wohl bekannt, Frau Kollegin. Allerdings sind nicht alle Notfallpläne gut. Ich habe festgestellt, dass dabei sehr viele Turnhallen mit eingeplant werden, insbesondere Turnhallen von Mittelschulen und Grundschulen, weniger von Gymnasien.
Es tut mir leid, es sind jede Menge Turnhallen dabei. Das halte ich für unwürdig und ungut. Letzte Woche wollte ich mit der zuständigen Ministerin von Rheinland-Pfalz die Dependance im Olympiazentrum besuchen, wo Flüchtlinge in Lagerbetten im Keller untergebracht sind. Das durfte ich nicht.
Nein, es geht nicht darum, alles schlechtzureden, liebe Kollegin. Wenn Sie die Unterkünfte sehen – –
Wir haben hier jetzt keine Zwiesprache, Frau Kamm. Ihre Redezeit ist um eine Minute und 23 Sekunden überschritten.
(Christine Kamm (GRÜNE): Ich will zur Sprache noch etwas sagen! Sie verweigern den Flüchtlingen eine angemessene Möglichkeit, Deutsch zu lernen. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen dazu Weiteres sagen!)
Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Ruth Waldmann von der SPD-Fraktion das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe jetzt nur drei Minuten, möchte aber zu einem doch wirklich wesentlichen Thema der Barrierefreiheit noch kurze Anmerkungen machen.
Vor gut einem Jahr haben wir in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten mit Begeisterung gehört, dass der gesamte öffentliche Raum, der gesamte öffentliche Personennahverkehr in zehn Jahren barrierefrei sein werde. Das fanden wir toll. Ein großer Entwurf – da wurde Mut bewiesen.
Klar ist, dass Sie damit sehr große Hoffnungen geweckt haben. Ich bin viel bei Menschen mit Behinderungen und in unterschiedlichen Verbänden – einige von Ihnen ja auch. Sicher haben auch Sie die Reaktionen feststellen können: Endlich Teilhabe, endlich Dazugehören, endlich ernst genommen werden! Endlich ein gemeinsamer öffentlicher Raum, endlich nicht mehr Bittsteller sein! Es bedeutet eine große Verantwortung, solche Hoffnungen zu wecken.
Aber es stellte sich heraus: Es war gar nicht wirklich ein Entwurf, dem Planungen zugrunde liegen, sondern eine Absichtserklärung. Diese wurde inzwischen deutlich relativiert. Im Juli wurde sie noch bekräftigt. Der Herr Ministerpräsident hat gesagt, das gilt uneingeschränkt, Bayern wird in zehn Jahren barrierefrei. Aber jetzt hat er im Herbst entdeckt, dass im Wesentlichen die Bahn und die Kommunen in der Verantwortung seien. Das hat auch Innenminister Herrmann kürzlich hier am Pult gesagt: Die Bahn hat eine Hauptverantwortung. Aber jetzt sage ich Ihnen eines: Das ist doch keine Überraschung, dass die Züge und die Bahnhöfe der Bahn gehören.
Das hat der Herr Ministerpräsident auch vor einem Jahr schon gewusst. Das Gleiche gilt für die Zuständigkeit der Kommunen im öffentlichen Bereich. Da suchen Sie jetzt den Schulterschluss. Da wird jetzt eine Arbeitsgruppe gegründet. Die Leute haben natürlich erwartet, die Menschen mit Behinderung haben natürlich gedacht, dass Sie das längst vorbereitet haben. Aber sie wurden ja gar nicht gefragt. Jetzt wollen wir gerne wissen, welche Förderungen und welche Unterstützungen es ganz konkret gibt.
Die Vorgabe Bayern barrierefrei im Jahr 2023 hätte für die Haushaltsberatungen eigentlich bedeutet, alles auf den Prüfstand zu stellen und alle Planungen und Investitionen daraufhin zu überprüfen, welchen Beitrag sie dazu leisten. Dies müsste in allen Ressorts eine vorrangige Rolle spielen. Dieses große Projekt kann man nicht in der Logik der Einzelpläne verhandeln. Es ist übrigens auch keine Sonderaufgabe der Sozialpolitiker und Spezialisten im Ausschuss. Das ist wirklich eine ressortübergreifende Aufgabe. In Einzelfällen ist das in den letzten beiden Tagen auch schon angeklungen, aber eher am Rande und nicht mittendrin. Stattdessen haben wir, nicht nur zu diesem Thema, jede Menge Zahlenvergleiche gehört, zwei Tage lang. Das waren Zahlenvergleiche mit anderen Bundesländern, wobei munter Prozentzahlen und absolute Zahlen durcheinandergingen. Na ja, in diesem Vergleich ist Bayern vorn, in jenem ist es hinten; dann kommt der dritte Vergleich, dort sind wir in der Mitte.
Wir sind nicht in Vergleichistan. Es geht hier um die konkreten Bedürfnisse und Bedarfe. Das ist der Maßstab, an dem wir die Investitionen messen müssen: Was ist nötig, um ein barrierefreies Bayern zu schaffen?