Wir sind nicht in Vergleichistan. Es geht hier um die konkreten Bedürfnisse und Bedarfe. Das ist der Maßstab, an dem wir die Investitionen messen müssen: Was ist nötig, um ein barrierefreies Bayern zu schaffen?
Das haben Sie den Menschen versprochen. Sie haben sich dafür feiern lassen. Jetzt geht es um die konkrete Umsetzung. Tun Sie uns einen Gefallen: Bestellen Sie bitte künftig nicht bei jeder Absenkung eines Bordsteins ein Staatsorchester und sagen Sie dabei nicht, jetzt ist Bayern aber wirklich auf dem Weg zur Barrierefreiheit.
Wir werden das kritisch begleiten. Wir bekommen im Januar die Antwort auf die Interpellation und haben dann einen ungefähren Handlungsrahmen vor uns, was die künftigen Aufgaben angeht. Klar ist: Das ist
ein großes Projekt. Ich glaube, da besteht Einigkeit. Es gibt viel zu tun. Es geht nur miteinander. Es geht auch politisch nur miteinander. Das würde aber voraussetzen, dass Sie künftig bitte nicht jeden einzelnen Vorschlag von uns, jeden Gesetzentwurf und jeden Antrag, grundsätzlich ablehnen. Wenn mir miteinander an dieser großen Aufgabe arbeiten wollen, sollte sich daran etwas ändern, damit wir gemeinsam weiterkommen. – Ich sehe schon, ich muss mich etwas beschränken. - Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.
Danke schön. – Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann hat jetzt Frau Staatsministerin Emilia Müller das Wort. – Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Sozialbereich geht es um Wesentliches. Es geht um die Themen, die die Menschen bewegen und die Menschen in ihrem Innersten berühren. Der Sozialhaushalt setzt Maßstäbe. Der Gesamthaushalt 2015/16 zeigt auch: Schuldenabbau und soziale Balance sind keine Gegensätze. Wir investieren in Familien. Wir investieren in Bildung. Wir investieren in Barrierefreiheit. Wir investieren in Chancen für alle und damit in starke soziale Strukturen. Liebe Frau Celina, wir haben jetzt das elfte Mal eine schwarze Null geschrieben. Das ist richtig.
Aber gleichzeitig muss ich dazu sagen, dass der kommunale Finanzausgleich auf 8,3 Milliarden Euro erhöht worden ist. Wir schieben also nichts an die Kommunen weiter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die florierende Wirtschaft in Bayern erlaubt uns, kraftvoll in die Zukunft zu investieren. Der Sozialhaushalt steigt nach dem Entwurf im Jahr 2015 auf rund 4,4 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von knapp 10 % und damit ein neues Rekordniveau.
Der Schlüssel zur Teilhabe und zum Wohlstand ist ein gesicherter Arbeitsplatz. Das wissen wir alle. Dabei sind wir auf einem sehr guten Weg. In Bayern haben wir momentan, im November, eine Arbeitslosenquote von 3,4 % und mit 77 % die höchste Erwerbstätigenquote aller Länder. Auf diesem Weg wollen wir weitergehen. Wir haben uns das hohe Ziel gesteckt, bis zum Jahr 2018 Vollbeschäftigung zu erreichen. Sehr
geehrte Frau Weikert, das trägt auch zur Bekämpfung der Altersarmut bei. Das stellt die Weichen dafür, dass man in die Altersvorsorge investiert und sein Leben im Alter vorbereitet. Auch die Mütterrente, das möchte ich hier sagen, wirkt der Altersarmut, vor allen Dingen von Frauen, entgegen. Dafür haben wir alle gekämpft und das auch umgesetzt.
Wir investieren in den nächsten zwei Jahren über 168 Millionen Euro in die Arbeitsmarktintegration sowie in die berufliche Aus- und Weiterbildung. Was die Langzeitarbeitslosen anbelangt, tragen zum Beispiel die Modellprojekte TANDEM und KAJAK mit ihrem ganzheitlichen Ansatz zur Verbesserung der Situation der Langzeitarbeitslosen bei. Für mich ist wichtig, dass alle Jugendlichen, auch Jugendliche aus schwierigen Milieus, die Sie vorher angesprochen haben, Frau Weikert, eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt bekommen, dass sie an die Hand genommen werden und man ihnen beibringt, wie ein Leben, wie ein Arbeitsplatz ausschaut und wie der zeitliche Ablauf ausschauen muss, um selbstbestimmt das eigene Leben in die Hand zu nehmen und sich auf ein erfülltes Leben vorzubereiten.
Wir verbessern die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt durch zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsplätze. Wir unterstützen gezielt junge Menschen auf dem Weg in den Arbeitsmarkt. Dazu haben wir im September 2014 zusammen mit dem Handwerkstag, der IHK, der vbw und der Regionaldirektion die Allianz für starke Berufsbildung geschlossen. Mir geht es darum, dass jeder ausbildungsfähige und ausbildungswillige Jugendliche einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz bekommt und Chancen für die Zukunft entwickelt werden. Unsere derzeitige Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 2,6 %. Das ist außergewöhnlich gut. Trotzdem müssen wir jedem, der noch arbeitslos ist, der keinen Ausbildungsplatz hat, eine Perspektive eröffnen und müssen ihn weiter fördern.
Der Schwerpunkt des Haushalts liegt weiter auf den familienpolitischen Leistungen. Es ist in der Tat so: Bayern ist und bleibt Familienland. Familien sind für unsere Gesellschaft und für unsere Zukunft wichtig. Deswegen fördern wir die ganze Vielfalt von Familienmodellen und gewährleisten die Wahlfreiheit für Familien. Um dies zu ermöglichen, haben wir 43 % aller Ausgaben des Sozialhaushalts für familienpolitische Leistungen vorgesehen. Das sind über 3,8 Milliarden Euro für die Jahre 2015/16. Alleine für die Kinderbetreuung stellen wir mehr als 1,5 Milliarden Euro pro
Jahr zur Verfügung. Das sind pro Jahr jeweils 150 Millionen Euro mehr, als es im Jahr 2014 der Fall war.
Wir werden auch die Bundesmittel für den weiteren Ausbau für die Kinder unter drei Jahren in voller Höhe an die Kommunen weitergeben. Das ist es, was Sie vorhin angemahnt haben, Frau Kamm. Wir wollen ganz einfach, dass die Kommunen hier unterstützt werden, wohl wissend, dass die Kinderbetreuung originär eine kommunale Aufgabe ist.
Nach dem beispielhaften Ausbau der Kinderbetreuung investieren wir in den kommenden Jahren vor allem in eine höhere Qualität. An dieser Stelle möchte ich meine ganz große Wertschätzung allen Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen aussprechen. Sie leisten eine unschätzbar wertvolle Arbeit. Ich wünsche mir, dass diese Berufe eine größere Wertschätzung in unserer Gesellschaft erfahren. Deswegen müssen wir alles daran setzen, das in Zukunft gemeinsam zu erreichen.
Die Eltern erwarten zu Recht, dass ihre Kinder in der Kindertageseinrichtung altersgerecht gefördert werden und so früh wie möglich das Fundament der Persönlichkeitsentfaltung gelegt wird. Das erreichen wir, indem wir zum Beispiel den Basiswert erhöhen. Bei einer durchschnittlichen Einrichtung mit 54 Kindern ergibt die Basiserhöhung ein Plus von circa 14.000 Euro jährlich. Wir erhöhen den Basiswert zur Qualitätsverbesserung um 63 Millionen Euro. Wenn die Kommunen dasselbe tun, ist das ein absolutes Plus. Es wäre ein Highlight für unsere Einrichtungen.
Gemeinsam mit der Wirtschaft haben wir den Familienpakt Bayern ins Leben gerufen. Er umfasst ein Bündel von Maßnahmen. Zum Beispiel werden wir Unternehmen informieren und beraten, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch besser gelebt werden kann. Wir werden erwerbstätige Familien bei der Kinderbetreuung und Pflege strukturell unterstützen, und wir werden gezielt die Teilzeitausbildung fördern.
Das kommt all den Frauen zugute, die ihre Ausbildung nicht beendet haben oder die während der Ausbildung ein Kind bekommen haben und so nicht für ihr eigenes Leben und auch nicht für das Leben des Kindes vorsorgen können. Für den Familienpakt stehen in den Jahren 2015/2016 4 Millionen Euro zur Verfügung. Unsere Zielsetzung ist ganz klar: Wir wollen die Arbeitswelt in Bayern familiengerechter gestalten.
Ein weiterer Punkt ist die Förderung der bayerischen Ehe- und Familienberatungsstellen. Hier investieren wir 2015 weitere 500.000 Euro, sodass wir insgesamt 2,2 Millionen Euro haben. Dafür danke ich den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktion ganz besonders, die dies in ihrem Antrag gefordert haben. Die Ehe- und Familienberatungsstellen leisten einen unverzichtbaren Beitrag für den Schutz von Ehe und Familie.
Bei den Frauenhäusern führen wir einen proaktiven Beratungsansatz ein. Dabei stehen für die Beratung misshandelter Frauen und deren Kinder im Jahr 2015 550.000 Euro zur Verfügung. Sie haben das vorhin angemahnt, Frau Schmidt. Dieses Geld ist richtig angelegt, und ich bin davon überzeugt, wir gehen damit einen neuen, richtigen Weg.
Bayern hält als eines von derzeit noch drei Bundesländern am Landeserziehungsgeld fest und baut es sogar weiter aus. Wir heben die Einkommensgrenzen an und erreichen damit wieder die Mitte der Gesellschaft. Dafür investiert Bayern 90 Millionen Euro im Jahr 2016. Das bedeutet 15 Millionen Euro mehr für unsere Familien. Damit stärken wir unsere Familien finanziell.
Als Sozialministerin bin ich der Überzeugung wie auch der Kollege Unterländer, dass das der richtige Ansatz ist. Baden-Württemberg hat sich vom Landeserziehungsgeld verabschiedet, und auch im Thüringer Koalitionsvertrag ist jetzt die Abschaffung vorgesehen, das ist ein falscher Ansatz. Man kommt damit den Familien nicht entgegen. Wir wollen, dass die Familien in Bayern unterstützt werden.
Ich bin der Überzeugung, dass das Landeserziehungsgeld ein wichtiger Baustein besonders für die Alleinerziehenden ist, aber auch für kinderreiche Familien. Es genießt eine hohe Akzeptanz bei den Eltern. Rund 80 % der Eltern bezeichnen das Landeserziehungsgeld als wichtige Ergänzung zu ihrem Einkommen.
Für die Jugendarbeit investieren wir im Doppelhaushalt über 50 Millionen Euro. An dieser Stelle danke ich erneut der Regierungsfraktion, die sich dafür eingesetzt hat, dass die Mittel für die Jugendarbeit um 1,8 Millionen Euro aufgestockt werden. Kollege Fackler hat sich dafür vehement ins Zeug gelegt, wofür ich ihm besonders danke.
Ich möchte aber auch dem Kollegen Dr. Hopp sehr danken, der ebenfalls in der Jugendarbeit Pflöcke einschlägt und die Weichen richtig stellt. Ich danke ihm für seine Unterstützung.
Mit den Mitteln können in erster Linie Ziele aus dem jüngst fortgeschriebenen Kinder- und Jugendprogramm verwirklicht werden. Beispielsweise sollen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund verstärkt am Vereinsleben teilhaben können. Damit können sie in das gesellschaftliche Leben bestmöglich integriert werden.
Bayern soll im öffentlichen Raum bis zum Jahr 2023 barrierefrei werden. Oberstes Gebot ist es, dort zu investieren, wo die Barrierefreiheit für die ganze bayerische Bevölkerung von elementarer Bedeutung ist. Menschen mit Behinderung sollen genauso profitieren wie ältere Menschen und Familien mit Kindern. Barrierefreiheit kann nur Schritt für Schritt in Angriff genommen werden. Der Haushalt ermöglicht genau diesen Schritt. Bayern investiert 205 Millionen Euro als ersten Schritt in den nächsten zwei Jahren konkret in die Barrierefreiheit. Schwerpunkte dabei sind die Mobilität, die Bildung und öffentlich zugängliche staatliche Gebäude. Liebe Frau Celina, es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Alle müssen sich daran beteiligen, nicht allein der Staat.
Im Einzelnen stehen für die kommenden zwei Jahre 97,5 Millionen Euro für staatliche Gebäude zur Verfügung, 60 Millionen Euro für den öffentlichen Nahverkehr, 21 Millionen Euro für Bahnhöfe und 22 Millionen Euro für die Barrierefreiheit von Schulen und Kindertageseinrichtungen. Zusätzlich wird Bayern weitergehende Beratungs- und Informationsangebote zur Barrierefreiheit und Anreize für die Privatwirtschaft schaffen. Dafür stehen 3,5 Millionen Euro zur Verfügung.
Addieren wir das Ganze auf, dann sehen wir, dass wir bis zum Jahre 2023 weit über 1 Milliarde Euro zur Verfügung stellen müssen. Neben diesen 205 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre stellt die Staatsregierung seit Jahren auf sehr hohem Niveau Mittel für die Barrierefreiheit in anderen Bereichen zur Ver
fügung. Ich nenne zum Beispiel den Wohnungsbau, die Tourismus- und Städtebauförderung sowie die Krankenhausfinanzierung. Wir fangen nicht bei null an. Allein im Rahmen der Wohnungsbauförderung für Neubauten und bestehende Gebäude investiert die Staatsregierung jährlich über 100 Millionen Euro.
Nein, später. - Wir haben in unterschiedlichsten Haushaltsansätzen in weiteren Ressorts diese Mittel vorgesehen. Wir stehen ganz konkret dazu, dass wir die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen und verwirklichen. Wir wollen, dass Inklusion eine Selbstverständlichkeit wird in unserer Gesellschaft. Wir wollen, dass Menschen mit und ohne Behinderung gut zusammenleben können, gut arbeiten können und gemeinsam lernen können. Ich möchte in diesem Zusammenhang unserer Behindertenbeauftragten, Frau Badura, die heute auch da ist, ein ganz großes Lob aussprechen. Sie setzt sich enorm dafür ein, dass Menschen mit Behinderung Erleichterung in unserer Gesellschaft erfahren.