Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte, die Stimmkarten draußen auszuzählen. Wir werden das Ergebnis zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen, damit ich die Sitzung wieder aufnehmen kann.
Antrag der Abgeordneten Annette Karl, Dr. Christoph Rabenstein, Günther Knoblauch u. a. (SPD) Behördenverlagerungen in die ländlichen Räume (Drs. 17/2585)
Ich eröffne die Aussprache. Die CSU hat acht Minuten, die SPD sechs Minuten, die FREIEN WÄHLER fünf Minuten, die GRÜNEN auch fünf Minuten und die Staatsregierung acht Minuten zur Verfügung. – Als Erste hat Frau Kollegin Karl das Wort.
Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Informationsrecht des Parlaments ist ein hohes Gut. Es ist deshalb gute Sitte, in allen Ausschüssen des Landtags auch Berichtsanträgen der anderen Fraktionen zuzustimmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, mit der Ablehnung dieses Berichtsantrags zur Behördenverlagerung treten Sie dieses Informationsrecht fahrlässig und vorsätzlich mit Füßen.
Behördenverlagerungen können ein wichtiges Instrument zur Entwicklung strukturschwacher Regionen sein. Deshalb unterstützen wir diese Bemühungen auch. Behördenverlagerungen sind aber auch sehr
teuer und stellen eine große Belastung für die Beschäftigten und ihre Familien dar. Deshalb gilt es sehr wohl abzuwägen, damit sich Aufwand und Ertrag die Waage halten. Deshalb können Behördenverlagerungen nur ein Baustein eines in sich schlüssigen Konzepts für die einzelnen Regionen Bayerns sein. Allein selig machend sind diese Maßnahmen nicht.
Ein Berichtsantrag ist ein ganz normaler Vorgang im Parlament. Es ist ganz normal, den Zwischenstand der Entwicklungen und Entscheidungsgrundlagen staatlichen Handelns abzufragen, zumal die endgültige Entscheidung in diesem Fall immer weiter hinausgeschoben wird.
Einen Zwischenbericht zu geben, ist gerade nicht die Preisgabe exekutiver Rechte, wie das einige Kollegen in den Ausschüssen behauptet haben. Ein Zwischenbericht ist ein Zeichen von Transparenz und Bereitschaft zum Dialog auch und gerade mit den Beschäftigten und den dann hoffentlich positiv betroffenen Gemeinden. Herr Minister Söder, Sie sollten sich ein Beispiel an Ihrer Kollegin Aigner nehmen, nach deren eigenem Bekunden der Energiedialog einen enormen Erkenntnisgewinn gebracht hat. Sie könnten jetzt mit einem transparenten Dialogverfahren einen ersten Baustein für eine Landesentwicklung unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger setzen.
Es ist recht und billig, Parlamentariern auf drängende Fragen Antworten zu geben, so zum Beispiel auf folgende Fragen: Auf welcher Grundlage treffen Sie die Entscheidung, und welches Verfahren haben Sie zur Standortfindung ausgewählt? Wie viele Arbeitsplätze sollen wohin und warum gerade dorthin verlagert werden und nicht woanders hin? Wann überhaupt sind erste Verlagerungen geplant? Ich meine, die Verlagerung von Arbeitsplätzen bedeutet nicht, hier ein Türschild abzuschrauben und es woanders wieder hinzuschrauben. Das Beispiel des Landesamtes für Statistik zeigt, dass dem Türschild oft nur sehr zögerlich die Beamten folgen. 2009 fiel der Beschluss zur Verlagerung. Bis heute sind von 539 Stellen gerade einmal 150 umgesiedelt worden. Fast ausnahmslos sind es Angestellte, nur 15 % der Beamten haben bis jetzt den Weg zur Arbeit nach Fürth gefunden.
Dass die CSU den Berichtsantrag abgelehnt hat, lässt nichts Gutes ahnen. Es verstärkt den Eindruck, dass hier eine Vergabe nach Gutsherrenart erfolgt, quasi ein Rückfall in absolutistisches Handeln. Es kann nicht sein, dass allen Bürgermeistern der Wurstzipfel
Behördenverlagerung über Monate hingehalten wird, nur um zuzuschauen, wer dann am höchsten springt. Die Staatsregierung muss endlich ein fachübergreifendes komplettes Konzept der Entwicklung vorlegen und nicht nur ein Sammelsurium einzelner Maßnahmen des Finanzministeriums.
Die Entwicklung der Räume ist eine gesamtstaatliche Aufgabe von Verfassungsrang und nicht die Folie für Profilierungsmaßnahmen eines ehrgeizigen Ministers.
Sehr geehrte Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Karl, genau aus dem Grund, den Sie genannt haben, haben wir den Antrag abgelehnt. Wir werden ihn auch heute wieder ablehnen; denn wir sehen uns in der Verantwortung gegenüber unseren Beamten und unseren Beschäftigten.
Wenn Sie zugehört hätten und nicht immer dazwischenrufen würden, dann hätten Sie bei der Regierungserklärung unseres Finanzministers gehört, dass er im ersten Quartal 2015 einen Bericht abgeben wird, wenn er mit allen Ministerien und den zuständigen Verantwortlichen gesprochen hat. Ich bitte Sie einfach, das einmal zur Kenntnis zu nehmen. Wir sind es unseren Beamten schuldig, dass unser Minister ein Konzept vorlegt, welches schlüssig ist und welches bis 2025 greifen soll. Wir wollen 1.500 Arbeitsplätze aus verschiedenen Bereichen in den ländlichen Raum verlagern. Mit "ländlicher Raum" meine ich das ganze Land, den ganzen Freistaat Bayern.
(Lachen bei der SPD – Markus Rinderspacher (SPD): Das wollen Sie schon seit 30 Jahren! Seit 30 Jahren will das die CSU, aber noch nichts ist geschehen!)
Hier gibt es nichts zu lachen. Wir sollten es ernst nehmen, wenn wir Einzelbehörden oder Behördenzentren verlagern oder einzelne Behördenstandorte aufsto
cken. Wenn sich hier jemand über solche Maßnahmen lustig macht, halte ich das nicht für ehrenwert. Wir reden über Menschen, für die wir Verantwortung haben. Da bin ich schon der Meinung, dass es zum guten Ton des Hauses gehört, hier aufmerksam darüber zu diskutieren. Wenn wir die Stärkung des ländlichen Raums ernst nehmen – und ich hoffe, die Opposition nimmt sie auch ernst -, sollten wir gemeinschaftlich unsere Regionen stärken. Wir sollten hier die Behörden mitnehmen, damit sie sich auch als ein Standbein der Region fühlen, wenn sie dort arbeiten. Diesen Weg, den uns das Finanzministerium und der Finanzminister aufzeigen, sollten wir beschreiten.
Sie sollten die Zeit abwarten, bis das Konzept schlüssig ist. - Ich bin schon lange in der Politik und brauche mir von Ihnen nicht vorwerfen zu lassen, dass ich nicht weiß, wovon ich spreche.
- Das haben Sie eben schon gesagt! Herr Rinderspacher, gerade von Ihnen hätte ich einen anderen Diskussionsbeitrag erwartet.
Sie bekommen den Bericht. Das habe ich eingangs gesagt. Ich brauche das nicht dreimal zu wiederholen.
Wir lehnen den Antrag ab, das habe ich auch gesagt. Warum? - Weil wir die Verantwortung haben. Ich hoffe, dass Sie in der Zukunft auch die Verantwortung sehen. Ich hoffe, dass Sie sich für unsere Beamten und für unsere Mitarbeiter verantwortlich zeigen. Und deswegen plädiere ich für die Ablehnung des Antrags. Ich möchte es gar nicht weiter ausführen. Ich hoffe, dass die Opposition auch hier zum Nachdenken kommt und vielleicht einmal vorher mit uns spricht, bevor sie solche Anträge stellt. Dann bräuchten wir hier nicht in dem Ton diskutieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein paar Anmerkungen zu dem, was wir gerade von Herrn Kollegen Nussel gehört haben, sind dann doch veranlasst: Die Bitte, vor der Antragstellung auch mit der Mehrheitsfraktion zu sprechen, ist bei einem hochgezogenen Antrag, bei dem wir schon über das Thema gesprochen hatten, besonders beeindruckend.
Herr Kollege Nussel, ich stimme Ihnen zu. Sie haben darauf hingewiesen, dass es bei Behördenverlagerungen auch um Menschen geht, für die wir die Verantwortung tragen. Dies wäre auch das zentrale Argument dafür gewesen, diesem Berichtsantrag zuzustimmen.
In der Konsequenz ist die Botschaft, die hier und heute von Ihrem Abstimmungsverhalten ausgeht: Es reicht aus, wenn sich der verantwortliche Minister mit seinem Fach- und Ressortkollegen abstimmt und anschließend einen Bericht über die so getroffenen Entscheidungen vorlegt. Wir hätten vorher Informationen gewollt und mitberaten bzw. mitdiskutieren wollen, um noch die eine oder andere Anregung einbringen zu können. Dieses Thema ist unter dem Gesichtspunkt der Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen und im Hinblick auf die Tatsache, dass es um 1.500 Arbeitsplätze in den Regionen Bayerns geht, zu wichtig, als dass der Bayerische Landtag sagen könnte: Das interessiert uns nicht; wir warten mit Spannung, wie die anderen entscheiden.
Im Kern geht es bei diesem Antrag um nichts anderes als um Informationen. Wir wollen wissen, nach welchen Kriterien, auf welchen Grundlagen und mit welchen Überlegungen Entscheidungen vorbereitet werden. Ich nehme nicht an, dass die Antragsteller erwartet haben, dass im Vorfeld schon konkrete Entscheidungsvorschläge vorgelegt werden. Dies wäre natürlich problematisch. Die Fragen, die anstehen, lauten jedoch: Um welche Behörden geht es überhaupt? Um wie viele Arbeitsplätze geht es? – Das wissen wir mittlerweile. Es geht pauschal um 1.500 Arbeitsplätze. In welchen Fachbereichen wird eine Behördenverlagerung Thema werden? - Dies sind Fragen, die ein Landtag besprechen, diskutieren
und aufklären muss, wenn er seiner Verantwortung gerecht werden will. Er darf die Entscheidungen nicht einfach nur zur Kenntnis nehmen und sie sich hinterher erklären lassen.