Protokoll der Sitzung vom 11.02.2015

Herr Kollege, bitte. Sie bekommen doch noch einmal zwei Minuten; wir haben noch eine Zwischenbemerkung vom Kollegen Fahn.

Bitte schön, Herr Fahn.

Sie treten immer relativ forsch auf und beklagen die hohe Zahl von Asylbewerbern. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit betrug im Jahr 2014 immer noch 7,1 Monate. Warum ist es Ihnen, der CSU, die auch in der Bundesregierung vertreten ist, nicht gelungen, die durchschnittliche Bearbeitungszeit auf drei Monate zu reduzieren? Das steht schon in dem Koalitionsvertrag, den Sie vor einem Jahr unterschrieben haben. Sie müssen die Bearbeitungszeiten reduzieren. Sie müssen mehr Leute einstellen, die die Anträge bearbeiten; es sind nur 150. Warum stellen Sie nicht mehr ein? Das ist doch auch ein Kernproblem. Sie aber haben es nicht gelöst. Das muss ich so klar sagen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie müssen aber das Problem lösen. Dazu gehört es, dass Sie mehr Leute einstellen, die die Anträge schneller bearbeiten; dann werden viele Probleme nicht mehr auftauchen. Ich wiederhole: Sie sind sowohl in Bayern als auch im Bund in der Regierung.

Nächster Punkt: Auch Sie müssten wissen, dass Gemeinschaftsunterkünfte viele Nachteile haben. Es gibt dort viel mehr soziale Spannungen als bei dezentraler Unterbringung. Es ist wichtig, die Menschen dezentral unterzubringen; dann gibt es viel weniger sozialen Zündstoff. Das merken wir immer, wenn Asylbewerber in die Kommunen unseres Landkreises kommen. Das gilt aber für alle Landkreise. Wenn die Menschen auf kleinere Einheiten verteilt werden, sind die sozialen Spannungen nicht so groß wie bei einer Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften.

Sehr geehrter Herr Fahn, wie Sie wissen, hatten wir einen unglaublichen Zustrom von Menschen, gerade aus Serbien und dem gesamten Westbalkan. Wie schwierig war es, diese drei Länder als sichere Drittstaaten durchzusetzen! Das wäre fast am Widerstand der SPD gescheitert.

(Angelika Weikert (SPD): Nein!)

- Am Widerstand der GRÜNEN, der von den GRÜNEN mitregierten Bundesländer.

(Angelika Weikert (SPD): Bitte bei der Wahrheit bleiben!)

- Ich habe mich doch verbessert. – Heute legen die GRÜNEN im Bayerischen Landtag einen solchen Gesetzentwurf vor. Ich erinnere daran, welche Winkelzüge Herr Kretschmann machen musste, um dem Kompromiss zustimmen zu können, und welche Vorwürfe er sich danach anhören musste.

Wir stellen den Antrag, die Einstufung des Kosovo und von Albanien als sichere Drittstaaten durchzusetzen. Ich bin gespannt, wie sich die Länderregierungen, in denen die GRÜNEN vertreten sind, dazu verhalten. Wenn es nach uns ginge, würden wir einer viel konsequenteren Linie folgen.

(Beifall bei der CSU)

Leider regieren wir in Berlin nicht allein, sondern wir haben einen Koalitionspartner. Zudem haben im Bundesrat die unionsgeführten Länder leider nicht die Mehrheit.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Warum ist die Bearbeitungszeit so lang?)

Ich habe Ihnen gesagt, wofür ich eintrete. Ich habe zum Beispiel viel Verständnis dafür, wenn 1.600 Zollbeamte, die unsere mittelständischen Betriebe schikanieren, stattdessen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingesetzt werden. Damit würden wir etwas für unser Land tun.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Die Schwarzarbeit wollen Sie wohl nicht bekämpfen? Sind Sie für Schwarzarbeit?)

Vielen Dank, Herr Kollege Vogel. – Wir fahren in der Rednerliste fort. Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Weikert. Bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Präsident! Nur eine Bemerkung zu meinem Vorredner: Von der absoluten Mehrheit der CSU in Berlin sind wir – Gott sei Dank! – ein Stück weit entfernt. Das wird wohl noch eine Zeit lang so bleiben.

(Zuruf von der CSU: Nicht, wenn Sie weiterhin eine solche Politik machen!)

Ich verkneife es mir, auf die Zwischenreaktionen zu dieser Diskussion einzugehen, die wir später zu dem Dringlichkeitsantrag Nummer 1, eingebracht von der CSU-Fraktion, fortführen werden. Ich rede jetzt schlicht und einfach über den Gesetzentwurf der GRÜNEN. Dazu einige Anmerkungen vonseiten der SPD-Fraktion: Kollegin Kamm, Sie haben die Diskussion im Fachausschuss angesprochen und sind auch auf unsere Bedenken, die wir gegen diesen Gesetzentwurf haben, eingegangen. Ich will sie noch einmal zusammengefasst vortragen.

Der Gesetzentwurf der GRÜNEN bietet in Abschnitt A im Grunde einen richtigen Problemaufriss. Im Moment suchen die Bezirksregierungen, Landkreise, Städte und Gemeinden in Bayern dringend nach dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten. Ich erlebe – wie sicherlich auch Sie in Ihrer unmittelbaren Umgebung –, dass fast wöchentlich eine entsprechende Einrichtung eröffnet wird. Inzwischen werden – das schreiben Sie auch in Ihrem Problemaufriss, Kollegin Kamm – Flüchtlinge auch in Wohnungen untergebracht.

Ich meine nicht, dass wir mit der Annahme des Gesetzentwurfs das zentrale Problem, das im Moment in Bayern bei der Unterbringung herrscht, lösen können. Wir wollen ein Wohnungsprogramm für diese Gruppe auflegen. Ein entsprechender Antrag von uns ist noch in der Pipeline, da wir ihn auf Wunsch der CSU auf eine der nächsten Ausschusssitzungen vertagt haben. Wir fordern für Bayern ein Programm "Bezahlbarer Wohnraum" – so nenne ich es jetzt einmal –, um die Wohnungsnot bei uns ein Stück weit zu lindern.

Kollegin Kamm, Sie haben vorhin nicht ganz richtig zitiert, als Sie gesagt haben, durch die Annahme des Gesetzentwurfs werde sich an der Zuständigkeit der Gemeinden nichts ändern. Wir kritisieren – deshalb stimmen wir dem Gesetzentwurf nicht zu –, dass Sie die Verantwortung für die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen auf die Kommunen übertragen und die Staatsregierung bzw. die zuständigen Ministerien aus ihren Verpflichtungen entlassen wollen. In Artikel 7 Ihres Entwurfs schreiben Sie ausdrücklich, zuständig für die Unterbringung seien letztlich die Gemeinden. Dort liegt dann wieder der Schwarze Peter. Wir haben auch mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus den Kommunen über diesen Gesetzentwurf geredet; sie teilen unsere Bedenken. Kurzum: Hauptsächlich wegen dieses Punktes werden wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Herrn Kollegen Vogel gebe ich recht, wenn er Artikel 1 Absatz 2 des Gesetzentwurfs kritisiert. Dieser Artikel regelt den Geltungsbereich. Wenn jemand den Flüchtlingsstatus hat, dann muss er nicht in einer Gemeinschaftsunterkunft leben; das gilt auch für die Syrer und die Syrerinnen, die zu uns kommen. Die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus eröffnet sofort den Zugang zu allen Möglichkeiten, die Bayern bietet - sofern solche bereitgestellt werden.

(Christine Kamm (GRÜNE): Die Realität ist eine andere!)

Die Realität ist eine andere, das weiß ich. Aber in Ihrem Gesetzentwurf steht es nicht ganz zutreffend drin. Insofern gebe ich Herrn Kollegen Vogel recht.

Ich fasse zusammen: Auch wir sind grundsätzlich für die landesweite Verteilung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in möglichst kleine Unterkunftseinheiten, die menschenwürdig gestaltet sind; insoweit gibt es keinen Widerspruch zu den GRÜNEN. Das aber ausdrücklich in diesem Gesetz zu regeln, das noch dazu die aufgezeigten Strickfehler aufweist, halten wir nicht für angebracht. Deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Frau Kollegin Weikert. – Für die FREIEN WÄHLER hat sich Frau Kollegin Schmidt gemeldet. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf der Stimme enthalten. Auf Druck von Flüchtlingsund Sozialorganisationen hat es in der jüngsten Zeit durchaus Verbesserungen in der Unterbringung und der Versorgung gegeben; das ist auch durch viele

Einzellösungen möglich geworden. Wir sind im Moment auf einem Weg, müssen aber noch schneller laufen.

Herr Kollege Vogel, Ihnen möchte ich Folgendes mitgeben: Wir sehen Schwächen, aber auch viel Gutes in dem Gesetzentwurf. Man muss zugestehen, liebe Frau Kollegin Kamm, dass Sie sich über Veränderungen Gedanken gemacht haben. Das ist etwas, was ich in der letzten Zeit bei der CSU nicht erlebt habe. Konstruktive Vorschläge sind mir jedenfalls nicht erinnerlich.

(Lachen bei der CSU)

Ich möchte hinzufügen, dass Frau Kamm Ihnen angeboten hatte, einen Konsens zu finden und die strittigen Punkte zu klären. Dieses Angebot wurde von Ihnen, der CSU, im Ausschuss ausgeschlagen. Das war wirklich schade.

Wir sehen genauso ein Problem darin, dass die Verantwortung den kreisfreien Städten, Landkreisen und Gemeinden zugewiesen werden soll. Auch wir fragen uns: Wie gehen die Städte damit um? Wie groß wird der Druck auf die Städte sein? Wir hätten darüber reden müssen. Vielleicht hätten wir noch Vorschläge einbringen können, um den Entwurf zu verbessern.

Wenn den Kommunen die Verantwortung für die Wohnungssuche übertragen wird, dann sehen wir darin ein Riesenproblem, liebe Frau Kamm. Das müssen wir ehrlich sagen. In dem Entwurf steht, dass die Kommunen für die Wohnungssuche zuständig sein sollen. Das bereitet uns Riesenprobleme.

Aber es wäre durchaus sinnvoll, wenn Menschen mit Problemen – ich denke an Schwangere, Kranke, Behinderte – früher die Gemeinschaftsunterkunft verlassen könnten. Insoweit müssen wir früher ansetzen. Vielleicht müssen wir auch alle gemeinsam noch einmal darüber reden. Wir brauchen für diese Gruppe schnell andere Wohnlösungen. – Herr Kollege Steiner, ich hätte nie gedacht, dass sich die CSU auf "Bild"-Zeitungsniveau bewegt.

(Margarete Bause (GRÜNE): Das merkt man doch jeden Tag!)

Es tut mir echt leid, aber das hatte ich nicht vermutet. Dass in dem Gesetzentwurf sehr gute Regelungsvorschläge enthalten sind, müssen auch Sie einfach zugestehen.

Ich möchte noch etwas sagen: Die Verbesserungen im vergangenen Jahr sind nur auf Druck von außen zustande gekommen. Die Gemeinschaftsunterkünfte haben nicht ausgereicht. Bitte erzählen Sie mir nicht,

dass Wohnraum im Bayerischen Wald oder bei uns in Oberfranken teurer sei als eine Gemeinschaftsunterkunft. Sie wissen genau, was eine Gemeinschaftsunterkunft kostet; wir haben gerade eine neue genehmigt.

Frau Kamm, wir nehmen viel Druck weg, wenn endlich die anderen Gemeinschaftsunterkünfte kommen. Ich bitte Sie, dass wir dann noch einmal darüber reden können und diese Last den Kommunen und Landkreisen abnehmen. Aber ich bewundere Sie dafür, dass Sie etwas getan haben.

Herr Vogel, während Ihrer Rede vorhin hat einmal sogar die Frau Ministerin, die schon viele Verbesserungen herbeigeführt und mitgetragen hat, den Kopf geschüttelt. Also kann nicht alles, was Sie gesagt haben, richtig gewesen sein.

(Allgemeine Heiterkeit)

Lassen Sie uns darüber nachdenken, wie wir gute Lösungen hinbekommen, und nicht bloß Lösungsvorschläge von anderen zerreden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schmidt. – Jetzt hat Frau Staatsministerin Müller das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die aktuelle Situation in der Asylpolitik stellt uns vor eine gigantische Herausforderung. Wenn ich mir die Zahlen vom vergangenen Jahr anschaue, dann kann ich sagen, dass wir in Bayern 33.000 Menschen in einer festen Bleibe untergebracht haben. Das ist eine riesige Aufgabe gewesen. Insgesamt leben derzeit 55.000 Flüchtlinge in Bayern in festen Unterkünften. Ich finde, da wird etwas Großartiges in Bayern geleistet, sowohl vonseiten des Freistaates als auch vonseiten der Kommunen.

(Beifall bei der CSU)