Protokoll der Sitzung vom 11.02.2015

(Anhaltende Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich möchte darauf hinweisen, dass das Ziel unserer Bemühungen letztendlich sein muss, dass wir auch die Flächen im Auge haben.

(Lachen bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER – Zurufe von den GRÜNEN)

Das ist gerade auf Ihrer Seite des Plenarsaals immer ein Thema. Hier wird zwischen den Zeilen immer wieder der Finanzgarten genannt. Bei anderen Gelegenheiten haben wir immer wieder die Ansage, dass wir grüne Lungen zerstören und dass wir gerade in den urbanen Räumen, wo wir Grün erhalten wollen, Naturräume aus den Städten verbannen. Es ist interessant, wie sich das hier heute darstellt und wie plötzlich ganz anders argumentiert wird.

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE) – Anhaltende Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich denke, wir sollten dieser Entwicklung eine Chance geben. Wir haben diese Übereinkunft. Wir möchten in einem Prüfverfahren bautechnisch und letztendlich natürlich auch finanztechnisch prüfen lassen, wie sich das Ganze in seiner Entwicklung darstellen lassen wird und was dabei herauskommt. Die Kulturszene in München ist auch uns sehr wichtig. Wir wissen um die Wertigkeit und das Ansehen der Kultur in Bayern. Ich möchte ganz besonders denjenigen danken, die sich in einer solchen Zwischenphase in guter Kooperation, guter Kommunikation und Abstimmung zusammentun, um diesen Zeitraum bewältigen. Ich bin mir sicher, dass wir das durch mehr Außentermine, mehr Konzertreisen und eine Goodwill-Haltung, die auch die Beteiligten auszeichnen wird, schaffen können.

(Anhaltende Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Es geht hier weder um Nord gegen Süd noch um Stadt gegen Land. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir unsere hervorragenden Orchester sowie Musikerinnen und Musiker weiterhin hoch schätzen und dass wir mit unserem Münchner Minister, der für die

ses Ressort die Verantwortung trägt, Lösungen anpeilen, die passen werden. Ihre Anträge lehnen wir ab. Wir bitten um Unterstützung der Intensivprüfung, die wir heute auf den Weg bringen.

(Beifall bei der CSU – Unruhe)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt hat Frau Kollegin Zacharias das Wort. – Moment bitte, Frau Kollegin. Ich würde einfach bitten, hier etwas mehr Ruhe einkehren zu lassen und die Gesprächsrunden abzubrechen. – Bitte, Frau Kollegin.

Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Was für eine Diskussion! Wir haben im Landtag, in München und in ganz Bayern viele Jahre lang diskutiert, wie man die Kulturlandschaft Bayern erhalten und ausbauen kann. Wir sind uns alle einig, dass wir ein Kulturstaat sind. Und dann kommen zwei Herren – dafür bin ich sehr dankbar -, die letzten Montag einfach einmal gesagt haben, wir treffen eine Entscheidung: Mein Oberbürgermeister Dieter Reiter von der Landeshauptstadt München und mein Landesvater, der Ministerpräsident.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU – Lachen bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER – Markus Blume (CSU): Hoffentlich sehen wir das im Protokoll!)

- Geschätzter Kollege Blume, es ist ja nicht erste Mal, dass ich den Ministerpräsidenten als meinen Landesvater bezeichne, weil er das eine oder andere Mal auch Gutes getan hat. Es könnte noch mehr werden; das ist noch möglich. – Kolleginnen und Kollegen, Horst Seehofer und Dieter Reiter haben letzten Montag nach jahrelangen Diskursen einfach einmal eine Entscheidung getroffen. Sie haben gesagt: Leute, lasst uns kulturpolitische Geschichte schreiben. Wir versuchen das mal. Wir wollen, dass die beiden Weltorchester, die unter den fünf Besten der Welt rangieren, gemeinsam zwei Säle bespielen, den ohnehin generalzusanierenden Gasteig und den Herkulessaal, den wir auch unter Denkmalschutzaspekten generalsanieren müssen. Wir probieren einfach aus, Geschichte zu schreiben und versuchen, dass zwei Orchester miteinander zwei Säle bespielen, dort proben und Synergien erwachsen lassen. Ich fand die Entscheidung übrigens richtig.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, als Landtagsabgeordnete sind wir dafür zuständig. Der Bayerische Landtag wird 100 Millionen Euro oder wie viel auch immer dafür bereitstellen müssen. Um diese Entscheidung treffen zu können, haben wir zum Antrag der FREIEN WÄHLER unseren Dringlichkeitsantrag nach

gezogen. Im Kulturausschuss und im Haushaltsausschuss des Landtags sollen uns erst einmal die Fakten vorgelegt werden. Kolleginnen und Kollegen, wenn wir 100 Millionen Euro und mehr genehmigen sollen, ist es das Mindeste, zu wissen, worüber wir überhaupt entscheiden. Es gibt viele bekannte Machbarkeitsstudien. Eine Studie belegt zum Beispiel, dass bei einer Belegung des Herkulessaals zu 56 % und des Gasteig zu 74 % noch viel Luft nach oben ist. Was bedeutet dann ein dritter Konzertsaal? – Ich möchte dem Bericht im Sinne unseres Antrags nicht vorgreifen, sondern das Ergebnis bewerten. Ich möchte alle Varianten verglichen wissen und einen neuen Standort in den Blick nehmen. Mit Kollegen Piazolo stimme ich ausnahmsweise darin überein, dass das vielleicht nicht zu Ende gedacht wurde.

Jetzt mal zum Antrag der FREIEN WÄHLER: Kolleginnen und Kollegen der FREIEN WÄHLER: Ich dachte, ihr seid etwas pfiffiger. Ihr stellt da einen populistischen Antrag. Die Begründung ist eine Aneinanderreihung von Headlines, die in den letzten Tagen in der Presse zu lesen waren.

(Beifall bei der SPD und der CSU)

Dort stehen aneinandergereiht komische Argumente. Ihr fordert "Neubau statt Umbau-Chaos". Da möchte ich euch FREIEN WÄHLERN zurufen: Das Deutsche Theater ist fünf Jahre lang generalsaniert worden. Während dieser Zeit ist das Deutsche Theater sehr wohl in glänzender Weise in der Münchner Landschaft vorgekommen. Das Gärtnerplatztheater, unsere Staatsoper, wird gerade generalsaniert. Die feiern Premieren, dass es nur so kracht, in vielen Ausweichstätten.

(Beifall bei der SPD und der CSU)

Hier von einem "Umbau-Chaos" zu reden, ist geradezu unlauter, Kollege Piazolo.

(Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER): Beim Deutschen Theater wurde zwei Jahre überzogen!)

Das ist unlauter. Deswegen werden wir euren Antrag ablehnen, weil er überhaupt keinen Lösungsvorschlag enthält.

(Beifall bei der SPD und der CSU)

Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich einen kleinen Exkurs zu gestern Abend machen. Ich war gestern Abend Zeugin eines Erlebnisses, das die Grundfesten meines Demokratieverständnisses erschüttert hat. Der Bayerische Rundfunk inszeniert für sich selbst eine Sondersendung. Eine Sendung, die sonst

45 Minuten dauert, war gestern 60 Minuten lang, an einem unüblichen Wochentag. Normalerweise wird das "BürgerForum" mittwochabends gesendet; es lief gestern Abend mit 60 Minuten in eigener Sache! Mit Geld von uns allen, aus der Haushaltsabgabe der bayerischen Bevölkerung ist gestern eine Eigeninszenierung des Bayerischen Rundfunks zelebriert worden unter dem Deckmantel – halten Sie sich fest – des "BürgerForums". Kolleginnen und Kollegen, die Bürgerinnen und Bürger gestern Abend – das nehme ich einmal an – waren alle bestellt; die hatten ihre Sprechzettel und haben sich genau überlegt, was es zu sagen gilt. Das ist nicht die Aufgabe des BR.

(Beifall bei der SPD und der CSU)

Drei, vier Abgeordnete ließ man zu Wort kommen. Minister Spaenle und mir wurde das Wort genommen, um 20, 25 Befürworter zu Wort kommen zu lassen. Ich finde das echt unlauter.

In einer Angelegenheit, Frau Stamm, sind wir einer Meinung: Wenn Intendant Wilhelm dem Kultur- und Bildungsauftrag des Staatsvertrages in seinen fünf Programmen mit dieser Verve nachkommen und die Digitalisierung endlich voranbringen würde, dann wäre ich echt dankbar.

(Beifall der Abgeordneten Claudia Stamm (GRÜNE))

In dem Zusammenhang erwarte ich vom Intendanten, dass er sich zu der Geschichte gestern äußert. Mir fehlen tatsächlich die Worte für das, was gestern Abend über den Äther gelaufen ist.

(Beifall bei der SPD und der CSU)

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag, alle Fakten genau zu sichten. Dann wird sich die SPDLandtagsfraktion abschließend dazu äußern, wie wir zur Zukunft der Hochkultur der klassischen Musik in München und Bayern stehen. Das können wir auf der derzeitigen Datenlage nicht gesichert sagen.

Wir werden dem Antrag der GRÜNEN zustimmen und den der CSU ablehnen, weil die Option der Standortwahl darin nicht genannt wird.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin, verbleiben Sie bitte am Rednerpult. Zu einer Zwischenbemerkung: Herr Kollege Blume, bitte.

Liebe Frau Kollegin, vielen Dank für diesen Beitrag mit Wahrheit und Klarheit in diesem Hohen Haus, auch aus den Reihen der Oppo

sition. Dafür möchte ich zunächst herzlich Dank sagen. Sie haben hier wunderbar gesprochen; vielen Dank für Ihre Argumentation.

Zum Ersten, was Ihren Dringlichkeitsantrag angeht: Ihr Antrag hat einen kleinen Schönheitsfehler, weshalb wir nicht werden zustimmen können: Was hat Sie bewogen zu schreiben, dass die Verantwortung für Finanzierung und Umsetzung des Baus bei der Staatsregierung liegt? - Sie sagen eingangs, es sei ein Projekt der Landeshauptstadt München, an dem sich der Freistaat Bayern beteiligt. Wenn es ein Gemeinschaftswerk ist, dann kann es nach unserem Verständnis keine alleinige Verantwortung der Staatsregierung geben.

(Beifall bei der CSU)

Die zweite Frage finde ich persönlich fast noch spannender und hoffe auf Auskunft von Ihrer Seite. Ich fand wunderbar, wie Sie das alles hier dargestellt haben. Es hat aber nicht sehr viel zu tun mit der offiziellen Kommunikation der SPD-Landtagsfraktion in der letzten Zeit, insbesondere auch Ihres Fraktionsvorsitzenden. Können Sie uns an dem Erkenntnisprozess teilhaben lassen, der in den letzten Stunden hier stattgefunden hat? – Danke.

(Beifall bei der CSU)

Ich gehe gleich zur zweiten Frage. Es ist wie in allen Fraktionen: Da gibt es solche und solche Meinungen. Das ist ein demokratischer Prozess. Wir haben heute Morgen lange darüber beraten und einen ganz klaren Beschluss gefasst. Ich finde das völlig unkritisch. Ich weiß, dass es auch in den Reihen der CSU unterschiedliche Stimmen gibt. Es gibt unterschiedliche Stimmen bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN. Ich finde das normal.

(Beifall bei der SPD)

Hier zu konstruieren, es gebe einen Keil zwischen der kulturpolitischen Sprecherin und dem von mir sehr geschätzten Fraktionsvorsitzenden, geht mir echt ein bisschen zu weit. Darüber denken wir gemeinsam noch einmal nach.

Zur ersten Frage: Der Duktus unseres Antrags ist eindeutig. Wir wollen, dass das Hohe Haus, immerhin nachher für die Freigabe der finanziellen Mittel zuständig, allumfänglich informiert wird. Das ist der Duktus des Antrags. Wenn wir im Ausschuss darüber beraten, können wir gerne noch schauen, was wir in diesen Berichten haben wollen. Ich bleibe aber dabei: Ich möchte alle Fakten, ich möchte Szenarien, ich möchte Sanierungskonzepte, ich möchte Timetables

sehen, wie was wann funktionieren kann. Da müssen Stadt wie Land alle Fakten auf den Tisch legen. Insofern bleibe ich bei jedem einzelnen Spiegelstrich.

(Beifall bei der SPD)

Eine weitere Zwischenbemerkung: Herr Kollege Professor Piazolo, bitte.

Sie haben erwähnt, das Deutsche Theater in München sei ein Paradebeispiel für einen Umzug und einen Umbau. Ich will nur daran erinnern: Ich schätze das neue Deutsche Theater sehr. Ich habe auch im Zelt einige sehr gute Veranstaltungen gesehen. Gerade beim Deutschen Theater hat man aber gemerkt, was ein Umbau im Haus bedeuten kann: Die Kosten sind wesentlich höher geworden als vorher gedacht, und die Zeit des Umbaus war wesentlich länger, wurde zweimal jeweils um mehr als ein Jahr verlängert. Das würde ich nicht als ein leuchtendes Beispiel hinstellen, wie wunderbar man umbauen kann.

Das Zweite ist Ihre Bemerkung in Richtung Bayerischer Rundfunk. Man muss sich entscheiden, was man will. Der Ministerpräsident hat sich öffentlich beklagt, dass er in Sachen Konzertsaal vom BR über Jahre hinweg keine Unterstützung bekommen hat. Er schreibt in dieser Sache sogar einen Brief. Dann wird darüber gejammert. Auf der anderen Seite findet jetzt eine Sendung "BürgerForum" statt – ich weiß nicht, wer alles eingeladen war –, in der man das zum Thema macht. Das ist nun einmal die Form, wie sich der BR äußern kann. Dann wird auch das kritisiert. Wir sind dankbar, dass wir ein entsprechendes Orchester haben, und wir sind uns einig, dass es für dieses Orchester einen angemessenen Platz geben soll. Nun beklagen wir uns, wenn der BR eine Sendung dazu macht. Ich sage ganz offen: Ich bin froh, dass er sich der Sache annimmt und diese Entscheidung auch nicht akzeptiert und pusht. Ich glaube, es ist sehr unehrlich, sich hier mehrfach öffentlich gegen den BR zu stellen und ihn zum Buhmann zu machen für eine Entscheidung, die der Oberbürgermeister der Stadt München und der Ministerpräsident einsam und ohne sachliche Grundlage getroffen haben.