(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD – Volkmar Halbleib (SPD): Hier ist die Arbeit! – Zuruf von der SPD: Unverschämtheit! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn junge und gut qualifizierte Frauen das Land, in dem sie aufgewachsen sind, verlassen müssen, weil sie dort keine Chance haben, einen Job zu bekommen, dann ist das für die betroffene Frau immer eine traurige Erfahrung und ist für das Land, aus dem diese junge Frau kommt, mit Sicherheit kein Ruhmesblatt – im Gegenteil.
Ich persönlich gehöre auch zu diesen jungen und gut qualifizierten Frauen, die das Land, in dem sie aufgewachsen sind, verlassen mussten, weil ich damals vor 15 Jahren als Akademikerin keine Chance hatte, dort einen Job zu finden.
Ich habe mich dann nach reiflicher Überlegung entschlossen, ins für mich damals doch sehr ferne Bayern zu gehen;
denn hier waren und sind bis heute die beruflichen Chancen für junge Frauen - und auch insgesamt - wesentlich besser als in NRW.
Ich kann mich noch sehr gut an die schönen Worte erinnern, mit der die auch damals schon von der SPD geführte NRW-Landesregierung die Förderung der Frauen propagiert hat. Fakt ist: NRW hat auch heute noch, rund 15 Jahre später, eine doppelt so hohe Arbeitslosigkeit wie Bayern.
Das bedeutet auch, dass dort die Chancen für junge Frauen und gerade für junge Akademikerinnen wesentlich schlechter sind als in Bayern.
Das kann man auch mit Zahlen belegen. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung "Wegweiser Kommune" liegt die Frauenbeschäftigungsquote in NRW bei lediglich 47,5 % und damit unter allen deutschen Ländern ganz weit hinten. In Bayern liegt sie bei 55 %, und das ist ein Spitzenwert in Deutschland.
Als ich das Thema der von der SPD beantragten heutigen Aktuellen Stunde "Starke Frauen für ein starkes Bayern – geschlechtergerechte Gesellschaft jetzt verwirklichen" gelesen habe, hat mich das doch sehr an die vielen schönen Worte erinnert, die ich von der SPD aus NRW kenne.
Ich habe in Bayern, wie so viele andere zugereiste Frauen und auch Männer, sehr schnell gemerkt, dass man hier eine Fülle an Möglichkeiten hat, Karriere zu machen. Dazu trägt auch bei, dass unsere Schülerinnen und Schüler hier eine wesentlich bessere schulische Ausbildung erhalten. Dazu gehört auch, dass wir gerade bei den Mädchen noch stärker das Interesse für Mathematik, Naturwissenschaften und Technik wecken wollen, zum Beispiel durch die Initiative "MINT Zukunft schaffen". Allein 43 Schulen aller Regierungsbezirke sind für ihr besonders Engagement in dieser Richtung ausgezeichnet worden.
Selbstverständlich wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf seit Langem auch vom Freistaat Bayern unterstützt. Beispiele dafür sind der Ausbau der Kinderbetreuung, die Förderung einer familiengerechten Arbeitswelt, die Verbesserung der Möglichkeiten für den Wiedereinstieg in den Beruf, Hinweise auf die Teilzeitfalle und nicht zuletzt die Förderung von gleichstellungs- und frauenpolitischen Projekten. Dabei setzen
wir aber nicht auf Zwang, schon gar nicht auf viele schöne Worte, sondern vor allem auf einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft.
(Beifall bei der CSU – Dr. Paul Wengert (SPD): Was haben Sie erreicht? – Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Zu wenig!)
Wir motivieren unsere Unternehmen zur Verwirklichung der Chancengerechtigkeit. Wir sensibilisieren sie vor allen Dingen, bestehende Benachteiligungen, und seien sie noch so klein, abzubauen. Von echter Chancengerechtigkeit zwischen Frauen und Männern sind wir zwar noch immer ein gutes Stück entfernt. Wir sind diesem Ziel aber doch wesentlich näher gekommen als viele andere deutsche Länder.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die bereits zitierte Studie der Bertelsmann-Stiftung hat auch gezeigt, dass bis zum Jahr 2030 die Zahl der potenziellen Arbeitskräfte in der Altersgruppe von 25 bis 64 Jahre um 11,1 % zurückgehen wird, bei uns in Bayern allerdings weniger stark, da nach wie vor sehr viele Menschen nach Bayern, vor allem in die Metropolregion München, ziehen werden. Angesichts dieses demografischen Wandels ist es dringend notwendig, mehr Frauen eine Berufstätigkeit zu ermöglichen. Gerade angesichts des hohen Qualifikationsniveaus vieler Frauen schlummern hier große Potenziale für den Arbeitsmarkt. Das sind große Herausforderungen.
Liebe Kolleginnen, gleichzeitig müssen wir Frauen – ich beziehe alle ein – auch untereinander solidarisch sein und andere Frauen tatsächlich dabei unterstützen, Karriere zu machen. Lassen Sie es mich so formulieren: Wir sollten in Zukunft einfach hemmungslos gut übereinander reden. Damit kommt man nämlich auch weiter.
Deshalb habe ich lange Zeit das Mentoring-Programm in der Frauen-Union Oberbayern geleitet. Ich habe dafür gesorgt, dass im Rahmen dieses Programms Mentoren und Mentorinnen arbeiten. Wir haben sehr guten Erfolg damit erzielt. Mentoring-Programme gibt es in Bayern übrigens auch in der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Politik.
Ich bin sofort fertig. – Warum es im ureigenen Sinne eines Staates ist, Frauen zu fördern, hat niemand prägnanter ausgedrückt als Kurt Tucholsky. Er hat einmal gesagt: "Es gibt keinen Erfolg ohne Frauen." Genau deshalb wird die CSU auch in Zukunft Frauen nachhaltig dabei unterstützen, ihren Weg durch das Leben zu gehen.
Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächste hat Frau Kollegin Eva Gottstein von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass der heutigen Aktuellen Stunde ist der Internationale Frauentag am 8. März. Die luxemburgische EU-Kommissarin Viviane Reding hat neulich gesagt:
Solange wir einen Frauentag feiern müssen, bedeutet das, dass wir keine Gleichberechtigung haben. Das Ziel ist die Gleichberechtigung, damit wir solche Tage nicht mehr brauchen.
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der GRÜNEN – Erwin Huber (CSU): Gleichstellung, nicht Gleichberechtigung! – Markus Rinderspacher (SPD): Der Gleichstellungsexperte!)
Warum brauchen wir – leider! – immer noch solche Tage? Dass wir sie brauchen, hat sogar Ihre Kollegin nicht angezweifelt, Herr Huber. Tun Sie doch nicht so! Sie sind in einer bestimmten Ecke, und dort belassen wir Sie auch.
Frauen in Deutschland – auch Frauen in unserem gelobten Bayern – verdienen weniger, besetzen verhältnismäßig wenige Führungspositionen, sind überdurchschnittlich von Altersarmut bedroht, tragen nach wie vor die Hauptlast, wenn es darum geht, Familie und Beruf zu vereinbaren, und sind Opfer eines Ehegattensplittings; eigentlich brauchen wir ein Familiensplitting. Frauen sind geprägt durch – und prägen manchmal leider auch selbst – klischeebehaftete Rollenbilder. Insoweit gebe ich meiner Vorrednerin recht.
Frauen werden ungleich bezahlt. Simone Strohmayr hat die Zahlen genannt. Es gibt verschiedene Gründe für diesen niedrigen Durchschnittswert. So arbeiten
viele Frauen in Teilzeit oder nehmen nur Minijobs an. Zum Teil sind diese Entscheidungen der Not geschuldet. Zum Teil sagen Frauen aber auch: Ich bin verheiratet und habe es nicht nötig.
Auch die Tatsache, dass wir Frauen zu wenige Führungspositionen besetzen, liegt an der nach wie vor problematischen Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Diese Vereinbarkeit hat ein Herr Huber sicherlich nicht herstellen müssen. Ich denke, das hat er seine Frau erledigen lassen.
Auch die ungleiche Bezahlung ist problematisch. Wir gehen allerdings nicht auf dem Weg mit, den Bundesfamilienministerin Schwesig gerade vorschlägt, Löhne und Gehälter zu veröffentlichen. Das würde das Problem nicht lösen. Papier ist geduldig. Man muss tiefer ansetzen.
Wenn es um Frauen in Führungspositionen geht, müssen wir feststellen: Auch in Bayern müssen sie immer noch wesentlich besser als Männer sein. Auch in Bayern müssen sie immer noch wesentlich stärker sein, ob es die Gesundheit betrifft, ob es die Nerven betrifft oder ein bestimmtes Lächeln, das es zu zeigen gilt. Sie, die Männer, sollten sich einmal in die Rolle einer Frau versetzen, bevor Sie so grinsen, wie Sie manchmal grinsen. Das sage ich Ihnen auch hier nach sieben Jahren im Parlament.
Wir müssen daran arbeiten, Frauen selbstbewusster zu machen. Das ist ein wichtiger Lösungsansatz in der Familie und der Schule.
Das Thema Altersarmut habe ich vorhin schon angesprochen. Die Gründe sind auch hier wieder die Teilzeitfalle, die Minijobfalle und die fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es muss mehr passieren, auch wenn wir in Bayern insoweit schon auf einem guten Weg sind. Aber nach wie vor stehen Grundschulkinder mittags um zwölf Uhr vor der Haustüre. Wir haben zu wenige Ganztagsschulen.
Das sind erste Ansätze. Erst wenn auch in Bayern die volle Kinderbetreuung möglich ist, haben die Frauen auch hier die Möglichkeit, voll gleichberechtigt zu sein.