Protokoll der Sitzung vom 11.03.2015

Wichtiger noch ist: Die Mietpreisbremse kommt viel zu spät. Die Mieten sind seit Ankündigung der Mietpreisbremse schon rasant gestiegen. Eine Studie, die im Auftrag der GRÜNEN-Bundestagsfraktion erstellt wurde, belegt, dass seit dem Versprechen der Einführung einer Mietpreisbremse im Sommer 2013 in Städten mit hoher Wohnraumnachfrage die Mieten sehr stark gestiegen sind. Viele Vermieter, die Mietpreisbremse vor Augen, haben ihren Reibach längst gemacht. Insofern ist es notwendig, auf Landesebene so schnell wie möglich von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Deswegen werden wir dem Dringlichkeitsantrag der SPD trotz aller Mängel hinsichtlich der Mietpreisbremse, für die Sie – Herr Kollege Lotte, das

will ich Ihnen zugestehen – auf Landesebene nichts können, zustimmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, die Staatsregierung hat bereits angekündigt, sobald wie möglich von der Ermächtigung Gebrauch zu machen. Das Wort "unverzüglich" ist auch in Ihrem Dringlichkeitsantrag enthalten. Wir wissen jedoch seit 25 Jahren, dass das Wort "unverzüglich" ein sehr interpretierbares ist. Vielleicht erinnern Sie sich noch an Herrn Schabowski, der das Wort "unverzüglich" vor 25 Jahren noch etwas anders definiert hat als der Rest des Politbüros. Allerdings muss man auch sagen: Die Staatsregierung hätte längst Zeit gehabt, die solide Datengrundlage, die Sie in Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, fordern, zu erstellen oder zumindest zu aktualisieren. Die Mietpreisbremse ist nicht vom Himmel gefallen. Sie wird bereits seit dem Jahr 2013 diskutiert. Im Herbst letzten Jahres habe ich nachgefragt, ob die Staatsregierung ihre Hausaufgaben macht, weil die Entwürfe zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt gewesen sind. Sie hätten somit längst Zeit gehabt.

Selbstverständlich müssen die Kommunen einbezogen werden. Das ist doch völlig klar. Das steht auch so im Dringlichkeitsantrag der SPD. Ich habe ihn jedenfalls so gelesen. Mit dem Antrag wird gefordert, weitere relevante Gebiete zu definieren. Das kann man nur zusammen mit den Kommunen tun.

Ich sehe keinen Angriffspunkt, warum Sie diesem Antrag nicht zustimmen könnten. Übrigens werden wir GRÜNE dem Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER zustimmen. Da er so schön allgemein gehalten ist, kann man gar nichts gegen ihn haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für uns GRÜNE ist wichtig, dass wir nach dem zähen Ringen auf Bundesebene nicht noch mehr Zeit verlieren. Ansonsten wird die Mietpreisbremse auf diesem erhitzten Wohnungsmarkt endgültig verpuffen. Das wollen wir den betroffenen Mieterinnen und Mietern wirklich nicht zumuten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt Herr Staatsminister Professor Bausback. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, lieber Kollege Lotte, lieber Kollege Glauber, lieber Kollege Mistol! Ich weiß nicht, ob Sie die Fabel vom Hasen und dem Igel kennen. Die Debatte, die ich gerade mitverfolgen durfte, erinnert mich sehr stark an diese Fabel, in der am Ende der Hase abgehetzt

zu Tode kommt, weil er feststellen muss, dass der Igel schon immer da ist, wo er erst aufgebrochen ist.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Sind Sie der Hase oder der Igel?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der Hasen, wir sind schon lange unterwegs. Ich hoffe, es ist deutlich geworden, wen ich damit meine. Herr Kollege Lotte, wir brauchen eine verlässliche Datenbasis im Interesse der zu schützenden Mieterinnen und Mieter. Wir haben diese Datenbasis so schnell wie möglich, nämlich mit Vorlage des Gesetzentwurfs, erhoben. Damit sind wir sehr weit.

Meine Damen und Herren, am 5. März 2015 hat der Bundestag die gesetzliche Grundlage für die sogenannte Mietpreisbremse beschlossen. Herr Lotte und Herr Mistol, es geht um die Neuvermietungen und nicht um die Bestandsmieten. Diese sind durch die Kappungsgrenzenverordnung geschützt. Mit anderen Worten: Die Mietpreisbremse wird aller Voraussicht nach bald kommen. Das ist eine gute Nachricht. Wir haben uns seit Längerem dafür eingesetzt, dass der Wohnraum für Menschen in Ballungszentren und anderen Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt bezahlbar bleibt. Deswegen ist die Mietpreisbremse in das Wahlprogramm der CDU/CSU aufgenommen worden. Als Vertreter der CSU habe ich bei den Koalitionsverhandlungen dafür gesorgt und maßgeblich im Arbeitskreis Justiz und Inneres darauf hingewirkt, dass die Mietpreisbremse Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hat. Damit steht sie auf der Agenda des Bundesjustizministers.

Meine Damen und Herren, künftig können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten festlegen, in denen diese Mietpreisbremse gilt. Mit der Mietpreisbremse darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens 10 % übersteigen. Ausnahmen – das ist auch wichtig – gelten für Erstvermietungen eines Neubaus und für die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung. Eines ist auch klar: Die Mietpreisbremse ist kein Allheilmittel. Wir müssen darauf achten, dass notwendige Investitionen in den Wohnungsbau nicht abgewürgt werden. Deshalb ist ein gezielter Einsatz der Mietpreisbremse wichtig.

Die Mietpreisbremse ist ein flankierendes Mittel, um Wohnungsmangel entgegenzuwirken. Der Wohnungsmangel kann aber nur wirksam und effektiv bekämpft werden, wenn neue Wohnungen durch Private und mit Förderung der öffentlichen Hand gebaut werden. Ich bin Herrn Kollegen Westphal dankbar, dass er das Engagement Bayerns hinsichtlich der Investitionen

deutlich gemacht hat. Wir brauchen uns vor keinem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland zu verstecken. Bayern steht an der Spitze aller Länder.

Meine Damen und Herren, die Mietpreisbremse ist ein wichtiges flankierendes Mittel. Sie ist ein Mittel, um Auswüchsen zu begegnen und in Gebieten mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt zur Dämpfung des Mietpreisanstiegs beizutragen. Die Senkung der sogenannten Kappungsgrenze, die wir in zahlreichen bayerischen Kommunen eingeführt haben, ist eine wichtige Maßnahme. Sie entfaltet jedoch keine Wirkung beim Mieterwechsel. Dort, wo die Mieten im Falle der Neuvermietung explosionsartig steigen, sodass die Versorgung der Menschen mit Wohnungen nicht mehr sichergestellt ist, muss im Falle einer Neuvermietung eine Grenze vor die zulässige Miethöhe eingezogen werden.

Eines muss ich klar sagen: Gänzlich gelungen ist die künftige Regelung auf Bundesebene nicht. Diverse Bedenken, die auf Initiative der Bayerischen Staatsregierung Eingang in die Stellungnahme des Bundesrates gefunden haben, wurden im Bundestag nicht aufgegriffen. Ein Beispiel: Die im Gesetzentwurf vorgesehene Verpflichtung, in der Begründung der Rechtsverordnung darzulegen, welche Maßnahmen die Landesregierung in dem bestimmten Gebiet zur Behebung des Wohnungsmangels ergreifen will, erhöht den Aufwand für die Umsetzung der Mietpreisbremse, ohne dass dadurch viel gewonnen würde. Kleinräumige Maßnahmen fallen nämlich in den Aufgabenbereich der Kommunen, nicht in den Aufgabenbereich der Landesregierung. Die lokalen Wohnungsmärkte unterliegen ständigen Veränderungen. Vorzugeben, dass der Verordnungsgeber Maßnahmen festzulegen hat, ist nicht zielführend und verzögert vor allem deren Einführung.

Meine Damen und Herren, die Mietpreisbremse ist ein scharfes Schwert. Sie legt Vermietern erhebliche Beschränkungen auf. Deshalb darf sie nur dort angewendet werden, wo sie wirklich notwendig ist und eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. So sieht es das Gesetz vor. Um dies festzustellen, braucht es aktuelle Zahlen zum Wohnungsmarkt. Obwohl bis vor Kurzem nicht feststand, welche Voraussetzungen der Gesetzgeber an den Erlass einer Mietpreisbremse knüpfen würde, hat mein Haus zusammen mit dem Staatsministerium des Inneren, für Bau und Verkehr bereits im letzten Jahr das Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung beauftragt, Daten zur Wohnraumversorgung zu erheben und die Gemeinden anzuhören. Meine Damen

und Herren, lieber Kollege Glauber, der Dialog, den Sie hier einfordern, findet längst statt.

Die Erhebungen sind mittlerweile durchgeführt. Das Ergebnis der Untersuchung wird in wenigen Wochen vorliegen. Dann sollen die Gemeinden angehört werden, die bei der Erhebung eine eigene Einschätzung abgegeben haben, die sich nicht mit den Untersuchungsergebnissen deckt. Die Gemeinden haben dadurch die Gelegenheit, Argumente vorzutragen, die sich aus den spezifischen örtlichen Gegebenheiten ableiten lassen. Erst auf dieser Grundlage erscheint die abschließende Bewertung durch den Verordnungsgeber möglich, in welchen Gebieten die Mietpreisbremse einzuführen ist.

Meine Damen und Herren, wir wollen die Mietpreisbremse so schnell wie möglich einführen. Ich warne aber vor einem Schnellschuss. Nur auf der Grundlage solider und aktueller Daten kann eine passgenaue Festlegung der Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt und damit eine rechtssichere Umsetzung gelingen. Eine bloße Übernahme der Gebietskulissen zur im Jahr 2013 erlassenen Zweiten Kappungsgrenzesenkungsverordnung erfüllt, Herr Kollege Lotte, diese Voraussetzung nicht, und zwar deshalb, weil der Datenbestand, der dieser Verordnung zugrunde liegt, aus dem Jahre 2010 stammt. Das bietet keine Rechtssicherheit in möglichen Rechtsstreitigkeiten. Um es noch einmal zu sagen: Ja zu einer zügigen Umsetzung der Mietpreisbremse, aber nur dort, wo die Voraussetzungen tatsächlich vorliegen.

Meine Damen und Herren, schon seit den Neunzigerjahren schreiben wir die Wohnungsgebieteverordnung in regelmäßigen Abständen fort. Die Kappungsgrenzesenkungsverordnung haben wir unverzüglich erlassen. Wir werden auch die Mietpreisbremse ehestmöglich erlassen; denn Mietern ist nicht mit großen Worten, sondern nur mit Taten wirklich geholfen. Wir handeln, und zwar schon seit geraumer Zeit.

Ich empfehle Ihnen, dem Antrag der CSU zuzustimmen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Kolleginnen und Kollegen, nachdem die 15 Minuten seit Ankündigung der namentlichen Abstimmung noch nicht um sind, frage ich die CSUFraktion, ob sie auf die namentliche Abstimmung verzichtet, sodass ich jetzt gleich zur Abstimmung kommen kann. –

(Zurufe)

Vielen Dank.

Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen damit zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

(Unruhe)

Kolleginnen und Kollegen, ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion, Drucksache 17/5650, abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – CSU und die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Anhaltende Unruhe)

Ich würde darum bitten, dass wir uns wenigstens bei den Abstimmungen so platzieren, dass man abstimmen kann.

Ich lasse jetzt über den Dringlichkeitsantrag der CSUFraktion, Drucksache 17/5670, abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU, SPD, Fraktion der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.

Ich lasse jetzt über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER, Drucksache 17/5671, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, Fraktion der FREIEN WÄHLER, Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 17/5651 sowie 17/5653 mit 17/5658 und 17/5672 werden in die zuständigen federführenden Ausschüsse verwiesen.

Ich darf den Tagesordnungspunkt 5 aufrufen:

Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Florian Ritter, Klaus Adelt u. a. und Fraktion (SPD),

Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Katharina Schulze u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zivilgesellschaft stärken - Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus evaluieren und überarbeiten! (Drs. 17/2172)

Ich eröffne die Aussprache. 24 Minuten sind dafür vorgesehen. Als Erstem darf ich Kollegen Ritter das Wort erteilen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich weiß gar nicht, was hier los ist.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das bayerische Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus wurde im Jahr 2009 als Reaktion auf den Anschlag auf den damaligen Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl beschlossen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das bayerische Handlungskonzept hat eine sehr starke Fokussierung auf sicherheitspolitische Aspekte, auf die Arbeit der Sicherheitsbehörden und hier im Besonderen auf die Arbeit des bayerischen Verfassungsschutzes. Wir haben uns im Rahmen der Debatte zu unserem Antrag auch mit einem Antrag der CSU auf Bericht im Innenausschuss über dieses Handlungskonzept auseinandergesetzt. Wir haben unseren Antrag bis zu diesem Bericht zurückgestellt. Die starke Fokussierung auf die Arbeit der Sicherheitsbehörden war Teil der Debatte im Innenausschuss.

Die Vertreterin des Innenministeriums hat in dieser Debatte explizit darauf hingewiesen, dass sich das Handlungskonzept ausschließlich gegen rechtsextreme Gruppen und Organisationen richtet und es nicht Ziel sei, Antisemitismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit als gesellschaftspolitisches Problem anzugehen. Es setzt da an, so das Innenministerium, wo der Schutzauftrag der Sicherheitsbehörden zu wirken beginne. Es mutet dann allerdings etwas seltsam an, dass im Bericht der Bayerischen Staatsregierung viele zivilgesellschaftliche Initiativen aufgeführt werden wie das "Bayerische Bündnis für Toleranz", die Projektstelle in Bad Alexandersbad und Initiativen wie "Schule ohne Rassismus" und andere Einrichtungen. Ich denke, man kann das als Beleg dafür nehmen, welche Konfusion auch innerhalb der Bayerischen Staatsregierung über die eigentliche Bedeutung dieses Programms herrscht.

Rassismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit, Kolleginnen und Kollegen, werden nicht erst dann zum Problem, wenn sie von verfassungsfeindli

chen Organisationen propagiert werden. Sie sind vor allem da ein Problem, wo Menschen, die eigentlich in Distanz zu verfassungsfeindlichen Organisationen stehen, solche Einstellungen vertreten. Die Vertreterin des Innenministeriums hat im Innenausschuss sicherlich nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, dass nicht jeder, der rassistische Positionen vertritt, automatisch ein Verfassungsfeind ist. Kolleginnen und Kollegen, wer aber rassistische, antisemitische und menschenfeindliche Positionen vertritt, widerspricht auch dem Geist unserer Verfassung.

(Beifall bei der SPD)

Das, Kolleginnen und Kollegen, löst zwar nicht den Handlungsauftrag der Sicherheitsorgane aus, muss aber den Handlungsauftrag der Demokratinnen und Demokraten auslösen.

Wir wollen, dass das bayerische Handlungskonzept evaluiert und weiterentwickelt wird, gerade im Hinblick auf die zivilgesellschaftlichen Herausforderungen, und wir wollen bei der Evaluierung und Weiterentwicklung eine Einbeziehung der Wissenschaft und der zivilgesellschaftlichen Initiativen. Der Blick der Sicherheitsbehörden alleine ist völlig unzureichend.