Protokoll der Sitzung vom 11.03.2015

Mein Kollege Ritter hat schon richtig gesagt, dass das Innenministerium das Problem von einer rein sicherheitspolitischen Warte aus betrachtet. Sie sagen, man müsse mit Repressionen vorgehen. Aber – jetzt kommt das große Aber – der Rechtsextremismus bzw. der Rechtsterrorismus ist nicht allein das Problem, sondern es beginnt viel früher mit dem Rassismus, der in der Mitte der Gesellschaft nun einmal vorhanden ist. Es beginnt mit Stammtischparolen und Sprüchen wie "Ich bin kein Rassist, aber …". Das zeigt sich auch in verschiedenen Studien deutlich. Nach den "Mitte"-Studien der Universität Leipzig haben 33,1 % – 33,1 %! – der Bayern ausländerfeindlichen Thesen zugestimmt. Da können Sie, liebe CSU-Fraktion, nicht sagen, wir hätten kein Problem und könnten weitermachen wie bisher. Da brauchen wir eine gescheite Evaluation und vor allem für zivilgesellschaftliche Gruppierungen mehr Förderung.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Zu meinem letzten Thema. Das regt mich auf, das finde ich grotesk und vonseiten der CSU fadenscheinig; denn Sie sagen auf der einen Seite immer, alle müssten etwas gemeinsam machen. Selbst im Handlungskonzept vom 12.01.2009 steht – ich zitiere –:

Der Staat ist aber nicht allein gefordert, wenn es darum geht, Rechtsextremisten deutlich zu machen, dass sie in Bayern keine Chance haben. Gefordert sind vielmehr alle Menschen, die Vereine und Organisationen, die Kommunen, die gesamte Zivilgesellschaft.

Nichts anderes sagen wir, und nichts anderes fordern SPD und GRÜNE in diesem Antrag. Sie verweigern sich trotzdem. Das ist unverständlich und nicht nachvollziehbar. Ich finde, wer bürgerschaftliches Engagement fordert, muss es entsprechend fördern.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Sie haben jetzt noch kurz die Möglichkeit, sich doch noch zu überlegen, ob es vielleicht sinnvoller wäre, dem Antrag zuzustimmen, also nicht nur Sonntagsreden zu halten, sondern wirklich ein Zeichen für ein vielfältiges, offenes Bayern zu setzen. Ich gebe die Hoffnung noch nicht ganz auf, dass hier wenigstens der eine CSUler oder die andere CSUlerin auf der richtigen Seite steht. Ich würde mich darüber nach den vielen heftigen Debatten sehr freuen.

Wir haben extra zwei wichtige Spiegelstriche herausgenommen, die für Sie problematisch sein könnten. Herr Ritter hat es bereits angesprochen. Jetzt bestehen nur noch die Grundforderungen. Eine gemeinsa

me Evaluation und mehr Geld für die Zivilgesellschaft sind Forderungen, für deren Ablehnung es keine guten Gründe gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat Herr Staatssekretär Eck das Wort.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will versuchen, ein Stück weit Normalität in die Diskussion zu bringen.

Liebe Frau Schulze, wenn man Sie so hört, denkt man, es passiert im Freistaat Bayern überhaupt nichts. Es geht alles drunter und drüber, und man muss sogar Angst haben, in welche Richtung sich die Vertreterinnen und Vertreter des Freistaats entwickeln.

Genau aus den Gründen, die Sie hier angesprochen haben, haben wir im Freistaat Bayern ein Handlungskonzept, das beispielgebend ist. Ich würde Sie ganz herzlich darum bitten, andere Bundesländer mit dem Freistaat Bayern zu vergleichen. Dann würden Sie sehen, dass wir mit unserem Handlungskonzept näher bei der Bevölkerung, näher bei den Menschen sind als andere Länder.

(Beifall bei der CSU)

Wie weit Sie weg sind, hat mir Ihre Aussage deutlich gemacht, dass in München bei Demonstrationen 150 verurteilte Rechtsterroristen mitmarschieren. Im Bundesgebiet ist derzeit eine einzige Rechtsterroristin bekannt. Sie steht zurzeit vor Gericht.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Wenn Sie sagen, dass 150 verurteilte Rechtsterroristen bei den Demonstrationen mitlaufen, dann weiß ich nicht, wie Sie zu dieser Zahl kommen. Haben Sie die geprüft? Haben Sie sie untersucht? Ich lasse das einfach einmal so stehen.

Ich will noch einmal betonen, dass wir ein dynamisches Konzept haben. Herr Ritter, wir sind in vielen Dingen einig. Genau das, was Sie angesprochen haben, wird bei uns mit diesem Konzept umgesetzt. Es wird kontinuierlich berichtet, wie der Stand der Umsetzung ist, letztmals im November 2014.

Verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade aktuell mit Blick auf die Akteure vor

Ort wird wieder nach Optimierungsbedarf geschaut, wird ermittelt, wo man Dinge verändern kann, wie man an die Problemstellung näher herankommt.

Beim Stichwort Beratung der Kommunen nenne ich ein weiteres Stichwort, nämlich die BIGE. Sie steht jeder Kommune, jedem Bürgermeister und den Bürgerinnen und Bürgern zur Beratung zur Verfügung.

Es hat im Jahr 2014 einen ressortübergreifenden Handlungsleitfaden für Gemeinden zum Umgang mit Rechts-Rockkonzerten und vergleichbaren Veranstaltungen gegeben. Wo bitte schön hat es sonst noch solche Leitfäden gegeben? - Es wird geprüft, ob und inwieweit für besonders sicherheitsrelevante hoheitliche Tätigkeiten eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz eingeführt wird. Wo bitte schön wird so tiefgreifend vorgegangen? - Beim Landesamt für Verfassungsschutz wird die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt und geprüft, wie man noch näher an die Dinge herankommen kann. Für die Schulen wird eine Handreichung gegen Extremismus aller Richtungen gestaltet und fortlaufend aktualisiert. Man stellt sich immer wieder neu den Fragestellungen. Es werden Konzepte für den Umgang mit rechtsextremistischen Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten entwickelt, um auch dort nach der Verurteilung präventiv aktiv zu sein. Das geht bis hin zur Förderung von Projekten, für die wir die Kofinanzierung bis zu 20 % stellen. Das ist ein Maßnahmenkatalog, der sich ganz besonders sehen lassen kann. Gerade die Evaluierung wird durch dieses dynamische Konzept vollständig erreicht.

In diesem Sinne bin ich davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

(Beifall bei der CSU)

Zu einer Zwischenbemerkung Herr Kollege Ritter, bitte.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, die Punkte, die Sie genannt haben, will ich überhaupt nicht in Abrede stellen. Ich will auch nicht die heutige Debatte dazu nutzen, Kritik zu üben. Es geht wirklich um die Evaluation.

Wenn Sie die ganzen Punkte aufzählen wie den Umgang mit Strafgefangenen, die Beratung bei RechtsRockkonzerten und so weiter und so fort, dann handelt es sich immer um diesen Kernbereich der rechtsextremen Organisationen, wie das auch die Vertreterin des Innenministeriums gesagt hat. Sie und auch der Kollege von der CSU drücken sich um die Frage herum, wie mit Phänomenen wie dem Antisemitismus umgegangen wird, wenn sie jenseits von rechtsextremen Organisationen auftreten. Das Pro

blem existiert nicht erst dann, wenn Molotowcocktails gegen Asylbewerberheime fliegen oder wenn Farbanschläge auf Synagogen stattfinden. Dieses Problem gibt es schon vorher, und da sind wir gefordert. Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt, auf den ich hinweisen will: Das mit den 150 verurteilten Terroristen war ein Versprecher. Das war verhältnismäßig klar zu erkennen. Aber dass bei Pegida in München verurteilte Rechtsterroristen mitgelaufen sind, nämlich die Leute, die für den geplanten Anschlag auf die Grundsteinlegung der Synagoge verurteilt worden sind – und das sind verurteilte Rechtsterroristen –, das sollten Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie sich für die Kollegin an dieser Stelle entschuldigen für den Versprecher, dann nehmen wir das selbstverständlich zur Kenntnis. Ihre weitere Aussage habe ich nicht als Frage aufgefasst. Ich will trotzdem darauf antworten.

Genau das Problem, das Sie ansprechen, erfassen wir dadurch, dass wir die Gesellschaft, die Bürgerinnen und Bürger durch die Kommunen so fest einbinden, wie es anders gar nicht möglich ist. Aus diesem Grund sind wir der Meinung, dass dieses dynamische Handlungskonzept vollkommen in Ordnung ist,

(Florian Ritter (SPD): Das ist statisch, fest verankert, nichts Dynamisches!)

ausgezeichnet ist und dem Problem letztlich am nächsten kommt.

(Beifall bei der CSU – Katharina Schulze (GRÜNE): Dynamisch wäre eine Evaluation!)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – CSU. Stimmenthaltungen? - Die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich gebe noch das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Bause, Hartmann, Mütze und anderer und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) betreffend "Erbschaftsteuer gerecht gestalten", Drucksache 17/5652, bekannt. Mit Ja haben 49 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 101 Abgeordnete gestimmt. Es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 5)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sind am Ende der Tagesordnung. Ich schließe die Sitzung.