Was hier vorliegt, ist kein Schaufensterantrag der Opposition, lieber Kollege Brückner. Wenn das Umweltbundesamt sagt, dass dieser Stoff gefährlich ist und verboten gehört, hat das nichts mit irgendwelchen Oppositionsgedanken zu tun.
Wie die europäische Lebensmittelbehörde EFSA reagiert hat, haben wir heute schon sehr oft gehört. Warum ist jetzt dieser Grenzwert so dramatisch gesenkt worden? – Man hat festgestellt, dass die Ergebnisse von Tierversuchen nicht auf den Menschen übertragbar sind, jedenfalls nicht 1 : 1. Das heißt doch, dass wir grundsätzlich bei allen toxikologischen Bewertungen besonders aufpassen müssen. Frankreich hat darauf schon reagiert; Frankreich hat diesen Stoff in Lebensmittelverpackungen verboten. Es geht also. Und wenn es in Frankreich geht, liebe Kolleginnen und Kollegen, könnte es auch bei uns funktionieren.
Wir sind auch der Meinung, dass die Industrie in der Lage ist, Ersatzstoffe zu entwickeln. Aber das wird sie erst bei dem nötigen Druck tun - erst, wenn ein Ausstiegsszenario bekannt ist, wenn die Zulassung von Bisphenol A zu einem bestimmten Zeitpunkt ausläuft. Dieses Druckmittel sollten wir anwenden. Sonst passiert wieder jahrelang nichts.
Dass sich die Industrie gegen dieses Verbot wehrt, ist nachvollziehbar. Vor Kurzem erhielt ich ein Schreiben des Spielwarenverbands – Sie vielleicht auch -, in dem nachdrücklich auf die vermeintliche Ungefährlichkeit dieses Stoffes hingewiesen wurde. Dieses Schreiben zeigt ganz deutlich, dass die Industrie gar nicht daran denkt, einen Ersatzstoff zu entwickeln. Übrigens kommt es auch viel billiger, die Entscheidungsträger zu überzeugen, als Forschungsprojekte zu entwickeln.
Natürlich haben wir heute auch wieder die Sorge der CSU-Fraktion gehört, es könnte ein Ersatzstoff gefunden werden, der vielleicht noch gefährlicher ist als Bisphenol A. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass die Zulassung von Chemikalien bei uns streng kontrolliert wird. Immerhin gilt bei uns der vorbeugende Verbraucherschutz, zumindest jetzt noch. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Freihandelsabkommen hinweisen, in denen der vorbeugende Verbraucherschutz unter Umständen auf der Abschussliste steht. Hier sitzen viele glühende Befürworter dieser Freihandelsabkommen; wenn wir den vorbeugenden Verbraucherschutz bei uns so hochhalten, sollten wir ihn auch anwenden.
Ich kann auch das Argument nicht nachvollziehen, dass Bisphenol A so gut erforscht sei und ein Nachfolgeprodukt eben nicht. Dieses Argument hören wir immer wieder. Das kann aber doch kein Argument sein: Gerade weil es so gut erforscht ist, weiß man um die Gefährlichkeit dieser Substanz. Herr Brückner, dass es Grenzwerte gibt, heißt noch lange nicht, dass dieser Stoff nicht gefährlich ist und dass wir darauf nicht reagieren müssen.
Dann wird immer wieder auf die EFSA hingewiesen, die sagt, dass der neue Grenzwert absolut sicher sei. Das hat sie bei dem bisherigen Richtwert auch schon gesagt, und der war mehr als zehnmal höher. Also kann man doch zum Schluss sagen: Die EFSA orientiert sich eher am Machbaren, während das Umweltbundesamt sich dem Schutz der Bevölkerung verschrieben und sich den Schutz der Bevölkerung auf die Fahnen geschrieben hat. Das sollte doch auch unsere Maxime sein. Wir werden deshalb den SPD-Antrag unterstützen. Den CSU-Antrag werden wir ablehnen, weil er nicht weit genug geht.
Danke schön, Frau Kollegin Steinberger. - Für die Staatsregierung spricht Frau Staatsministerin Scharf. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger ist der Maßstab unseres Handelns, und wenn Risiken und Gefahren drohen, treffen wir die erforderlichen Maßnahmen. Das gilt auch für die genannte Chemikalie Bisphenol A. Wir haben heute schon gehört: Wir wissen, dass sie in vielen Gegenständen des täglichen Bedarfs enthalten ist: in Trinkflaschen, in Beschichtungen von Lebensmittel- und Getränkedosen, in Kassenzetteln, Fahrkarten und Medizinprodukten. Auch die hormonelle Wirkung von Bisphenol A ist seit Langem bekannt. Sie wird von den zuständigen Behörden und Fachstellen auch kritisch verfolgt.
Ich habe mir dieses Thema gleich zu Beginn meiner Amtszeit zu Herzen genommen und mich bei Bundesminister Schmidt für eine Reduzierung der Belastung unserer Verbraucher eingesetzt. Ich habe ihn gebeten, auf europäischer Ebene für eine Verschärfung des Bisphenol-A-Grenzwerts einzutreten und ein vorsorgliches Verbot für Bisphenol A in Spielzeug zu prüfen. Meine Überzeugung ist ganz klar: je weniger, desto besser.
Aber Richtschnur für Maßnahmen ist, dass sich verschärfte Grenzwerte und Verbote auf wissenschaftliche Bewertungen der EFSA stützen müssen. Die EFSA hat am 21. Januar ihre Neubewertung von Bisphenol A veröffentlicht, und darin wurde der empfohlene Grenzwert für die tolerierbare tägliche Aufnahme, der TDI-Wert, deutlich auf vier Mikrogramm je Kilo Körpergewicht gesenkt. Mir ist dabei wichtig, dass wir als Politiker nicht Alarmismus verbreiten, sondern uns vernünftig mit dem Thema befassen; denn selbst bei stark belasteten Personen liegt die Gesamtaufnahme von Bisphenol A aus Lebensmitteln, Spielzeug, Staub, Kosmetik, Thermopapier immer noch deutlich unter dem von der EFSA genannten tolerierbaren Aufnahmewert. Mir ist wichtig, dabei zu betonen, dass Bisphenol A damit derzeit für keine Altersgruppe in der Bevölkerung eine gesundheitliche Gefahr darstellt. Die Kommission und die Mitgliedstaaten werden das auf der Grundlage der aktuellen Risikobewertung der EFSA prüfen und genau auswerten, ob weitere gesetzgeberische Maßnahmen erforderlich sind. Für Thermopapier gibt es auf europäischer Ebene bereits gesetzgeberische Initiativen zur Einführung eines neuen Grenzwerts von Bisphenol A.
Ein generelles Verbot von Bisphenol A lässt sich mit der aktuellen wissenschaftlichen EFSA-Bewertung aus meiner Sicht nicht begründen. Selbst die von Ihnen angeführte französische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat darauf hingewiesen, dass – das ist entscheidend – viele Ersatzstoffe von Bisphenol A ebenfalls mit hormoneller Wirkung belegt sind. Bei
Es ist daher aus meiner Sicht etwas zu kurz gesprungen oder zu kurz gedacht, einen bestimmten Stoff generell verbieten zu wollen. Verbote machen nur Sinn, wenn man unbedenkliche Ersatzstoffe zur Verfügung hat und diese auch langzeitbewertet sind. Wir müssen wissen, Bisphenol A gibt es seit 50 Jahren. Wenn wir von Ersatzstoffen sprechen, müssen wir bedenken, dass die Entwicklung, die Forschung und die Untersuchung schlichtweg noch nicht so weit sind.
Daher ist unser Weg, die Verbraucher wirksam und verantwortlich vor Bisphenol A zu schützen. Im Sinne des vorsorgenden Verbraucherschutzes fordern wir im ersten Schritt eine Anpassung des europäischen Grenzwerts für Spielzeug und für Lebensmittelkontaktmaterialien an die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Nur dort, wo wir sichere Alternativen haben, können wir ein Verbot von Bisphenol A fordern. Wir lehnen den Antrag der SPD ab.
Danke schön, Frau Staatsministerin. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zu den beiden Abstimmungen.
Ich lasse zuerst in einfacher Form über den Tagesordnungspunkt 17 – das ist der Antrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/5019 – abstimmen. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt Zustimmung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte. – SPD und GRÜNE. Enthaltungen? – Bei den FREIEN WÄHLERN. Damit ist dem Antrag zugestimmt.
Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/5007. Ich darf darauf hinweisen, dass wir im Anschluss an die namentliche Abstimmung ohne Aussprache noch eine einfache Abstimmung haben werden. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt die Ablehnung des Antrags der SPD-Fraktion. Sie haben jetzt die Gelegenheit zur namentlichen Abstimmung. Sie haben fünf Minuten Zeit.
Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Markus Ganserer u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Tariftreue (Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr I) (Drs. 17/4392)
Die Fraktionen sind übereingekommen, auf eine Aussprache zu verzichten. Wir kommen daher gleich zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dem Antrag entgegen dem Ausschussvotum zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Die CSU-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Tagesordnungspunkt 13 – Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Dr. Christian Magerl und andere und Fraktion (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) betreffend "Verbot von Ölheizungen in Überschwemmungsgebieten" auf Drucksache 17/5000 – bekannt. Mit Ja haben gestimmt 67 und mit Nein 89, und es gab 2 Stimmenthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich gebe noch das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 14 – Antrag der Abgeordneten Kathi Petersen, Arif Taşdelen, Martin Güll und anderer (SPD) betreffend "Islamunterricht in deutscher Sprache dem Bedarf entsprechend ausbauen" auf Drucksache 17/4809 – bekannt. Mit Ja haben gestimmt 40 und mit Nein 81 bei 27 Stimmenthaltungen. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.
Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Markus Ganserer u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Mehr verbrauchsarme Dienstwagen für den Freistaat Bayern (Drs. 17/5030)
Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Markus Ganserer u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Mehr Elektrofahrzeuge für den Freistaat Bayern (Drs. 17/5031)
Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit für die stärkste Fraktion. – Ich erteile als erstem Redner Herrn Kollegen Ganserer das Wort. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
(Vom Redner nicht au- torisiert) Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Jahr 2015 wird mit der Klimaschutzkonferenz, die Ende des Jahres in Paris stattfindet, das richtungweisende und entscheidende Jahr für den Klimaschutz. Im Vorfeld wären wesentlich deutlichere Aufbruchssignale aus Deutschland dringend notwendig.
Zwar sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland im Jahr 2014 erstmals seit drei Jahren wieder gesunken; die Emissionsminderung um 4,3 % ist aber in wesentlichen Teilen auch dem milden Wetter geschuldet. Das geht aus der Nahzeitprognose des Umweltbundesamtes hervor.
Weniger erfreulich sind die Entwicklungen in den einzelnen Sektoren. So sind die Emissionen im Verkehrsbereich sogar um 3 % gestiegen. Damit werden die in den Bereichen Energieerzeugung und Wärme erzielten Einsparungen zum Teil wieder aufgefressen. Um unsere Klimaschutzziele zu erreichen, ist es dringend notwendig, neben der Energiewende bei der Stromproduktion endlich auch die Verkehrswende einzuleiten.
Insoweit hat die öffentliche Hand Vorbildcharakter. Doch erst kürzlich hat die Deutsche Umwelthilfe der CSU-Regierung die Rote Karte gezeigt; denn laut Dienstwagen-Check fährt die CSU-Regierung von Bayern im Vergleich zu den anderen Landesregierungen die größten Spritschlucker und belegt entsprechend den letzten Platz.
Dass die CSU-Regierung sich in Sachen Klimaschutz bei Dienstwagen nicht nur bei denen der Kabinettsmit
glieder mit wenig Ruhm bekleckert, sondern auch bei der Anschaffung sämtlicher Dienstwagen nicht gerade vorbildlich ist, zeigt auch die Antwort auf meine einschlägige Anfrage auf Drucksache 17/4589. Der Ministerpräsident will gern den Eindruck erwecken, dass in Bayern alles super-super sei. Super ist bei dem Thema aber allenfalls in den Tanks der großen Spritschlucker unter den Dienstfahrzeugen.
Mit dem vorliegenden Antrag auf Drucksache 17/5030 – betreffend "Mehr verbrauchsarme Dienstwagen für den Freistaat Bayern" – fordern wir, dass die Staatsregierung den vom Verkehrsclub Deutschland initiierten "Cleaner Car Contract" unterzeichnet und damit die Selbstverpflichtung abgibt, den durchschnittlichen CO2-Ausstoß der bis zum Jahr 2020 neu anzuschaffenden Dienstfahrzeuge im Schnitt auf 95 Gramm pro Kilometer zu reduzieren, wie es große deutsche Unternehmen - darunter EPSON Deutschland, Kabel Deutschland und GE Auto Service Leasing, eines der weltweit größten Leasingunternehmen für Fuhrparks – bereits getan haben.
Dass wir nichts Unmögliches fordern, zeigt die Fahrzeugbeschaffung des Bayerischen Bildungsministeriums, welches – das will ich positiv herausstellen – im Gegensatz zu allen anderen Landesministerien die Zielvorgaben bereits im Jahr 2013 erfüllt hat.
Deutschland soll zum Leitmarkt der Elektromobilität werden. Doch mit dem jüngst vom Bundestag verabschiedeten Elektromobilitätsgesetz allein, mit dem Kommunen kostenlose Parkplätze für Elektroautos ausweisen können, wird das Ziel – 1 Million Elektroautos bis zum Jahr 2020 – mit Sicherheit nicht erreicht. Auch in Bezug auf die Erreichung dieses Zieles hat die öffentliche Hand Vorbildcharakter, und auch hier hinkt die CSU hinterher. Unter den 1.800 Neuanschaffungen des Freistaates Bayern im Jahr 2013 waren gerade einmal ein Elektroauto und zwei Hybridfahrzeuge. Andere Bundesländer sind längst viel weiter. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 den Anteil der Elektroautos an den Dienstfahrzeugen auf 10 % zu erhöhen. Die Hessische Landesregierung hat eine E-Beschaffungsinitiative zur Förderung der Elektromobilität gestartet. In Berlin – hört, hört! – fährt selbst die Polizei unter dem Motto "Blau fährt grün" in Teilen bereits elektrisch.