Protokoll der Sitzung vom 02.12.2015

Mich freut es, dass der Herr Ministerpräsident hier ist und dadurch die Diskussion über den Klimaschutz aufwertet. Das ist wichtig. Er hat erkannt, dass wir hier in Bayern bei der flugtechnischen Mobilität an Grenzen gestoßen sind. Das, was wir auf diesem Gebiet haben, reicht. Mehr brauchen wir hier nicht.

Meine Damen und Herren von der CSU, angeblich sollen 66 Abgeordnete bei einer Unterschriftensammlung mitgemacht haben, mit der gefordert wurde: Wir brauchen sie doch, die dritte Startbahn!

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Meldet euch mal!)

- Ja, die sollten sich melden. Vielleicht spüren sie ihren Zwiespalt an ihren Händen. Als sie vorhin bei der Rede der Frau Ministerin Scharf geklatscht haben, hätten ihnen eigentlich die Finger brennen müssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Wenn man darüber redet, dass wir Klimaschutz brauchen, muss man auch politisch seinen Beitrag dazu leisten. Es sollte nicht nur bei Geschwätz bleiben, sondern es sollte entsprechend gehandelt werden.

Die Staatsregierung unternimmt einiges für den Hochwasserschutz. Sie nimmt dafür sehr viel Geld in die Hand, vor allem für den technischen Hochwasserschutz und die Flutpolder. Doch man sollte prüfen, ob man nicht besser die Kommunen mit Geldern unterstützen sollte. Sie wissen, wo es draußen Probleme gibt. Die Kommunen wissen, wo angesetzt werden muss, wenn bei Schlagwasser große Überschwemmungen entstehen. Die Kommunen wissen am besten, wo man das Geld am vernünftigsten einsetzt. Es ist nicht sinnvoll, mit zig Millionen oder Milliarden Euro

Flutpolder zu bauen und dadurch teilweise in einem Umfang in die Planungshoheit von Gemeinden einzugreifen, dass sie sich nicht mehr entwickeln und nicht mehr miteinander leben können.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Einiges hat sich getan in Bayern; aber es darf sich noch viel, viel mehr tun. Das gilt für viele Anstrengungen im Freistaat. Wir sollten und wir müssen vor Ort den Klimaschutz unterstützen. Frau Scharf - das sage ich auch mit einem Blick auf Ihre Kollegin, die Frau Ministerin Aigner -, ohne eine schlüssige, zukunftsorientierte Energiepolitik sind alle Anstrengungen für den Klimaschutz vergeblich.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir FREIE WÄHLER haben dafür Ideen entwickelt und Vorschläge gemacht. Orientieren Sie sich daran! Dann ist Bayern auf einem guten Weg, und Sie werden eine gute Energiepolitik für unser Land machen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Bravo!)

Vielen Dank, Herr Kollege. Verbleiben Sie bitte am Rednerpult. – Jetzt folgt eine Zwischenbemerkung vom Herrn Kollegen Kirchner. Bitte.

Herr Kollege Zierer, Sie und auch der Kollege Rinderspacher sind sehr plakativ über das Thema 10-H-Regelung und Windkraft hinweggegangen. Ich bitte Sie: Nennen Sie mir einmal ganz kurz die Kriterien für den Bau einer Windkraftanlage in der heutigen Zeit! Auf welcher Grundlage beruht die Entscheidung dafür? Erklären Sie mir bitte auch, weshalb aufgrund der 10-H-Regelung keine Windkraftnutzung mehr möglich ist.

(Beifall bei der SPD – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das sehen wir ja an der Auswertung!)

Das habe ich bereits verdeutlicht. Denken Sie allein an die Anträge, die gestellt werden konnten. Die Planungshoheit der Gemeinden wird beschnitten.

(Erwin Huber (CSU): Ist doch gar nicht wahr! Sie haben doch gar keine Ahnung! – Widerspruch bei den FREIEN WÄHLERN)

- Selbstverständlich ist das wahr. Warum haben wir dann nicht mehr Anträge? Herr Huber, vielleicht haben Sie sich durch Ihre parlamentarische Arbeit inzwischen zu weit von den Kommunen entfernt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Wider- spruch bei der CSU)

Hören Sie sich doch die Sorgen der Bürgermeister an! Gehen Sie hinaus in die Gemeinden! Die Gemeinden, die Kommunen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Jede Gemeinde wollte sich an der Energiewende beteiligen, doch sie sind ausgebremst worden. Sie werden immer wieder ausgebremst. Gehen Sie bei Wacker mit der Besteuerung runter! Gehen Sie in Ihrem Landkreis zum Bürgermeister!

(Widerspruch des Abgeordneten Erwin Huber (CSU) – Weitere Zurufe von der CSU)

Wir haben sehr gute Standorte. Wir hätten auch weiterhin sehr gute Standorte. Ich hoffe nur, dass die Klage von uns und der SPD erfolgreich ist. Dann können wir diesen Weg weitergehen. Dann können wir wieder Energie in Bayern erzeugen und brauchen uns nicht den dreckigen Kohlestrom über Leitungen, die keiner haben will, nach Bayern liefern zu lassen. Das ist doch das Entscheidende, nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Richtig! Bravo! Jetzt habt ihr es gehört! – Widerspruch bei der CSU)

- Lenken Sie nicht mit Einwürfen von Ihrem eigenen Versagen ab! Arbeiten Sie fleißig an der Energiewende! Davon kann Bayern nur profitieren.

(Lebhafter Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. Jetzt beruhigen sich die Gemüter bitte wieder etwas. – Ich darf jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Herrn Kollegen Stümpfig das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Staatsministerin! Zu Beginn der Aussprache habe ich mich schon gefragt, was der Fall Bayern-Ei mit dem Klimaschutz zu tun hat. Herr Rinderspacher, welchen Beitrag zur Klimaüberhitzung haben die Salmonellen? Das müssen Sie mir mal erklären.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sollten uns heute auf das Thema Klimaschutz konzentrieren. Für alles andere gibt es Dringlichkeitsanträge.

In Ihrer Regierungserklärung, Frau Ministerin Scharf, hat mir die Überzeugung gefehlt. Sie haben von Herz

blut gesprochen; aber Ihre Rede erschien mir einfach blutleer. Ich habe nicht erkennen können, dass Sie überzeugt sind und für das Thema brennen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sagen, im Zuge des Klimawandels werde es bis zu 4,5 Grad wärmer. Das ist eine Hammernachricht; anders kann man es nicht nennen. Sie bestätigt alle Prognosen, die wir bereits kennen. Sie tragen das vor, als würden Sie aus dem Telefonbuch vorlesen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dabei steht dahinter eine enorme Brisanz. Sie haben von der CSU-Fraktion nur sehr wenig Applaus bekommen. Vielleicht sind die CSU-Abgeordneten in Schockstarre; das würde ich noch begrüßen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Dabei ist wohl das Gegenteil der Fall: All das lässt die CSU ziemlich kalt. Doch wir müssen uns diesem Thema verstärkt zuwenden und noch viel mehr darüber diskutieren.

Bei der Debatte fiel mir auch auf, dass Ihre Ziele ganz weit in der Ferne liegen. Sie sprechen von Zeiträumen bis 2020, 2030 oder bis zum Ende des Jahrhunderts. Herr Huber hat es geschafft, die weltweiten Probleme zu beschreiben. Das ist alles gut und schön. Aber was machen wir denn in Bayern? Wo bleiben denn Ihre Konzepte für Bayern? Die habe ich heute sehr vermisst.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich und meine Fraktion sind der festen Überzeugung, dass wir vor unserer eigenen Haustüre kehren müssen. Wir müssen erst einmal prüfen, was hier möglich ist. Dann können wir sagen: Jawohl, diese Maßnahmen können wir auch in die Welt exportieren; da sind wir Vorreiter; da wollen wir dranbleiben.

Heute führen wir wieder eine Diskussion um die 10-HRegelung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen doch, dass dieses Vorhaben komplett den Bach runterging. Herr Kirchner, bitte! Wo sind wir denn? – Momentan werden in allen Gemeinderäten bayernweit die Abstimmungen über den Bau neuer Windkrafträder verloren. Das ist Ihre Energiepolitik; sie ist gescheitert.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER – Widerspruch des Abgeord- neten Sandro Kirchner (CSU))

Die Klimaüberhitzung – das Wort Klimawandel ist viel zu harmlos – bedroht unser Leben hier in Bayern. Es

geht hier nicht nur um Eisbären in der fernen Arktis, nicht um Gletscher in Bolivien, sondern um die Zahl von 31 Hitzetagen heuer in Bayern, um die Überfüllung der Notaufnahmen im Sommer und um die Zunahme der Zahl der von Herzerkrankungen Betroffenen bis Ende des Jahrhunderts um das Zweieinhalbbis Fünffache, wie eine Schriftliche Anfrage vom Herrn Kollegen Magerl und mir ergeben hat. Es gibt also wirklich Auswirkungen hier in Bayern. Wie leichtfertig das manche Menschen hinnehmen, wurde mir erst neulich bewusst, als ich Radio gehört habe und der Radiomoderator gesagt hat: Ich liebe den Klimawandel. So leichtfertig, wie dieser Moderator damit umgeht, so leichtfertig gehen auch Sie manchmal mit dieser Thematik um, liebe CSU-Staatsregierung und liebe CSU-Fraktion; so kommt es mir vor. Sie verharmlosen weiterhin, was man alles machen müsste.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihre Regierungserklärung benennt heute die Folgen und beschreibt die Situation. Frau Scharf, dafür danke ich Ihnen. Wir danken Ihnen, dass Sie dieses Thema heute zur Sprache bringen. Was uns aber fehlt, das sind die Konsequenzen, die sich aus dieser Darstellung heraus ergeben. Was folgt also aus diesen ganzen Bekenntnissen? – In der Vergangenheit wurden Arbeitskreise gegründet. Sie haben Enquete-Kommissionen installiert und das Programm "Energie innovativ" beschlossen. Was ist daraus geworden? – Das meiste hat sich in Luft aufgelöst oder wurde wieder eingestampft. Wir fragen: Wo bleiben die Aktivitäten der Staatsregierung, die wirklich einen Rückgang der Treibhausgase bewirken? Wo bleibt der Schutz der den Kohlenstoff speichernden Böden? – Fehlanzeige. Wo eine Reduzierung der Klimagase in der Landwirtschaft? – Fehlanzeige. Wo eine Reduzierung der Transporte und der Verkehrsleistung? – Fehlanzeige. Wo eine Durchforstung der staatlichen Förderung auf Fehlanreize wie beispielsweise Schneekanonen? – Auch das wird nicht getan. Wo eine konsequente Einführung von Klimaschutzbemühungen bei den Umwelt- und Klimapaktpartnern? – Fehlanzeige. Wo eine Vorbildfunktion der Staatsregierung beim Einsparen von Wärme und Energie? – Auch hier: Fehlanzeige. Abschließend aber die Krönung: Wo bleiben ernsthafte Ziele bei den erneuerbaren Energien im neuen Energieprogramm? – Hier ist von Ihnen, Frau Ministerin Aigner, nur eine absolute Fehlanzeige feststellbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, so können wir der Klimaüberhitzung aber nicht die Stirn bieten. Sie, Frau Scharf, sprechen von Mut und von Ihrer Vorstellung von Verantwortlichkeit. Ich weiß wirklich nicht, wie angesichts dieser Aufzählung, die ich gerade ge

macht habe, überhaupt von Mut gesprochen werden kann. Was hat das mit Mut zu tun? Was hat das mit Verantwortung zu tun? Was hat das mit Regierungsverantwortung zu tun? – Rein gar nichts!

(Beifall bei den GRÜNEN)