Protokoll der Sitzung vom 25.02.2016

Danke schön, Herr Kollege. – Als Letzter hat nun der Herr Staatsminister das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister Herrmann, kommen Sie ans Rednerpult.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum 1. Januar 2014 ist das Notfallsanitätergesetz des Bundes in Kraft getreten. Dadurch werden die bisherigen Rettungsassistenten durch die Notfallsanitäter abgelöst. Ab dem 1. Januar 2024 soll in der Notfallrettung bayernweit mindestens eine Notfallsanitäterin oder ein Notfallsanitäter pro Einsatzmittel eingesetzt werden. Zugleich sollen die Notfallsanitäter nach ihrer nun längeren und besseren Ausbildung nicht nur mehr können, sondern auch mehr von ihrem Können im Einsatz umsetzen dürfen. Daher ist die nun aufgenommene Möglichkeit einer Delegation einfacher ärztlicher Maßnahmen und Medikamentengaben durch die Ärztlichen Leiter Rettungsdienst sehr zu begrüßen.

Eine bessere Ausbildung muss mit mehr Kompetenzen Hand in Hand gehen, selbstverständlich unter Be

achtung der Erfordernisse der Patientensicherheit, aber auch der Anforderungen an die notwendige Rechtssicherheit für den Ausführenden und für den Delegierenden.

Die Ausschussberatungen der letzten Wochen sind meines Erachtens sehr konstruktiv und sachorientiert verlaufen. Ich möchte mich für die gute Zusammenarbeit und insbesondere die verkürzte Mitberatungsfrist bei allen Beteiligten herzlich bedanken. Auf diese Weise ist ein rasches Inkrafttreten des Gesetzes möglich geworden.

Wir sind uns alle dessen bewusst, wie lebenswichtig die Leistungen des Rettungsdienstes für viele Menschen in Bayern sind. Diesem hohen Stellenwert des Rettungsdienstes entsprachen die verantwortungsvoll geführten Diskussionen und die zielorientierten Beratungen des Gesetzentwurfs.

Ich freue mich, dass der Änderungsantrag zur Regelung von Patientenrückholungen zum Schutz von erkrankten und verletzten Personen, die in ihre Heimat zurücktransportiert werden, die Zustimmung aller Fraktionen gefunden hat. Hierdurch wird die Patientensicherheit erhöht und erstmals auch Rechtssicherheit für die durchführenden Unternehmen geschaffen. Auch die Änderungen aufgrund der wertvollen Anregungen der Verbände und Organisationen haben eine breite Unterstützung gefunden.

Ich bedanke mich noch einmal sehr herzlich bei allen, die zum Gelingen des Gesetzgebungsverfahrens beigetragen haben. Das Gesetz soll nun zum 1. April in Kraft treten. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam das Ziel einer bestmöglichen Versorgungsqualität für alle Menschen in Bayern haben. Dieser Gesetzentwurf bietet dafür eine hervorragende Grundlage. Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz.

Danke schön, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Der Abstimmung liegen der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 17/8893, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 17/9371, 17/9391, 17/9835 und 17/9830 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport auf Drucksache 17/10123 zugrunde.

Vorweg ist über die vom federführenden Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport zur Ablehnung empfohlenen Änderungsanträge der Fraktion der FREIEN WÄHLER, Drucksache 17/9371, und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/9830, abzustimmen. Wer entgegen dem

Ausschussvotum dem Änderungsantrag auf Drucksache 17/9371 – das ist der Antrag der FREIEN WÄHLER – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der CSU und der SPD. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag auf Drucksache 17/9830 – das ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Das ist die SPD-Fraktion. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Der federführende Ausschuss empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass neue Nummern eingefügt und in den bisherigen Nummern diverse Änderungen, insbesondere aufgrund der vorgelegten Änderungsanträge, vorgenommen werden.

Der Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen stimmte bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses mit der Maßgabe zu, dass in Artikel 55 Absatz 4 Satz 2 die Wörter "erlöschen mit Ablauf des 31. März 2016" eingefügt werden. Ergänzend schlägt er vor, in § 3 als Datum des Inkrafttretens den "1. April 2016" einzufügen. Darüber hinaus soll in Artikel 11 Absatz 1 Nummer 3 – wie im übrigen Gesetz auch – noch das Wort "Bezirksleiter" durch das Wort "Bezirksbeauftragten" ersetzt werden.

Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Ich sehe keine. Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung. Es ist trotzdem so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, dass sie in einfacher Form durchgeführt wird. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer also dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung. Damit ist das Gesetz angenommen. Es hat den Titel: "Ge

setz zur Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes und der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes".

Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung haben die Änderungsanträge von Abgeordneten der CSU-Fraktion auf den Drucksachen 17/9391 und 17/9835 ihre Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Ich komme nun zum letzten Punkt der heutigen Tagesordnung, dem Tagesordnungspunkt 12:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Angelika Weikert, Doris Rauscher u. a. und Fraktion (SPD) Kostenübernahme für Jugendhilfemaßnahmen auch bei jungen Volljährigen (ehemaligen unbegleiteten Minderjährigen) gewährleisten (Drs. 17/8936)

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. – Erste Rednerin ist Frau Kollegin Weikert von der SPD. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Bevor Frau Kollegin Weikert das Wort ergreift, bitte ich um Einstellung des allgemeinen Volksgemurmels, damit wir auch den letzten Tagesordnungspunkt mit der nötigen Disziplin über die Runden bringen. – Frau Weikert, Sie haben das Wort. Bitte schön.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für den Hinweis und die Bitte um Aufmerksamkeit. – Trotz der nicht nur hier im Haus, sondern im gesamten Land heiß geführten Debatte über die Themen Asyl und Flüchtlinge lässt sich, so meine ich, ein Konsens feststellen. Dieser besteht darin, dass wir jungen Flüchtlingen, die zu uns kommen, mit Unterstützung durch unser Schulsystem – die Berufsschulen waren heute schon Gegenstand eines Dringlichkeitsantrags der Fraktion der GRÜNEN – die Chance eröffnen wollen, in unserem Land Fuß zu fassen, eine Berufsausbildung zu beginnen und sich langfristig in unsere Gesellschaft voll zu integrieren.

Ich stelle diesen Konsens nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch hier im Haus fest. Ich erinnere an Mitteilungen des Innenministeriums, die schon vor einem Jahr herausgegangen sind und darauf zielen, die Arbeitsaufnahme von geduldeten Flüchtlingen zu erleichtern. In Berlin hat man schon damals die Notwendigkeit erkannt. Ein interner Vermerk des Innen

ministeriums hebt ausdrücklich hervor, welch große Chancen sich eröffnen, wenn der Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge entsprechende Angebote unterbreitet und gegebenenfalls Arbeitserlaubnisse erteilt werden. Insofern glaube ich, nicht fehl zu liegen, wenn ich behaupte: Darüber herrscht Konsens.

Übrigens haben auch die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern große Nachfrage signalisiert. Der drohende Fachkräftemangel in den Bereichen Handwerk und Industrie drängt gerade dazu, diese Gruppe zu fördern.

Worum geht es uns mit diesem Antrag? – Wir wollen erreichen, dass die Kostenübernahme für Jugendhilfemaßnahmen nach § 41 des Sozialgesetzbuches VIII, die Jugendlichen zusteht, auch dann noch erfolgt, wenn die betreffenden jungen Menschen nur knapp über 18 Jahre alt sind. Vielleicht ist es möglich, die Förderung bis zu sechs Monate nach Vollendung des 18. Lebensjahres zu gewähren. Die Kostenübernahme müsste durch den Freistaat Bayern erfolgen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FREI- EN WÄHLER)

In unserer Diskussion im Fachausschuss hat das Sozialministerium deutlich gemacht, dass die Jugendämter über diesen Anspruch entscheiden. Die Jugendämter orientieren sich an einem Jugendhilfeplan und vollziehen diesen sehr verantwortungsvoll. Sie schätzen ein, inwiefern ein Jugendlicher zusätzlichen Bedarf hat. Eine Vertreterin des Sozialministeriums hat darauf hingewiesen, dass die Jugendämter in nur 6 % der Fälle diese Hilfe über das 18. Lebensjahr hinaus gewähren. Der Freistaat Bayern hat es abgelehnt, eine entsprechende Kostenzusage abzugeben. Ich will erwähnen, dass sich nach der Ausschussbehandlung der Bayerische Bezirketag ausdrücklich dafür ausgesprochen hat. Er hat den Freistaat Bayern regelrecht aufgefordert, diese Kostenübernahme zuzusagen.

(Beifall bei der SPD)

Vorreiter war der Schwäbische Bezirkstag. Dessen Vorsitzender, Bezirksrat Herbert Pressl, hat eine Resolution an den Freistaat Bayern gerichtet mit der klaren Aufforderung, genau diese Kostenübernahme zu vollziehen. Ich bitte Sie – deshalb haben wir diesen Antrag nochmal ins Plenum hochgezogen –, Ihre Verantwortung dafür zu überdenken.

Ich weise abschließend noch einmal darauf hin, dass es ein Prinzip der Jugendhilfe ist, mit den Mitteln der Jugendhilfe nachhaltig, sparsam und wirksam umzugehen. Das ist im SGB VIII wörtlich so festgeschrie

ben. Eine Einstellung der Jugendhilfe auf halber Strecke, nach Dreiviertel der Strecke oder nach 90 % der Strecke würde im Vorfeld wirklich den Erfolg der ganzen Maßnahmen gefährden, die wir mittels Übergangsklassen und Berufsschulklassen an die freie Jugendhilfe richten, auch mittels der konkreten Betreuung, die Sozialarbeiter und Sozialpädagogen leisten. Es wäre fehlgeleitetes Geld; denn es führt nicht zum Abschluss und zum Erfolg.

Ich betone noch einmal: Die fachliche Einschätzung trifft nicht irgendein Politiker, sondern kommt von den Jugendämtern. Die Jugendämter gehen damit sehr verantwortungsbewusst und sorgfältig um. Deshalb unser dringender Appell, hier die Kostenübernahme vonseiten des Freistaates Bayern auch für die jungen Volljährigen weiter zu gewähren; denn wir befürchten, dass sonst die Entscheidung, ob diese Jugendhilfe weiter gewährt wird, letztlich von den Kämmerern in den Gemeinden getroffen wird. Aber das können wir nicht zulassen. Ich bitte deshalb, diesem gesellschaftspolitischen Konsens, den wir alle miteinander vertreten, durch Zustimmung zu unserem Antrag zur gesellschaftlichen Realität zu verhelfen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächste hat die Kollegin Kaniber von der Christlich-Sozialen Union das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich dachte allen Ernstes, es wäre in diesem Hohen Haus uns allen bewusst, dass uns gerade erst seit dem massiven Anstieg der Flüchtlingszahlen im Sommer 2015 nur ein gemeinsames Handeln und ein fairer Lastenausgleich, also verteilt auf viele Schultern, dazu verhelfen können, diesen Herausforderungen auch in Zukunft gerecht zu werden.

Ich muss ein bisschen ausholen; denn es ist mir wichtig, dass die Zahlen noch einmal genannt werden: Der Freistaat Bayern – das steht wohl außer Frage – hat bereits enorme Haushaltsmittel bereitgestellt, um die Unterbringung, Versorgung, Bildung und Integration von Schutzsuchenden sicherzustellen. Im vergangenen Jahr waren dies 1,2 Milliarden Euro, heuer werden es voraussichtlich 3,3 Milliarden Euro sein, also das Dreifache. Ich finde die Situation natürlich erschreckend. Doch es ist unsere Herausforderung, aber auch unsere Verantwortung.

Bayern legt dabei natürlich ein großes Augenmerk gerade auf die jungen Flüchtlinge, die zu uns kommen. Als oberste Priorität gilt es, diesen Menschen Halt und

Perspektiven zu geben. Kaum ein Mittel ist dazu so gut geeignet wie die Bildung. Dass wir im Nachtragshaushalt 1.079 Lehrerstellen und 600 weitere Stellen für Lehrer im Angestelltenverhältnis bewilligt haben, dass wir die Zahl der Übergangsklassen erhöhen, dass wir die Zahl der Berufsintegrationsklassen von derzeit 450 auf 1.200 erhöhen und somit auch fast verdreifachen, ist – –

(Angelika Weikert (SPD): Das ist nicht Gegenstand des Antrags!)

Ja, Frau Weikert, aber wir müssen ein bisschen ausholen. Sie zwingen mich regelrecht dazu, weil Sie gerne dazu neigen, eine Komponente herauszunehmen.

Wir halten jetzt keine Zwiesprache. Sie haben das Wort, Frau Kaniber.

Uns ist es eben auch wichtig, das Gesamtpaket zu beleuchten.

(Beifall bei der CSU)

Da wir hier über Integrationsprogramme reden: Auch hierfür stellen wir weiter alles Mögliche zur Verfügung. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber es klingt nach einer durchaus durchdachten Vielfalt, die wir hier für die jungen Menschen bereithalten. Natürlich versuchen wir nach bestmöglichen Kräften, Bildungs- und Integrationsmöglichkeiten zu schaffen.

Der Freistaat ist sich seiner Verantwortung bewusst – das habe ich bereits erwähnt –, sich vor allem um unbegleitete Minderjährige zu kümmern. Seit 1. November 2015 trägt der Freistaat daher auch die Kosten für alle unbegleiteten Minderjährigen. Damit übernimmt er auch das Kostenrisiko; das darf man nicht unterschätzen. Niemand von uns weiß, wie die Fallzahlen weiter steigen werden. Dies ist natürlich genau der Beweis – auch das muss man aussprechen –, dass der Freistaat die sieben bayerischen Bezirke in erheblichem Umfang unterstützt. Ich glaube, auch diese Zahl kann man nennen: 632 Millionen Euro sind es im laufenden Jahr. Das ist ein großer finanzieller Kraftakt.

(Beifall bei der CSU)

Dass Bayern hier Großes leistet, ist Gott sei Dank manchmal auch in den Medien angekommen, vielleicht auch in denen, die uns sonst nicht wirklich unterstützend zur Seite stehen. Aber Jan Fleischhauer hat im "SPIEGEL" geschrieben: "Tatsächlich ist Bayern, was die Flüchtlingshilfe angeht, ein Vorbild in