Protokoll der Sitzung vom 08.03.2016

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Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bodenschutz in Bayern - Renaturierung der Moorböden (Drs. 17/8877)

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Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bodenschutz in Bayern - Klimaschutz im Bundesbodenschutzgesetz verankern (Drs. 17/8879)

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Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bodenschutz in Bayern - Erosionsschutz im Maisanbau (Drs. 17/8885)

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Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bodenschutz in Bayern - Erstellung eines Bodenverdichtungskatasters (Drs. 17/8886)

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Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bodenschutz in Bayern - Schnellere Untersuchung und Sanierung von Altlasten (Drs. 17/8887)

Ich darf gleich ankündigen, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN namentliche Abstimmung zu ihrem Antrag auf Drucksache 17/8879 beantragt hat, und die gemeinsame Aussprache eröffnen. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 36 Minuten. Erster Redner ist der Kollege Dr. Magerl. – Bitte, treten Sie vor.

(Zuruf von der CSU: Magerl, vortreten! – Allge- meine Heiterkeit)

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir vorab eine Bemerkung: Wenn ich nach rechts bzw. nach links schaue, dann sehe ich zwei leere Plätze, nämlich den Platz der Umweltministerin und den Platz des Landwirtschaftsministers. Es erstaunt mich außerordentlich, dass bei einem solchen Antragsbündel auf der Tagesordnung die zuständigen Ressortminister nicht anwesend sind.

(Zuruf der Abgeordneten Kerstin Schreyer-Stäb- lein (CSU))

Marcel Huber, ich schätze dich, aber ich hätte bei dieser Debatte schon die Ressortminister erwartet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Landwirtschaftsminister Brunner ist mittlerweile da.

Es geht um den Schutz des Bodens. Der Boden hat eine große Zahl natürlicher Funktionen. Er ist Lebensgrundlage und Lebensraum für uns Menschen. Deshalb sage ich immer: Bodenschutz ist in erster Linie Menschenschutz; denn wir leben und produzieren dort unsere Nahrung. Wir leben von diesem Boden und müssen deshalb alles daran setzen, um den Boden in seinem natürlichen Zustand zu erhalten und zu verbessern. Er ist Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen. Er ist wesentlicher Bestandteil des Wasserhaushalts und von Nährstoffkreisläufen. Es geht beim Bodenschutz darum, die Lebensgrundlagen unserer Generation und zukünftiger Generationen zu sichern.

Wir hatten bereits in der Aktuellen Stunde über Landwirtschaft und Landwirtschaftspolitik gesprochen. Mit Bürokratie kann der Landwirt noch einigermaßen leben, mit kaputten Böden nicht. In diesem Falle wäre die Betriebsgrundlage zerstört. Wenn man auf die Homepage des Landesamtes für Umwelt sieht, stellt man fest, dass die entsprechenden Gefährdungen des Bodens akribisch aufgezählt werden und aufgeführt wird, wie der Boden gefährdet ist. Die Problematik ist wohlbekannt, auch bei der Staatsregierung, aber bei der Frage, wie der Schutz des Bodens umgesetzt wird, hapert es, wie so oft bei dieser Regierung.

Wir haben in diesem Zusammenhang ein Bündel Anträge – insgesamt sechs Anträge – zum Bodenschutz eingereicht, die heute beraten werden. Damit wird versucht, die unterschiedlichen Aspekte der Gefährdung unserer Böden zu thematisieren und Lösungsvorschläge zu unterbreiten.

Der erste Antrag befasst sich mit der Reduktion der Schwermetallausbringung über Phosphatdünger. Wir haben uns dabei auf einen Berichtsantrag geeinigt. Es soll über die geänderte Fassung abgestimmt werden. Hintergrund ist, dass über Phosphat verstärkt Schwermetalle wie Cadmium oder Uran auf unsere Böden ausgebracht werden. Es ist der Mehrheit bekannt: Die guten Phosphatvorkommen werden immer weniger und sind fast abgebaut, sodass wir immer stärker auf schlechtes Phosphat mit hohen Schwermetallgehalten zurückgreifen müssen. Es besteht dringender Handlungsbedarf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beim zweiten Antrag geht es in Bezug auf den Bodenschutz um die Renaturierung von Moorböden. Die Moorböden sind nicht nur Lebensraum einer Vielzahl von seltenen Tier- und Pflanzenarten. In erster Linie geht es auch darum, etwas für die Bindung des Koh

lendioxids und gegen den Klimawandel zu tun. Wir wollen mit diesem Antrag erreichen, dass die noch regenerationsfähigen Hochmoore zu 50 % sowie 10 % aller Niedermoorstandorte renaturiert werden, um beim Schutz unserer Moore nach vorne zu kommen, weil diese ganz wesentlich für den Bodenschutz sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen im dritten Antrag, über den namentlich abgestimmt werden soll, erreichen, dass der Klimaschutz im Bundesbodenschutzgesetz verankert wird. Der Klimawandel wird auf unsere Böden dramatische Auswirkungen haben, wie zum Beispiel Dürreperioden, Austrocknung des Bodens und teilweise eine Beschleunigung von Zersetzungsvorgängen aufgrund höherer Temperaturen etc. Ich meine, dass der Klimaschutz dringend in das Bundesbodenschutzgesetz aufgenommen werden muss. Es soll über den Antrag in der geänderten Fassung des federführenden Ausschusses abgestimmt werden, dem mit Ausnahme der FREIEN WÄHLER einstimmig zugestimmt worden ist.

Beim vierten Antrag – einem ganz wesentlichen Antrag – geht es um den Erosionsschutz, insbesondere beim Maisanbau. Wir alle wissen, dass beim Schutz des Bodens die Erosion, das heißt der Abtrag der obersten Schicht, eine ganz, ganz wesentliche Rolle für die Bodenfruchtbarkeit spielt. Wir wollen deshalb, dass gerade beim Maisanbau – Sie alle wissen, dass der Maisanbau Anfang Mai beginnt, die Saat langsam aufläuft und ab Oktober der Boden wieder sozusagen nackt ist –Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um die Erosion, gerade auf erosionsgefährdeten Hangstandorten, deutlich einzudämmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der letzte Punkt befasst sich mit der Verdichtung der Böden und ist ebenfalls von enorm großer Bedeutung. Die Maschinen sind in den letzten Jahren vor dem Hintergrund des Strukturwandels deutlich schwerer geworden. Infolgedessen sind trotz größerer Reifen auch die Verdichtungen auf der befahrenen Fläche immer größer geworden. Wenn man gerade in den letzten Tagen, nachdem es etwas geregnet hat, durch das Land gefahren ist, hat man sehen können, an welchen Stellen Staunässe auftritt und wie stark das Problem der Bodenverdichtung bereits hervorgetreten ist. Wir wollen analog dem Erosionskataster ein Bodenverdichtungskataster einführen, bei dem klargelegt wird, welche Böden besonders anfällig und besonders gefährdet sind, was die Bodenverdichtung anbelangt, und in dem geeignete Maßnahmen empfohlen werden. Ich bitte um Zustimmung auch zu diesem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im letzten Antrag dieser Reihe geht es um eine schnellere Untersuchung und Sanierung von Altlasten. Die Zahl der Untersuchungen und Sanierungen von Altlasten lässt aus unserer Sicht in Bayern sehr stark zu wünschen übrig. Wir haben immer noch – sei es durch industrielle, handwerkliche oder militärische Nutzung – eine große Anzahl von Altlasten im fünfstelligen Bereich. Die Erkundung und Sanierung bei diesen Altlasten geht aus unserer Sicht viel zu langsam voran. Wir müssen, was das anbelangt, deutlich mehr Geld in die Hand nehmen und anschieben; denn Altlasten sind – das muss uns allen bewusst sein – tickende Zeitbomben, die schnellstens saniert werden müssen.

Das waren unsere sechs Anträge, für die ich in der jeweils aktuellen Fassung Zustimmung erbitte. Ein letzter Punkt noch, der in dem Bündel nicht enthalten ist, über den wir aber in dieser Woche noch im Ausschuss beraten werden. Es handelt sich ebenfalls um ein außerordentlich großes Problem in Bezug auf den Bodenschutz, nämlich die Bodenversiegelung und den Flächenverbrauch. Der letzte Wert der alten Rechnung betrug 18,6 Hektar. Mittlerweile haben wir die Berechnungsgrundlagen umgestellt – darüber werden wir an anderer Stelle diskutieren, obwohl es hier dazugehören würde, aber etwas abgekoppelt worden ist –, aber dieser Flächenverbrauch und die daraus resultierende Flächenkonkurrenz zwischen Gewerbeflächen und Landwirtschaft werden in den nächsten Tagen und Wochen ein ganz wesentliches Thema sein; denn wenn wir ernsthaft Bodenschutz betreiben wollen, müssen wir auch beim Flächenverbrauch noch wesentlich unter das kommen, was momentan in diesen schöngerechneten Zahlen des Landesamtes für Umweltschutz enthalten ist. Wir müssen herunter und der Flächenverbrauch muss auch in Bayern gestoppt werden, weil wir sonst beim Bodenschutz nicht vorankommen. Ich bitte um Zustimmung und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner: Herr Kollege Schöffel.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kaum ein anderer Berufszweig arbeitet so eng mit der Natur zusammen wie der Landwirt. Mit der Landbewirtschaftung geht die Nutzung der Ressource Boden einher, was logischerweise Auswirkungen auf unsere Umwelt hat. Eine nachhaltige Nutzung des Bodens ist Kernanliegen für die Landwirte, die in Generationen denken. Der Klimawandel ist eine Herausforderung, die auch die Land

wirtschaft berührt. Die Land- und Forstwirtschaft trägt aber auch aktiv zum Klimaschutz bei. Wir beraten heute über sechs Anträge zum Bodenschutz. Ich will zu den einzelnen Aspekten gerne Stellung nehmen.

Wir befassen uns – Herr Kollege Magerl hat es angesprochen – mit dem Eintrag von Schwermetallen wie Cadmium und Uran durch Phosphatdünger. Die CSU hat das Thema bereits im letzten Jahr aufgegriffen. Der Umweltausschuss hat einen Berichtsantrag beschlossen. In dem Bericht sollen mögliche Risiken einer Cadmiumanreicherung, eine mögliche Reduzierung und die Auswirkungen auf die Böden genau erörtert werden. Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz setzt sich für eine Festlegung eines Grenzwertes auf EU-Ebene ein, und Bayern unterstützt dies.

Bei Uran sehen wir derzeit keine erhöhten Risiken durch Düngemittel. Wir stimmen dem Berichtsantrag zu, weil eine weitere fachliche Behandlung durchaus sinnvoll erscheint.

Die Renaturierung von Mooren ist uns ein wichtiges Anliegen. Seit 2008 wurden im Rahmen des Klimaschutzprogramms der Staatsregierung rund 800 Hektar an Mooren renaturiert. In den vergangenen vier Jahren sind mehr als 10 Millionen Euro zur Renaturierung von Mooren in Bayern aufgewandt worden, in diesem Doppelhaushalt 1,8 Millionen Euro. Wir in Bayern sind bei der Renaturierung der Moore sehr aktiv und brauchen keine zusätzlichen ordnungsrechtlichen Eingriffe.

Sehr viel diskutiert wurde über das Thema Klimaschutz im Bundesbodenschutzgesetz. Dabei ist dieses Thema in diesem Gesetz im Zusammenhang mit der guten fachlichen Praxis für landwirtschaftliche Betätigung bereits enthalten. In § 17 heißt es unter dem Aspekt der Sicherung der Bodenfruchtbarkeit, Landwirte sollen den standorttypischen Humusgehalt der Böden erhalten, insbesondere durch eine ausreichende Zufuhr an organischer Substanz oder durch Reduzierung der Bearbeitungsintensität. Da schrillen schon die Alarmglocken. Beides bedeutet höhere Kosten und weniger Ertrag für die Landwirtschaft. Dies zählt aber zweifelsohne zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung, was die Landwirtschaft auch betreibt. Wir sehen keinen Grund, den Bund aufzufordern, weitere Regelungen zu schaffen.

Die GRÜNEN sprechen in ihrem Antrag von Ermächtigungsgrundlagen für staatliche Regelungen. Darauf gehe ich später noch ein. Der Bund erarbeitet derzeit eine Mantelverordnung zu diesem Thema.

Ich habe die Renaturierung von Mooren angesprochen, die in diesem Zusammenhang für die Kohlen

stoffspeicherkapazität sehr wichtig sind. Ich möchte auf unser KULAP-Programm hinweisen: Umwandlung von Ackerland in Grünland an Moorstandorten. Das ist eine freiwillige Maßnahme, bei der wir 570 Euro pro Hektar bezahlen können.

Was den Grünlandumbruch anbelangt, haben wir sehr strikte Regelungen im Zusammenhang mit dem Greening. Moorstandorte unterliegen dabei einem ganz besonderen Schutz.

Zum Erosionsschutz kann ich nur sagen: Er gehört zu den Kernelementen einer nachhaltigen Bodenbearbeitung. Boden, der durch Erosion verloren geht, ist unwiederbringlich verloren. Es gibt bereits strikte Regelungen bis hin zu konkreten Bearbeitungsauflagen für Teilstücke und Strafen sowie Wiederherstellungsauflagen. Das ist im Bundesbodenschutzgesetz und in den Vorschriften der Cross Compliance detailliert geregelt. Jeder Landwirt muss so arbeiten, dass Erosionen möglichst verhindert werden. Er kann aber auch nicht alle Folgen eines starken Regens kurz nach einer Aussaat ausschließen. Erosion lässt sich kurz nach einer Bodenbearbeitung nicht ausschalten.

Auch der Schutz der Böden vor schädlichen Verdichtungen ist Kernbestandteil der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Jeder Landwirt weiß, dass er Strukturschäden vermeiden muss. Er kennt seine Böden und müsste wissen, wann die Böden befahrbar und bearbeitbar sind.

Ein Bodenverdichtungskataster wäre ein bürokratisches Monstrum, das trotzdem nicht alle tatsächlichen unterschiedlichen Verhältnisse auf einen Schlag darstellen kann. Vor allem hat es für die praktische Arbeit null Bedeutung, weil das Wetter und die Niederschläge, die die entscheidenden Faktoren für die Befahrbarkeit sind, darin nicht eingehen können.

Die Klärung und Sanierung von Altlastenverdachtsstandorten wird in Bayern vorbildlich durchgeführt. Ich gehe davon aus, dass das 2002 formulierte Ziel, nämlich die Eins-zu-eins-Umsetzung der 12.000 Verdachtsflächen, bis 2020 erreicht werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, ich konnte deutlich machen, dass wir die Forderungen zum Bodenschutz sehr ernst nehmen und viele Anliegen teilen. Naturschutz und Bodenschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung. Letzten Endes geht es um die Bewahrung der Schöpfung.

Der grundlegende Unterschied zwischen Ihrem und unserem Ansatz ist: Wir wollen diese Dinge zusammen mit den Bewirtschaftern machen. Schützen durch Nützen ist unser Credo. Wir müssen all diejenigen miteinbeziehen, die diese Dinge dann täglich umsetzen

müssen. Wir müssen das mit den Bewirtschaftern machen, nicht gegen sie.