Protokoll der Sitzung vom 16.03.2016

Erhebliche finanzielle Anstrengungen sind natürlich bei allen Produkteinführungen, Marktentwicklungen und für die Marktpflege erforderlich. Hinzu kommen Investitionskosten für den Aufbau der Infrastruktur. Diese Kosten können nicht allein vom Produzenten dieser Spezialprodukte getragen werden. Dafür muss es Zuschüsse geben.

Ich komme bald zum Ende. Ich darf noch Professor Heissenhuber zum Stichwort Massentierhaltung zitieren:

Die Tierärztliche Hochschule in Hannover hat für Geflügelbetriebe Zusammenhänge zwischen der Belegdichte, der Aufstallungsform, der Leistung und dem Einsatz von Medikamenten festgestellt. Es gibt diesen Zusammenhang: ein Hochleistungstier, das eng aufgestallt ist, wird eher krank.

Er hat noch einen netten Satz gesagt:

So wie ein Tour-de-France-Fahrer Clenbuterol braucht, weil er sonst die Tour de France nicht gewinnen kann.

Das sind makabre Vergleiche. Das ist uns auch schon gesagt worden.

Wie schon im Umweltausschuss von den FREIEN WÄHLERN erwähnt, ist uns der Antrag wichtig, –

Beachten Sie bitte Ihre Redezeit! –

weil er in die richtige Richtung geht. Weil wir lang-, mittel- und kurzfristig zum Wohl der Tiere und der Verbraucher handeln müssen, stimmen die FREIEN WÄHLER dem Antrag der SPD zu.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Steinberger.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann verstehen, dass die Emotionen bei meinen drei männlichen Vorrednern teilweise ein bisschen hochgegangen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Heiter- keit des Abgeordneten Harry Scheuenstuhl (SPD) – Volkmar Halbleib (SPD): Persönliche Betroffenheit! Sie haben den wunden Punkt getroffen, Frau Kollegin!)

Ich glaube, das kann man auch ganz sachlich diskutieren, aus meiner Sicht sowieso.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Legehennen fristen oft ein qualvolles Dasein. Wir kennen das nicht nur von Käfighaltungen. Auf Hochleistung gezüchtet, legen sie mehr als 300 Eier im Jahr. Noch viel schlechter geht es ihren männlichen Artgenossen: Sie taugen nicht zur Mast und werden deshalb aus wirtschaftlichen Gründen nach dem Schlüpfen getötet. Sie wissen, dass diese Praxis dem Tierschutzgesetz widerspricht. Trotzdem ist das gang und gäbe.

Die Zahl der Millionen Küken, die in Deutschland im Jahr getötet worden sind, ist schon genannt worden. Je größer die Zahl ist, umso schlechter kann man sie sich vorstellen. Deshalb habe ich einmal heruntergerechnet, wie viele Küken in Deutschland pro Stunde getötet werden. Es sind – sage und schreibe – 2.400 Küken in der Stunde. Das ist eine gigantische Zahl. Die Lebensmittelindustrie hat kein Interesse an diesen Küken, weil sie nicht zu gebrauchen sind.

Der Bundesregierung ist das qualvolle Töten schon seit Jahren bekannt. Aber sie versteckt sich spätestens seit 2008 hinter wohlklingenden Willensbekundungen. Passiert ist bis heute nichts, und das massenhafte Töten geht weiter. Das Beispiel NordrheinWestfalen ist schon angesprochen worden. Die Gerichte haben gesagt, die Länder können nichts tun; es brauche eine bundesgesetzliche Regelung. Aber auf diese warten wir bis heute. Wenn die Bundesregierung keine Verantwortung übernimmt, können weitere Jahre vergehen.

Deswegen denke ich, dass das Töten von Eintagsküken endlich untersagt werden muss. Dazu muss das Bundestierschutzgesetz zügig geändert werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist das Mittel der Wahl, und ich bitte Sie darum, dass Sie uns in unserem Anliegen unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das ist auch ein Appell an die CSU-Fraktion und natürlich an die Bayerische Staatsregierung, sich dafür einzusetzen. Sie haben ja zu Agrarminister Schmidt wirklich einen kurzen Draht. Kümmern Sie sich also bitte darum.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind der Meinung, dass Schmidt auch Regeln schaffen muss, die diese Vorgehensweise verhindern. Schmidt muss sich endlich klar gegen die Lobby der Hühnerbarone durchsetzen und eindeutige gesetzliche Regelungen schaffen. Aber er geht ja einen anderen Weg. Er unterstützt seit 2008 – seit 2008; das ist jetzt schon acht Jahre her – Forschungsprojekte, die eine Geschlechtsbestimmung im Ei ermöglichen sollen. Eine praxistaugliche Lösung ist bis heute nicht in Sicht. Es wäre ja auch nur – Kollege Beißwenger hat das gesagt – eine Lösung für große Brütereien. Das heißt, wir reden hier einer Industrialisierung der Landwirtschaft weiter das Wort.

Wenn Agrarminister Schmidt schon forschen lässt, gäbe es noch einen anderen Weg – wir haben das heute auch schon gehört –, nämlich die Zweinutzungsrassen. Hier können wir auf einen Genpool zurückgreifen, der bei den leider vom Aussterben bedrohten Landrassen durchaus noch vorhanden ist. Früher war es ganz normal, dass ein Huhn zum Eierlegen und das männliche Küken zur Mast hergenommen worden ist. Wenn ich sehe, was man züchterisch mit den Hühnern verbrochen hat, indem man die zwei Linien komplett auseinanderdividiert hat, denke ich mir: Wenn man sich züchterisch bemühen würde, könnte man auch wieder den Schritt zurück machen. Es ist schon angesprochen worden, dass Hühner der

Zweinutzungsrassen nicht mehr so viele Eier legen. Die männlichen Tiere wachsen auch nicht so schnell. Aber wenn wir das hätten, müssten nicht 50 Millionen Küken im Jahr sterben. Natürlich müsste man einen etwas höheren Preis bezahlen. Das Ei würde dann – das ist heute auch schon genannt worden – 4 Cent mehr kosten. Ich denke, der Unterschied ist gar nicht so groß, und in der Bevölkerung besteht eine sehr große Bereitschaft, etwas mehr Geld für den Tierschutz auszugeben. Aber sie muss natürlich auch die Gelegenheit dazu haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Kollege Beißwenger sagt, das ist schwierig und geht irgendwie nicht. So etwas hat uns aber noch nie gehindert, eine Aufgabe anzugehen. Manchmal ist etwas schwierig. Aber wenn man es gar nicht erst versucht, kommt natürlich auch gar nichts heraus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das millionenfache Töten und Schreddern der Küken muss endlich beendet werden. Deshalb unterstützen wir heute den Antrag der SPD-Fraktion gerne.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung. Ich eröffne die Abstimmung. Fünf Minuten.

(Namentliche Abstimmung von 18.14 bis 18.19 Uhr)

Die Abstimmung ist geschlossen. Wir zählen außerhalb des Saales aus.

Wir fahren fort, und ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bodenschutz in Bayern - Vorranggebiete für die Landwirtschaft in der Regionalplanung ermöglichen (Drs. 17/8878)

Ich darf gleich ankündigen, dass auch hier namentliche Abstimmung beantragt ist. Ich eröffne die Aussprache und weise darauf hin, dass die Redezeit 24 Minuten beträgt. – Erste Rednerin ist Frau Kollegin Sengl. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag heißt "Bodenschutz in Bayern – Vorranggebiete für

die Landwirtschaft in der Regionalplanung ermöglichen". Über diesen Antrag wurde im Wirtschaftsausschuss federführend beraten. Das war schon sehr bezeichnend.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Obwohl es ein zentrales landwirtschaftliches Thema ist, durften wir im Agrarausschuss nur mitberaten. Daran sieht man, welchen Stellenwert die Landwirtschaft in der CSU noch hat: einen ziemlich geringen.

(Lachen bei der CSU)

Landwirtschaft und damit die Belange und Probleme der bayerischen Bäuerinnen und Bauern sind der CSU anscheinend ziemlich egal. Wir GRÜNEN wollen mit unserem Antrag die Bedeutung von wertvollen landwirtschaftlichen Flächen hervorheben. Dazu wollen wir die Möglichkeit schaffen – wir sprechen nicht von Verpflichtung –, in der Regionalplanung Vorranggebiete für die Landwirtschaft auszuweisen, um wertvolle, das heißt fruchtbare Böden zu schützen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fruchtbarer Boden ist ein mindestens so wertvoller Bodenschatz wie Kies. Für den Kiesabbau existieren bereits Vorranggebiete in der Regionalplanung. Wieso soll es das nicht für fruchtbare Böden geben? – Von fruchtbarem Boden können wir uns ernähren; er ist unsere Lebensgrundlage. Das hat die CSU anscheinend immer noch nicht begriffen, obwohl 2015 das Internationale Jahr des Bodens war.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die gesamte Argumentation der CSU-Mitglieder im Wirtschaftsausschuss, insbesondere der Kollegen Walter Nussel und Erwin Huber, war höchst abenteuerlich. Das erste Gegenargument lautete, wir wollten mit unserem Antrag die Bauern entmündigen. Ich wiederhole: Wir sprechen in unserem Antrag von Ermöglichung, nicht von Entmündigung. Was eine echte Entmündigung ist, hat Erwin Huber in der abschließenden Begründung seiner Ablehnung wunderbar formuliert. Seine Begründung, warum keine Vorranggebiete für die Landwirtschaft in der Regionalplanung ausgewiesen werden sollten, lautet – ich zitiere aus dem Protokoll –:

Die Kommunalpolitik entscheide darüber, wie landwirtschaftliche Flächen eingesetzt werden dürfen.

Das ist echte Entmündigung! Nicht der Bauer entscheidet, sondern die Kommune. Der Bauer wird zu

einem reinen Grundstückslieferanten für Gewerbegebiete und Parkplätze degradiert. Das ist sehr traurig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Walter Nussel blendet dann auch alle Probleme, die Bayern mit dem hohen Flächenverbrauch hat, vollkommen aus. Das Interessanteste an seiner Argumentation ist, dass er sich damit explizit gegen die Position des Bayerischen Bauernverbands stellt. Wir GRÜNEN sind uns mit dem Bayerischen Bauernverband selten einig. Aber im vorliegenden Fall haben wir eine große Gemeinsamkeit. Auch der Bayerische Bauernverband fordert, landwirtschaftliche Flächen in besonderer Weise zu schützen. Vor allem Flächen mit hervorragenden Böden und überdurchschnittlichen Erträgen müssen als landwirtschaftliche Vorbehaltsgebiete oder gar als Vorranggebiete in das Planungsrecht aufgenommen werden.

Die Land- und Forstwirtschaft ist Rückgrat und Motor des ländlichen Raums. Sie ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber. Breitbandausbau ist zwar wichtig, aber beileibe nicht der einzige oder gar entscheidende Faktor für eine gelungene ländliche Entwicklung. Die Land- und Fortwirtschaft mit all ihren nachgelagerten Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen sichert die regionale Entwicklung und schafft standortnahe Arbeitsplätze; insgesamt sind es immerhin 760.000 Arbeitsplätze, die dadurch entstehen. Sie fördert regionale Wirtschaftskreisläufe und bietet damit Perspektiven für das Leben auf dem Land. Um dies alles gewährleisten zu können, braucht die Landwirtschaft fruchtbare Böden.

Stimmen Sie deshalb heute unserem Antrag zu! Sie haben bei der namentlichen Abstimmung noch einmal die Chance, abweichendes Abstimmungsverhalten an den Tag zu legen. Mit Ihrer Zustimmung können wir gemeinsam das starke Signal setzen: Die bayerische Landwirtschaft ist uns allen wichtig. Damit sichern wir unsere Lebensgrundlagen.