Protokoll der Sitzung vom 07.04.2016

terrichtstage hinausgeht und auch noch den Freitag als vollen Unterrichtstag einbezieht.

(Martin Güll (SPD): Weil er ein Arbeitstag ist, komischerweise!)

Wir in Bayern werden auch in den kommenden Jahren die Ganztagsangebote weiter ausbauen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Den Spruch kennen wir seit zehn Jahren! Erfolg: null! )

Das mit der Regierungserklärung von Ministerpräsident Seehofer gesetzte Ziel ist Ihnen bekannt: bis 2018 in allen Schularten für jede Schülerin und jeden Schüler bis 14 Jahre ein bedarfsgerechtes Ganztagsangebot zu erstellen. Wir sind da auf einem guten Weg. Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbildung an bayerischen Schulen würde uns aus diesen Gründen dem Ziel auch gar nicht näher bringen, wäre aber, wie geschildert, mit einer Fülle von Schwierigkeiten verbunden. Ich muss Ihnen sagen: Da äußert sich wieder die reine Ideologie. Sie schauen auf die Zahlen, wir auf die Menschen. Wir wollen keine Planwirtschaft, sondern bedarfsgerechten Ausbau.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat der Kollege Professor Dr. Piazolo von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Blick auf die Leere auf der Regierungsbank, insbesondere rechts, – –

(Gudrun Brendel-Fischer (CSU): Sie müssen nach links schauen!)

Ja, ich habe sie schon gesehen, die drei. Sie haben 18, und davon sind drei da. Da könnte man sich natürlich auch einmal den gebundenen Ganztag für Regierungsmitglieder im Plenum überlegen.

(Heiterkeit und Beifall bei den FREIEN WÄH- LERN und der SPD)

Frau Eiling-Hütig, sicherlich können wir nicht wegdiskutieren, dass das Ganztagsangebot in Bayern immer noch deutlich hinter dem der anderen Bundesländer herhinkt und damit schlecht ist.

(Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

Herr Huber, kümmern Sie sich um die Abschaltung von Kernkraftwerken und verbleiben Sie bei dem Thema.

Mit dem Ganztagsangebot an Grundschulen steht Bayern an drittletzter Stelle, mit dem Ganztagsangebot der weiterführenden Schulen an letzter Stelle. Wenn Sie das auf die Bundesliga übertragen – das tun Sie ja immer so gern –, kann von Champions League keine Rede sein. Da sind Sie im Moment eher bei Hannover 96, also auf einem Abstiegsplatz.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Bitte kein Hannover-Bashing!)

Kein Hannover-Bashing. Aber das ist eben im Moment Tatsache, Herr Kollege Pfaffmann. – In der Regierungserklärung sind die Worte "umfassend" und "bedarfsgerecht" gefallen. Da es in zwei Dritteln der Landkreise kein entsprechendes Angebot bei der gebundenen Ganztagsschule gibt, können Sie nicht von "umfassend" sprechen. Zu "umfassend" ist noch das Versprechen aus der Regierungserklärung da; aber es ist nicht erfüllt worden.

Ich habe in der Zeitung gelesen, dass es jetzt neue Themeninitiativen geben soll. Ich würde empfehlen, erst die Ankündigungen aus der Regierungserklärung abzuarbeiten, ehe man mit neuen Themen beginnt. Da ist nämlich noch viel zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das schaffen die doch in 20 Jahren nicht!)

Ja, natürlich nicht, weil es viele Versprechen sind: Bei der Autobahnmaut ist in zweieinhalb Jahren nichts passiert. Die Klage gegen die Bundesregierung im Bereich Flüchtlinge ist ausgearbeitet, wird aber nicht eingereicht. Bei der dritten Startbahn sollte die Entscheidung bis letztes Jahr fallen, wird aber Monat um Monat hinausgeschoben. Der Ministerpräsident überlegt sich zurzeit, ob er bei seinem Versprechen bleibt, im Jahr 2018 nicht mehr anzutreten. Insofern haben wir viele leere Versprechungen. Auch im Bereich Ganztagsschulen sollten Sie zu arbeiten beginnen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich bin der Auffassung, dass die Eltern die Option der Ganztagsbetreuung brauchen. Wir können nachher darüber reden, wie weit das ein Anspruch ist. Ich bin dankbar für die rechtliche Unterscheidung zwischen Anspruch und Pflicht. Das sollte man sich wirklich anschauen. Ein Anspruch bedeutet nicht, dass jedes Elternteil – – So wurden Sie heute in der Zeitung zitiert!

(Gudrun Brendel-Fischer (CSU): Ja!)

Ich weiß, die Zeitungen schreiben nicht immer das, was man sagt. Insofern haben Sie die Gelegenheit, das richtig zu stellen. Ich wollte aber deutlich sagen: Die Option ist auch uns als FREIE WÄHLER wichtig. Es sind nicht genügend Plätze da. In einer modernen, flexiblen Arbeitswelt brauchen wir mehr Ganztagsbetreuung und Ganztagsplätze, als in Bayern im Moment vorhanden sind.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): So ist es!)

Ich glaube, da sollten wir uns einig sein, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich sage ganz deutlich: Einen Anspruch für jeden – das ist in der Regierungserklärung angedeutet –, ja, eine Pflicht, nein. Die Unterschiede in Bayern sind sehr groß. Insofern müssen wir reagieren. Ich bin dankbar, dass es im Moment viele und unterschiedliche Angebote gibt. Das sollten wir noch stärken.

Im SPD-Entwurf sind die Probleme zutreffend erkannt. Wir werden uns intensiv damit beschäftigen. In der Zielrichtung geht das dorthin, wohin auch wir wollen. Was ist für uns FREIE WÄHLER wichtig? – Zum einen ist uns wichtig, dass jedes Kind und jedes Elternteil, das in der Schule einen Ganztagsplatz haben möchte, diesen bekommt. Das ist das Entscheidende.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Genau!)

Das Zweite kann man nicht in einem Gesetzentwurf regeln, nämlich die hohe Qualität. Da müssen wir noch einiges nacharbeiten. Eine hohe Qualität ist bei den Schulen grundsätzlich gegeben; aber trotzdem muss man darauf achten.

Das Dritte – da wird es ein bisschen kritisch und schwierig – sind die Kosten. Da sind wir ganz dezidiert für eine Entlastung der Kommunen. Es kann nicht sein, dass der Ausbau auf dem Rücken der Kommunen stattfindet.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir haben mal nachgerechnet. Ein wirklich bedarfsgerechter Ausbau würde in Bayern ungefähr zwei bis drei Milliarden Euro Investitionskosten pro Jahr erfordern. Es ist nicht so, dass wir das nicht wollen. Ich glaube, das müssen uns die Kinder und ihre Ausbildung wert sein; aber wir können es nicht den Kommunen überlassen.

Der letzte Punkt betrifft die von uns gewünschte Vielfalt. Das ist auch bei der Ganztagsschule das magische Viereck. Darauf werden wir achten. In dieser Hinsicht werden wir den Gesetzentwurf der SPD genau prüfen; aber im Ziel sind wir uns in vielem einig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege – Als Nächster hat der Kollege Gehring von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, der Gesetzentwurf der SPD ergibt durchaus Sinn, weil es erstens um das Thema geht, wie verbindlich Zusagen des Freistaats und des Ministerpräsidenten gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern sind.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Gar nicht!)

Da fordert er klar Verbindlichkeit ein.

Zweitens. Wie sieht es damit aus, dass das schulische Angebot den Bedarf der Eltern erfüllt? Dieses Angebot ist momentan für die Eltern nicht gegeben.

Drittens. Wie seriös sind unsere bildungspolitischen Argumentationen? Wir sind nämlich alle der Überzeugung, dass Ganztagsschulen, insbesondere gebundene Ganztagsschulen, eine pädagogisch richtige Antwort sind.

Liebe Kollegin Eiling-Hütig, Sie sprechen die VbwStudie an. Herr Huber kann Ihnen sicherlich etwas zur Kernkraft erzählen, aber nicht zur Bildungspolitik. Frau Eiling-Hütig, die Vbw-Studie sagt zwar, dass die Ganztagsschule keine besseren Leistungen bewirkt, aber – auch das steht in dieser Studie, und das wissen wir alle – die Studie berücksichtigt nicht die kompensatorischen Leistungen der Ganztagsschule, weil eine bestimmte Schülerklientel hingeht und weil sie vor allem für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund eine ganz starke Bedeutung haben kann, indem sie sich den ganzen Tag lang im deutschen Sprachraum bewegen, nicht nur einen halben Tag. Von daher ist das Ergebnis der Vbw-Studie letztlich ein Plädoyer für die Ganztagsschule, kein Argument gegen die Ganztagsschule.

Es geht auch um das Thema Verbindlichkeit und darum, was Aussagen der Staatsregierung bedeuten. Der Ministerpräsident hat eine Garantieerklärung abgegeben. Ich bin kein Jurist wie mein Vorredner.

Herr Gehring, lassen Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Brendel-Fischer zu?

(Vom Redner nicht auto- risiert) Nein, im Anschluss natürlich. Das wird leider nicht auf die Redezeit angerechnet. Das war unser

Antrag zur Geschäftsordnung. Sie haben dem damals nicht zugestimmt. – Als Nichtjurist weiß ich: Ich kann eine Garantie, die mir ein Unternehmer gibt, wenn ich etwas kaufe, rechtlich einklagen, wenn er mir das Produkt nicht so gibt, wie es garantiert ist. Eine Garantieerklärung eines Ministerpräsidenten gegenüber seiner Bevölkerung ist kein rechtlich einklagbares Gut. Sie ist eine Erklärung, ein Ehrenwort, wenn man so will, aber rechtlich nicht einklagbar. Die Garantieerklärung des Ministerpräsidenten enthält viele Ungereimtheiten. 2018 soll es für alle Schularten, für jeden Schüler bis 14 Jahre – da weiß man nicht, in welcher Klasse man ist –, ein bedarfsgerechtes Ganztagsangebot geben. Was heißt denn "bedarfsgerecht"? Gilt das, wenn Eltern sagen: Ich habe Bedarf für mein Kind, das nächstes Jahr in die Schule kommt? – Ein Ganztagsangebot ist nötig. Sonst sind diese Eltern alleingelassen.

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): So ist es!)

Sie bekommen einen solchen Platz nicht. Es gibt keine Anstrengung der Politik, diese Plätze zu schaffen, sondern es hängt davon ab, ob vor Ort entsprechende Schülerzahlen zusammenkommen und ob ein Antrag gestellt wird oder nicht. Das entspricht nicht diesem Rechtsanspruch. Dieser muss irgendwie formuliert werden.

Die Hoffnung beim Gesetzentwurf der SPD besteht darin, dass etwas Ähnliches passiert wie bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Dort ist dieser Rechtsanspruch formuliert worden. Man hat Zielzahlen benannt. Man hat gesagt, wir setzen uns als Politik das Ziel, mindestens für 30 % der Kinder ein Angebot zu machen. Das ist der Anspruch. Das heißt nicht, die anderen 70 % müssen da reingehen, sondern für 30 % schaffen wir das. Das ist geschafft worden. Das hat die Politik erreicht, vor allem die Kommunen mit Unterstützung des Bundes und des Freistaats haben das erreicht. Hier geht es um ähnliche Zielzahlen. Bei 30 % haben wir noch viel Luft nach oben. In Bayern liegen wir über alle Schularten hinweg bei 11 %. Wenn wir uns auf das Ziel 30 % verständigen würden, wären wir sehr weit. Dann hätte die Garantieerklärung des Ministerpräsidenten vielleicht einen Wert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen setzen wir darauf, dass durch die Diskussion dieses Gesetzentwurfs vielleicht etwas Bewegung in den Ausbau der bayerischen Ganztagsbetreuung kommt. Frau Kollegin Eiling-Hütig, Sie haben das Thema Ganztagsschulen und Hort angesprochen. Das Problem ist offenkundig. Wenn ich mehr Ganztagsangebote schaffe, gerate ich in Konkurrenz zum Hort. Sie haben das ja erkannt. Das zeigen die Mo

dellversuche zur offenen Ganztagsschule an Grundschulen. Man versucht, ein Kombinationsmodell zu finden. Ob und wie das funktioniert und ob es tatsächlich angenommen wird, möchte ich noch infrage stellen. Aber man kann nicht so tun, als könnte man Ganztagsschule und Hort gegeneinander ausspielen. Wir müssen irgendwann ein System finden, bei dem Hort und Ganztagsschulen ineinander übergehen und nicht mehr in Konkurrenz zueinander stehen, weil sich diese beiden Systeme sonst kannibalisieren. Das will niemand. Ich setze darauf, dass wir zu diesem Gesetzentwurf der SPD noch gute Diskussionen im Landtag haben werden.