Meine Damen und Herren, ich darf Sie alle herzlich begrüßen. Ich eröffne die 71. Vollsitzung des Bayerischen Landtages. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Bevor wir mit der Tagesordnung beginnen, darf ich noch den Glückwunsch zu einem Geburtstag aussprechen: Der Kollege Alexander König – er ist im Moment leider nicht da – hat am 17. April einen halbrunden Geburtstag gefeiert. Wir wünschen ihm alles Gute, Gesundheit und weiterhin Gottes Segen. Richten Sie ihm das bitte aus.
Gesetzentwurf der Staatsregierung Gesetz zur Bekämpfung ausbeuterischer Kinderarbeit bei der Grabsteinherstellung (Drs. 17/10903) - Erste Lesung
Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Paul Wengert, Prof. Dr. Peter Paul Gantzer u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bestattungsgesetzes Bekämpfung ausbeuterischer Kinderarbeit bei der Grabsteinherstellung (Drs. 17/10925) - Erste Lesung
Der Gesetzentwurf wird durch die Staatsregierung begründet. Ich darf Frau Staatsministerin Huml zum Rednerpult bitten.
Werte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine Schattenseite der Globalisierung, dass es immer noch Gegenden in der Welt gibt, in denen Kinder unter schlimmsten Bedingungen arbeiten müssen. Das betrifft auch das internationale Geschäft mit Grabsteinen. Deswegen ist es wichtig, für Bayern eine Lösung zu finden, damit diese ausbeuterische Kinderarbeit nicht in Form von Grabsteinen auf unseren Friedhöfen landet.
Ausbeuterische Kinderarbeit ist nach internationalen Vereinbarungen verboten. Mittlerweile haben 180 Staaten das entsprechende Übereinkommen ratifiziert. Der Bayerische Landtag hat mit seinem Beschluss vom 3. April 2014 ein wichtiges politisches
Signal gesetzt. Es ist unter anderem der Anlass für unseren heutigen Gesetzentwurf. Wir wollen einen Beitrag gegen ausbeuterische Kinderarbeit bei der Grabsteinherstellung leisten, indem wir einen rechtssicheren Rahmen für Friedhofssatzungen schaffen, in denen solche Grabsteine ausgeschlossen werden sollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Anliegen, das Aufstellen von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit auf Friedhöfen zu verbieten, ist nicht neu. Hier im Hohen Haus haben wir uns damit schon mehrfach beschäftigt. Auch deutsche Gerichte haben sich damit schon mehrfach befasst. Deswegen war es auch so wichtig, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Möglichkeiten, dass es gerichtliche Entscheidungen gegen einschlägige Friedhofssatzungen geben kann, sehr eindämmt. In der Vergangenheit haben nämlich deutsche Gerichte entsprechende Regelungen in Friedhofssatzungen mehrfach für unwirksam erklärt. Der Grund dafür war, dass solche Verbote in die freie Berufsausübung der Steinmetze eingreifen. Entsprechende Satzungsregelungen brauchen daher eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage.
Der Gesetzgeber muss zudem bestimmen, wie man nachweisen kann, dass ein Grabstein tatsächlich nicht aus ausbeuterischer Kinderarbeit stammt; denn den Steinmetzen vor Ort ist es in der Regel nicht möglich zu überprüfen, ob die in der Branche verbreiteten Zertifikate im Einzelfall valide und daher vertrauenswürdig sind. Genau diese Punkte galt es zu berücksichtigen, und sie sind in dem vorliegenden Gesetzentwurf auch berücksichtigt; denn er ist in enger Zusammenarbeit aller fachlich betroffenen Ministerien entstanden. Außerdem haben wir die Kommunen, die Kirchen und die Verbände des steinverarbeitenden Handwerks sowie Zertifizierungsunternehmen und gemeinnützige Vereinigungen eingebunden, weil wir wollen, dass die Neuregelung in der Praxis gelebt und umgesetzt werden kann.
Der Gesetzentwurf sieht vor, eine spezielle Satzungsermächtigung in das Bestattungsgesetz einzufügen. Damit sollen die Friedhofsträger bestimmen können, dass Grabsteine aus Naturstein nur aufgestellt werden dürfen, wenn sie nachweislich ohne schlimmste Formen von Kinderarbeit hergestellt worden sind. Dieser Nachweis kann durch eine lückenlose Dokumentation erbracht werden, aus der hervorgeht, dass der Grabstein ausschließlich im europäischen Binnenmarkt hergestellt worden ist.
Es kann aber auch ein Zertifikat vorgelegt werden, dass die Herstellung des Grabsteins ohne schlimmste Formen von Kinderarbeit erfolgt ist. Die ausstellende Organisation muss bei der Zertifizierung auch die Ein
haltung bestimmter Mindeststandards bescheinigen. Der Gesetzentwurf legt nur fest, welche Inhalte für ein solches Zertifikat formal notwendig sind. Damit können die Steinmetze und die Friedhofsverwaltungen einfach feststellen, ob ein Zertifikat ausreicht und anerkannt wird. Die Verantwortung für die Zuverlässigkeit und die Validität liegt jedoch bei der Organisation, die die Zertifikate ausstellt, weil dem einzelnen Steinmetz nicht zugemutet werden kann, die Echtheit zu prüfen. Auf diese Weise werden die Vorgaben der Rechtsprechung eingehalten. Gleichzeitig haben wir eine Übergangsvorschrift und eine Regelung für solche Fälle vorgesehen, in denen es unzumutbar ist, den Nachweis zu führen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf setzt nicht nur ein dickes politisches Ausrufezeichen gegen ausbeuterische Kinderarbeit. Wir haben mit ihm auch eine effektive und vor allem praktikable Regelung gefunden. Dadurch haben die Friedhofsträger Rechtssicherheit und können angemessene Verbotsregelungen für Grabsteine erlassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gegen ausbeuterische Kinderarbeit vorzugehen, ist ein Ziel, das in der Vergangenheit alle Fraktionen hier im Landtag verfolgt haben: Wir hatten hier schon einige Debatten zu dieser Thematik. Ich freue mich, dass wir heute diesen Gesetzentwurf einbringen können, der dafür sorgen soll, dass die Kommunen dann in die Umsetzung gehen können. Einige Kommunen haben ja schon einiges auf den Weg gebracht, wurden aber zum Teil von Gerichten gestoppt. Wir hoffen, ihnen mit diesem Gesetzentwurf Rechtssicherheit zu geben. Deswegen bitte ich Sie alle um Unterstützung bei diesem wichtigen Gesetzgebungsvorhaben.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst, Frau Staatsministerin, finde ich gut, dass Sie anerkennen, dass sich alle Fraktionen hier im Landtag schon frühzeitig mit dieser Problematik befasst haben. In der Legislaturperiode von 2003 bis 2008, als ich das erste Mal hier war, gingen schon die ersten Anträge ein. In der Zielsetzung, dass wir endlich zu einer Ermächtigung für die Städte und Gemeinden kommen, dass Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit nicht mehr auf den Friedhöfen aufgestellt werden dürfen, sind wir uns also einig.
Frau Staatsministerin, wir haben lange – viel zu lange – auf den Gesetzentwurf gewartet. Ich habe eben angedeutet, dass die Fraktionen hier im Bayerischen Landtag schon, wenn ich mich recht erinnere, 2006
oder 2007 einstimmig den Beschluss gefasst haben, dass wir auch in Bayern das uns Mögliche tun, um die ILO-Konvention 182 – das ist eine internationale Arbeitsnorm –, die ohnehin sehr wenig griffig ist, einzuhalten und darauf zu schauen, dass Produkte, die in Bayern in Umlauf kommen, nicht durch Menschenrechtsverletzungen in der gesamten Welt hergestellt werden.
Sie haben lange den Handlungsbedarf auf bayerischer Ebene – nicht das Ziel; das spreche ich Ihnen nicht ab – verneint. In den letzten Legislaturperioden, als Ihr Koalitionspartner FDP noch hier war, ist das ganze Thema erst einmal an das Wirtschaftsressort weitergeleitet worden, und von dem damaligen Wirtschaftsminister, der von der FDP kam, wurde jeglicher Handlungsbedarf bestritten. Die Aussage war, man überlasse alles dem freien Spiel der Kräfte.
Dann ist nichts mehr passiert, bis die Gerichte deutlich gemacht haben, dass es notwendig ist, ein bayerisches Gesetz zu erlassen, damit die Kommunen letztlich auch ihrer Verantwortung nachkommen können. Sie wissen, dass die Kommunalpolitiker der Stadt Nürnberg die Ersten waren, die vor dem Hintergrund der Menschenrechtsdebatten, die bei uns laufen, und des Leitbilds als Stadt der Menschenrechte, das wir in Nürnberg ausgerufen haben, dieses Problem aufgegriffen haben. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. Im internationalen Vergleich – Sie haben ja die Schattenseiten der Globalisierung angesprochen – ist das jetzt eigentlich nur ein ganz kleiner Schritt, um gegen ausbeuterische Kinderarbeit und auch ausbeuterische Arbeitsbedingungen global vorzugehen. Solche Gedanken und Ansprüche müssen aber unter den Menschen, die in der Gemeinde wohnen, deutlich gemacht werden. Das ist ja auch der eigentliche Wert eines solchen Gesetzes, dass man anhand von Produkten auch deutlich macht: Leute, schaut mal hin: Wo kommen diese Produkte her? Wie werden diese Produkte hergestellt? Das ist ein ganz wichtiger Schritt in der Entwicklungspolitik.
Jetzt einige wenige Sätze zu unserem eigenen Gesetzentwurf. Vielleicht haben Sie sich gewundert, dass wir diesen noch vorgelegt haben. Ein Grund dafür war – ich habe es schon gesagt –: Der Gesetzentwurf der Staatsregierung hat viel zu lange gedauert. Dann hatten die GRÜNEN einen Gesetzentwurf – das war, glaube ich, schon im Dezember oder Ende des letzten Jahres – in Erster Lesung eingereicht, der nach unserer Überzeugung gerade in dem Punkt Nachweispflicht – Frau Huml, Sie haben das angesprochen, das ist der eigentliche Kern gewesen; darum ging auch der Streit, oder da war auch die rechtliche Unsicherheit, wie man das regelt – besser formuliert war.
Das geht zurück auf ein Gutachten von Herrn Krajewski, das in der Zeitschrift "Die Öffentliche Verwaltung" veröffentlicht war. 2014 ist diese Abhandlung schon erschienen und hätte eine klare Vorgabe für die Ministerien im Bayerischen Landtag sein können, wie Rechtssicherheit hergestellt werden kann. Frau Huml, das war ja Ihr Anliegen. Am 3. April 2014 – auch das muss ich noch einmal erwähnen –, nachdem wir oft Berichte, Anträge sowie Gesetzentwürfe der SPD und der GRÜNEN debattiert hatten, haben auch die Kolleginnen und Kollegen der CSU das langsam dicke gehabt, so sage ich einmal, und haben die Staatsregierung per Beschluss aufgefordert, jetzt endlich hier zu handeln.
Sie haben den Gesetzentwurf jetzt vorgelegt. In der Zielsetzung sind wir uns einig, und ich füge auch hinzu – ich werde mich dann später noch einmal in der Debatte zu Wort melden –, dass sich die Gesetzentwürfe nun nicht mehr sehr unterscheiden. Das räume ich gleich ein, bevor uns der nächste Debattenredner das vorwirft. Aber vor dem Hintergrund der bisherigen Chronologie des Abhandelns dieses Themas sahen wir uns gezwungen, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen.
Herzlichen Dank. – Ich eröffne nun die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Erster Redner ist der Kollege Imhof. Er ist schon da.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, geehrte Frau Weikert! Ich möchte mit einem Dankeschön beginnen, weil natürlich, liebe Frau Weikert – da haben Sie völlig recht –, uns das Ganze manchmal bis an die Grenzen der Geduld gebracht hat. Ich betrachte es – ich bin jetzt einige Tage im neuen Lebensjahr – als ein echtes Geburtstagsgeschenk, wenn auch sehr verspätet, dass es Ihnen, liebe Frau Ministerin, und Ihrem Ministerium gelungen ist – Sie hatten ja die Federführung –, endlich, endlich diesen Gesetzentwurf vorzulegen. Kolleginnen und Kollegen, das lag nicht an der Frau Ministerin, sondern – Frau Weikert hat es ja gerade deutlich gemacht – an der Konstellation einer Partnerschaft, die man sich auch nicht immer aussuchen kann – das wissen Sie, Frau Weikert, auch aus eigenen Konstellationen im Bund –: Hier im Land hat sich ein Wirtschaftsminister tatsächlich in vielfacher Weise einer Aufgabe – das sage ich jetzt wirklich auch so kritisch – verweigert. Der FDP-Minister im Wirtschaftsministerium hat die Dringlichkeit, wenn überhaupt, nur in geringfügigem Maß anerkannt. Das ist eine nachträgliche Kritik, die ich aber nicht heute anfüge, wo er
nicht da ist, sondern die ich tatsächlich damals in den Jahren meiner Tätigkeit als entwicklungspolitischer Sprecher mehr als deutlich gemacht habe.
Dieses Geschenk ist dringend notwendig. Frau Weikert hat es gerade erwähnt. Nürnberg, auch meine Stadt, war ein ganzes Stück weiter, hat allerdings – darauf hat die Ministerin ja auch hingewiesen – sich einer Rechtsprechung beugen müssen. Das war eine Niederlage für alle, die um Menschenrechte ringen und kämpfen. Das gebe ich ehrlich zu. Wir waren da ein Stück weit ratlos. Trotzdem – da haben Sie recht, Frau Weikert – hätten wir Step by Step, so glaube ich, das Ganze einige Jahre früher haben können. Aber das Gesundheitsministerium gibt es ja erst seit zweieinhalb Jahren.
Meine sehr verehrte Damen und Herren, gestatten Sie mir trotzdem, dass ich hier bei diesem Gesetzentwurf ein paar persönliche Anmerkungen anfüge. Wir wissen aus den Berichten der Internationalen Arbeitsorganisation, dass circa 260 Millionen Kinder Kinderarbeit verrichten. Das ist an sich schon unglaublich, fast nicht zu fassen. Davon sind etwa die Hälfte, 100 Millionen, unter Extrembedingungen jeden Tag unterwegs. Sie, die mich kennen, wissen, dass ich häufig in Indien bin. Indien ist das Land, wo Kinder in Steinbrüchen arbeiten, wo die meisten dieser Dinge hergestellt werden, das Land, das am stärksten diese Kinderarbeit – ich nenne es jetzt einfach moderne Sklavenhalterei – nutzt.
Ich habe Freunde, die selbst unter Lebensgefahr in diese Steinbrüche gegangen sind und Kinder in dramatischen Situationen erlebt haben. Da klebt tatsächlich an vielen Grabsteinen der Schweiß, das Blut und die Tränen dieser Kinder. Wer die Kinder dort erlebt hat, der weiß, dass sie unter höllischem Lärm arbeiten, dass sie 10, 12, 14 Stunden in diesen Steinbrüchen arbeiten, dass sie sich verletzen, dass sie Gefahr laufen, taub zu werden bei diesem Lärm, keinerlei Versicherung haben, körperlich extrem beansprucht sind.
Deswegen – das wollte ich einfach noch einmal sagen – ist dieses Gesetz absolut notwendig. Das ist ein kleiner Baustein, um das Problem der Menschenrechtsverletzungen bei Kindern anzugehen. Ich kann es nicht ganz verstehen, dass immer wieder Institutionen, auch Arbeitgeberverbände – ich meine das jetzt nicht pauschal – praktisch bestreiten, dass Grabsteine über diese Kette ausbeuterischer Kinderarbeit gingen. Das ist heute noch der Fall. Das wird vielfach bestritten.
Es gibt internationale Vereinbarungen – die kennen Sie auch, Deutschland hat sich ihnen angeschlossen
, Kinderarbeit in jeglicher Form zu bekämpfen. Das ist eine humane Aufgabe im Interesse der Menschenrechte. Diese Abkommen hat Deutschland ratifiziert. Die CSU hatte zusammen mit den entwicklungspolitischen Sprechern der anderen Parteien dieses Thema schon in der letzten Legislaturperiode als brandheiß aufgegriffen; Frau Weikert hat es bereits gesagt. 2014 – das liegt auch schon wieder eineinhalb Jahre zurück – haben wir es auf den Weg gebracht. Ich bin darüber froh, Frau Ministerin, dass Sie mit diesem Gesetzentwurf auch einige andere Bestimmungen mit bereinigt haben. Darauf gehe ich jetzt nicht näher ein. Auch auf die Frage der Nachweispflicht will ich jetzt nicht näher eingehen. Ich weiß nicht, inwieweit es praktisch vollziehbar ist, ein Zertifikat zu erteilen, wenn ein anderer Nachweis nicht möglich ist. Wir müssen nach der Ersten Lesung in erster Linie schauen, wie sich die Gesetzentwürfe unterscheiden; es sind eigentlich nur Nuancen.
Nachdem das Bewusstsein auch bei vielen anderen Kollegen hier im Bayerischen Landtag stärker ausgeprägt ist, vertraue ich darauf, dass wir diese Fragen miteinander in so vernünftiger Form besprechen, dass nach draußen nahezu ein Einvernehmen signalisiert wird.
Ich glaube, dass Nürnberg nicht nur Vorreiter war, sondern sogar recht hatte. Die Kommunen warten darauf, dass die Mustersatzungen vom Staat so konstruiert werden, dass sie in der Praxis auch angewandt werden können. Die Kommunen standen da nämlich in einem Spannungsfeld. Aus dem Artikel 9a kann nämlich kein unmittelbares gesetzliches Verbot, sondern nur die Ermächtigung für ein Verbot abgeleitet werden, die aufgrund der Verfassung erforderlich ist. Der Erlass einer Satzung wird in die Verantwortung der Kommunen gegeben mit der großen Hoffnung, dass kein spitzfindiger Jurist diese Ermächtigung infrage stellt. Dann müssten sich Bund, Länder, aber auch Europa überlegen, wie sie diese Probleme lösen, wenn sie in der Erklärung der Menschenrechte offensichtlich weitgehend übereinstimmen.
Ich hoffe, dass wir miteinander in der Lage sind, in den nächsten Wochen und Monaten in den verschiedenen Ausschüssen Übereinstimmung zu erzielen. Nach den beiden Gesetzentwürfen sieht es jedenfalls so aus.
Ich habe vorhin bei der Begründung unseres Gesetzentwurfs schon deutlich gemacht, dass wir uns in der Zielsetzung vollkommen
einig sind, Kollege Imhof. Ich bin mir sicher, dass die Gesetzentwürfe in den Ausschüssen schnell beraten werden, sodass das Gesetz hoffentlich bald in Kraft treten kann. Wir sollten die Zweite Lesung auf jeden Fall noch vor der Sommerpause durchführen. Ich glaube, dass die Ausschüsse dazu auch bereit sind, weil das Thema in den Ausschüssen schon ausreichend behandelt wurde.
Vielleicht ist dieses Gesetzgebungsverfahren auch Anlass dafür, dass die Ministerien, die sich angesprochen fühlen, auch über andere Produkte und nicht nur über Grabsteine nachdenken. Auch andere hinsichtlich Menschenrechte bedenkliche Produkte sind bei uns im Umlauf und werden von den Verbrauchern, aus welchen Gründen auch immer, gekauft. Eine ganze Reihe dieser Produkte kommt auch unter öffentlicher Verantwortung in Umlauf. Wenn wir schon eine internationale Arbeitsrechtsnorm ratifizieren, sollten wir sie auch ein wenig ernster nehmen und darauf schauen, welche Produkte noch in Umlauf kommen. Zumindest die öffentliche Hand sollte die Grundsätze des fairen Handels berücksichtigen und die eine oder andere Vorgabe machen.
Wenn das Gesetz in Kraft tritt, wäre es ziemlich wirkungslos, wenn keine öffentliche Werbung dafür gemacht würde. Die Staatsregierung muss die Städte und Gemeinden auffordern, auf den Inhalt dieses Gesetzes, das gegen ausbeuterische Kinderarbeit gerichtet ist, zu achten. Auch die Gemeinden müssen in öffentlicher Debatte darauf aufmerksam machen und auf den Friedhöfen vielleicht deutliche Kennzeichen anbringen. Friedhöfe sind Orte, die von allen Bevölkerungskreisen besucht werden. Die Friedhofsbesucher haben oft etwas Zeit und können sich dann mit einer solchen Thematik auseinandersetzen.
Kolleginnen und Kollegen, ich will noch zwei Worte zum Nachweis sagen. Im ursprünglichen Kabinettsentwurf war die Frage des Nachweises noch nicht eindeutig geklärt. Dort stand nur der Satz, dass es reicht, wenn die Grabsteine aus einem Land kommen, welches die Konvention 182 der ILO ratifiziert hat. Das war uns eindeutig zu wenig. Nur zu sagen, das Produkt kommt aus dem Land X und ist deshalb nicht unter ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellt worden, kann nicht ausreichen.
In Ihrem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf haben Sie nachgebessert und zunächst gesagt, eine lückenlose Dokumentation sei möglich; zunächst einmal seien alle aus dem Wirtschaftsraum der europäischen Union einschließlich der Schweiz kommenden Grabsteine nicht unter ausbeuterischer Kinderarbeit entstanden. Für Produkte aus anderen Ländern wird eine schriftliche Erklärung gefordert und ein abgestuftes
Verhalten gegenüber den Steinmetzen vorgeschrieben. Dieses abgestufte Verhalten halte ich grundsätzlich für richtig. Dies gibt tatsächlich die Sicherheit, dass Grabsteine, die meist aus Indien – so haben Sie es gerade beschrieben, Herr Kollege Imhof –, aber auch aus anderen Staaten kommen, nicht mehr in den Handel in der Bundesrepublik gelangen.
Endlich ist es so weit, dass wir dieses Gesetz noch vor der Sommerpause verabschieden können. Noch einmal sei deutlich gesagt, dass die Unterschiede zwischen den drei vorliegenden Gesetzentwürfen – da nehme ich den GRÜNEN vielleicht etwas vorweg, aber ich habe mir auch den Gesetzentwurf der GRÜNEN angeschaut – wirklich nur Marginalien sind. Deshalb sprechen sich alle Parteien für eine solche Regelung aus.