Protokoll der Sitzung vom 28.04.2016

Unser Gesetzentwurf fordert deshalb von den Migrantinnen und Migranten ausdrücklich die Achtung unserer Werteordnung und unserer Leitkultur. Migrantinnen und Migranten müssen das Grundgesetz und die Bayerische Verfassung anerkennen, sich dazu bekennen und danach leben.

(Arif Taşdelen (SPD): Das muss jeder!)

Es stellt sich nicht die Frage, wer sich nach wem richten muss, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Wer unsere freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnt, wer die Menschenrechte unseres Grundgesetzes nicht achtet und wer unsere Leitkultur nicht akzeptiert, muss mit Sanktionen rechnen; denn das sind die verbindlichen Regeln, nach denen jeder handeln muss, egal woher er kommt, woran er glaubt und was sein kultureller Hintergrund ist.

(Markus Rinderspacher (SPD): Was ist denn Leitkultur, Frau Ministerin?)

Gleichzeitig schafft das Bayerische Integrationsgesetz auch die Grundlagen für Förderung in vielen Lebensbereichen, zum Beispiel bei Sprache und Bildung. Es bietet damit im Rahmen der Kompetenzverteilung von Bund und Land ein ausgewogenes Gesamtkonzept.

Auch das Integrationsgesetz des Bundes hat das Ziel "Fördern und Fordern". Ich bin der Überzeugung, dass dies der richtige Ansatz ist. Wir stehen in dieser Frage mit Sicherheit nicht allein. Es ist ein ausgewogenes Konzept.

Für gelingende Integration ist das enge Zusammenspiel mit den Kommunen und den ehrenamtlich Täti

gen unerlässlich. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Kommunen, die insoweit einen enorm großen Beitrag leisten, sowie bei den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die sich ehrenamtlich engagieren. Dass sie ihre Zeit und oft auch Geld einbringen, weiß ich sehr wohl zu schätzen. Das Zusammenspiel mit Kommunen und Ehrenamtlichen ist eine optimale Ergänzung der Bemühungen unserer Gesellschaft in Sachen Integration.

Der Grundsatz "Fördern und Fordern" hat sich bewährt. Ich betone, es ist ein richtiger, wichtiger Ansatz. Der Bund hat diesen Grundsatz als Maßgabe für das angekündigte Integrationsgesetz fixiert. Auch damit wird ein wichtiges Signal ausgesandt. Dies bestärkt uns darin, an unserem Kurs festzuhalten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein wesentlicher Punkt – darüber müssen wir uns im Klaren sein – betrifft das Fördern. Wir jedenfalls streben eine gute Förderung an.

Das Erste ist: Der Entwurf für ein Bayerisches Integrationsgesetz enthält das klare Bekenntnis des Freistaates zum Grundsatz des Förderns. Dabei kommt der Sprachförderung schon im vorschulischen Bereich große Bedeutung zu. Ich verweise insbesondere auf die Fördermaßnahme "Vorkurs Deutsch 240", mit der bereits im Kindergarten 240 Stunden Sprachförderung extra ermöglicht werden. Frühkindliche Bildung umfasst aber noch mehr. Auch die Werteerziehung im Kindergarten ist wichtig. Integration gelingt dann am allerbesten, wenn Bildung und Werteerziehung schon im Kindergarten beginnen.

Der zweite Punkt: Wir fördern die Integration mit unserem Sonderprogramm "Zusammenhalt fördern, Integration stärken". Wir haben es bereits im Jahr 2015 aufgelegt, als in der übrigen Bundesrepublik noch niemand daran dachte, überhaupt nur ein entsprechendes Konzept zu erstellen. Das Programm umfasst ein Maßnahmenpaket – einige Vorredner haben schon darauf hingewiesen – in der Größenordnung von 548 Millionen Euro allein für das Jahr 2016. Das ist deutschlandweit einmalig. Ich bin der Auffassung, dass wir in Bayern gezielt in die Vermittlung unserer Werte, in das Erlernen der deutschen Sprache sowie generell in gute Bildungs- und gute Arbeitschancen investieren. Das Erlernen der deutschen Sprache ist das zentrale Element der Integration. Dessen sind wir uns bewusst. Deswegen investieren wir als Freistaat zusätzlich zu den Sprachkursen, die der Bund fördert, 17 Millionen Euro in Sprachkurse. Wir ergänzen auch die sonstigen Angebote des Bundes.

Bei der Erstellung unserer Konzepte arbeiten wir auch mit der Wirtschaft zusammen, da der Integration durch Arbeit besondere Bedeutung zukommt. Wir

haben mit der bayerischen Wirtschaft einen entsprechenden Pakt geschlossen. Wir fördern allein im Jahr 20.000 Plätze – für Praktika, für Ausbildung, für Arbeit. Bis Ende 2019 wird sich die Zahl der geförderten Plätze auf 60.000 erhöht haben.

(Beifall bei der CSU)

Das ist ein sehr wichtiger Ansatz, weil damit unter anderem gezeigt wird, dass es sich bei der Integration um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt. Klar ist, dass sie der Wirtschaft ebenfalls wichtig ist. Ich bin der Überzeugung, es ist richtig, dass wir ein eigenes bayerisches Gesetz brauchen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit und bitte um Unterstützung.

(Beifall bei der CSU)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Immissionsschutzgesetzes (Drs. 17/11092) - Erste Lesung

Eine Aussprache hierzu findet nicht statt. Wir kommen daher gleich zur Verweisung in den federführenden Ausschuss. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (Drs. 17/9265) - Zweite Lesung

Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt entsprechend der Vereinbarung im Ältestenrat 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion; das sind acht Minuten. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist Kollege Dr. Reichhart von der CSU-Fraktion. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze kommen wir dem zentralen Wunsch nach besserer, gerechterer Verteilung der Bundesmittel für Bildungs- und Teilha

beleistungen nach. Dabei berücksichtigen der Freistaat Bayern, aber auch wir, die CSU-Fraktion, drei zentrale Anliegen staatlichen Handelns:

Erstens. Wir weiten die Mittel für Bildung und soziale Teilhabe auf alle Bevölkerungsschichten aus und leisten damit einen staatlichen Beitrag.

Zweitens. Wir berücksichtigen das Wohl der Kommunen.

Drittens. Wir haben Interesse an einem schlanken Staat ohne zusätzliche Bürokratie. Dieses Ziel haben wir im Blick.

Wir alle wissen, dass es im vorliegenden Gesetzentwurf primär darum geht, weitere Kriterien in den Katalog, der die Verteilung der Mittel regelt, aufzunehmen. Es ist uns wichtig, dass diese Kriterien erfüllt und weitere Maßstäbe gesetzt werden, damit wir einen wesentlichen Beitrag dazu leisten können, dass die Mittel gerechter verteilt werden. Dabei wollen wir einem zentralen Anliegen bayerischer Sozialpolitik entsprechen: Wir wollen gerade Kindern und Jugendlichen soziale Teilhabe auf allen Ebenen ermöglichen und beste Bildungsvoraussetzungen gewährleisten. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gehen wir genau auf diesem Weg weiter. Wir können damit die Inanspruchnahme der Leistungen steigern. Gleichzeitig setzen wir für die Kommunen Anreize, die Inanspruchnahme durch das Angebot von Beratungsleistungen zu verbessern. Schließlich – das ist der wichtigste Punkt – ermöglichen wir es mehr Kindern und Jugendlichen, an Klassenfahrten und Ausflügen teilzunehmen sowie Angebote der Freizeitgestaltung, der musikalischen Bildung und aus dem Bereich der Nachhilfe wahrzunehmen. Damit fördern wir ihre Partizipation am gesellschaftlichen Leben.

Dabei steht für uns, den Freistaat Bayern, der Wille der Kommunen an erster Stelle. Wir geben ihnen – sie sind Kostenträger solcher Leistungen nach dem SGB II – den mittelbaren Ausgleich des Bundes unmittelbar weiter. Bislang haben die Kommunen von dieser Ausgleichssystematik nur unzureichend profitiert. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf bessern wir nach, indem wir die entsprechenden Stellschrauben nachstellen. Wir beziehen die Teilhabeleistungen im Bildungsbereich in den Belastungsausgleich für die Kommunen ein. Bayern hat als einziges Bundesland diesen Belastungsausgleich zu Hartz IV nach dem Wunsch der Kommunen bereits vor über zehn Jahren umgesetzt. Deswegen ist es konsequent, jetzt, da weitere Maßnahmen ergriffen und weitere Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zusätzlichen Belastungen der Kommunen in dem entsprechenden Solidarsystem zu berücksichtigen. – Gleichzeitig gewährleis

ten wir, dass niemand, gemessen an seiner Belastung bzw. Entlastung durch die Einführung des SGB II, ungerecht behandelt wird.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Aus diesem Grund stimmen auch die kommunalen Spitzenverbände dem Gesetzentwurf zu. Die Gremien von Städtetag und Landkreistag haben ihre Zustimmung erteilt. Sie sagen, es ist ein kommunalfreundliches Gesetz.

Schließlich vollziehen wir das alles, ohne zusätzliche bürokratische Strukturen zu schaffen. Wir vermeiden damit ein zweites System, das heißt Doppelstrukturen. Wir produzieren keinen enormen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, der entstünde, wenn jede einzelne Sozialleistung innerhalb des Systems wieder gesondert abgerechnet werden müsste. Zudem handeln wir verhältnismäßig. Der gesamte Topf umfasst etwa 1 Milliarde Euro. Wir reden hier von einem Betrag von 30 Millionen Euro, den wir in das Ausgleichssystem aufnehmen, für den wir also neue Verteilmechanismen schaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns liegt ein Gesetzentwurf vor, dem die kommunalen Spitzenverbände einstimmig zugestimmt haben. Der Gesetzentwurf entlastet die Kommunen, schafft keine zusätzliche Bürokratie und stärkt Bildung und soziale Teilhabe. Er ist in der Summe gerecht. Deswegen darf ich Sie um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf bitten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste ist Frau Kollegin Weikert von der SPD dran. Bitte schön, Frau Kollegin.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Kollege Reichhart, vieles von dem, was Sie gesagt haben, ist richtig.

(Joachim Unterländer (CSU): Alles!)

Allerdings will ich herausstellen, dass es um die Weiterleitung von Bundesmitteln geht. Gefördert werden sollen die Teilhabemöglichkeiten von Kindern aus Familien, deren finanzielle Möglichkeiten nicht sehr groß sind. Auch diesen Kindern wollen wir Teilhabe ermöglichen – nicht nur im Bildungsbereich, sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen. Darum geht es auch in dem Bundesgesetz.

Alles, was Sie als Segnungen des Freistaates Bayern beschrieben haben, sind schlicht und einfach ein

Durchlaufposten im Haushalt des Freistaats Bayern. Das Gesetz kommt vom Bund. Der Freistaat Bayern ist verpflichtet, diese Gelder in einem gerechten Ausgleichsystem an die Kommunen weiterzuleiten. Das ist also kein besonderer Segen des Freistaates, sondern es handelt sich schlicht und einfach um eine notwendige Aufgabe durch die Gesetzeskonstellation. Die Kommunen können nämlich die Ausgleichzahlungen vom Bund nicht direkt bekommen, sondern das Land Bayern ist dazwischengeschaltet. Das alles hängt also etwas niedriger, als Sie das dargestellt haben.

Kolleginnen und Kollegen, über die Frage, wie die Verteilung erfolgt, haben wir im Sozialausschuss eine gute und sachliche Diskussion geführt. Uns lag auch eine Petition der Stadt Erlangen vor. Die Stadt Erlangen hat uns anhand von konkreten Zahlen vorgerechnet, dass unter den Kommunen keine gerechte Verteilung zustande kommt. Herr Kollege Vierheilig, der dafür in Erlangen zuständig ist, hat anhand von konkreten Zahlen belegt und vorgerechnet, dass drei Viertel der Kommunen aufgrund des Ausgleichssystems dieses Gesetzentwurfs benachteiligt werden. Nur ein Viertel der Städte – das sage ich jetzt in Anführungszeichen: – "profitiert" von diesem System. Wir halten das für ungerecht. Deshalb haben wir den Gesetzentwurf im Sozialausschuss abgelehnt. Das werden wir auch heute tun.

Kolleginnen und Kollegen, letztlich geht es darum – –

(Unruhe bei der CSU)

Gespräche können anscheinend nicht eingestellt werden. Ich habe Ihnen zugehört, Herr Dr. Reichhart, also könnten Sie auch mir ein paar Minuten zuhören. So lange brauche ich gar nicht. – Letztlich geht es um die vom Bundesgesetzgeber ausgehende Zielsetzung, Kindern aus armen Familien tatsächlich Bildungs- und Teilhabechancen zu ermöglichen. Es geht darum, welche Initiativen und Maßnahmen in den Kommunen konkret gestaltet, angeboten und auch nachgefragt werden. Das ist mit Aufwand für die Kommune verbunden, mit Verwaltungsaufwand ebenso wie mit einem direkten Kostenaufwand. Bei der Verteilung der Gelder sollen die Kommunen, die sich besonders engagieren, nicht benachteiligt werden. Sie sollen einen gerechten Ausgleich erhalten. Aber dieses Ziel sehen wir im vorliegenden Gesetzentwurf der Staatsregierung nicht verwirklicht.

(Beifall bei der SPD)

Vor diesem Hintergrund haben wir den vorliegenden Gesetzentwurf nach der Diskussion im Sozialausschuss abgelehnt, und wir werden das auch heute tun.

Noch eine kleine Anmerkung: Wir wissen, dass der Städte- und Gemeindetag dem Gesetzentwurf zugestimmt hat, allerdings nach einer vorherigen Diskussion. In der ersten Einschätzung war der Städtetag nämlich für zwei getrennte Gesetzentwürfe. Im vorliegenden Gesetzentwurf wird das Anliegen mit dem Hartz-IV-Ausgleich vermischt. Das ist das Komplizierte daran und macht das Zahlenwerk ein bisschen unübersichtlich. Der Städtetag war also zunächst für zwei getrennte Ausgleichsysteme. Vor dem Hintergrund aber, dass die Städte und Gemeinden darauf angewiesen sind, dass das Geld fließt und die Beträge an die Kommunen überwiesen werden, und dies erst geht, wenn der Gesetzentwurf in Kraft ist, hat der Städte- und Gemeindetag dem Gesetzentwurf der Staatsregierung zugestimmt. Ich glaube, das kann man dem Städte- und Gemeindetag auch nicht vorwerfen; sie wollten, dass das Geld in den Kommunen ankommt.