Danke schön, Herr Kollege. – Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass zum Antrag des Bayerischen Obersten Rechnungshofs auf Entlastung aufgrund des Beitrags zur Haushaltsrechnung 2014 für den Einzelplan 11, Drucksache 17/9222, von der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN namentliche Abstimmung beantragt worden ist.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Präsident des Obersten Rechnungshofes und seine Mitarbeiter! Ich stelle den Dank an den Bayerischen Obersten Rechnungshof bewusst an den Anfang meiner Rede. Ich danke vor allem der Spitze, Herrn Präsidenten Dr. FischerHeidlberger, für den Jahresbericht 2016, der das Haushaltsjahr 2014 betrifft. Die regelmäßigen Jahresberichte des Bayerischen Obersten Rechnungshofes sind eine unverzichtbare Grundlage für die Kontrolle des Haushaltsvollzugs der Staatsregierung durch den
Landtag. Der Oberste Rechnungshof prüft die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung. Wir nehmen durchaus mit unterschiedlichen Rollen eine gemeinsame Aufgabe wahr. Wenn in der Haushaltspolitik oder im Haushaltsvollzug Fehler gemacht werden, legen wir den Finger in die Wunde. Zwar sind wir nicht immer im Detail der Auffassung des Obersten Rechnungshofs, allerdings haben unsere gemeinsamen Aufgaben eine große Schnittmenge.
Herr Präsident, ich danke Ihnen mit Überzeugung und auch persönlich für Ihren Einsatz. Nach meiner Einschätzung und der Einschätzung meiner Fraktion haben Sie den Konflikt nicht gesucht, Sie sind ihm aber auch nicht aus dem Weg gegangen, wo es notwendig war. Das entspricht der Unabhängigkeit des Obersten Rechnungshofs. Herr Präsident, Sie haben diese Unabhängigkeit mit Ihren Mitarbeitern gelebt und in den letzten Jahren kultiviert. Ein Beispiel hierfür war die Sitzung des Haushaltsausschusses am gestrigen Nachmittag. Insgesamt ist es gut, Ihnen für Ihre Arbeit ganz herzlich zu danken. Ich wünsche Ihnen persönlich alles Gute und danke Ihnen für den Beitrag, den Sie für den Freistaat Bayern geleistet haben.
Deswegen werden wir der Entlastung des Obersten Rechnungshofs selbstverständlich mit Überzeugung und verbunden mit der Anerkennung für die Arbeit zustimmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird Sie nicht überraschen, dass dies bei der beantragten Entlastung für die Staatsregierung anders aussieht. Herr Kollege Herold, Ihre Ausführungen haben einen Dreiklang enthalten. Sie betonen in Ihrem ersten Baustein die geordnete Haushaltsführung in der technisch-organisatorischen Abwicklung, die für mich eine Selbstverständlichkeit darstellt.
Das sagt überhaupt nichts darüber aus, dass bei der Haushaltsführung oder der Haushaltspolitik Fehler gemacht worden sind. Deswegen ist das wohlfeil. Der zweite Baustein besteht aus Lobliedern und Danksagungen an die Staatsregierung.
Der dritte Baustein besteht aus Vergleichen mit anderen Bundesländern. Sie haben nichts über die Aufgabe gesagt, den eigenen Maßstäben gerecht zu werden. Deswegen kommen wir mit guten Gründen zu einem anderen Urteil als Sie. Die Punkte, die Sie an
gesprochen haben, geben durchaus Anlass, den Haushaltsvollzug und die Haushaltspolitik kritisch zu kommentieren. Der diesjährige Bericht des Obersten Rechnungshofs enthält mittlerweile schon zum 19. Mal in Folge an zentraler Stelle Kritik am mangelnden Steuervollzug dieser Staatsregierung – zum 19. Mal und jedes Jahr intensiver. Herr Finanzminister, das betrifft gleichzeitig zum fünften Mal Ihre Amtszeit.
Die Trippelschritte in der Personalentwicklung, die Herr Kollege Herold erwähnt hat, sind angesichts des großen Problems in der Finanzverwaltung völlig unzureichend. Auch Sie, Herr Finanzminister, bekommen wie schon Ihre Vorgänger die Probleme beim Steuervollzug nicht in den Griff. Das zeigen die Anmerkungen des Obersten Rechnungshofs seit vielen Jahren. Herr Kollege Herold, wir schließen uns dem Dank an die Steuerverwaltung an. Das ist jedoch wohlfeil. Natürlich liegt es nicht an den Beamtinnen und Beamten in der Steuerverwaltung, an den Steuerfahndern und den Steuerprüfern, die mit hervorragenden Einzelergebnissen glänzen und eine hohe Motivation aufweisen. Sie tragen jedoch dieser Motivation nicht Rechnung, sondern sind nach wie vor für eine prekäre Personalsituation in den Finanzämtern verantwortlich. Das muss an dieser Stelle deutlich festgestellt werden. Das hat der Oberste Rechnungshof in seinem Bericht deutlich dargestellt.
Die Antwort der Staatsregierung auf unsere aktuelle Anfrage hat ergeben, dass von den 16.500 Stellen, die im Haushaltsplan des Freistaats Bayern für die Finanzämter zur Verfügung gestellt werden, nur 14.913 regulär besetzt sind. Etwa 1.500 Stellen sind anders, beispielsweise durch Anwärter, besetzt. Sie werden für die Ausbildung in Anspruch genommen, wie es viel zu wenige Anwärterstellen gibt. Einige Stellen sind gar nicht besetzt. Das ist völlig widersinnig und keine ordentliche Haushaltspolitik. In der Finanzverwaltung rechnet sich jede Finanzbeamtin und jeder Finanzbeamte, die wir dringend benötigen, automatisch. Die Wiederbesetzungssperre, die dafür sorgt, dass Stellen, die dringend besetzt werden müssten, nicht besetzt werden, schadet dem Freistaat Bayern und der Steuergerechtigkeit. Das ist keine ordnungsgemäße Haushaltspolitik. Das kritisieren wir an dieser Stelle ganz deutlich.
Herr Kollege Herold, es mag sein, dass die Ist-Besetzung in den Finanzämtern in den vergangenen Jahren geringfügig mit Trippelschritten zugenommen hat. Mit Verweis auf die aktuellen Zahlen haben Sie jedoch noch nicht einmal den Stand von 2009 erreicht. Im Zehn-Jahres-Vergleich mit dem Jahr 2006 steht der Freistaat Bayern im Hinblick auf die Stellenbesetzung in der Finanzverwaltung ganz hinten. Sie haben 350 Stellen weniger besetzt als noch vor zehn Jahren, obwohl die Bevölkerung des Freistaats Bayern und die Steuerfälle deutlich zugenommen haben. Deshalb glaube ich, dass Sie mit Ihrer Einschätzung völlig falsch liegen. Wir haben Ausfälle in Millionenhöhe bei den Steuern.
Der Oberste Rechnungshof kritisiert auch in diesem Jahresbericht 2016 insgesamt sechs Teilbereiche. Dazu zählen unter anderem Arbeitsrückstände beim Finanzamt München in massivster Form – auch das muss ich Ihnen ins Stammbuch schreiben. Jeder muss wissen, dass das Finanzamt München 40 % des Steueraufkommens im Freistaat Bayern bearbeitet. Sie lassen nach wie vor Mängel zu, die nicht akzeptabel sind für den Staatshaushalt, für den Freistaat Bayern und letztendlich auch für die Steuergerechtigkeit.
Deshalb lautet meine klare Aufforderung: Sie müssen endlich den politischen Willen aufbringen, mindestens die fehlenden 1.500 Stellen zu besetzen. Eigentlich brauchen wir mehr. Sie ziehen gerne Ländervergleiche heran. In diesem Bereich sind Sie das absolute Schlusslicht. Dies ist ein Schlag ins Gesicht insbesondere der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und widerspricht der Steuergerechtigkeit.
Die Investitionsquote des Freistaats Bayern ist auf dem Papier zunächst einmal gut. Wir stellen jedoch fest, dass die groß verkündeten Investitionsquoten bei der Verabschiedung des Haushaltsplanes nicht umgesetzt werden. Die Investitionsquote für das betroffene Haushaltsjahr 2014 ist um 1,4 % geringer als im Haushaltsplan ausgewiesen. Das heißt im Umkehrschluss konkret: Sie unterlassen Investitionen, die dringend notwendig sind. Das führt in der öffentlichen Infrastruktur zu einem Vermögensverzehr, der uns allen noch Probleme bereiten wird. Auf der einen Seite halten Sie die Verschuldung des Freistaats Bay
ern im Blick. Zur Schuldentilgung werde ich noch kurz etwas sagen. Auf der anderen Seite gehen Sie aufgrund maroder Staatsstraßen und Brücken verstärkt in die versteckte Verschuldung. Damit werden Sie dem Anspruch, den Sie eigentlich haben müssten, nicht gerecht. Wir müssen 5.000 Kilometer der bayerischen Staatsstraßen als dringend sanierungsbedürftig bezeichnen. Der Nachholbedarf bei der Sanierung der Staatsstraßen beläuft sich auf rund eine Milliarde Euro. Diesem Nachholbedarf werden Sie mit dieser Investitionsquote nicht gerecht. Sie schieben einen Investitionsstau vor sich her. Das führt zur versteckten Verschuldung und zur Aufbürdung größerer Infrastrukturlasten auf die kommenden Generationen. Damit müssen wir Schluss machen.
Sie haben auch etwas zum Pensionsfonds gesagt. Sie gehen auch dort in die versteckte Verschuldung. Sie als CSU haben doch das von allen Fraktionen des Bayerischen Landtags im Jahr 2008 beschlossene Konzept für den Pensionsfonds einseitig aufgekündigt. Die 100 Millionen werden der notwendigen Vorsorge leider nicht gerecht. Sie haben vom Aufwuchs beim Pensionsfonds gesprochen. Ich sage Ihnen, Sie haben bei der Pensionsvorsorge eine Milliardenlücke zu verantworten. Wenn wir einmal durchrechnen, was Sie mit Ihrer Änderung im Jahr 2011 herbeigeführt haben, ermitteln wir jetzt schon eine Lücke von etwa 2,5 Milliarden Euro, die wir für die Pensionsvorsorge bräuchten. Auch das ist nur Gesundbeterei.
An dieser Stelle ein paar Worte zu Einzelprojekten, die der Oberste Rechnungshof auch immer kritisiert. Ich darf an dieser Stelle exemplarisch nur das Gärtnerplatztheater herausgreifen. Hier wurden die Zeitpläne nicht eingehalten, die Kostenpläne wurden deutlich überschritten, und es kam massive Kritik am Betrieb des Theaters hinzu. Es fehlt an einer ordnungsgemäßen Planung, Steuerung und Bewirtschaftung der Mittel. Solche Worte verwendet der Oberste Rechnungshof nicht ohne Not. Wir fordern deshalb die Staatsregierung auf, endlich für eine vernünftige und geordnete Führung des Gärtnerplatztheaters zu sorgen und den lockeren Umgang mit Steuergeldern ein für alle Mal zu beenden.
Abschließend eine Bemerkung: Dieser Beitrag ist tatsächlich mein letzter Plenarbeitrag als stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses. Ich bedanke mich bei den Kollegen für die Zusammenarbeit. Ich bedanke mich insbesondere bei den Kollegen der CSU dafür, dass Sie uns immer wieder die Möglichkeit gegeben haben, auch Erfolgserlebnisse zu
haben, indem plötzlich Anträge von der CSU aufgetaucht sind, die ähnlich geklungen und ausgeschaut haben und ähnliche Summen enthalten haben wie die zuvor abgelehnten Anträge der SPD-Fraktion. Auch diese Möglichkeit haben Sie uns gelassen. Danke schön dafür.
Wir bedanken uns bei der Staatsregierung dafür, dass sie uns mit ihrer Finanz- und Haushaltspolitik immer wieder Gelegenheit zur berechtigten Kritik gibt. Dazu habe ich einige Ausführungen gemacht. Wir konnten einige Anstöße geben und einige Erfolge erreichen. Ich wünsche meinem Nachfolger als stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses, Harald Güller, viel Erfolg und eine glückliche Hand. Auch meiner Nachfolgerin im Haushaltsausschuss, Susann Biedefeld, wünsche ich alles Gute. Ohne Abschied gibt es kein Wiedersehen. Ich bleibe selbstverständlich der Finanz- und Haushaltspolitik treu. In diesem Sinne danke schön für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Zunächst darf ich auch Dank abstatten. Herr Dr. Fischer-Heidlberger, herzlichen Dank für Ihre persönliche Arbeit und die Arbeit Ihres Hauses, die gerade in Debatten wie dieser unverzichtbare Voraussetzung dafür ist, dass wir unsere Arbeit richtig machen können. An dieser Stelle sei das gerne noch einmal und völlig uneingeschränkt bestätigt und gesagt.
Herzlichen Dank Ihrem Haus und Ihnen persönlich alles Gute bei all den Freiheiten, die Sie demnächst gewinnen.
Lieber Volkmar Halbleib, auch an dich herzlichen Dank. Dein Hinweis, dass du uns aber erhalten bleibst, veranlasst mich, meine Redezeit nicht weiter in Dankadressen zu investieren. Ich freue mich darauf, wenn du dich gelegentlich einmal wieder zum Haushalt äußerst. Kollege Herold hat die Fakten wie immer glänzend dargestellt.
Dabei wird diese Darstellung unserer Aufgabe aber nicht gerecht. Natürlich ist die Rechnungslegung ordnungsgemäß, und natürlich wissen wir alle, dass der
Freistaat Bayern gegenüber den anderen Flächenländern eine vergleichsweise geringe Verschuldung hat.
Der Umstand, dass wir nur 1,8 % unseres Haushaltsvolumens für Zinsen ausgeben, kommt uns natürlich zugute.
Der Weg, weiter Schulden abzubauen, ist richtig. Das darf man auch sagen. Wir dürfen dabei aber nicht stehen bleiben.