Protokoll der Sitzung vom 19.07.2016

tikansatz ist es nicht, uns hinzustellen und zu sagen: Das haben wir noch nie gemacht. Da finden wir keine Lösung. Meine Damen und Herren, das mag Ihr Politikansatz sein, unser Politikansatz ist es, Lösungen für die Probleme der Menschen zu schaffen. Das tun wir auch hier.

(Beifall bei der CSU)

Ich verstehe deshalb diese ideologisch geprägte Diskussion nicht. Das ist nämlich eine solche Diskussion. Wenn Sie vernünftig abwägen würden, müssten Sie sagen: Die Menschen vor Ort sollen die Chance haben zu sagen, dass sie dieses Projekt brauchen, weil es ihre Existenz sichert und weil sie im Vergleich mit anderen wettbewerbsfähig bleiben müssen.

(Florian von Brunn (SPD): Im Gegenteil, Herr Holetschek! Haben Sie schon einmal den Begriff "Klimawandel" gehört?)

Wir haben die Aufgabe, eine Lösung zu finden, die sich am Naturschutz orientiert, aber auch Potenziale für die Zukunft eröffnet. Nichts anderes hat das Kabinett heute getan. Das wollen wir, das tun wir, dafür stehen wir in der Verantwortung, und dafür stehen unser Heimatminister und unser Ministerpräsident. Wenn Sie näher an den Menschen wären, würden Sie sich hier nicht so aufführen, sondern sehen, dass dies eine richtige und verantwortungsvolle Entscheidung für dieses Thema ist.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Holetschek. – Für die Staatsregierung hat sich Herr Staatsminister Dr. Söder gemeldet. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorhin wurde von den einen gesagt, wir hätten keine Meinung. Die anderen werfen uns vor, wir hätten eine zu klare Meinung. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Es steht der Regierung eines Landes, das auf Bürgernähe setzt und das sich als Dienstleister für die Bürger empfindet, gut an, in München nicht immer oberlehrerhaft über Bürger und Bürgermeister zu reden, sondern die Bürger im Land ernst zu nehmen und mit ihnen zusammen nach Lösungen zu suchen. Das ist das Entscheidende.

(Beifall bei der CSU)

Die Landesentwicklung ist nichts Statisches.

(Florian von Brunn (SPD): Und sie ist bei Ihnen in den falschen Händen, Herr Minister!)

Denken Sie einmal daran, dass wir in Bayern im letzten Jahr Hunderttausende von Menschen neu aufgenommen haben. Landesentwicklung bedeutet, immer wieder zu überprüfen, was das Beste für Bayern ist, und dafür zu sorgen, dass es in jedem Landesteil eine Chance auf Entwicklung gibt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Alpenraum ist ein Naturraum, aber er ist auch ein Lebensraum. Sie beklagen auf der einen Seite, dass bestimmte Gebiete im Hinblick auf die Demografie Schwierigkeiten haben, weil junge Leute dort nicht bleiben. Gleichzeitig beklagen wir die Überfüllung der Ballungsräume. Wir müssen deshalb ehrlicherweise sagen, dass wir etwas für die ländlichen Räume tun sollten. Wir sollten nicht nur Sonntagsreden halten, sondern den ländlichen Raum ernst nehmen. Wir müssen deshalb dem ländlichen Raum zubilligen, seine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.

(Florian von Brunn (SPD): Sie erheben die Prinzipienlosigkeit zum Prinzip!)

Der Alpenraum ist kein Denkmal und keine Verbotszone für Bürger. Der Alpenplan definiert übrigens mit seinen unterschiedlichen Zonen den Ausgleich und den Versöhnungsaspekt zwischen Natur, Wirtschaft und Tourismus.

(Florian von Brunn (SPD): Das machen Sie jetzt kaputt!)

Das ist die Herausforderung. Das wurde ausdrücklich festgelegt; denn das war schon vor vielen Jahrzehnten der Planungswille. Meine Damen und Herren, die Ausgestaltung erfolgt unter maßgeblicher Beteiligung des jeweiligen Landtags. Ich weiß gar nicht, was Sie für ein Demokratieverständnis haben.

(Florian von Brunn (SPD): Ein besseres als Sie!)

Der heutige Landtag, das sind auch Sie selbst! Der heutige Landtag hat das Recht und die Pflicht, immer wieder aufs Neue zu überprüfen, was Landesentwicklung bedeutet. Dass der Landtag den Planungswillen neu definiert, ist rechtmäßig und in Ordnung. Wir müssen für die Zukunft arbeiten und dürfen nicht nur in der Vergangenheit leben.

(Florian von Brunn (SPD): Aber nicht, wenn die CSU-Klientel Politik betreibt, Herr Minister!)

Ich gebe zu, dass zwei Kollegen, die heute gesprochen haben, näher an dieser Region dran sind als die meisten, die heute gesprochen haben, auch näher als ich. Herr Gehring sagte, es gebe die eine Meinung und die andere Meinung. Er glaubt, es gebe mehr Leute, die seiner Meinung wären. Das mag sein. Überprüfen wir es doch einfach. Schauen wir halt, ob

das stimmt. Warum fürchten Sie sich so davor, wo Sie doch immer für Demokratie sind? Warum fürchten Sie sich davor, die Bürger zu fragen?

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich habe gehört, dass Herr von Brunn Bürgermeister – –

(Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Frau Vizepräsidentin, mit lautem Gebrülle werden Sie die Bürger vor Ort nicht beeindrucken!

(Ulrike Gote (GRÜNE): Gehen Sie doch auf die Argumente ein!)

Herr von Brunn hat einzelnen Bürgermeistern subkutan andere Interessen unterstellt. Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist nicht der Stil, wie wir mit gewählten Vertretern in den Gemeinden umgehen sollten. Jeder Bürgermeister und jeder Gemeinderat hat Respekt verdient. Diesen Respekt ist das Hohe Haus den Leuten vor Ort schuldig.

(Beifall bei der CSU)

Wir wollen keine Skilifte und Seilbahnen bauen, keiner von uns. Daran ist auch keiner von uns beteiligt. Die Bürger und die Gemeinden wollen sich weiterentwickeln. Sie sehen an dieser Stelle ihre Zukunft betroffen. Es ist Ausdruck unseres Respekts, dieses Anliegen ernst zu nehmen. Wir hören zu, lassen die Bürger entscheiden und nehmen diese Entscheidung ernst. Es handelt sich um einen Skilift und eine Bergbahn. Davon sind 0,08 % der Zone C betroffen – das ist ein wichtiger Punkt –, aber es sind nicht die gesamten Alpen. Wir nehmen den Abwägungsprozess ernst und überlegen, Kompensationen vorzunehmen, die zum Teil das Dreifache der Fläche umfassen, über die wir gerade diskutieren. Natürlich findet auch anschließend – Sie haben es angesprochen – eine Prüfung nach Recht und Gesetz statt. Das ist doch selbstverständlich. Wovor fürchten Sie sich denn eigentlich, wenn die Stufen des Handelns klar sind, nämlich erstens: Wir fragen die Bürger, zweitens: Wir fragen den Landtag und drittens: Wir entscheiden nach Recht und Gesetz? – Sauberer, besser und demokratischer kann man ein solches Verfahren nicht angehen, als wir das an dieser Stelle tun.

(Beifall bei der CSU)

Bei Windrädern waren Sie generell anderer Meinung. Nach Ihrer Auffassung müssten Windräder überall sein, während das andere nicht so sein kann. Ich finde, auch Sie müssten sich an dem messen lassen,

was Sie sagen. Ich finde, dass der jetzt vorliegende Vorschlag – –

(Zuruf von den GRÜNEN)

Ich kann es nicht hören, weil es immer so laut ist.

Sie können einen Ausflug der Landtagsfraktionen vor Ort durchführen und jeden einzelnen Bürger mit Ihrer Meinung infiltrieren in der Hoffnung, es bringt etwas. Ich aber glaube: Wenn wir ständig von München aus versuchen, den Oberlehrer zu spielen, werden wir am Ende die Bürger nicht erreichen. Nehmen wir die Bürger mit, und geben wir einem sensiblen Abwägungsprozess Raum. In der heutigen Kabinettssitzung haben alle Kabinettsmitglieder genau diesen Weg als sinnvoll erachtet. Es wird kein Recht umgangen, es wird nichts ausgelassen. Wir fragen die Bürger, und – was ganz wichtig ist – dieser Landtag drückt sich eben nicht um eine Entscheidung. Dieser Landtag bringt zum Ausdruck, dass die Zukunft Bayerns nicht nur in den Ballungsräumen liegt, sondern dass auch die ländlichen Räume eine Zukunft haben.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Antrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Josef Zellmeier, Gudrun Brendel-Fischer u. a. und Fraktion (CSU), Markus Rinderspacher, Arif Tasdelen, Angelika Weikert u. a. und Fraktion (SPD), Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER), Ludwig Hartmann, Margarete Bause, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Einsetzung einer Enquete-Kommission im Bayerischen Landtag "Integration in Bayern aktiv gestalten und Richtung geben" (Drs. 17/12431)

und

Festlegung der Mitgliederzahl, Besetzung und Vorsitz der Enquete-Kommission

Ich eröffne hierzu die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Festlegung im Ältestenrat 36 Minuten. Die Verteilung der Zeiten setze ich als bekannt voraus. Erster Redner ist der Kollege Zellmeier. Bitte schön.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Integration in Bayern aktiv gestalten und Richtung geben – ein zweifellos wichtiges Thema und aktueller denn je. Aktuell ist es natürlich wegen der hohen Zahl an Zuwanderern, die wir in den letzten Jahren, vor allem im letzten Jahr, in Bayern und in Deutschland zu verzeichnen hatten. Aktueller denn je ist es aber auch wegen der Verunsicherung in der Bevölkerung, die sich die Frage stellt, wie es weitergehen wird, welche Richtung die Integration nehmen wird und wie sie das Leben verändern wird bzw. verändern soll. Es stellt sich auch die Frage, wie die Sicherheit ausgestaltet sein wird. Integration ist auch eine wichtige Voraussetzung für die innere Sicherheit, damit die Menschen, die zu uns kommen, mit uns leben können. Wir haben gerade in der Vergangenheit und auch aktuell erfahren, dass Menschen, die nicht gut integriert sind, ein Risiko darstellen. Deshalb müssen wir verstärkt darauf achten, Integration noch mehr zu leben, als es bisher der Fall ist.

Wir in Bayern sind stolz darauf, dass Integration bei uns relativ gelungen ist. Aber in der Praxis gibt es immer wieder neue Herausforderungen, es gibt neue Probleme, und man kann immer noch etwas verbessern. Dazu sind wir auch bereit, und deshalb haben wir gleich zu Beginn signalisiert, dass wir mitarbeiten wollen und dem Antrag, der von der SPD und den GRÜNEN gekommen ist, beitreten sowie den Fragenkomplex mitgestalten. Dieser Konsens hat sich bewährt; wir haben gemeinsam einen guten Fragenkatalog auf den Weg gebracht.

Unser Interesse an der Arbeit der Enquete-Kommission zeigt sich aber auch an der Besetzung, die wir vorgeschlagen haben und die wir heute – so denke ich – auch beschließen werden. Wir haben mit Markus Blume, der die Grundsatzkommission der CSU leitet und bei der Integration schon lange tätig ist, Thomas Huber, dem zuständigen Berichterstatter im sozialpolitischen Ausschuss, Michaela Kaniber, die als Kind kroatischer Eltern aus der zweiten Generation der Gastarbeiter stammt, Martin Neumeyer, unserem Integrationsbeauftragten, und an der Spitze natürlich unserer Landtagspräsidentin Barbara Stamm, die in der CSU die Arbeitsgruppe Integration leitet, profilierte Mitglieder in der Enquete-Kommission. Es handelt sich also um prominente Mitglieder, die auch fachkundig sind. Genauso prominent und fachkundig sind unsere Experten.

Ich möchte an dieser Stelle schon einmal Danke sagen. Ich möchte den Experten danken, die sich bereitgefunden haben mitzuwirken. Die Arbeit ist zeitaufwendig. Die Mitwirkung kostet Geduld und Arbeit. Ich möchte aber auch unseren Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion danken, die sich bereitwillig gemeldet

haben. Wir haben ein größeres Interesse verzeichnet, als wir erwartet hatten. Danke auch an alle, die als Stellvertreter in der Enquete-Kommission mitwirken.

Unsere Experten sind prominent und vor allem sehr fachkundig. Wir haben Professor Dr. Georges Tamer, den Inhaber des Lehrstuhls für Orientalische Philologie und Islamwissenschaft, gewinnen können. Das Thema Islam ist wichtig; denn dabei gibt es die größten Unsicherheiten und die größten Herausforderungen. Der Bildungsbereich ist mit Professor Günther Goth, dem Vorstandsvorsitzenden des Bildungswerks der Bayerischen Wirtschaft, vertreten. Auch das war uns wichtig. Gerade die berufliche Bildung ist wichtig, damit der Anschluss an die Arbeitswelt und die Gesellschaft gelingt. Es gilt das Prinzip, den eigenen Lebensunterhalt finanzieren zu können.

Für den Bereich Arbeit und Fortbildung haben wir Herrn Eugen Hain, den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Würzburg, mit dabei. Auch er ist ein profilierter Kenner der Thematik. Wichtig war uns auch, dass die Kommunen entsprechend vertreten sind. Die Kommunen sind durch Landrat Thomas Karmasin, Vizepräsident des Bayerischen Landkreistages, vertreten. Auch er ist bei der Integration engagiert. Ein weiterer Vertreter der Verwaltung ist Regierungspräsident Heinz Grunwald, der nicht nur als Regierungspräsident, sondern auch vorher schon in verschiedenen Funktionen mit Flüchtlingen und deren Aufnahme und Unterbringung sowie deren Integration viel zu tun hatte. Ihnen allen ein großes Dankeschön und ein Vergelts Gott für die Bereitschaft mitzuwirken, um die Integration in Bayern noch besser zu gestalten.

(Beifall bei der CSU)

Die Enquete-Kommission hat zuerst eine Bestandsaufnahme vorzunehmen. Dabei werden wir sicherlich die Ministerien fordern müssen; denn es werden Daten geliefert werden müssen. Elf Fragenkomplexe sind abzuarbeiten.