Protokoll der Sitzung vom 26.10.2016

Lassen Sie mich die letzte Redezeitsequenz dazu nutzen, Ihnen zu sagen: Wallonien wird nicht so sehr von CETA, sondern mehr von innerbelgischen Interessen, über die gerade zulasten CETAs verhandelt wird, getrieben. So wird die Europäische Union niemals funktionieren. Das ist unverantwortlich, und das werden wir in Bayern niemals unterstützen. Schließlich darf ich Ihnen aber in einer Sache etwas entgegenkommen: Wir möchten nicht das, was wir von Herrn Juncker gehört haben, dass nämlich im Zweifel die EU-Kommission allein entscheidet. Nein, das wollen wir auch nicht. Wir wollen auf den jeweiligen nationalen Ebenen mitentscheiden, in unserem Fall über den Bundesrat auf der Länderebene. Da ist Bayern mit dabei, und da wird Bayern mit Ja stimmen.

(Beifall bei der CSU)

Einen kleinen Moment, Frau Kollegin. Herr Dr. Herz hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön.

Frau Kollegin Wittmann, Sie haben geäußert, wir würden nur kritisieren, aber nichts wissen. Ich unterstelle einmal, dass Regierung und Opposition gleich viel oder gleich wenig über dieses Abkommen wissen. Ich glaube, wir wissen alle viel zu wenig. Das, was wir wissen, stellt aber ein Problem dar. Ich nenne nur zwei Stichworte: Import von Hormonfleisch und Schiedsgerichte. Diese zwei Stichworte sind nicht aus der Luft gegriffen.

Ein zweiter Hinweis: Wenn Sie bei einem Abkommen mit 800 Seiten auf 680 Seiten Ausnahmen geregelt haben, dann hat das einen schalen Beigeschmack. Wie ist Ihre Ansicht dazu?

Herr Kollege Dr. Herz, auf diese Frage antworte ich ausdrücklich gerne. Eine Frage habe ich schon in meiner früheren Rede beantwortet. Ich sage es aber gerne noch einmal. Ich bin

erstaunt, dass Sie über das Abkommen genauso wenig wie wir wissen; denn dann müssten Sie genauso viel wissen wie wir. Ich habe das Abkommen von der ersten bis zur letzten Seite durchgelesen. Es liegt bis zum letzten Punkt und zum letzten Komma vor. Wir wissen alles.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie es nicht haben, lade ich Sie zu mir ein: Bei mir ist es auf dem Laptop. Der Platz neben mir ist ab und zu frei.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist aber ein eindeutiges Angebot!)

Sie dürfen es am Laptop lesen. Ich drucke es Ihnen auch gerne aus. Tinte und Blatt werden Ihnen von mir spendiert.

Sie sprachen vom Import von Hormonfleisch. Ich danke Ihnen, dass Sie mir dieses Stichwort genannt haben. Der Import von Hormonfleisch ist von CETA ausdrücklich – das wurde mehrfach bestätigt – ausgenommen.

(Beifall bei der CSU)

Weder Hormonfleisch noch genmanipulierte Lebensmittel dürfen eingeführt werden. Dies hat die EU bereits für sich so geregelt. CETA regelt auch, dass die Importe immer dem jeweiligen EU-Recht folgen müssen. Das heißt: Nur wenn die EU selbst unabhängig von CETA und anderen Freihandelsabkommen mehr zulässt, wirkt sich das auf CETA aus.

Sie haben auch noch die Schiedsgerichte erwähnt. Ich danke Ihnen dafür von Herzen. Sie wissen, dass wir auf WTO-Ebene seit 1965 Schiedsgerichte wie UNCITRAL, ICSID, und wie sie alle heißen, haben. CETA hat erstmals in einem Freihandelsabkommen Gelegenheit dazu gegeben; Vorteile dabei sind, dass wir ein deutlich transparenteres Vorgehen bekommen haben, dass kleine und mittlere Unternehmen bevorzugt behandelt werden, damit sie für solche Verfahren den Atem haben, dass die Kosten für kleine und mittlere Unternehmen gedeckelt sind, dass wir einen öffentlichen Spruchkörper und keine Berufsrichter mehr haben werden und dass die Berufungsinstanz leicht zu erreichen ist. Mir fallen noch zwei oder drei weitere Vorteile ein, aber ich mache an der Stelle Schluss. Sie haben offensichtlich noch einen gewissen Nachholbedarf.

(Beifall bei der CSU)

Der langen Rede kurzer Sinn: Auch in diesem Punkt ist CETA ein hervorragendes Abkommen. Wir stimmen zu.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der CSU: Bravo!)

Danke schön, Frau Kollegin Wittmann. – Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Pfaffmann für die SPD. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine unendliche Geschichte, könnte man meinen. Wenn man die letzten Diskussionen und Sitzungen verfolgt, könnte man den Eindruck gewinnen, lieber Herr Kollege Mütze und liebe Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN, dass Sie unbedingt eine dogmatische Haltung durchsetzen wollen.

(Hans Herold (CSU): Genau!)

Ich will das schon noch einmal sagen, weil es der Wahrheitsfindung nützlich ist. Ja, wir haben ein großes Problem. Das Problem ist aber nicht unbedingt der Inhalt von CETA, sondern das Verhalten und die Verhandlungsführung der Kommission. Das muss man immer wieder deutlich sagen. Wäre es nicht so gewesen, hätten wir möglicherweise eine andere Sachlage. Insofern stimmt es, dass die Debatte sehr schwierig ist, aber nicht deswegen, weil der Inhalt nicht stimmt, weil er falsch oder richtig ist – das kann man werten, wie man möchte –, sondern weil die Verhandler der EU am Anfang einen schweren Fehler gemacht haben: Sie haben nämlich den Versuch unternommen, ein solches Abkommen an der Bevölkerung vorbei durchzusetzen. Das war ein schwerer Fehler.

(Beifall bei der SPD)

Das haben wir heute in der Debatte zu spüren bekommen. Wir kommen immer wieder darauf zurück.

Lieber Herr Mütze, zum Feiern, dass CETA möglicherweise scheitert, ist mir wirklich nicht zumute. Das muss ich hier schon sagen. Mit CETA wurde nämlich der Versuch unternommen, Handelsabkommen einen Rahmen zu geben. Sie können zwar sagen, der Rahmen gefällt Ihnen nicht, oder Sie sind anderer Meinung. Das können Sie machen. Der Versuch, Handelsabkommen einen politischen Rahmen zu geben und darüber zu diskutieren, muss aber gut sein. Oder wollen Sie etwa sagen, dass wir keine Handelsabkommen brauchen und dass die Regulierung des Marktes auch nicht notwendig ist? – Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein. Deswegen ist es gut, dass lange, intensiv und auch sachlich fundiert über CETA verhandelt wird.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt keinen Grund, Kolleginnen und Kollegen, zu feiern, dass ein Abkommen scheitert. Ich höre von all denen, die über weltweiten Handel diskutieren, überhaupt nichts von den Handelsabkommen, die derzeit auf der Bugwelle von CETA und TTIP mitschwimmen. Wissen Sie denn nicht, dass derzeit über Handelsabkommen mit Staaten in Afrika verhandelt wird, mit denen ich nicht unbedingt ein Handelsabkommen abschließen möchte? – Dazu höre ich gar nichts. Ich kenne auch keine Stellungnahme zu den Handelsabkommen, über die wir derzeit mit Südafrika verhandeln. Diese Verhandlungen sind schon sehr weit fortgeschritten. Darüber höre ich auch nichts. Ich höre allerdings immer wieder die Kritik an einem Handelsabkommen mit Kanada. Ich muss Ihnen sagen: Kanada vergleiche ich nicht unbedingt mit einigen Staaten in Afrika, mit denen jetzt ohne jegliche Kommentierung, ohne jegliche öffentliche Begleitung, ohne Demonstrationen und aufgeregte Straßenkämpfe Handelsabkommen abgeschlossen werden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CSU)

Das ist bei der Frage der Handelsabkommen schon ein bisschen zu kurz gegriffen.

Ich kann Ihnen noch etwas sagen: Es wird auch nicht richtiger, wenn Sie immer wieder negieren, dass die Nachverhandlungen durchaus Erfolge gebracht haben. Ich sage es noch einmal, auch wenn Sie es nicht gerne hören: Ohne die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament und in der Bundesregierung wären die Verbesserungen, die wir gegenüber dem Anfangsentwurf erreichen konnten, nicht möglich gewesen.

(Beifall bei der SPD)

Das gehört auch zur Wahrheit über dieses Freihandelsabkommen. Wenn man immer wieder betont, die Wasserversorgung sei nicht mehr sicher, wird diese Behauptung nicht richtiger. Das ist nicht richtig, was man sieht, wenn man den Text liest. Man kann gegen alles und jeden politische Zweifel äußern. Ich wage jedoch angesichts dieser hochkomplexen Diskussion zu bezweifeln, dass dies sinnvoll ist.

Lieber Herr Mütze, bei allem Respekt stoßen mir immer wieder Formulierungen wie "Für die Demokratie gegen CETA" auf. Liebe Leute, wo ist der Beweis oder die Grundlage für die Behauptung, dass die Demokratie im Falle eines Abschlusses von CETA am Ende wäre? – Das ist doch der Umkehrschluss aus solchen Äußerungen. Sie dienen nicht der Versachlichung der Diskussion. In diesem Sinne bitte ich um mehr Zurückhaltung.

(Beifall bei der SPD)

Zum Gesetzentwurf selber gibt es sehr viele Fragezeichen, die im Rahmen der Ausschussberatungen, etwa im Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen, zu beantworten sind. Darauf bin ich sehr gespannt. Fraglich ist, ob Vertreter der Bayerischen Staatsregierung an ein Nein-Votum im Bundesrat gebunden werden sollten. Das wird eine interessante Diskussion. An was wollen Sie denn die Staatsregierung binden? – Es gibt noch keine veritable Grundlage. Die Frage zur Wallonie ist noch nicht geklärt. Außerdem muss ein Verfassungsgerichtsurteil beachtet werden. Wenn es eine Bindung geben sollte, dann bitte zu Punkten, die wir kennen.

Bitte denken Sie an Ihre Zeit.

Insofern werden wir die Diskussionen in den Ausschüssen sehr interessiert verfolgen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Pfaffmann, einen Moment bitte. Jetzt habe ich Sie gedrängt, mit Ihrer Rede aufzuhören. Sie bekommen jedoch noch einmal zwei Minuten Redezeit, weil Herr Kollege Dr. Herz eine Zwischenbemerkung angemeldet hat. Herr Kollege Dr. Herz, bitte schön.

Herr Kollege Pfaffmann, Ihre letzte Antwort war nicht befriedigend, da Sie nicht auf das Thema eingegangen sind. Deshalb möchte ich es noch einmal probieren: Wir sind uns sicher einig, dass dieses Abkommen Vor- und Nachteile hat. Sie stellen sich jedoch hin und tun so, als ob die SPD mit Einschränkung zu diesem Abkommen stehe. Ich habe Ihnen schon wiederholt gesagt, dass ich sehr viele Leute innerhalb der SPD kenne, vom Plenarsaal bis draußen zur Basis, die sich an Petitionen gegen dieses Abkommen beteiligt haben. Sie erwecken allerdings den Eindruck, die SPD stehe hinter diesem Abkommen. Sie haben gesagt, der Inhalt sei kein Thema, nur das Wie. Das vernehmen wir. Sind Sie sich jedoch darüber im Klaren, dass Sie unter Umständen nicht die Meinung der bayerischen SPD wiedergeben?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Lassen Sie das meine Sorge sein, ob ich die Meinung der bayerischen SPD wiedergebe. Herr Dr. Herz, ich werde Ihre Fragen niemals zu Ihrer Zufriedenheit beantworten können. Wissen Sie warum? – Es ist egal, wie man Ihre Fragen beantwortet, Sie werden trotzdem

dagegen sein. Sie werden das Haar in der Suppe suchen.

Ich gebe zu, dass sich die Sozialdemokratie in dieser Diskussion schwertut. Selbstverständlich machen wir es uns nicht einfach, indem wir einfach dagegen sind – fertig. Wenn hunderttausend Menschen auf der Straße demonstrieren, müssen sie auch recht haben. Somit sind wir dagegen. – So einfach machen wir es uns nicht. Wir wollen in dieser Frage eine wirklich seriöse Debatte führen. Jeden Versuch, den internationalen Handel sozialdemokratisch zu organisieren, Arbeitnehmerrechte zu schützen, sozial verträgliche Regelungen in den internationalen Handel einzubringen und den ungezügelten Handel zu zügeln, halte ich für richtig. Man muss gar nicht dogmatisch gegen das Abkommen sein, sondern man kann stattdessen darüber verhandeln. Die Europäische Kommission, die Vertragspartner oder Staaten tun nicht unbedingt das, was wir Ihnen sagen. Das ist somit eine Verhandlungsfrage. Ich sage es Ihnen noch einmal: Wären der Bundeswirtschaftsminister und andere Personen nicht gewesen, läge uns jetzt ein Entwurf vor, den wir ablehnen würden. Lieber Herr Dr. Herz, wir haben von Anfang an rote Linien gezogen. Diese roten Linien haben unsere Leute in das Abkommen hineinverhandelt – vielleicht nicht zu 100 %, aber doch zu einem großen Teil.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man sieht, dass es Verbesserungen gibt, darf man anfangen, darüber nachzudenken. Wenn man jedoch von Anfang an Nein sagt und dabei bleibt, egal was passiert, ist das keine seriöse politische Debatte, wie man sie sich bei einer derart komplizierten Frage wünscht.

(Beifall bei der SPD)

Herr Pfaffmann, mir liegt noch eine Meldung zur Zwischenbemerkung vor. Herr Kollege Steiner, bitte schön.

Herr Kollege Pfaffmann, ich habe eine sehr einfache Frage. Sind Sie mit mir der Auffassung, dass Herr Kollege Dr. Herz und ein Großteil der FREIEN WÄHLER überhaupt nicht wissen, um was es bei diesem Freihandelsabkommen überhaupt geht?

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Nur ihr wisst es! – Unruhe)

Ich danke Ihnen für diese Frage. Ich kann überhaupt nicht beurteilen, ob die FREIEN WÄHLER etwas wissen oder nicht, weil ich nicht in der Lage bin, die Diskussion in der Frak