Protokoll der Sitzung vom 26.10.2016

Ich danke Ihnen für diese Frage. Ich kann überhaupt nicht beurteilen, ob die FREIEN WÄHLER etwas wissen oder nicht, weil ich nicht in der Lage bin, die Diskussion in der Frak

tion der FREIEN WÄHLER zu bewerten. Ich gehe davon aus, dass Sie ein bisschen wissen. Das kann schon sein. Herr Aiwanger, das hört man aus den Wortmeldungen durchaus heraus. Ich habe jedoch den Eindruck, dass die FREIEN WÄHLER den Entwicklungsprozess des CETA-Abkommens nicht mitbekommen haben. Diesen Eindruck habe ich manchmal schon.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Der Oberbürgermeister Maly wollte es auch stoppen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Pfaffmann. – Für die FREIEN WÄHLER spricht jetzt Kollege Dr. Fahn. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum Schluss wurden große Geschütze gegen die FREIEN WÄHLER aufgefahren.

(Zurufe von der CSU: Oh!)

Herr Steiner, was Sie uns unterstellt haben, war wirklich sehr arrogant. Gegenüber der CSU würde ich niemals so vorgehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Pfaffmann hat gesagt, ohne die SPD hätte es diese Entwicklung gar nicht gegeben. Ich sage: Ohne das Volk, ohne die Bürgerinnen und Bürger, hätte es diese positiven Entwicklungen nicht gegeben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Natascha Kohnen (SPD): Die SPD besteht auch aus Bürgern! – Volkmar Halbleib (SPD): Wir vertreten die Bürger!)

Es waren die Bürger, die die Unterschriften gesammelt haben. Für dieses Volksbegehren wurden am ersten Tag 85.000 Unterschriften gesammelt. Das könnten eine Million Unterschriften werden. Die Bürger wollen das nicht. Wir vertreten die Bürger. Wir von den FREIEN WÄHLERN haben das Thema intensiv bearbeitet, sogar bei Landesdelegiertenversammlungen und Klausurtagungen. Wir haben Gutachten in Auftrag gegeben. Herr Steiner, jetzt sagen Sie so einen Blödsinn. Das tut mir leid. Das muss man an dieser Stelle einmal sagen. Wir haben uns sehr bemüht. Das werde ich Ihnen beweisen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Frau Wittmann sagt, dass das ganze Gesetz abzulehnen sei. Das ist eine sehr gefährliche Argumentation. Ich sage noch einmal: Wer dieser Auffassung ist, argumentiert gegen das Volk, gegen Hunderttausende.

In anderen Ländern waren es Millionen, die sich gegen das CETA-Abkommen aufgestellt haben. Das ist kein Horrorszenario. Das möchte ich ganz klar sagen. Herr Prof. Nettesheim von der Universität Tübingen sieht den politischen Gestaltungsraum der Länder und der Kommunen sehr stark in Gefahr. Das gilt auch für die öffentliche Daseinsvorsorge. Die Gutachten umfassen zum Teil 100 Seiten. Das ist doch kein Horrorszenario. Wir haben bei Herrn Prof. Fisahn von der Universität Bielefeld ein Gutachten in Auftrag gegeben. Er legt ganz klar dar, wie CETA unser Vorsorgeprinzip aushebeln kann. Meine Damen und Herren, das ist kein Horrorszenario, sondern ein reales Gutachten, das wir beachten müssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Was in unserem Gesetzentwurf steht, das finden Sie auch in dem Volksbegehren; das haben wir von dort übernommen. Deshalb ist es sehr gefährlich, dagegen zu argumentieren. Das Volk sieht das wahrscheinlich völlig anders. Hier geht es um bayerische Hoheitsrechte. Natürlich habe ich das Abkommen gelesen. Frau Wittmann sagt, sie hat jede Zeile gelesen, bis zum Schluss. Ich weiß nicht, ob das in dieser Form stimmt, aber ich glaube es ihr einfach. Insbesondere Artikel 8.12 im CETA-Abkommen sagt ganz klar aus, dass Bayern direkt oder indirekt Maßnahmen ergreifen kann, die zu einer Enteignung führen. Ich nenne einmal ein Beispiel: Wenn der Freistaat zum Wohl der Allgemeinheit ein Grundstück für einen kanadischen Investor enteignen will, dann kann dafür das bayerische Entschädigungsgesetz nicht mehr angewendet werden, weil CETA dem entgegensteht. Das ist doch das Problem. Man muss dann versuchen, über die CETA-Regelung die Allgemeinwohlinteressen umzusetzen. Das ist doch für Bayern ein Nachteil. So viel dazu, weil hier gesagt wurde, CETA habe keine Nachteile für Bayern. Meine Damen und Herren, CETA hat Nachteile für Bayern!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Der Freistaat Bayern gibt damit nämlich eine zentrale Kompetenz für die Politikgestaltung im Freistaat auf; denn bei politischen Entscheidungen kann er nicht mehr nach eigenem Maßstab im öffentlichen Interesse enteignen. Da muss der Freistaat erst im CETAVertragstext blättern. Das ist doch für Bayern ein Nachteil. Deshalb sind wir für diesen Gesetzentwurf; denn er ist wichtig.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Warum brauchen wir dieses Gesetz? – Das Volksbegehren hat schon 85.000 Unterschriften und wird von über 50 Organisationen unterstützt. Auch wir sind

daran beteiligt. Viele Bürger in Bayern stehen dem Abkommen also kritisch gegenüber. Das muss man doch berücksichtigen. Die nächsten Stufen werden dann kommen. Wenn das Gesetz vom Landtag angenommen wird, dann können wir auch feststellen, dass wir dem Steuerzahler viele Kosten ersparen. Wir brauchen dann nämlich keinen Volksentscheid mehr; der würde viel Geld kosten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie argumentieren doch immer mit den Kosten. So sparen wir vielleicht fünf oder gar zehn Millionen Euro. Das ist doch ein Argument, das man sich überlegen muss. Für uns ist es deshalb wichtig, diesen Gesetzentwurf einzubringen. Wir sagen: Die Staatsregierung soll gebunden werden, im Bundesrat gegen CETA zu stimmen, um einen Kompetenzverlust des Freistaats zu verhindern. Ich sage es noch einmal – und damit bin dann auch am Schluss; denn es sind nur noch 21 Sekunden –, wir wollen mit unserem Gesetzentwurf Bayern schützen. Wir wollen den Kompetenzverlust des Freistaats verhindern. Das ist kein Nachteil, sondern das ist doch ein Vorteil, der sich daraus ergibt.

(Lebhafter Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke, Herr Kollege. – Herr Kollege Mütze möchte noch seine "Restlaufzeit" ausnützen. Bitte schön.

(Allgemeine Heiterkeit)

Genau, und diese Restlaufzeit geht hoffentlich über 21 Sekunden hinaus. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Kollegin Wittmann, Sie haben vielleicht das ganze CETA-Abkommen gelesen, aber haben Sie es auch verstanden?

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN und FREIEN WÄHLERN)

Wenn Sie uns nicht glauben, vielleicht glauben Sie dann den Rechtsprofessorinnen und Rechtsprofessoren, die sich damit beschäftigt haben. Die haben sich damit nämlich fachlich und inhaltlich voll und ganz beschäftigt, und zwar ganztägig. Die haben sich dazu aber negativ geäußert. Vielleicht glauben Sie denen.

Herr Kollege Pfaffmann, es ist durchaus ehrenwert, wenn Sie hier versuchen, die SPD zu verteidigen. Das ist aber bei der wachsweichen Position, die die SPD hier hat, schwierig. Sie, die Bayern-SPD, hatten eine andere Auffassung; denn die bayerische SPD stand CETA kritisch gegenüber. Die Vertreter der bayerischen SPD im Konvent waren negativ eingestellt. Einige Vertreter dieser Position sitzen auch hier im

Hause. Jetzt aber so zu tun, als wären diejenigen, die Kritik üben, Dogmatiker, die irgendwelche Freihandelsabkommen gefährden, ist lächerlich. Lieber Herr Kollege, gehen Sie doch einmal auf die Demonstrationen gegen TTIP und gegen CETA und hören Sie sich an, was dort über die SPD und das Bild der SPD gesagt wird!

Herr Kollege, Sie sehen aber schon die rote Uhr, gell?

Vielen Dank!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Mütze. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Ich nehme an, damit besteht Einverständnis? – Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 d auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) für ein Bayerisches Partizipations- und Integrationsgesetz (Drs. 17/13709) - Erste Lesung

Zur Begründung erteile ich Herrn Kollegen Aiwanger das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Monaten diskutiert dieses Land über das Thema Zuwanderung, über das Thema Integration und darüber, wie Bayern mit Zuwanderung umgeht. In der Vergangenheit ist das leider Gottes eine sehr ideologische Debatte gewesen, die sich an einigen wenigen Begriffen festgezurrt hat. Man hat dabei eine Leitkultur nach vorn gestellt und gesagt: Das ist das Maß aller Dinge. Andere hingegen haben gesagt, das ist überhaupt nicht akzeptabel.

Bei dieser Debatte vermissen wir FREIEN WÄHLER den Blick in die Realität. Wir vermissen dabei auch eine Kenntnisname der Situation, die da lautet: Die Kommunen sind die entscheidenden Akteure in der Frage, ob eine Integration gelingen kann. Die Kommunen müssen sich damit auseinandersetzen, wie es mit den Zuwanderern weitergeht, und zwar mit denen von gestern, von heute und von morgen. Das sind nämlich nicht nur die Leute, die im Zuge der Syrienkrise zu uns gekommen sind. Wir müssen auch auf die nächsten Jahre blicken. Wir müssen auch künftige

Zuwanderung politisch steuern. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass der Freistaat sich dieses Problems politisch künftig mehr annehmen muss als in der Vergangenheit. Damals war die Zuwanderungsrate noch niedriger, und die Dinge haben sich dann irgendwie erledigt. Jetzt aber haben wir Zuspitzungen, und zwar ganz konkret im Hinblick auf die Kosten: Im Jugendhilfebereich gehen die Kosten in die Hunderte Millionen. Wir FREIEN WÄHLER stellen uns an die Seite der kommunalen Spitzenverbände, die erklären: Die Kommunen können nicht alle Kosten für die übernehmen, die zwar volljährig, aber weiterhin in der Jugendhilfe sind. – Das sind immense Zahlen.

Wir FREIEN WÄHLER sind auch an der Seite der Verbände und der Organisationen, die mit dieser Zuwanderung umgehen müssen. Deshalb müssen wir hier vielleicht das Pferd von hinten aufzäumen und dürfen nicht mit ideologischen Debatten beginnen. Am Ende bleibt dann nämlich nichts übrig, von dem die Kommunen oder die Betroffenen herunterbeißen könnten. Wir müssen die Themen konkret benennen. Wir müssen tragfähige Lösungsvorschläge zu Papier bringen. Darin unterscheidet sich der Vorschlag der FREIEN WÄHLER von diversen anderen Papieren. Unser Gesetzentwurf bringt nämlich die Konnexität ganz konkret zu Papier. In unserem Gesetzentwurf heißt es ganz klar: Die den Kommunen entstehenden Kosten müssten ersetzt werden. – Alles andere ist nämlich schön und wohlfeil. Wenn unten die Hunderte von Millionen nicht ankommen, die dort geschultert werden müssen, dann ist eine Wortklauberei nicht zielführend. Ich sage es aber noch deutlicher, meine Damen und Herren: Ich habe in den letzten Monaten mit Dutzenden Bürgermeistern über dieses Thema bei der einen oder anderen Gelegenheit gesprochen. Nicht einer hat das Wort "Leitkultur" in den Mund genommen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das ist nämlich nicht deren Thema, und zwar weder im Positiven noch im Negativen. Ich sage das ganz gezielt zur linken Seite im Landtag: Man sollte sich an Wörtern nicht zu sehr aufhängen. Man sollte auch nicht so tun, als müsste man nur das richtige Wort erfinden und hätte dann eine politische Debatte erledigt. Es geht doch jetzt wirklich darum, Butter zu den Fischen zu geben, wie man in Norddeutschland sagt. In Bayern würde man sagen, hier muss man etwas rüberwachsen lassen, von dem man abbeißen kann. Das aber fehlt uns in der gesamten Debatte, und das fehlt uns auch in dem Vorstoß der Staatsregierung, der über weite Strecken durchaus akzeptabel ist. In dieser Frage aber hat er Lücken.

Die kommunale Finanzierung ist völlig offen, aber die muss dringend nach vorne gestellt werden. Wir müssen draußen die Wogen glätten, damit wir falschen Kreisen keine Munition liefern. Wir, die FREIEN WÄHLER, sind Pragmatiker und keine Ideologen. Wir setzen deshalb dort an, wo die Dinge ins Laufen gebracht werden können. Dort müssen wir ansetzten, um zu verhindern, dass wir weitere Monate nur über Worte und Ideologien diskutieren, während die Menschen ganz andere Probleme haben. Die brauchen zum Beispiel Wohnraum. Auch das ist ein Thema, das politisch gelöst werden muss. Eine Lösung sehen wir bisher aber nicht. Wir müssen alles vermeiden, was zu Konflikten zwischen den Zuwanderern und der einheimischen Bevölkerung führt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir haben deshalb das Thema des Spracherwerbs sehr weit nach vorne gestellt. Wir sagen: Die deutsche Sprache ist unabdingbar, und es muss Hilfestellung geleistet werden. Es muss aber auch das Integrationsbemühen eingefordert werden. Damit haben wir eine ausgewogene Position, Fordern und Fördern, Pragmatismus statt Schlagwortpolitik bei diesem immens wichtigen Zukunftsthema.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Damit eröffne ich die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktion beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Verteilung darf ich als bekannt voraussetzen. Ich erteile das Wort dem Kollegen Huber von der CSU.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir die nicht der Tageszeit angemessene Anrede an die FREIEN WÄHLER: Guten Morgen, liebe FREIE WÄHLER! Am vergangenen Donnerstag haben wir in einer langen Sitzung des Sozialausschusses den Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung für das neue Bayerische Integrationsgesetz, unsere Änderungsanträge sowie die bis dahin vorliegenden Änderungsanträge der SPD und der GRÜNEN sowie die Gesetzentwürfe zu beraten begonnen. Am Freitag, also am Tag danach, haben wir eine E-Mail erhalten. Beim Lesen dieser neuen Mail ist mir der berühmte Satz, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, durch den Kopf gegangen. In dieser Mail habe ich zu meiner großen Überraschung gelesen, dass die FREIEN WÄHLER jetzt inmitten der laufenden Beratungen zum neuen Bayerischen Integrationsgesetz plötzlich doch noch einen eigenen Entwurf zum Integrationsgesetz aus dem Hut gezaubert haben. In Abwandlung dieses zitierten berühmten Satzes sage ich Ihnen deshalb:

Wer zu spät kommt, hat manchmal einfach verschlafen.