Protokoll der Sitzung vom 22.11.2016

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat nun der Kollege Erwin Huber von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden in der nächsten Woche ein großes Jubiläum feiern, nämlich 70 Jahre Bayerische Verfassung. Diese 70 Jahre sind geprägt von stabiler Demokratie, von erfolgreicher Wirtschaft, von sozialem Wohlergehen, von breitem Wohlstand der Menschen, von guten Chancen. Kein Land in Deutschland hat eine solche Entwicklung wie Bayern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Kaum vergehen 70 Jahre, kommt der Herr Hartmann von den GRÜNEN und möchte seine Partei als Heimatpartei profilieren. Sie kommen daher, wie wenn man einem Japaner einen Trachtenanzug anzieht und der meint, er sei ein Bayer.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der CSU)

Meine Damen und Herren, ich persönlich glaube Ihnen das, was Sie sagen. Aber das hat ja eher so geklungen, als würden Sie ein Seminar der Junggrünen anregen, um ihnen einen Heimatbegriff nahezubringen. Aber ich sage Ihnen: Sie, die GRÜNEN, werden es nicht schaffen, sich als Heimatpartei zu profilieren. Wenn Sie die Gebirgsschützen, die Schützenvereine und die Jägervereinigungen nach wie vor als paramilitärische Organisationen auffassen, denen man die Waffen wegnehmen will,

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Hartmann (GRÜNE))

dann sind Sie in Bayern nicht angekommen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Wenn Sie nicht in der Lage sind, Brauchtum und Tradition zu pflegen und sich zu einer Leitkultur zu bekennen statt Multikulti, sind Sie in Bayern nicht angekommen.

(Zurufe der Abgeordneten Florian von Brunn (SPD) und Gisela Sengl (GRÜNE) – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Indem Sie das Ehegattensplitting beseitigen wollen, wie es der letzte Parteitag der GRÜNEN beschlossen hat, rauben Sie der bayerischen Heimat das Herz, nämlich die Familie.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Man darf ja anders sein, man darf für Multikulti sein, man darf sagen, ich möchte ein Stadtindianer sein und dergleichen. Das dürfen Sie alles. Nur werden Sie das, was grüne Philosophie und was Heimat ist, nicht auf einen Nenner bringen, weil das nicht zusammenpasst, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Zurufe von der SPD)

Warum ist denn Bayern so attraktiv? – Bayern ist attraktiv, weil wir die geringste Arbeitslosigkeit haben. Wir haben übrigens in den letzten Jahren BadenWürttemberg gewaltig überholt, weil dort mit einem grünen Ministerpräsidenten der wirtschaftliche Abstieg

eingeläutet ist und in Bayern der Aufstieg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Wir sind attraktiv, weil wir mehr Lehrstellen als Nachfrage haben, weil junge Leute in Bayern eine Chance haben. In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind zwei Millionen Menschen nach Bayern gekommen; sie sind doch nicht nach Bayern abgewandert, um in das Elend zu gehen, sondern weil sie hier die Chancen sehen, meine Damen und Herren. Das macht Heimat aus.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Man kann lange philosophieren. Ich würde mich auch sehr freuen, wenn wir das fortsetzen. Aber in der konkreten Situation suchen die Menschen Geborgenheit, Sicherheit, Arbeitsplätze. Wir haben in Bayern die geringste Arbeitslosigkeit unter allen Regionen. Auch die ländlichen Räume haben sich hervorragend entwickelt. Die Menschen suchen Sicherheit. Bayern ist das Land mit der geringsten Kriminalitätsrate und mit der höchsten Aufklärungsquote. Hier fühlt man sich sicher. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Bayern eine gute und geborgene Heimat.

Jetzt muss ich zu einem Begriff, Frau Kollegin Karl und andere, noch etwas sagen: zum sogenannten Anbindegebot. Da würde die Heimat zerstört und zubetoniert. Wissen Sie, was eigentlich der Kern dessen ist, was Markus Söder vorhat und was wir unterstützen? Die Lockerung des sogenannten Anbindegebots soll den Kommunen mehr Entscheidungsfreiheit geben. Sie reden doch auch immer von Kommunalfreundlichkeit.

(Florian von Brunn (SPD): Da ist doch selbst der Handwerkstag dagegen!)

Wenn ich das Anbindegebot in der jetzigen harten Form lasse, entscheiden nicht die Kommunen über Gewerbegebiete, sondern staatliche Behörden, meine Damen und Herren. Ich will, dass wir kommunalfreundlicher werden. Wir vertrauen den Kommunalpolitikern, dass sie Heimat nicht zerstören, sondern Heimat erhalten und dass sie sinnvoll mit dem Instrument umgehen. Wir brauchen keine Bevormundung der Kommunen durch staatliche Behörden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Deswegen lockern wir das. Aber Sie sind ja noch nicht einmal so weit, dass Sie das gedanklich kapieren.

Jetzt muss ich noch einen letzten Satz zur Zubetonierung der Heimat sagen. Wenn man in Bayern etwa 5 % der Fläche für Straßen und Verkehrswege hat und etwa 6 bis 7 % für Wohnungen und Gewerbe, dann sind das zusammen etwa 12 %. Wo ist denn da die Zubetonierung? Meine Damen und Herren, wer keinen Straßenbau mehr will wie beispielsweise die GRÜNEN, der gibt dem ländlichen Raum keine Zukunft. Wir brauchen beides: gute Verkehrswege und eine gute Natur. Wir brauchen Zukunft und Chancen. Das ist unser Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Letzter hat nun Herr Staatsminister Dr. Söder das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich gestern gelesen habe, was das Thema der heutigen Aktuellen Stunde sein soll, habe ich echt gerätselt: Was ist eigentlich die Zielsetzung dieser Aktuellen Stunde? Ich hatte gehofft, ich bekomme durch den Beitrag von Herrn Hartmann irgendeinen Eindruck davon, was die GRÜNEN als großes landespolitisches Programm zur Heimat vorzutragen haben. Aber ich muss Ihnen eines sagen: Es hat sich mir bis jetzt nicht erschlossen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich glaube sogar, dass das, was Erwin Huber gesagt hat, stimmt. Im Grunde genommen ist es ein völlig falsches Verständnis von den Menschen in Bayern, den Erwartungen und den eigentlichen Problemen, die wir in unserem Land haben. Bayern ist ein tolles Land. Reden Sie es nicht immer schlecht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Menschen mögen dieses Land.

(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Wir reden nicht Bayern schlecht, wir kritisieren die CSU!)

Dieses Land hat Herausforderungen, und genau diese Herausforderungen gehen wir mit einer Heimatpolitik an, die sich nicht darin erschöpft, nur zu beschreiben, wie schön alles ist und dass alles so bleiben soll, sondern die sich mit den wirklichen Fragen beschäftigt, die sich Bayern stellen. Die eigentliche Kernbotschaft ist doch: Entwickelt sich Bayern überall gleich, oder gibt es unterschiedliche Entwicklungsgeschwindigkeiten, und wie reagieren wir politisch darauf?

Meine Damen und Herren, Bayern entwickelt sich im Schnitt sensationell, aber wenn man sich anschaut, wie sich Stadt und Land entwickeln, wie sich Ballungsräume und ländlicher Raum entwickeln, spürt man, dass es unterschiedliche Entwicklungsgeschwindigkeiten gibt.

(Florian von Brunn (SPD): Wer regiert es?)

Das Erste: Unsere Aufgabe heißt jetzt nicht, über alles eine Käseglocke zu stülpen, am Wochenende vielleicht mal in den ländlichen Raum zu fahren und zu winken, sondern unsere Aufgabe muss sein, meine Damen und Herren, neben vitalen Ballungsräumen auch einen stärkeren ländlichen Raum in Bayern zu strukturieren. Das ist eine der zentralen Aufgaben.

(Gisela Sengl (GRÜNE): Ländlicher Raum ist mehr als Gewerbegebiete! – Florian von Brunn (SPD): Das ist doch Ihr Versagen!)

Wenn wir überlegen, warum das wichtig ist, dann müssen wir uns doch nur jeden Morgen vor die Tore Münchens stellen und einmal schauen, wenn wir über Ökologie reden, was da stattfindet. Durch eine immer stärkere Überhitzung der Ballungsräume, durch ein immer stärkeres Pendlerwesen in die Großstädte hinein bekommen wir doch, meine Damen und Herren, auch ökologische Probleme.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie beschreiben die Folgen Ihrer Politik, Herr Söder!)

Es kann mir doch keiner erzählen, dass das, was jeden Tag an Staus stattfindet, der richtige Weg ist. Darum, meine Damen und Herren, wenn Sie immer nur zentralistisch denken, sage ich Ihnen eines: Natürlich braucht der ländliche Raum genauso Entwicklungsachsen. Auch ökologisch ist es besser, wenn mehr Arbeitsplätze im ländlichen Raum sind, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Das ist der erste Grundsatz.

(Zuruf der Abgeordneten Gisela Sengl (GRÜNE))

Jetzt schreit halt nicht immer dazwischen, versucht doch einmal zuzuhören. Ihr redet ja immer grundlegend vorbei an dem, was die Menschen denken. Da müsst ihr euch auch nicht wundern, wenn euch keiner wählt.

Das Zweite: Demokratie. Erwin Huber hat es schon angesprochen. Ich wundere mich immer wieder, mit welchem tiefen Misstrauen Sie demokratisch gewählten Vertretern entgegengehen. Wir haben in den klei

nen Gemeinden Bürgermeister, wir haben Gemeinderäte, wir haben kommunale Mitbestimmung durch Bürgerbegehren. Ich höre immer wieder, wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass Bürger über ihre Heimat abstimmen, das sei gefährlich. Daraus spricht ein tiefes Misstrauen gegen Demokratie vor Ort. Ich sage Ihnen eines: Nach meiner Lebenserfahrung wissen Bürgermeister, Gemeinderäte und Bürger vor Ort manchmal wesentlich besser, was gut für sie ist, als es die Münchner Ministerialbürokratie weiß.

(Beifall bei der CSU)

Deswegen ändern und lockern wir das LEP. Wir befreien es aus einer extrem starren Bürokratie und schaffen dadurch Möglichkeiten, Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu erhalten. Es geht nicht immer darum, viel mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Jungen Menschen sollten Chancen eröffnet werden. Beispielsweise regionalisieren wir die Hochschulen, um deutlich mehr Studienplätze im ländlichen Raum zu schaffen. Was bringt es uns aber, Studienplätze zu schaffen, wenn keine mittelständischen Unternehmen vor Ort sind, die sich entwickeln können? Erwin Huber hat das Anbindegebot angesprochen. Meine Damen und Herren, damit eröffnen wir dem ländlichen Raum Chancen. An den Ausfallstraßen der Großstädte wird ein großer Discounter nach dem anderen errichtet. Dies geht zulasten der Nahversorgung im kleinräumigen Stadtgebiet.

(Gisela Sengl (GRÜNE): Das war euer Programm!)