Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, schönen guten Morgen! Ich darf die Generalaussprache der Dritten Lesung mit einem Dank beginnen. Zunächst einmal möchte ich Herrn Worm und seinem Team vom Landtagsamt danken. Reichen Sie diesen Dank bitte an alle weiter. Wir wissen, was da geleistet wurde
und was noch geleistet werden wird. Frau Fröhlich, Herrn Stuhlmüller und ihrem Team sage ich ein ganz herzliches Dankeschön. Das gilt auch für die vielen anderen, insbesondere den Stenografischen Dienst. Ich glaube, dass hier Tolles geleistet worden ist und dass die Leistungsfähigkeit des Amtes unter Beweis gestellt worden ist. Die Offizianten, das Küchenteam und die Polizei, alle haben eine großartige Leistung vollbracht. Dafür ein herzliches Dankeschön seitens der SPD-Fraktion.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind die wahren Helden des parlamentarischen Alltags. Danke schön!
(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Thomas Kreuzer (CSU): Das ist eine Veräppelung, was Sie hier betreiben!)
Ich danke auch allen Kolleginnen und Kollegen, die sich an dieser wichtigen und zentralen Debatte dieser Legislaturperiode in engagierter und kompetenter Weise beteiligt haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hätte diesen Dank gern auch den Kolleginnen und Kollegen der CSU ausgesprochen, wie ich das bereits bei der zweiten Unterbrechung im Ältestenrat erklärt habe. Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies, zumindest bis dahin, eine Debatte war, die dem Parlament gut anstand. Argumente wurden ausgetauscht und zentrale Fragen noch einmal aufgeworfen. Ich habe mich ausdrücklich auch bei Ihren Rednern bedankt. Leider haben Sie danach die parlamentarische Debatte hier im Haus verweigert. Sie haben die Arbeit eingestellt. Das ist Ihre Entscheidung. Auch im Ausschuss haben Sie sich zu vielen zentralen Fragestellungen überhaupt nicht geäußert.
Herr Kollege Zellmeier, es ist ein besonderer Aspekt unfreiwilligen Humors, wenn Sie an diesem Rednerpult sagen: Wir führen jetzt die Diskussion fort. Und das, obwohl Sie die Debatte in diesem Haus seit 22.00 Uhr verweigert haben! Das ist besonderer Humor. Wir haben Ihnen schon im Ältestenrat angeboten, einen vernünftigen Zeitpunkt für die Dritte Lesung zu finden.
Ich hätte mich an dieser Stelle sehr gerne auch bei den Mitgliedern der Staatsregierung bedankt. Sie waren anwesend. Dafür ein Dankeschön. Aber Sie haben die Gelegenheit verstreichen lassen, auf wichtige, richtige und notwendige Fragen des Parlaments hier im Hohen Hause Antworten zu geben. Diese Antworten sind Sie hier schuldig geblieben, nachdem Sie schon in den Ausschüssen als Staatsregierung kaum Rede und Antwort gestanden haben. Das ist gegenüber einem Parlament, das Fragen an die Staatsregierung hat, nicht in Ordnung. Ich hätte Ihnen gern gedankt. Aber dieser Dank muss heute ausbleiben.
Ich darf in dieser Generalaussprache zur Dritten Lesung schon noch einmal darauf hinweisen, wie dieses Gesetz von Ihnen gehandhabt wurde. Ich möchte das noch einmal ganz kurz schlaglichtartig Revue passieren lassen. Sie haben das Ziel des Miteinanders ausgerufen. Der Ministerpräsident hat in die Staatskanzlei eingeladen. Nach einer Sitzung und einer Stunde, in der dies noch einmal betont wurde, war dieses Mitei
Warum? Das kann ich Ihnen beantworten, Herr Kollege Heike, danke für die Frage. Weil es Ihnen danach nur noch um Parteipolitik ging und nicht mehr um ein inhaltlich gutes Integrationsgesetz. Das ist der Grund, weshalb Sie das abgebrochen haben.
Sie haben einen schnell hingesetzten Gesetzentwurf vorgelegt, der die Kritik fast aller Verbände, die in diesem Freistaat mit diesem Thema zu tun haben, auf sich gezogen hat. Die beiden großen Kirchen hatten dazu eine sehr deutliche Ausdrucksweise und auch die kommunalen Spitzenverbände. Sie haben ein Gesetz vorgelegt, das von allen Fachleuten, von den wesentlichen Verbänden in diesem Freistaat und auch von den Kirchen kritisiert worden ist. Das ist doch Fakt. Es kann kein gutes Integrationsgesetz herauskommen, wenn die CSU und die Staatsregierung dieses Gesetz gegen den Rat aller Fachleute, aller Experten und vieler gesellschaftlicher Verbündeten durchdrücken. Das kann kein gutes Gesetz werden!
Die Änderungsanträge der CSU-Fraktion, die wir jetzt in Dritter Lesung beraten, sind ein Zeichen dafür, wie nötig Nachbesserungen bei diesem Gesetz sind. Leider kam es zu Verschlimmbesserungen. Mit keinem der CSU-Anträge haben Sie das Erfordernis erfüllt, zu einem echten Integrationsgesetz zu kommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre auch angemessen gewesen, die Ergebnisse der von uns gemeinsam auf den Weg gebrachten Enquete-Kommission zur Integration in diesem Freistaat einzubeziehen. Das wollten Sie auch nicht, weil es Ihnen nicht um ein gutes Gesetz ging, sondern um etwas ganz anderes.
Herr Kollege Heike, wir arbeiten wunderbar zusammen. Danke, dass Sie diese Frage stellen. Das ist kein Integrationsgesetz, sondern das ist ein politisches Gesetz, um Ihre populistischen Parolen zur Ausländer- und Asylpolitik in Gesetzesform zu gießen. Nicht mehr und nicht weniger ist dieses Gesetz, das Sie in Zweiter Lesung auf den Weg geschickt haben.
Die Verfassungsänderung im Wahljahr zeigt diesen Weg weiter. Die Verfassungsänderung und die Debatte zur Leitkultur passen dazu wie die Faust aufs Auge.
Sie machen ein parteipolitisches Gesetz, um parteipolitische Instrumente in die Hand zu bekommen. Das ist ein Missbrauch von Gesetzen in diesem Freistaat Bayern.
Sie haben bisher eine Chance verstreichen lassen. Diese Chance können Sie jetzt ergreifen. Die Dritte Lesung bietet die Chance, dies nachzuholen. Noch besteht die Chance, ein gutes Integrationsgesetz zu verabschieden, das diesen Namen verdient. Nutzen Sie diese Chance im Interesse des Freistaats und seiner Menschen.
Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die allgemeine Aussprache beendet. Die SPD-Fraktion hat zu den in der Zweiten Lesung geänderten Artikeln Einzelberatung und Einzelabstimmung beantragt. Deshalb fahren wir jetzt mit den Einzelberatungen fort.
In der Zweiten Lesung wurden dazu Änderungen beschlossen. Im Einzelnen verweise ich auf die Neufassung im Beschluss zur Zweiten Lesung. Die Drucksache dazu ist noch nicht aufgelegt. Die Redezeit beträgt 24 Minuten. Ich eröffne die Aussprache. Der erste Redner ist Herr Kollege Gehring.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Zweiten Lesung ist mir klar geworden, dass es in dieser Präambel wohl darum ging, einen Text zu schaffen, der zumindest die gleiche Lyrik wie ein Verfassungstext hat. Sie haben sich hier in der Verfassungslyrik versucht und eine Art Nebenverfassung oder Bonsai-Verfassung geschrieben. Wir haben aber eine gute Bayerische Verfassung. Daher brauchen wir den Text nicht, den Sie hier formuliert haben. So schön es sein mag, in die politische Lyrik einzusteigen, der Text ist dennoch unnötig. Wir brauchen keine Bonsai-Verfassung. Wir haben eine sehr gute Bayerische Verfassung.
Interessant ist, dass trotz dieses zentralen Textes, über den Sie sich viele Gedanken gemacht haben, dennoch Änderungsanträge kamen, um diesen Begriff
der Leitkultur irgendwie zu retten. Ich glaube aber, dass der Text dadurch nicht besser geworden ist. Wenn ein zentraler Begriff in einem Gesetzestext in Klammern auftaucht, bedeutet das, dass dieser Begriff nicht definiert ist. Er ist dann auch nicht klar.
Herr Kollege Blume, Sie können gerne nach vorne kommen und sich dazu äußern. Ich gebe Ihnen gerne etwas von meiner Redezeit ab. Es würde Ihnen gut anstehen, wenn Sie einen solchen Begriff in ein Gesetz schreiben, diesen Begriff dann auch zu verteidigen und ihn hier zu erklären.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Begriff der Leitkultur ist unselig. Er macht Probleme und ist nicht hilfreich. Bitte streichen Sie diesen Begriff. Jetzt haben Sie dazu noch einmal die Gelegenheit. Dieses Gesetz wird allein durch diesen Begriff ein schlechtes Gesetz. Es wird kein Gesetz sein, das vereint. Aber nur gemeinsam gewinnen wir.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor wir über die Präambel eines Gesetzes reden können, müssen wir uns zunächst einmal die Frage stellen, ob wir als Bayerischer Landtag oder als Freistaat Bayern ein solches Gesetz überhaupt beschließen dürfen. Hier geht es um die Frage der Gesetzgebungszuständigkeit. Sie wollten doch etwas Neues hören. Deshalb mache ich dazu einige wenige Anmerkungen.
Wir bezweifeln schon, dass der Freistaat Bayern überhaupt zuständig ist, ein solches Gesetz mit seinen 19 Artikeln zu erlassen. Die Gesetzesmaterie "Integration" unterfällt der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Artikel 74 Absatz 1 Nummer 4 des Grundgesetzes, gegebenenfalls auch Artikel 74 Absatz 1 Nummer 2, Nummer 6 und Nummer 7. Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung sind die Länder zuständig, solange und soweit der Bund von seiner Zuständigkeit nicht schon durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Genau das hat der Bund mit der Verabschiedung des Aufenthaltsgesetzes und des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 getan. Sie waren im Übrigen bei diesen beiden Gesetzen, die auf Bundesebene beschlossen worden sind, beteiligt.
Die dortigen Regelungen sind in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden und sollten abschließend sein. Die §§ 43 bis 45 des Aufenthaltsgesetzes enthalten
Bestimmungen über die Integration. Dort heißt es nämlich: "Die Integration von rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebenden Ausländern in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland wird gefördert und gefordert." Und es heißt dort: "Eingliederungsbemühungen von Ausländern werden durch ein Grundangebot zur Integration … unterstützt" usw.
Weitere Regelungen über Integrationsmaßnahmen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, enthält das Integrationsgesetz vom Juli 2016. Meine Damen und Herren, diese Regelungen sind unseres Erachtens abschließend. Den Ländern steht es nicht zu, zu diesen beiden Gesetzen, die mit ihrer Stimme im Bundestag beschlossen worden sind, weitere Gesetze zu beschließen, die den gleichen Gegenstand betreffen, weil der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht hat.
Für die Materien, für die der Bund keine Zuständigkeiten hat – das betrifft Schule, Hochschule, frühkindliche Bildung –, da schon, aber für alles andere, insbesondere für eine neue Philosophie der Integration, ist kein Raum. Hier bezweifeln wir die Rechtmäßigkeit.
Meine Damen und Herren, da ich vor zwölf Stunden unterbrochen worden bin, noch ein paar Anmerkungen zur Präambel selbst: Ich habe mich schon über die Verwendung des Begriffs "christliches Abendland" mokiert. Das werde ich auch weiterhin tun, weil der Begriff "christliches Abendland" vergiftet ist. Überall, wo er verwendet worden ist, diente er zur Ausgrenzung der anderen, die nicht dem christlichen Abendland angehören. Ich bedauere, daran erinnern zu müssen, dass die Begrifflichkeit "Abendland" immer als Abgrenzungskriterium gegenüber der slawischen, der russischen und der jüdischen Kultur gedient hat. Einmal gab es sogar den Begriff der "arisch-abendländischen Kultur". Bei den Nazis gab es den Versuch, eine abendländische Identität für sich zu beanspruchen, was eine Unverschämtheit und historisch falsch war. Jedenfalls, meine Damen und Herren, ist dieser Begriff vergiftet. Es ist falsch, ihn in einem Gesetz zu verwenden.