Protokoll der Sitzung vom 13.12.2016

Wir sind auch der Überzeugung, dass wir uns in der Verkehrspolitik auf das Machbare konzentrieren müssen. In den letzten Jahren haben wir hierzu eine riesige Debatte erlebt. Herr Seehofer, Sie waren bereits im Jahre 2008 dabei. Damals ging es darum, einen Koalitionspartner zu finden. Sie haben damals mit der FDP und mit uns gesprochen. Ich habe Ihnen damals gesagt, dass das Thema dritte Startbahn in den nächsten Jahren keine Rolle spielen wird. Das Thema ist kein Thema von heute und morgen. Jetzt, acht Jahre später, kann man sagen, dass ich recht behalten habe. Das Thema dritte Startbahn wird weiter aufgeschoben. Sie haben gesagt, dass Sie Ende 2015 eine Entscheidung treffen werden. Dann haben Sie gesagt, dass Sie im Frühjahr 2016 und dann im Sommer 2016 eine Entscheidung treffen wollen. Jetzt wird das Thema auf 2017 vertagt. Wir schieben das Thema jetzt seit Jahren vor uns her. Okay, es gibt keine neuen Entwicklungen. Wenn sich die Stadt München nicht bewegt, ist alles, was wir hier reden, heiße Luft. Konzentrieren wir uns auf das Machbare.

In einem Nebensatz sei noch Folgendes erwähnt: Ich warne davor, bei der zweiten S-Bahn-Röhre über unkalkulierbare Risiken zu stolpern. Schauen Sie genau hin, ob Bayern am Ende diese Soße auch bezahlen kann. Ich will gar keine Vergleiche mit anderen Teilen der Republik machen, was uns im dümmsten Fall drohen kann. Machen Sie an dieser Stelle vernünftige Verkehrskonzepte, die auch bezahlbar sind. Machen Sie zunächst das, was naheliegend ist. Das wäre, im Regionalverkehr nachzubessern. Viele Gemeinden möchten einen zusätzlichen Bahnhalt. Aber dieser wird den Gemeinden nicht gestattet. Auch ist die Barrierefreiheit angekündigt gewesen. Diese wurde nicht umgesetzt. Hier hätten wir wieder mit ein paar zehn Millionen Euro sehr viel bewegen können. Dies hätte draußen geholfen und die Landschaft in Bayern blühender gemacht. Konzentrieren wir uns darauf. Ich höre regelmäßig von Bewohnern aus der Fläche, dass sie sich auf der einen oder anderen Strecke die Elektrifizierung und einen zusätzlichen Bahnhalt wünschen. Bei diesen Dingen ist mit wenig Aufwand viel bewegt. Den Leuten kann so schnell geholfen werden. Das wollen wir tun.

Eine weitere Forderung von uns zielt darauf, den Zustand der Staatsstraßen kritisch im Auge zu behalten. In einer Statistik hat es geheißen, dass die bayerischen Staatsstraßen in der Republik im schlechtesten Zustand wären. Diese Behauptung möchte ich so stehen lassen. Selbst wenn wir bei den Straßen im Mittelfeld sind, müssen wir etwas ändern. Landauf, landab sieht man, dass viele Staatsstraßen in einem schlechteren Zustand als die Kreisstraßen sind. Wenn man im Navi eine Kreisstraße angezeigt bekommt, dann denkt man sich: Okay, das geht gut. Fährt man plötzlich über eine holprige Straße und schaut auf das Navi, dann sieht man, dass es eine Staatsstraße ist. Die Staatsstraßen müssten im Gegensatz zu den Kreisstraßen in einem wesentlich besseren Zustand sein. Ich habe schon immer gesagt: Der Zustand einer Straße sagt viel über den inneren Zustand eines Landes aus. Als die Römer nicht mehr in der Lage waren, ihre Straßen ordentlich zu reparieren, hat das Römische Reich nicht mehr lange bestanden. Wir sollten hier gut hinschauen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

In der DDR war es übrigens genauso. Wir sollten hier genau hinsehen. Diese Probleme können mit einem vernünftigen Einsatz von Geldmitteln gelöst werden. Das ist der pragmatische Ansatz der FREIEN WÄHLER.

Zum Schluss sei noch etwas Visionäres zum Thema Wirtschaftspolitik gesagt. Wir sehen beim Tourismus durchaus noch Potenzial. Wir fordern also auch mehr Tourismusförderung. Sie haben vorhin die Sätze erwähnt, die viele Leute sagen, nämlich: Wo Sie sind, da wollen wir hin. Viele Leute wollen bei uns Urlaub machen. Diese sollen bei uns eine schöne Gastronomie, eine schöne Hotellerie und einen schönen Fremdenverkehr vorfinden. Wir müssen ein Stück weit konkurrenzfähig gegenüber Österreich und Tschechien werden. Vielleicht werden wir das nie ganz hinbekommen. Diesen Ländern ist es mit der Muttermilch eingeflößt, wie man Gäste begeistert. Das müssen wir vielleicht auf dem einen oder anderen Gebiet noch ein bisschen lernen. Bayern ist hier gut unterwegs. Bayern kann aber auch noch nachlegen.

Auch das Thema Energiepolitik will ich in meinen drei Minuten noch kurz streifen. Auch bei der Energiepolitik haben wir uns in den großen Themen verheddert. Das dominierende Thema der letzten Jahre waren die großen Stromtrassen. Keiner weiß, ob diese wirklich kommen und ob wir diese wirklich brauchen. Im Kleinen haben wir die erneuerbaren Energien abgewürgt. Wir haben vieles verhindert, was möglich wäre. Wir FREIE WÄHLER haben diverse Ansätze zum Haushaltsentwurf vorgeschlagen, zum Beispiel die Verbes

serung der energetischen Sanierung staatlicher Gebäude. Dafür ist zwar einiges unternommen worden, aber bei Weitem noch nicht genug. Das Motto lautet: Energie, die ich einspare, brauche ich nicht zu erzeugen. Wir haben immer noch Polizeiinspektionen, die den Charme der Nachkriegszeit versprühen. Wenn der Wind geht, muss eine Decke vors Fenster gehängt werden, damit die Kerzen nicht ausgehen. Wir müssen die energetische Sanierung ganz nach vorne setzen. Wir müssen auch bei den erneuerbaren Energien Perspektiven eröffnen. Ich nenne als Stichworte nur Kraft-Wärme-Kopplung und dergleichen mehr. Das alles sind pragmatische Ansätze, die wir Ihnen vorschlagen.

Bayern war einmal Vorreiter bei den erneuerbaren Energien. Über die 10-H-Regelung mag man trefflich streiten. Das Urteil ist jetzt gesprochen, und Sie, die Regierung, haben sich so positioniert. Ich halte es trotzdem für schade, dass sich nichts mehr bewegt. Noch mehr schade finde ich, dass wir für die Speichertechnologie zu wenig tun. In Riedl bei Passau wäre sogar die Gemeinde für ein Pumpspeicherkraftwerk. Vom Betreiber hören wir, er würde gerne investieren, aber er wisse nicht genau, ob es sich rentiert. Auch dafür, dass sinnvolle Maßnahmen realisiert werden können, müssen wir Lösungen finden. Wir dürfen nicht auf die große Stromtrasse hoffen, die zig Milliarden kostet, und den Strom von Temelin oder sonst woher holen, während wir die Möglichkeiten, die wir haben, nicht ausschöpfen. Setzen Sie sich im Rahmen Ihrer bundespolitischen Möglichkeiten dafür ein, dass auch solche Projekte für Bayern und für die Menschen, die in den erneuerbaren Energien eine Chance sehen, vorwärtskommen. Das wäre mein Wunsch.

Meine Damen und Herren, ich habe heute versucht, ein breites Themenfeld abzudecken. Wir sollten uns auf das Machbare konzentrieren, damit das schöne Bayern noch besser wird.

(Anhaltender Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Hartmann.

(Vom Redner nicht au- torisiert) Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Der ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann hat einmal gesagt: "Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte." Sie haben davon gesprochen, dass der Doppelhaushalt Ihr Kompass ist. Wenn man einen Kompass hat, sollte man aber auch wissen, was man verändern und was man bewahren möchte. Das haben Sie nicht gesagt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir GRÜNE haben dazu eine ganz klare Meinung: Die natürlichen Lebensgrundlagen und die Würde der Menschen stehen bei uns ganz oben auf der Liste. Sie stehen ganz oben bei den Errungenschaften, die wir bewahren, schützen und erhalten wollen. Für die gleichen Chancen und für eine bessere soziale Teilhabe müssen wir natürlich auch in Bayern einiges verändern. Sie, die CSU-Regierung, stehen für uns im wahrsten Sinne des Wortes auf der anderen Seite. Ihre Politik zerstört das, was wir bewahren möchten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn ein Land Steuereinnahmen in Rekordhöhe hat, dann hat es die Aufgabe, in den Bereichen, in denen wir dringend Erneuerungen brauchen, diese notwendigen Erneuerungen und Veränderungen voranzubringen. Genau dort blockieren Sie.

(Zuruf von der CSU: Wo zum Beispiel?)

Kein Problem, ich komme noch dazu. – Ein weiteres Thema sind unsere Kulturschönheiten, die gewachsene Kulturlandschaft. Sie braucht Schutz vor der Politik dieser CSU-Regierung. Diese Regierung ist wirklich im Begriff, das Land für den schnellen Euro zu verscherbeln.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, auf der anderen Seite fehlt das Tempo. Wir haben nichts gegen Tempo, wenn es um Veränderungen geht. Der politische Wille, die Zuversicht und der Mut, etwas anzupacken, fehlen. Herr Ministerpräsident, vor zwei Stunden haben Sie gesagt, wir müssen weiter anpacken. Wo ist denn das weitere Anpacken bei der Energiewende?

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Wir sind Spit- zenreiter!)

Sie sind Spitzenreiter? Leider ist gerade die zuständige Ministerin nicht da.

(Staatssekretär Franz Josef Pschierer: Aber der Staatssekretär ist da!)

Ich muss ganz ehrlich sagen, menschlich schätze ich Ihre zuständige Ministerin. Sie ist wirklich eine nette und sympathische Person. Ich spreche Sie, Herr Ministerpräsident, aber direkt an, weil Sie die Energiewende einmal zur Chefsache gemacht haben. Wo sind wir Spitzenreiter? – Sie haben gute Mitarbeiter. Die PR-Abteilung hat aber wirklich richtig Mist gebaut. Sie haben gesagt, Sie seien Spitzenreiter, aber nur 40 % der Bruttostromerzeugung in Bayern stammen aus erneuerbaren Energien. Das soll ein Spitzenplatz

sein? – Dumm ist nur, dass bereits im Jahr 2014 Hessen 41 % hatte. Bayern liegt auf Platz 7. Wir sind nicht auf Platz 1. Wir waren im Jahr 2001 auf Platz 1. Seitdem sind wir zurückgefallen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der Energiewende befinden wir uns im wahrsten Sinne des Wortes seit drei Jahren in einer SeehoferFlaute und hängen dort fest.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht weiter: Beim Ausbau des schnellen Internets geht nichts voran. Minister Markus Söder verbrennt viel Geld für veraltete Technologien. Die anderen Länder surfen uns davon.

Schauen wir auf die Bildungspolitik. Bildungschancen hängen in Bayern wie in keinem anderen Land vom Wohnort und vom Geldbeutel der Eltern ab. Das muss sich ändern.

(Beifall bei den GRÜNEN – Peter Winter (CSU): Mottenkiste!)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen!

Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist … der besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen Gemeinschaft anvertraut. … Es gehört auch zu den vorrangigen Aufgaben von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen, … die heimischen Tier- und Pflanzenarten und ihre notwendigen Lebensräume sowie kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder … zu erhalten.

Das klingt doch fast wie aus dem Wahlprogramm der GRÜNEN, ist es aber nicht. Es ist Artikel 141 der Verfassung. Der gehört auch dazu. Ich gehöre seit 2008 dem Bayerischen Landtag an. Ich habe einige Kollegen, die deutlich länger dabei sind. Wenn ich über 20 Jahre darauf zurückblicke, was Sie für den Naturschutz getan haben, und wenn ich sehe, was Sie vorhaben, dann komme ich zu dem Ergebnis: Sie betreiben fortgesetzten Verfassungsbruch und nichts anderes.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schauen wir als konkretes Beispiel das Riedberger Horn an. Sie wollen eine Skilifttrasse durch ein Schutzgebiet der Alpenschutzzone C legen. Das ist ein ganz klarer Fall von Umweltvandalismus, den Sie dort betreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Oder schauen wir weiter. Das Anbindegebot – der zuständige Minister ist gerade leider nicht anwesend – war eigentlich das einzige Instrument, mit dem dem Flächenfraß irgendwie Einhalt geboten werden konnte. Sie und ganz vorne an der Spitze Ihr Heimatzerstörungsminister Markus Söder möchten das abschaffen.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Sie reden jetzt aber nicht von den Kälbern?)

Die Landesplanung ist eine wirklich entscheidende Aufgabe, die der Staat ernst nehmen sollte. Deswegen heißt sie auch Landesplanung. Bei der Landesplanung stellen Sie einen Freibrief fürs Betonieren und Plattmachen unserer bayerischen Heimat aus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich es deutlich in Erinnerung rufen. Erinnern Sie sich einfach einmal an Ihre Kindheit zurück. Blättern Sie im Fotoalbum einmal durch, wo Sie aufgewachsen sind, wo Sie in die Schule gegangen sind, wo Sie Ihre Jugend verbracht haben. Sie werden ganz schnell feststellen, dass da, wo sich früher ein Bach durch eine Wiese schlängelte, heute ein Baumarkt steht. Wo Sie früher mit Ihren Kumpels auf dem Rasen gekickt haben, steht heute der Textildiscounter KiK. Wo sie früher den Sonntagsspaziergang gemacht haben, befindet sich heute wahrscheinlich eine Umgehungsstraße. Das ist die Wahrheit. Wenn man sich hinstellt und immer so tut, als würde man die Naturschönheiten Bayerns bewahren wollen, dann tut es verdammt weh, wenn die Realität eine ganz andere ist, und zwar durch Ihre Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN – Unruhe bei der CSU)

Sie sind im Begriff, unser Land in ein Gewerbegebiet mit Autobahnanschluss zu verwandeln.

(Beifall bei den GRÜNEN – Lachen bei der CSU)

Wir GRÜNE sagen ganz deutlich: Wir brauchen eine Änderung in der Landesplanung. Zuerst aber brauchen wir endlich eine Politik, die denkt, bevor der Bagger kommt. Außerdem brauchen wir eine Obergrenze, eine Obrgrenze für den Flächenfraß in Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Staatsse- kretärs Franz Josef Pschierer)

Herr Ministerpräsident, wenn Sie einmal kurz zuhören würden, ich glaube, das wäre der Würde des Hauses angemessen. Sie reden oft von Obergrenzen. Bei einer Obergrenze für den Flächenfraß haben Sie auch die Bundesregierung auf Ihrer Seite. Eigentlich gehö

ren Sie doch auch der Bundesregierung an. Die Bundesregierung hat im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen, zulässig sind deutschlandweit 30 Hektar pro Tag. Das heißt für Bayern 5 Hektar am Tag. Das ist die Obergrenze des Flächenfraßes, die wir uns vorstellen. Ich verspreche Ihnen, das werden wir eines Tages einführen, mit Ihnen oder gegen Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN – Lachen bei der CSU)

Leider ist der zuständige Minister Markus Söder noch immer nicht im Haus. In den letzten Wochen und Monaten haben viele die Berichte gelesen, in denen es immer wieder hieß, Markus Söder nimmt am liebsten Fototermine wahr. Wahrscheinlich ist er gerade bei einem. Das hat man beim Thema "Vermessung der Mittelpunkte in Bayern" gemerkt.