Herr Kollege Roos, ich habe Ihnen sorgfältig zugehört. Haben die SPD-Vertreter des Bundeskabinetts wie Herr Gabriel und Herr Maas alle Kritikpunkte übersehen, die Sie geäußert haben? Sind das alle Idioten? Wissen Sie es besser?
schöne kurze Frage. Wir haben das definitiv nicht übersehen. Sie wissen genau, dass wir das als Bestandteil des Koalitionsvertrags haben schlucken müssen. Wir haben vom ersten Tag an unsere Bedenken geäußert, egal ob es sich um einen Bundespolitiker wie Sören Bartol oder den verkehrspolitischen Sprecher der SPD im Bayerischen Landtag wie mich handelt. Man hält sich ein wenig zurück. Das ist ganz klar. Man ist Großkoalitionär. Die Sinnhaftigkeit der Maut wird endgültig zur Perversion, wenn wir für deren Einführung auch noch zahlen müssen. Damit haben wir weniger Mittel für den Straßenbau zur Verfügung. Derzeit sieht es danach aus. Deshalb habe ich von Zielorientiertheit in der Politik gesprochen. Wenn etwas rüberkommt, trage ich gerne vieles mit. Wenn es sich jedoch um ein Verlustgeschäft handelt, ist das die Perversion schlechter Politik. Das bestätigt, dass Ihr Herr Dobrindt der Minusmann hoch drei ist.
Frau Präsidentin, verehrtes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz zur Pkw-Maut sollte eigentlich morgen, am Unsinnigen Donnerstag, behandelt werden. Am Unsinnigen Donnerstag sollte dieser Gesetzesinitiative die Krawatte abgeschnitten werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, mit ihrem Verkehrsminister liefern Sie eine Polit-Posse ab. Sie müssen sich jetzt gefallen lassen, dass ich skizziere, was Sie seit dem Jahr 2013 zu dieser PkwMaut abgeliefert haben. Im Juni 2013 haben Sie die Pkw-Maut in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Im September 2013 sagt die Kanzlerin in öffentlichen Veranstaltungen: Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben.
Am 27. November 2013 haben Sie die Wahl gewonnen. Sie verkünden jubelnd mit Ihrem Koalitionsvertag, dass die Einführung der Maut das wichtigste Ziel Ihrer Regierungszeit in Berlin sei.
Wenn Ihr Hauptziel lediglich die Einführung der Maut ist, haben Sie sehr viel in den Koalitionsvertrag geschrieben. Im April 2014 verkündet ihr Verkehrsminis
ter: Am 1. Januar 2016 gibt es eine Maut. Im Dezember 2014 stimmt das Bundeskabinett zu. Im März 2015 stimmt der Bundestag mit Stimmen der SPD zu. Im Juni 2015 wird ein Verfahren der EU angekündigt. Im September 2016 wird Deutschland aufgrund der Einführung der Maut von der Europäischen Union verklagt. Dann erzielt der Verkehrsminister in Brüssel eine schnelle Einigung am Runden Tisch, die von ihrer Idee einer Ausländermaut nichts mehr übrig lässt. Im Januar 2017 – hierzu gab es auch einen Bundestagsbeschluss – wurde angekündigt, dass die Euro-6-Norm ein entscheidender Bestandteil der Umsetzung der Maut sei. Damit beginnt das Fiasko der Finanzierung Ihrer Maut.
Im Februar 2017 sind die Gutachten vorgelegt worden. Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie die unterschiedlichen Gutachten lesen, stellen Sie fest: Durch die Verrechnung der Schadstoffklassen gelingt es nicht mehr, überhaupt noch Einnahmen, egal welcher Art, zu generieren. Als CSU, die sich mit ihrer Wirtschaftspolitik rühmt, lobe ich Sie für dieses Minus-Geschäft. Das ist ein jährlicher Verlust in Höhe von 123 Millionen Euro für die deutschen und für die bayerischen Steuerzahler. Ich freue mich auf die Begründung in der nachfolgenden Rede der CSU.
Die Ausländermaut haben Sie an den Stammtischen wohlfeil verkündet. Der Ministerpräsident hat kein Bierzelt ausgelassen, um Ressentiments zu schüren. Wissen Sie, wer die Maut finanziert? – Nach Einschätzung des ADAC zahlen 90 % der Maut bayerische und deutsche Bürger, 10 % ausländische Bürger. Nach Einschätzung des Verkehrsministers Dobrindt werden 20 % der Kosten von ausländischen Bürgerinnen und Bürgern und 80 % der Kosten von inländischen Bürgerinnen und Bürgern getragen. Das ist von Ihrer Ausländermaut übrig geblieben. Ich wiederhole noch einmal die Zahl: Das ist ein Minusgeschäft von jährlich 123 Millionen Euro. Die Kosten für die Einführung der Maut in Höhe von 400 Millionen Euro habe ich noch nicht einmal gegengerechnet.
Hören Sie jetzt zu. Das können Sie auf Bundesebene und den Bürgerinnen und Bürgern im Wahlkampf erklären: Sie kehren die Steuerfinanzierung in eine Nutzerfinanzierung um. Wenn Sie inländische Autofahrerinnen und Autofahrer nicht belasten wollen, ist das krachend gescheitert. Das Projekt ist sozial ungerecht. Bürgerinnen und Bürger mit älteren Fahrzeugen werden stärker zur Kasse gebeten. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat bestätigt, dass entweder die Infrastrukturabgabe oder die steuerrechtliche Abgaseinstufung gekippt wird. Am Ende steht eine reine Nutzerfinanzierung. Einerseits wollen Sie in Zukunft eine Nutzerfinanzierung. Andererseits wollen Sie die Fernstraßen privatisieren. Vielleicht freut sich
der Bundesfinanzminister darüber. Von Ihrem Wahlkampfschlager der Ausländermaut ist jedoch nichts geblieben. Sie belasten deutsche und bayerische Bürgerinnen und Bürger. Das ist ein Minus-Geschäft in Höhe von 123 Millionen Euro für den Steuerzahler. Das ist Ihr Erfolg. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Jetzt hat für die CSU-Fraktion Herr Kollege Rotter das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute sprechen wir zum x-ten Mal von der Pkw-Maut. Sie ist einer der wenigen Dauerbrenner bei uns im Plenum. Der andere Dauerbrenner ist das Riedberger Horn. Heute machen wir wieder Pkw-Maut. Herr Glauber, schade, dass die Plenarsitzung nicht morgen ist. Was Sie geboten haben, war wahrlich eine Büttenrede, die zum Gumpigen Donnerstag gepasst hätte.
Wenn Sie die Kanzlerin zitieren, dann bitte richtig. Sie hat gesagt: Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben, die die Bürger zusätzlich belastet. Den Relativsatz haben Sie weggelassen.
Genau darum geht es. Das wird auch umgesetzt werden. – Die SPD ist in die Begründung ihres Dringlichkeitsantrags mit den Worten eingestiegen, dass Dobrindt dreimal die Latte gerissen habe. Neudeutsch könnte man von Fake News sprechen, die Sie verbreitet haben. Interessant ist Ihre Doppelstrategie. Im Bundeskabinett stimmen die Minister der SPD zu. Sie sagen jedoch: Wir im Landtag sind ganz anders. Uns ist wurscht, was die irgendwann einmal im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Das interessiert uns nicht. – Ich habe meine großen Zweifel, ob das auch nur eine halbwegs seriöse Politik ist. Herr Kollege Roos, das bin ich von Ihnen eigentlich nicht gewohnt.
Von Anfang an sind wiederholt Anträge gestellt worden, um die Pkw-Maut zu torpedieren. Im Koalitionsvertrag ist jedoch Folgendes genau festgelegt: "Zur zusätzlichen Finanzierung des Erhalts und des Ausbaus unseres Autobahnnetzes werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkw erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland
stärker belastet wird als heute." Das haben Sie in Ihrer Begründung noch einmal aufgeführt. Ich habe aus dem Koalitionsvertrag zitiert. Wir sind vertragstreu. Schon aus diesem Grund werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Der Bayerische Landtag hat die Pkw-Maut wiederholt ausdrücklich befürwortet, unter anderem im Beschluss vom 04.12.2013. In ihm ist ausgeführt:
Der Landtag begrüßt die Vereinbarungen zur Maut im Koalitionsvertrag auf Bundesebene. Mit einer europarechtskonformen PKW-Maut sollen Halter von nicht in Deutschland zugelassenen PKW an der Finanzierung von Erhaltung und Ausbau des Autobahnnetzes beteiligt werden. Dabei sollen Halter von im Inland zugelassenen Fahrzeugen nicht höher als heute belastet werden.
Es soll nun sorgfältig … ein Mautkonzept entwickelt werden, das auch den Vorgaben der EU in diesem Bereich entspricht, auf der Basis des … ausgehandelten Koalitionsvertrags.
Der Bundesverkehrsminister und die EU-Kommission haben immer wieder über die EU-rechtskonforme Ausgestaltung – das war vom Rechtlichen her sicher nicht ganz einfach – der Infrastrukturabgabe verhandelt und sich im Herbst 2016 geeinigt. "Die Maut kommt, sie ist gerecht und europarechtskonform. Das hat auch die EU-Kommission bestätigt", so Alexander Dobrindt in seiner Pressemitteilung vom 01.12.2016. Das hat Ihnen nicht gepasst, das ist mir klar. Darauf kommt es aber, Gott sei Dank, nicht an. Die EU-Kommission hat in derselben Pressemitteilung erklärt: "Die vereinbarte Lösung wahrt das Recht der EU-Bürger auf Gleichbehandlung ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft, sorgt für eine gerechte Infrastrukturfinanzierung und erleichtert den Übergang zu einer emissionsarmen Mobilität". Da wundere ich mich schon. Hier werden von der Opposition pausenlos Anträge gestellt, wie man bei der Mobilität eine CO2-Reduzierung fördern soll. Der Staatsregierung wird ständig vorgeworfen, dass sie zu wenig tut. Jetzt aber kritisieren Sie auf einmal, dass eine emissionsarme Mobilität ein wichtiger Gesichtspunkt ist. Diese Doppelzüngigkeit prangere ich hier an, ich verurteile sie.
Die EU führt weiter aus: "Die beiden Gesetze werden mit den angekündigten Änderungen gewährleisten, dass das deutsche Mautsystem mit dem EU-Recht in Einklang steht." – Dass also das deutsche Mautsystem mit dem EU-Recht in Einklang steht. "Die Kommission legt das Vertragsverletzungsverfahren bis auf weiteres ‚auf Eis‘. Sobald die geänderten deutschen Rechtsvorschriften verabschiedet und veröffentlicht sind" – das ist durch den einstimmigen Beschluss des Bundeskabinetts, also mit Zustimmung sämtlicher SPD-Minister, auf den Weg gebracht. Nachdem diese "Rechtsvorschriften verabschiedet und veröffentlicht sind, kann der Fall offiziell abgeschlossen und das Verfahren wegen der Berücksichtigung der Rechtsbedenken der Kommission eingestellt werden." Die Kommission hat also keine rechtlichen Bedenken mehr gegen die Pkw-Maut. Wir waren immer überzeugt davon, dass sich die Pkw-Maut EU-rechtskonform gestalten lässt. Nun ist das ganz offiziell bestätigt. Da werden Sie doch nicht ernstlich erwarten, dass wir auf der Zielgeraden eine Rolle rückwärts machen. Wir werden uns natürlich vertragskonform verhalten.
Nun könnte ich lang und breit Ausführungen zu den Einnahmen machen. Das wird Sie aber nicht interessieren.
Jährlich sind Gesamteinnahmen von brutto 3,9 Milliarden Euro prognostiziert, wobei rund 3,1 Milliarden Euro auf in Deutschland zugelassene Fahrzeuge und rund 830 Millionen Euro pro Jahr auf nicht in Deutschland zugelassene Fahrzeuge entfallen. Wenn die Systemkosten mit rund 210 Millionen Euro pro Jahr für laufende Betriebs- und Personalkosten abgezogen werden, dann verbleiben immer noch gut 2 Milliarden Euro netto Mehreinnahmen in dieser Infrastrukturabgabe von nicht in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen in einer vierjährigen Wahlperiode.
Das erwarten wir alle, weil es zum Unterhalt und zum Ausbau unseres Fernstraßennetzes einen wesentlichen Beitrag leisten wird. Bundesminister Dobrindt hat geliefert. Das begrüßt die CSU-Landtagsfraktion ausdrücklich. Sie erwartet die zügige Umsetzung im parlamentarischen Verfahren auf Bundesebene. Ihren Antrag werden wir ablehnen.
men. Wir sind für die Nutzerfinanzierung und haben das so auch in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben. Wie heißt es so schön in der Überschrift des Antrages? – "Kein Einstieg in die Nutzerfinanzierung von Straßen". Ihnen scheint entgangen zu sein, dass wir schon mitten in der Nutzerfinanzierung von Straßen sind. Gott sei Dank kommt dadurch Jahr für Jahr gehörig Geld herein. Seit mehr als zehn Jahren, seit der Einführung der Lkw-Maut auf Autobahnen für Fahrzeuge über zwölf Tonnen im Jahr 2005 und durch die Erweiterung auf vierstreifige Bundesstraßen und auf Lkws mit einem Gesamtgewicht über 7,5 Tonnen fließt eine gehörige zusätzliche Einnahme aus dieser Nutzerfinanzierung in den Staatshaushalt und damit in den Verkehrshaushalt zum Erhalt und zum Ausbau des Straßennetzes. Mit den bereits vorhandenen Einnahmen aus dieser Lkw-Maut und den zusätzlichen Einnahmen aus der geplanten Erweiterung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen gelingt der Umstieg von der Haushalts- auf die angestrebte Nutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen. Damit wird die Unabhängigkeit vom steuerfinanzierten Verkehrsetat des Bundes erreicht und die notwendige Planungssicherheit für die Durchführung dringend erforderlicher Baumaßnahmen geschaffen. Daran sollten wir doch eigentlich alle Interesse haben. Deshalb lehnen wir auch den Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER ab.
Herr Kollege, bleiben Sie bitte am Redepult. Danke schön. Wir haben eine Zwischenbemerkung. – Nein, es geht der Reihe nach. Herr Kollege Roos war früher dran, bitte schön, Herr Kollege.
(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin, man hätte auch "Ladies first" sagen können, aber es geht ja der Reihe nach.
Werter Herr Kollege Rotter, lieber Eberhard, du kennst sicher das ADAC-Gutachten von Herrn Rattenbauer. Herr Dobrindt hat seinen Gutachter; er heißt Herr Schulz, und der Name bürgt eigentlich für Qualität.
Er hat ein Gutachten nachgeschoben, dessen Zahlen aber überhaupt nicht überzeugend sind. Nun zum ersten meine Frage: Kannst du das interpretieren? Zum zweiten: Ist das Gesamtprojekt Pkw-Infrastrukturabgabe aus deiner Sicht ein parteipolitisches Instrument oder ein vernünftiges Instrument unter der Prämisse, möglichst viele Mittel für die Infrastruktur zu bekommen?