Aber er wird es hören. Ich sage: Herr Ministerpräsident Seehofer, entlassen Sie diesen Minister Spaenle. Sie brauchen keinen Minister, der Probleme wegredet, der die Verkörperung des Durchwurstelns ist und der mit diesem großen Haus überfordert ist, sondern wir brauchen jetzt eine Politik, die Defizite erkennt und benennt, die Vorschläge macht für eine neue Politik und für ein neues G 9 und die Klarheit an die Stelle von Wurstigkeit setzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird auf das hinauslaufen, was wir GRÜNE erarbeitet haben, nämlich auf ein neunjähriges Gymnasium, das inhaltlich überarbeitet wird, mehr Zeit für Vertiefen, Nachdenken und Reflexion zur Verfügung stellt, auch berufliche Orientierung bietet – Persönlichkeitsbildung, politische Bildung – und das die Möglichkeit des Abiturs nach acht Jahren vornehmlich durch Überspringen der 11. Klasse anbieten wird. Das wird herauskommen. Da bin ich sicher. Es gilt, dieses Gymnasium zu entwickeln, und zwar nicht in Gummi im Kämmerlein des Ministeriums und auch nicht in den Hinterzimmern der CSU-Fraktion, sondern im Dialog mit den Expertinnen und Experten. Diese sitzen in den Schulen und beim ISB, aber nicht unbedingt in der CSUFraktion.
Für diese Gespräche ist eine klare Zielformulierung erforderlich. Diese muss lauten: G 9 neu. – Herr Seehofer hat gesagt, wir müssen jetzt zügig entscheiden; wir sind in einer entscheidenden Phase in der Bildungspolitik; hier muss Klarheit geschaffen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können das nicht
mehr wabern lassen. -Das hat der Herr Ministerpräsident am 25.02. gesagt. Jetzt haben wir den 09.03. Jetzt will der AK der CSU mit der Arbeit anfangen, das heißt, es wabert und wabert und wabert weiter, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Vielen Dank. – Ich gebe noch bekannt, dass auch die SPD-Fraktion für ihren Dringlichkeitsantrag namentliche Abstimmung beantragt hat. – Jetzt hat für die FREIEN WÄHLER Herr Prof. Dr. Piazolo das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder, der schon mal unterrichtet hat, ob Schüler oder Studierende, kennt das Phänomen, das ich gleich schildern werde, das sogenannte AUS. Eine Aufgabe wird unterschätzt, man trödelt vor sich hin und übersieht offene Fragen. Dann gerät man ins Trudeln, die Hektik beginnt, der Stress kommt. Man wirkt überfordert, man ist überfordert. Dann möchte man eine Frist verlängern. Das kennt man von den Hochschulen, das kennt man von den Schulen. Das ist das sogenannte Aufgaben-Unterschätzungs-Syndrom – AUS. Andere nennen es auch Fähigkeitsüberschätzungsvirus.
Ich rede über Schüler und Studierende. Da ist das auch normal. Da lässt man es auch durchgehen. Da bereitet man diese auf die Lebenswirklichkeit vor. Aber einem langgedienten Politiker darf das nicht passieren. Ich nenne das Beispiel Horst Seehofer. Wenn dieser plötzlich dem Fähigkeitsüberschätzungsvirus unterliegt oder vor dem AUS steht, vor dem Aufgaben-Unterschätzungs-Syndrom, dann ist das nicht mehr lustig, sondern dann ist das ein Fehler. Dann lautet die Diagnose genauso wie bei der G 8/G 9-Debatte: Aufgabe unterschätzt, vor sich hintrödeln, offene Aufgaben und Fragen übersehen, ins Trudeln geraten, in Hektik kommen. Stress baut sich auf, man ist überfordert. Dann wird die Frist verlängert.
Dieser Horst Seehofer, der heute nicht da ist, ist kein Ersttäter, meine sehr verehrten Damen und Herren. Genau das Gleiche ist bei der dritten Startbahn passiert, bei der Maut, bei der Energiewende und bei sei
ner eigenen politischen Zukunft. Das ist ein Mann, der nicht einmal weiß, ob er im Herbst noch einmal antritt. Das weiß er alles nicht.
Er steht hier wirklich vor dem AUS, vor dem Aufgaben-Unterschätzungs-Syndrom, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich sage es ganz deutlich: Dieser Ministerpräsident und seine Mannschaft hier sind nur noch bedingt regierungsfähig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das sind Aufgaben, die gelöst werden müssen, und zwar jetzt. Seit Monaten und seit Jahren schieben Sie diese Aufgaben vor sich her. Sie entscheiden nicht. Ich sage Ihnen deutlich, was in der G-9-Debatte zu tun ist. Herr Minister Spaenle, zum Ersten müssen Sie Ihre Ressortzuständigkeit wahrnehmen.
Gemäß den vom Ministerpräsidenten bestimmten Richtlinien der Politik führt jeder Staatsminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung gegenüber dem Landtag.
Sehr geehrter Herr Minister, sie sind nicht der Sidekick des Ministerpräsidenten. Sie sind ein Minister, der diese Dinge selber vorantreiben und entscheiden kann und sie dann im Landtag zu verantworten hat. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie das auch bei dieser Entscheidung zum G 9 und G 8 tun, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es ist nun Zeit, und zwar ist die Zeit überreif, die Grundsatzentscheidung zu treffen, wieder eine neun
jährige Gymnasialzeit in Bayern möglich zu machen. Ich erwarte mir von Ihnen, dass Sie sich hier hinstellen – Sie haben auch heute die Möglichkeit, das zu tun – und deutlich sagen: Ich stehe hier und will nicht anders; ich persönlich will das G 9; ich weiß, was ich beim neunjährigen Gymnasium will. – Viele andere in diesem Land wissen, was sie wollen. Nur von Ihnen und der CSU wissen wir immer noch nicht, was Sie wollen.
Deshalb kann die Aussage nur heißen: neunjähriges Gymnasium jetzt. Stellen Sie sich hin und sagen Sie das.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich lese, dass Sie bis Ostern warten. Jetzt verschieben Sie es auf Ostern. Liebe Kollegen von der CSU, warten Sie auf ein Ostererweckungserlebnis? – Es wird nicht kommen. Wenn Sie – und das befürchte ich – wirklich warten wollen, bis der Geist in Sie fährt, dann wird es Pfingsten.
Auch da bin ich mir nicht sicher, ob das dann wirklich klappt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Aussage muss also lauten: neunjähriges Gymnasium jetzt. Die offenen Fragen, die zu klären sind, lesen wir Ihnen jede Woche vor. Wir besprechen sie immer wieder im entsprechenden Arbeitskreis. Sie sind ganz klar. Ich habe sie letzte Woche hier dargelegt, und ich will sie auch gar nicht mehr aufzählen.
Die Fraktion hat jetzt angeblich – so steht es in der Zeitung – dem Minister einen Brief mit zehn oder zwölf offenen Fragen geschrieben. Da fragt man sich: Redet ihr nicht mehr miteinander?
Wenn ihr wollt, gehen wir nachher zusammen in die Cafeteria, dann können wir die zehn, zwölf Fragen miteinander besprechen, und den Minister nehmen wir mit.
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von der CSU: Das ist richtig peinlich! – Zuruf des Ab- geordneten Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU))
Nein, Herr Waschler, die Zeit für "Helau" ist vorbei. Die Faschingszeit ist vorbei. Es ist bitterer Ernst an den Gymnasien. Ein "Helau" von Ihrer Seite ist da nicht mehr angebracht, sondern es sind Entscheidungen angebracht.
Dann – es wurde gerade schon erwähnt –: Lösen Sie sich aus der Gymnasialfixierung, denken Sie nicht immer nur an das Gymnasium. Sie sind inzwischen in einen "Gymnasial-CSU-Kokon" eingesponnen. Da sitzt die Raupe und kann nicht heraus. Es gibt aber noch andere Schularten. Vergessen Sie bitte nicht den Lehrermangel an den Mittelschulen und an den Grundschulen. Die Mobile Reserve muss erhöht werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Schulleitungen werden mit den Problemen alleingelassen, und die Personalplanung ist ungenügend.
Insgesamt geht es darum – ich sage das sehr deutlich –, nun etwas für die Schüler zu tun. Ich bin gestern wieder einmal vor 8.00 Uhr mit dem Fahrrad hierher gefahren, da kommt man an lauter Schülern vorbei, Grundschülern mit Ranzen. Dann überlegt man sich: Was wird mit diesen Schülern passieren? Haben sie die Chance auf ein neunjähriges Gymnasium?
Seit unserem Volksbegehren sind vier Jahre vergangen; das ist eine halbe Gymnasialgeneration. Hätten Sie damals für das neunjährige Gymnasium entschieden, hätten bereits insgesamt 170.000 Schüler ein neunjähriges Gymnasium haben können. Das sind über 300.000 Eltern und 600.000 Großeltern. Insgesamt sind das eine Million Menschen, und ich sage Ihnen: Diese eine Million Menschen wird Sie nächstes Mal nicht wählen. Dafür werden wir sorgen, daran werden wir sie erinnern, das kann ich Ihnen jetzt schon sagen.
G 9 jetzt mit der Alternative eines achtjährigen Gymnasiums – das ist das, was es jetzt braucht! Das sollten Sie entscheiden, und zwar möglichst schnell!
Jetzt darf ich das Wort dem Herrn Kollegen Lederer für die CSU-Fraktion erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.