Protokoll der Sitzung vom 09.03.2017

(Beifall bei der CSU)

Sie arbeiten sich aber immer an den gleichen Punkten ab. Letztlich wird der Gesetzentwurf, der von Ihnen kommen wird, nicht sehr viel anders sein als die Gesetzentwürfe der GRÜNEN und der SPD. Im Schulgesetz steht nämlich zum Gymnasium nur der einfache Satz: Das Gymnasium umfasst die Klassen 5 bis 12. Nach unserem Gesetzentwurf – ich gehe davon aus, auch nach Ihrem Gesetzentwurf – wird dieser Satz künftig lauten: Das Gymnasium umfasst die Klassen 5 bis 13.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dem Gesetz wird nur der äußere Rahmen des Gebäudes "Gymnasium" definiert. Sie waren selbst Bürgermeister und haben sicherlich auch Häuser geplant. Irgendwann muss die Entscheidung getroffen werden, wie viele Kubikmeter ein Raum umfassen soll, wie hoch und wie breit er werden soll. Wenn diese Planung steht, wird die Inneneinrichtung danach ausgerichtet.

Uns geht es um die Entscheidung, ob das Gymnasium acht oder neun Jahre umfassen soll und wie es dann mit der Schulentwicklung weitergeht. Wie stellen wir die Lehrpläne auf? Welche Signale senden wir an die Kommunen, acht oder neun Jahre? Um diese Entscheidungen geht es jetzt. Mich würde interessieren, welche Einschätzung Sie zu diesem Thema haben. Herr Kollege Tomaschko hat bereits gesagt, er sei für neun Jahre. Der Kultusminister hat erklärt, seine Haltung seien neun Jahre. Von Herrn Kollegen Waschler werden wir nichts hören.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Von Herrn Dr. Waschler werden Sie nie etwas hören!)

Mich würde interessieren, ob Sie für das G 8, das G 9, für das G 9 mit Überholspur oder für das G 8 mit Bremsspur sind. Irgendeine Aussage von Ihnen in dieser Richtung würden wir sehr gerne hören.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Herr Kollege Gehring, ich greife zunächst einmal Ihr Bild vom Hausbau auf. Sie sagen, erst wenn die Kubatur eines Hauses festgelegt worden ist, kann der Innenarchitekt beauftragt werden. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Bürgermeister sage ich Ihnen: Sie brauchen zunächst einmal ein Raumkonzept, bevor sie die Außenmaße eines Hauses festlegen können.

(Beifall bei der CSU)

Welche Räume werden benötigt? Wie viele Räume werden benötigt? Wie müssen die Räume zueinander liegen? Welche Beziehungen zwischen den Räumen sind nötig? Erst nach dieser Planung können die Außenmaße festgelegt werden.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Habt ihr in den letzten fünf Jahren nichts gemacht?)

Herr Kollege Gehring, leider reicht meine Zeit nicht aus, um Ihnen meine Ideen auszuführen. Ich biete Ihnen aber an, dass wir uns heute nach dem Plenum zusammensetzen und über das Thema G 8/G 9 reden. Bei dieser Gelegenheit können Sie mir erklären, wie Sie gleichzeitig in der 5. und in der 8. Klasse das neunjährige Gymnasium einführen wollen. Ich erkläre Ihnen dann, welche Vorzüge das jetzige G 8 hat und welche Vorgaben ein G 9 erfüllen muss, um tatsächlich eine Weiterentwicklung des bestehenden Gymnasiums zu sein.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Lederer, verbleiben Sie bitte am Mikrofon. Herr Kollege Prof. Dr. Piazolo hat sich noch zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.

Lieber Herr Kollege Lederer, wir haben schon häufig über dieses Thema geredet. Der Minister war zu diesem Thema dankenswerterweise im Ausschuss und hat uns dort den vorgesehenen Fahrplan klar geschildert. Er hat gesagt, es gebe einen Dialogprozess. Das hat er auch gegenüber der Presse gesagt. Er hat außerdem gesagt, dass es eine Leitentscheidung geben werde, die um den Jahreswechsel herum fallen werde. Danach würden die Detailfragen geklärt. Das sagte der Minister im Ausschuss.

Dann haben wir den Ministerpräsidenten gehört. Er hat zwar dieses Thema nicht an sich gezogen, aber er hat gesagt, er werde mit den Verbänden reden, und dann werde entschieden. Das sollte in der letzten Woche geschehen. Das ist aber nicht passiert. Das bedeutet, weder der Zeitplan des Ministers noch der des Ministerpräsidenten wurde eingehalten.

Wir sind jetzt hier im Hohen Haus, wo wir transparent sprechen können. Deshalb würde ich gerne vom Minister wissen, was passiert ist und warum die Zeitpläne, die ein Dreivierteljahr den Kollegen, den Medien, den Schülern, den Lehrern und den Eltern vorgehalten wurden, nicht eingehalten wurden. Hier muss es noch gravierende und wichtige offene Fragen geben. Diese Fragen wüsste ich gerne. Vielleicht können wir dann diese Fragen im Zusammenwirken zeitnah klären.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Bitte, Herr Kollege.

Herr Kollege Prof. Dr. Piazolo, Sie haben völlig recht mit der Aussage, dass der Zeitplan ursprünglich etwas anders ausgesehen hat, so ähnlich, wie Sie es beschrieben haben. Ich darf Ihnen aber auch sagen, dass zum Beispiel die Position der Landeselternvereinigung bis zum Dezember letzten Jahres noch nicht eindeutig feststand. Das wissen Sie auch.

So gibt es noch andere Details, die besprochen werden müssen. Diese werden nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Aber es gab eben auch noch das ein oder andere Thema zum Durchleuchten. Erst wurde die Diskussion mit den Verbänden geführt. Jetzt muss man diese Inhalte zusammenführen, und dann wird eine Entscheidung getroffen. Seien Sie versichert, dass wir die Einschreibungen für das Gymna

sium im Mai auch im Blick haben. Natürlich möchten wir auch eine möglichst zeitnahe Entscheidung, damit die Eltern eine gewisse Sicherheit haben. Aber es gilt der Grundsatz: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat jetzt der Staatsminister Dr. Spaenle um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Der einsame Minister!)

– Ich weiß Sie ja bei mir. – Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die Weiterentwicklung des bayerischen Gymnasiums ist ein ganz wesentlicher Teil der langfristigen Strategie der bayerischen Bildungspolitik. Die langfristige Strategie der bayerischen Bildungspolitik ist eindrucksvoll in der IQB-Studie des vergangenen Herbstes bestätigt worden. Hierin werden die Stabilität der Rahmenbedingungen und insbesondere das differenzierte Schulwesen als wesentliche Gründe für die sehr guten Bildungschancen der jungen Menschen in Bayern angeführt.

(Beifall bei der CSU)

Das differenzierte Schulwesen ist das tragende Grundelement der bayerischen Bildungspolitik seit 1946. Wir haben die wesentlichen Elemente des differenzierten Bildungswesens, nämlich die allgemeinbildenden und weiterführenden Schularten und auch die Grundschulen, auf der Höhe der Zeit und den Herausforderungen angemessen weiterentwickelt.

Im Jahre 2000 war der erste große Schritt die Ausweitung der Realschule vom vierstufigen zum sechsstufigen Modell. Dies folgte dem Grundprinzip der bayerischen Bildungspolitik, wonach eine weiterführende allgemeinbildende Schulart Alleinstellungsmerkmale aufweisen muss, über die keine andere Schulart in dieser Form verfügt. Das sind die Grundphilosophie und der innerste Kern der Berechtigung des differenzierten Schulwesens. Wir wollen passgenaue schulische Angebote für die unverwechselbaren Persönlichkeiten, die uns für ihre Ausbildung, Bildung und Erziehung anvertraut sind.

Der zweite Schritt war, die Hauptschule nicht abzuwickeln, sondern zur bayerischen Mittelschule weiterzuentwickeln. Diesen Schritt hat Bayern im Gegensatz zu allen anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland gewagt. Das Alleinstellungsmerkmal der Mittelschulen ist die vertiefte Berufsorientierung, das Klassenlehrerprinzip und die große Nähe zu den Bür

gerinnen und Bürgern. Diese weiterführende Schule verfügt über knapp 1.000 Standorte im größten Flächenstaat der Republik. Das ist umgesetzte Bildungsgerechtigkeit.

Das bayerische Gymnasium ist jetzt reif dafür, fortentwickelt zu werden. Der Kollege Lederer hat genau die Grundüberlegung einer durchkomponierten Strategie zur Weiterentwicklung des bayerischen Gymnasiums angesprochen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Allgemeiner Widerspruch)

Das achtjährige Gymnasium hat die Zielvorgaben erfüllt, die jungen Menschen durch die allgemeine Hochschulreife auf das akademische Studium vorzubereiten. Die bayerischen Abiturienten sind seit vielen Jahren bei den Abiturdurchschnittsergebnissen unter den ersten drei Plätzen. Dies ist seit Jahrzehnten meist der Fall, war bereits so vor der Deutschen Einheit und auch nach der Deutschen Einheit. Aufgrund dreier wesentlicher Faktoren können wir heute über das bayerische Gymnasium und dessen Angebot auf der Höhe der Zeit nachdenken:

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Schöne Worthülsen! – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Eine Symphonie!)

Erstens. Wir brauchen ein langfristig tragfähiges Konzept mit einer hohen gesellschaftspolitischen Akzeptanz. Zweitens. In den letzten 13 Jahren hat sich der Zuspruch zum bayerischen Gymnasium in seiner achtjährigen Form von um die 30 % auf jetzt um die 40 % entwickelt. Eine derartige Zunahme in dieser Zeit ist sehr gut.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Trotz G 8!)

Das heißt, dass die Schülerschaft des bayerischen Gymnasiums noch nie so unterschiedlich, noch nie so bunt und noch nie so heterogen war.

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Alles nichts Neues! – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Können Sie zur Lösung kommen? Die Zeit läuft! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich nehme mir für die Bildungspolitik die Zeit, die notwendig ist und zu der wir aufgrund der Verantwortung gegenüber den jungen Menschen und den Familien in diesem Land verpflichtet sind.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Zu viel Zeit!)

Das möchte ich einmal sagen. Die Heterogenität der Schülerschaft am bayerischen Gymnasium verändert den Kernauftrag des Gymnasiums. Es gibt viele junge Gymnasiasten, die aus Elternhäusern ohne gymnasialen Hintergrund stammen. Das ist gut so, verändert aber auch die Herausforderungen. Wir haben an den bayerischen Gymnasien so viele Schüler mit Migrationshintergrund wie noch nie zuvor. Es könnten aber auch noch viel mehr sein wie beispielsweise an den Beruflichen Oberschulen. Das erweitert die pädagogische Anforderung, die wir hier erfüllen müssen. Es gibt bestimmte Aufgabenfelder, die mehr Zeit brauchen, wenn wir sie ausführlicher behandeln wollen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Also dann!)

Wir müssen und wollen für diese Aufgaben mehr Zeit einräumen. Dazu gehören die Themen Digitalisierung, politische Bildung, Weiterentwicklung der Begabtenförderung und MINT-Fächer.

(Allgemeiner Widerspruch)

Ich erkläre es Ihnen ja nur.

(Günther Knoblauch (SPD): Das wissen wir ja schon! – Katharina Schulze (GRÜNE): Sie sind doch noch bei der Analyse!)

Das ist doch ganz einfach. Ich erkläre es Ihnen, damit Sie verstehen, mit welchem strategischen Grundentwurf wir die Aufgabe der Weiterentwicklung des bayerischen Gymnasiums begleiten.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das ist genau die Forderung, die der Kollege Piazolo gerade gestellt hat. Wir sollen uns über die Rahmenbedingungen, die Inhalte und die Konturen einer solchen Gymnasialreform austauschen. Ich weiß gar nicht, was Sie haben. Ich kann es auch verkürzen und sagen: Wir werden das in dem von uns festgelegten Zeitplan tun.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das stimmt ja nicht!)