Protokoll der Sitzung vom 06.06.2000

Ihr Landesvorsitzender Herr Neumann war viel schneller mit uns auf dem Weg, als Sie folgen konnten. Das muss ich einfach sagen.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss mich leider kurz fassen, weil ich eigentlich gar keine Redezeit habe. Ich habe gedacht, dieser Bereich wäre so unangefochten, und dann kommt so eine Rede von Ihnen!

Dann kommen die Studiengebühren! Meine Damen und Herren, das ist mein Lieblingsthema. Vielleicht darf ich Sie daran erinnern, dass wir in der letzten Legislaturperiode ein neues Bremisches Hochschulgesetz verabschiedet haben! Wir haben es hier mit großer Mehrheit beschlossen. Wir haben den Verzicht auf Gebühren für ein Grundstudium mit berufsqualizierendem Abschluss festgeschrieben, und das schließt erst einmal ein ganzes Studium ein.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben auch immer erklärt, dass für uns als Sozialdemokraten Chancengleichheit ein hohes Gut ist und dass wir Wert darauf legen, wenn wir über Studiengebühren diskutieren, dass wir vorher erst

einmal alles andere — Herr Dr. Kuhn hat es angesprochen —, die Strukturreform in Gang setzen, die Veränderungen an unseren Hochschulen einleiten, ein neues Hochschuldienstrecht einführen, alles Dinge, die unsere Hochschulen in die Lage versetzen, unter veränderten Bedingungen zu arbeiten. Wenn Sie hier den Senator schelten, muss ich ihn ausdrücklich loben.

Herr Senator, ich weiß, dass Sie aus einem Kreis kommen, wo man gern auch Gebühren nimmt, ich meine, aus Ihrer vorherigen Tätigkeit.

(Heiterkeit)

Ich weiß aber auch, dass Sie sehr wohl in der Kontinuität stehen, dass Sie Beschlüsse, die es gibt, Koalitionsvereinbarungen und vor allem auch Gesetze respektieren. Es ist erfreulich, dass es Ihnen gelungen ist, als Präsident der Kultusministerkonferenz jetzt so einen Kompromiss überhaupt zu erreichen.

(Abg. J ä g e r [CDU] meldet sich zu ei- ner Zwischenfrage. — Glocke)

Ich möchte keine Frage beantworten!

Dies, finde ich, ist eine ganz hervorragende Sache. Ich begrüße es sehr, dass wir uns auf einen Weg begeben, wo auch diejenigen, die immer Studiengebühren gefordert haben, sich zurücknehmen mussten. Ich hoffe, dass Sie diesen Weg so standhaft weitergehen und sich nicht von unserem Koalitionspartner beeinflussen lassen.

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Aber das Stu- dium kann nicht 20 Semester dauern!)

Das behauptet ja keiner, aber Ihre Forderungen sind alte CDU-Ideologien, da kann Ihnen nun wirklich keiner folgen!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster erhält das Wort Herr Senator Lemke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu fünf Punkten möchte ich kurz Stellung nehmen. Zunächst zur verlässlichen Grundschule! Ich finde, dass es bisher, so sind meine Informationen, nach einem turbulenten Herbst oder turbulenten Winter zu einer sehr sachlichen und sehr konstruktiven Zusammenarbeit mit den Schulen gekommen ist, und was mich besonders freut, in einem sehr guten und erfolgreichen Dialog mit dem Jugendressort. Das muss man ausdrücklich einmal erwähnen und auch positiv werten, das war nicht immer so.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, dass wir hier auch keine Angst haben müssen, liebe Frau Linnert, meine Kinder schicke ich regelmäßig in Turnhallen mit großer Freude und zahle dafür auch Mitgliedsbeitrag. Es tut denen nämlich gut, wenn sie in Turnhallen kommen, und auch in der Grundschule tut es ihnen gut, wenn sie sich zwischen 11.30 Uhr und 13 Uhr eine Dreiviertelstunde oder eineinhalb Stunden sportlich bewegen. Auch im Rahmen der verlässlichen Grundschule finde ich das absolut positiv, dass das in einer Vielfalt des Betreuungsangebots dort angeboten wird. Ich finde, die sind auf einem sehr guten Weg. Es wird noch einige Schwierigkeiten geben. Man kann nicht erwarten, dass das nun alles völlig problemlos läuft, aber ich denke, dies wird ein Erfolgsmodell der großen Koalition sein.

Wir haben einen Schwerpunkt gesetzt bekommen, dafür bin ich sehr dankbar. Ich muss das an dieser Stelle sagen, das ist vielleicht zwar ein bisschen langweilig jetzt, aber auch ich bedanke mich ausdrücklich für die Unterstützung der beiden Koalitionsfraktionen in Sachen Computerausrüstung. Ich betone allerdings und setze das fort, was meine Vorredner schon gesagt haben, es geht nicht darum, jetzt entsprechende Computer zu bestellen und dann zu sagen, nun macht einmal schön, sondern es muss damit anfangen, dass wir die Lehrerinnen und Lehrer weiterbilden, fortbilden, das aufnehmen, was vorhanden ist. Man darf auch nicht sagen, dass nun in diesem Bereich überhaupt nichts vorhanden sei. Das ist völlig falsch. Es gibt sehr, sehr engagierte Kollegen, aber sie sind noch nicht in der Mehrheit. Wir müssen diejenigen, die noch abseits stehen, motivieren, wir müssen sie mit in das Boot bekommen, vielleicht diese Maßnahmen auch ein wenig zu unterstützen.

Wir werden noch in der letzten Woche der Schulferien, der Sommerferien, mit einem größeren Programm beginnen, von dem wir uns erhoffen, dass wir 450 Lehrerinnen und Lehrer zusätzlich mit in das Boot bekommen, um sie auszustatten mit einer Fortbildung, mit einer großen Fortbildungsmaßnahme, die uns von einem großen Anbieter fast kostenlos angeboten worden ist. Ich werde das Parlament selbstverständlich, gegebenenfalls schon in der nächsten Sitzung, über weitere Schritte in diesem Bereich informieren.

Wir wollen auch diese 20 Millionen DM, die wir beginnen auszugeben eben im Bereich der Fortbildung, der Weiterbildung, dann einsetzen, indem wir die Schulen vernetzen, das ist von völlig unterschiedlichen Graden, wie sie ausgestattet sind, abhängig. Da gibt es Schulen mit Pavillons, da wird es ganz aufwendig und ganz schwierig, und in anderen Bereichen ist es leichter möglich. Wir müssen natürlich über eine Hardware, über Systeme, die die Schulen akzeptieren, reden. Wir dürfen das nicht aufzwängen, sondern wir müssen auf dem aufbauen, was die Schulen im Augenblick schon gemacht haben.

Natürlich sind die Anforderungen völlig unterschiedlich, wir haben schon einige sehr gut funktionierende Schulen, die müssen wir selbstverständlich weiter unterstützen, aber ich gehe eher den Weg zu sagen, lasst uns mehr auch in die Fläche gehen, denn wenn wir jetzt nur die Medienschulen bedenken und die weiter ausbauen, erreichen wir nicht so die Fläche. Ich möchte sehr viel lieber mehr Schulen noch erreichen, und ich möchte — das darf ich dem Parlament auch hier schon berichten — möglichst schon beginnend mit dem neuen Schuljahr eine Freiwilligeninitiative starten, in der wir begabten Schülern der Hauptschulen, der Realschulen, der Gymnasien, aber auch der Gesamtschulen im Bereich der Informatik zusätzlich nachmittags Angebote unterbreiten wollen, ganz gezielt, um sie in der siebten und achten Klasse heranzuführen an das, was heute noch viel zu kurz kommt an unseren Schulen.

Ich glaube, wir haben im Lande Bremen gerade einmal zwei gymnasiale Oberstufen, in denen Informatik als Leistungskurs angeboten wird. Ich finde, das ist ein wenig wenig, und da müssen wir heftig daran arbeiten, um dies zu verstärken! Das können wir, glaube ich, sehr gut initiieren, indem wir hier auf freiwilliger Basis in den verschiedenen Schulstufen einen Anfang machen. Lieber Herr Bürger, ich möchte das ansprechen, was Sie hier möglicherweise kritisiert haben, ich habe es nicht so kritisch verstanden, Sie haben Frau Hövelmann angesprochen und ihren Ansatz, in den Naturwissenschaften Schwerpunkte zu setzen.

Ich finde, dass es dringend notwendig ist, entsprechende Ansätze zu unternehmen, aber wir werden natürlich nicht alles auf einmal schaffen. Bitte überfordern Sie uns auch nicht, wir haben dicke Brocken jetzt mit dem großen Computerprogramm zu bewerkstelligen! Wir haben außerdem die verlässliche Grundschule möglichst reibungslos zu installieren. Ich habe fest vor, die Naturwissenschaften kritisch zu überprüfen, und zwar nicht erst in der Oberstufe, Herr Bürger, sondern ich bin der Meinung, wir müssen in der Mittelstufe schon beginnen. Ich habe gerade in den letzten Wochen viele Gespräche darüber geführt, bei denen mir auch aufgefallen ist, dass die Lehrpläne jahrzehntelang, wenn meine Informationen richtig sind, ich bin noch dabei, das zu diskutieren, nicht überprüft oder nicht auf den aktuellen Stand gebracht worden sind.

Da muss ich natürlich fragen. Wir haben einen großen Nachholbedarf, denn wer kann es sich erlauben, dass Lehrpläne jahrelang nicht fortgeschrieben werden in unserer Wissensgesellschaft! Was gibt es da für entsprechende Entwicklungen! Wir haben einen großen Bedarf, da nachzulegen, um den Unterricht schon in der Mittelstufe so attraktiv zu gestalten, dass mehr Schülerinnen und Schüler, als es heute der Fall ist, mathematisch-naturwissenschaft

liche Schwerpunkte setzen und nicht den Weg des geringsten Widerstands bis hin zum Abitur gehen.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Ein bisschen spannend darf es auch sein!)

Ja, natürlich, es muss auch spannend sein, aber es soll halt nicht, liebe Frau Hövelmann, nur Spaß bringen, sondern es muss auch ab und zu einmal mit Mühe verbunden sein!

(Beifall bei der CDU)

Aber spannenden Unterricht wünsche ich mir von Herzen.

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Sie müssen auch die Abwahlmöglichkeit in der GyO verhin- dern!)

Also, hier wird es ein gemeinsames Bestreben der großen Koalition geben, da bin ich sicher, entsprechende Schwerpunkte zu setzen. Thema Gesamtschule! Ich will nicht unangenehmen Dingen aus dem Weg gehen. Ich fand es nicht hilfreich, ausgesprochen nicht hilfreich, hier einen Nebenkriegsschauplatz einzurichten oder neu aufzumachen, den ich eigentlich in den zehn Monaten nicht gespürt habe in diesem Haus. Wir wollen sie, das ist mein erklärtes Ziel, neben der Tatsache, dass Unterricht bei mir Vorrang hat, das höre ich gern und sehe es auch gern, wenn es in den Schulen steht. Unterricht hat erst einmal Vorrang, aber, meine Damen und Herren, Schulfrieden auch! Ich fand diesen, mir ist er so geschildert worden, lieber Herr Eckhoff, Auftritt bei „buten un binnen“ nicht förderlich für Schulfrieden in unserem Land. Wir müssen im Interesse der Schülerinnen und Schüler und auch der Gesamtschüler, die sind mir genauso lieb wie der Hauptschüler oder auch der Gymnasiast, eine gerechte Aufteilung der vorhandenen Mittel, der Steuermittel gewährleisten. Dafür stehe ich übrigens auch als Bildungssenator gerade, und, Herr Bürger und Frau Hövelmann, Sie wissen, dass ich da keine Unterschiede mache, keine Bevorzugungen vornehme,

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Sehen Sie sich die Auftritte einmal selbst an!)

sondern dass ich den Gesamtschülern genauso gegenüber — —.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Dann machen Sie es!)

Das mache ich, darauf können Sie Gift nehmen!

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Dann ist es ja gut!)

Ich nehme den Beschluss der Koalition sehr ernst. Ich werde das von Schule zu Schule prüfen, ob wir Einsparungen vornehmen können, welche Erhöhung da überhaupt vorgenommen werden kann. Ich sage Ihnen, das wissen Sie ja auch, am Leibnizplatz hat ein Gericht bereits festgestellt, dass eine Frequenzerhöhung über 21 überhaupt nicht möglich ist und nicht zulässig ist. Auch das habe ich als Bildungssenator zu berücksichtigen, wenn ich mit Ihrem Beschluss konfrontiert werde. Also, ich fand das nicht sehr hilfreich, aber es kann ja nicht alles nur Spaß bringen, was der Senator unternimmt. Solche Eruptionen und Streiks und Demonstrationen sehe ich ungern, meine Damen und Herren, das hat heute Mittag stattgefunden, da hätte ich mir vorgestellt, dass Unterricht hätte praktiziert werden können.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU — Abg. E c k h o f f [CDU]: Sagen Sie das doch einmal den Lehrern!)

Das hätte mir, lieber Herr Dr. Kuhn, mehr Freude bereitet. Ich habe den Gesamtschulen versprochen, ich gehe an jede Gesamtschule, ich sehe mir jede Gesamtschule einzeln an, ich lasse mich überzeugen. Ich prüfe sehr genau, was für vergleichbare Gesamtschulen in vergleichbaren Großstädten ausgegeben wird, und wenn wir dann deutlich mehr ausgeben als die Kollegen in Hannover, in Essen, in Berlin oder Hamburg, dann müssen wir eben entsprechend sparen, da bin ich der Letzte, der sagt, dass wir das nicht machen.

Aber wenn das eben nicht so ist, dann werde ich dem Parlament darüber berichten. Dann soll das Parlament bitte schön die Einsparungsquoten, die es unserem Haus aufbürdet, entsprechend zurückziehen, aber ich bin der Meinung, dass wir alle Schülerinnen und Schüler zunächst einmal gerecht und vergleichbar behandeln müssen. So verstehe ich den Auftrag der großen Koalition.

Letzte Punkte zum Bereich der Universität! Wir haben Kontrakte, darüber brauche ich mich nicht lange auszulassen. Ich bin sehr zufrieden mit der Arbeit der Universität und der Hochschulen. Herr Bürger hat bereits die Prämierungen der Hochschule, die hier auf einem sehr guten Weg ist, erwähnt. Die Forschungseinrichtungen, die ich bisher besichtigt habe, haben mir sehr gut gefallen, und ich denke, wir sind hier auf einem sehr guten Weg. Das höre ich nicht nur in Bremen, sondern auch überregional. Wohin ich komme, wird die Universität und werden die Hochschulen ausdrücklich gelobt. Ich freue mich darüber, denn das war vor einigen Jahren oder Jahrzehnten auch schon einmal anders. Also, hier an der Stelle, denke ich, sind wir auf einem sehr guten Weg.

Zur Staats- und Universitätsbibliothek, meine Damen und Herren! Hier haben wir einen Kontrakt, Frau Berk hat das eben ganz klar so begründet. Ich

bin übrigens der Meinung, wenn durch den Dollarkurs, das war ja eine Begründung, weshalb die Ausgaben für die Zeitschriften so in die Höhe gegangen sind, hier die entsprechenden Zeitschriften möglicherweise nicht mehr in dem vollen Umfang beschafft werden können, dann muss man kritisch überprüfen, welche Zeitschriften denn für die Staatsund Universitätsbibliothek wirklich absolut notwendig sind. Ich gebe Ihnen, da komme ich wieder auf Punkt drei, einen kleinen Tipp: Man kann sich in fast alle Bereiche einklicken, wenn man die entsprechenden Adressen im Internet kennt, und kann das alles sehr gut nachlesen. Wenn es da ein Problem gibt, Herr Dr. Kuhn, sagen Sie es mir, dann werde ich entsprechend die Daten angeben! Die Studenten an der Universität werden deshalb nicht Schaden nehmen, ganz sicher nicht.

Jetzt das Allerletzte noch zum Schluss, die Studiengebühren! Erst einmal bin ich sehr dankbar für die kleine Belobigung, liebe Frau Berk, das war nicht ganz einfach. Fünf Jahre haben die Kollegen darum gerungen, einen Kompromiss zu erreichen, und wir haben es in Meiningen in der letzten Woche geschafft, die Studiengebührenfreiheit sicherzustellen. Das ist der Beschluss von Meiningen. Ich finde den sehr gut und sehr wichtig. Studiengebührenfreiheit haben wir beschlossen.

Ich kenne erstens die Parteitagsbeschlüsse der SPD, und ich kenne auch den Koalitionsbeschluss zu den Studiengebühren, und ich sehe ehrlich gesagt nicht, lieber Herr Bürger, wie wir den Beschluss der SPD wegkippen, um zu einem neuen Koalitionsbeschluss zu kommen. Deshalb habe ich aus meiner Sicht mit Fug und Recht gesagt, wir haben einen Kompromiss von Meiningen erreicht, jedes Land hat das Recht, Studiengebühren ab dem etwa vierzehnten Semester einzuführen, auch dieses Haus hat selbstverständlich das Recht, das so zu beschließen, aber dann bitte ich Sie recht herzlich, mit dem Koalitionspartner in Diskussionen zu treten!

Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich da eine entsprechende Position habe, dass es das in unserer Koalition, so vermute ich einmal, bis zum Ende dieser Legislaturperiode nicht geben wird. Das ist meine persönliche Auffassung.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt, Bildung und Wissenschaft, liegen uns keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit haben wir auch diesen Bereich abgeschlossen.