Protokoll der Sitzung vom 13.09.2000

Herr Dr. Kuhn, ich sage ja, meine Interpretation des Wortes — —. Wollen Sie mir zuhören, Herr Kollege?

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Es gilt das gesprochene Wort!)

Gut! Aber meine Interpretation des Wortes Rundfunkabgabe lässt diese Möglichkeit zu, und das wollen wir ja zusammen — und deswegen positiv gemeint — im Ausschuss bereden, damit es eben nicht zu einer Regelung kommt, die gegen das Grundgesetz verstößt. Insoweit ist der Antrag als Dringlichkeit richtig.

Ich muss Ihnen aber sagen, dass Sie jede Möglichkeit nutzen, hier im Haus der Regierung und der großen Koalition immer einmal unterschwellig vorzuwerfen, wir würden für den Sender Radio Bremen nichts tun. Da, wo wir können, tun wir schon einiges. Meine Gespräche mit dem Intendanten Herrn Dr. Glässgen signalisieren zumindest eine hohe Be

lastung innerhalb des Senders, aber auch eine hohe Motivation, weil der Druck, den der Sender gerade verspürt, ihn in die Lage versetzt, auf die neuen Herausforderungen, die bei der Rückkanalfähigkeit der Fernsehgeräte, bei der Anwendung von Handys und so weiter auf uns zukommen, eine Chance zu haben, auf dem Markt durch kluge Internetangebote oder durch die Weiterentwicklung zu operieren. Wenn man jetzt den Abschlussbericht 1999 von Radio Bremen sieht, kann man feststellen, dass das Ergebnis positiver ausgefallen ist, als man prognostiziert hat.

Insoweit, Herr Dr. Kuhn, wäre es schön, wenn wir die Debatte darüber, dass diese Regierung und dieses Parlament durch die große Koalition nichts für den Sender Radio Bremen tun, heute nun endlich beenden könnten.

(Zuruf der Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen])

Für meine Fraktion kann ich Ihnen sagen, Herr Dr. Kuhn und Frau Stahmann, dass wir viele Gespräche in verschiedenen Zusammensetzungen mit dem Intendanten führen und dass wir ihn da, wo wir können, medienpolitisch unterstützen, bis dahin, dass wir zur Steigerung der Attraktivität des Landes über ein Medienkompetenzzentrum unter Beteiligung von Radio Bremen sprechen. Insoweit würde ich Sie bitten, dass wir diesen Punkt einmal beenden könnten.

Wenn Sie mir dann erlauben, liebe Kollegen, die wesentlichen Punkte zu benennen, die im fünften Rundfunkstaatsvertrag heute zur Kenntnis genommen und an den Ausschuss überwiesen werden, dann sind das zum Beispiel Punkte, die genannt wurden, die Erhöhung der Gebühr, festgelegt durch die KEF, ein externes Beratungsinstitut. Weiter haben die Länder eine Protokollerklärung abgegeben, nach der die Landesmedienanstalten nach 2005 nicht mehr automatisch an Rundfunkgebührenerhöhungen teilnehmen sollen.

Das ist auch ein Punkt, Herr Dr. Kuhn, den wir in Bremen sehr stark beobachten müssen. Wie geht es weiter mit den Landesmedienanstalten, wenn sie durch diese Protokollerklärung nicht automatisch an der Gebühr partizipieren? Viele Kollegen sagen, ich will auch gar nicht von meiner Rundfunkgebühr die teilweise schlechte Qualität der Offenen Kanäle bezahlen. Ich finde aber, das gehört dazu! Der Offene Kanal in Bremen und Bremerhaven hat gerade bei der Sail vor zwei Wochen gezeigt, was Medienpolitik ist, mit der DVBT-Einrichtung, mit der Übertragung ins Internet, im Streaming. Lassen Sie uns doch die positiven Dinge herausarbeiten! Wir haben also an dem Punkt für Bremen noch einiges zu tun.

Insoweit, Herr Dr. Kuhn, kann ich für die SPDFraktion sagen, dass wir Ihren Antrag mit an den Ausschuss überweisen und ihn für den richtigen

Punkt halten, über die Zukunft — Nummer sechs und folgend — nachdenken zu können. Ich gebe Ihnen aber heute keine Stellungnahme dafür ab, dass wir inhaltlich mit Ihrem Antrag soweit d‘accord sind, sondern das beraten im Moment die Gremien. Wir sollten in der nächsten Sitzung des Medienausschusses sehen, dass wir Herrn Dr. Glässgen auch dazu bitten, um zu hören, wie sich das mit den Unterstützungsmöglichkeiten für den Sender Radio Bremen auf der ARD-Schiene weiterentwickelt. — Soweit herzlichen Dank für Ihre geteilte Aufmerksamkeit bei dieser Rede!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zum Fünften Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge mit der Drucksachen-Nummer 15/452 in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und CDU)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Bündnis 90/Die Grünen und Abg. T i t t m a n n [DVU])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

Bei dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/439 und bei dem Gesetz zum Fünften Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge ist Überweisung zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten vorgesehen.

Wer der Überweisung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/439 und des Gesetzes zum Fünften Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge mit der Drucksachen-Nummer 15/452 zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

(Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Fünften Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge Kenntnis.

Abschaffung des Landesamtes für Verfassungsschutz der Freien Hansestadt Bremen

Antrag des Abgeordneten Tittmann (DVU) vom 1. August 2000 (Drucksache 15/414)

Die Beratung ist eröffnet.

Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vermehrt häufen sich Meldungen von Vorfällen skandalöser Machenschaften, insbesondere von so genannten V-Leuten des Verfassungsschutzes.

Tatsache ist doch, dass der Verfassungsschutz eigene Skandale nur sehr selten zugibt und dann auch zum Teil nur, wenn solche Skandale von den Medien bereits öffentlich gemacht worden sind. Diese Skandale werden dann von den Medien verniedlicht oder als Pleiten, Pech und Pannen dargestellt. Die meisten dieser Skandale werden dem Volk vorenthalten, auch wenn die Veröffentlichung dem öffentlichen Interesse dient.

Meine Damen und Herren, demzufolge noch einmal eine kurze Zusammenfassung von bekannten Skandalen in Bezug auf V-Leute des Verfassungsschutzes! Der Neonazi Michael Grube, der in Mecklenburg eine italienische Pizzeria abgefackelt hat und damit Medienschlagzeilen über die so genannte rechte Gefahr veranlasst hat, ist ein bezahlter Spitzel und Agent des Verfassungsschutzes. Der wegen Mordes an einem Asylbewerber in Brandenburg verurteilte Karsten Szczepanski, der mit der KuKlux-Klan-Zeremonie vor den Kameras eines zum Ort des Geschehens eingeladenen Fernsehteams Horrorszenen zur idealen Volksverhetzung gegen die demokratische deutsche Rechte geliefert hat, ist ein bezahlter Agent und Spitzel des Verfassungsschutzes. Der wegen zahlreicher rechtsextremer Irrsinnstaten immer wieder in die Schlagzeilen der Medien geratene Oberneonazi Thomas Dienel — Sie konnten ihn ja letzten Sonntag in „Spiegel TV“ bewundern — ist ein Spitzel und Agent des Verfassungsschutzes, und es kommt noch hinzu der Rechtsextremist Matthias Meyer, der in Stralsund Kameraden für den paramilitärischen Untergrundkampf anzuheuern versuchte, auch er ist ein bezahlter Spitzel und Agent des Verfassungsschutzes. Das sind nur einige wenige Beispiele von vielen, die erst vor kurzem aufgeflogen sind.

Meine Damen und Herren, Dienel, Szczepanski, Grube, Meyer und so weiter sind nur die Spitze ei

nes Eisbergs in der Chronik von Skandalen der Verfassungsschutzämter bundesweit. Weitere Skandale dieser Art konnten Sie in der „Nationalzeitung“ von Herrn Dr. Frey ja seitenlang nachlesen.

(Heiterkeit — Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Das glauben Sie ja wohl selbst nicht!)

Voraussetzung ist natürlich, dass man lesen kann! Das ist ganz klar!

(Heiterkeit)

Also stellt man sich doch die Frage: Brandschutz ist zum Bekämpfen von Bränden da! Und der Verfassungsschutz? Es muss auch die Frage erlaubt sein: Ist der Verfassungsschutz nicht eine mit Steuergeldern finanzierte Organisation, die mit äußerst zwielichtigen und schwer kriminellen Spitzeln und Agenten für so genannten Rechtsextremismus und die Gewalttaten erst verantwortlich ist? Ich glaube kaum, dass diese Steuergeldverschwendung im Sinne der Bevölkerung ist, wenn mit ihren Steuergeldern bezahlte Straftaten finanziert werden, die dann zur allgemeinen Medienhetze gegen die gesamte demokratische Rechte missbraucht werden. Diesbezüglich habe ich Ihnen ja in der Bürgerschaft schon einige Beispiele von Steuergeldverschwendungen und anderen Verschwendungen mit genauen Zahlen und Fakten genannt und belegt.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, bleiben Sie doch ruhig! Wir brauchen keine Organisation, kein Institut und kein Amt, das mit Steuergeldern schwer kriminelle Elemente, so genannte Neonazis, finanziert, die dann auf Kosten der Allgemeinheit Straftaten begehen. Wir brauchen kein Amt, das schwer kriminelle Elemente mit Waffen, Sprengstoff, Werbematerial versorgt und dies auch noch mit Steuergeldern bezahlt.

Sie sehen also, meine Damen und Herren, Sinn und Zweck dieses Amtes rechtfertigen in keiner Weise den hohen finanziellen Aufwand. Darum fordert die Deutsche Volksunion im Interesse der Allgemeinheit die Auflösung des Landesamtes für Verfassungsschutz der Freien Hansestadt Bremen. Des Weiteren fordert die Deutsche Volksunion, die bisherigen Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz einer sinnvolleren Aufgabe zuzuführen und einzusetzen, zum Beispiel sollen diese Mitarbeiter zur Kriminalpolizei versetzt und dort zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität eingesetzt werden. Das wäre dann endlich einmal wirklich eine sinnvolle und zweckmäßige Aufgabe im Sinne und zum Schutz

der Allgemeinheit, meine Damen und Herren. — Ich bedanke mich!

(Abg. H e r d e r h o r s t [CDU]: Der einzige Sündenfall sind Sie!)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann (DVU) mit der Drucksachen-Nummer 15/414 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!