Gesetz zum Fünften Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Fünfter Rund- funkänderungsstaatsvertrag)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht jetzt Schlag auf Schlag mit den Rundfunkänderungsstaatsverträgen. Im vergangenen Jahr ist der vierte geschlossen worden, der im Kern erneut den privaten Anbietern erhebliche Erleichterungen
und Vorteile brachte. Unsere Kritik war vor einem Jahr, und es bleibt auch dabei, dass damals die Chance einer Kopplung mit der Frage der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, natürlich auch des Finanzausgleichs mit Radio Bremen, vertan worden ist. Man hat das damals entkoppelt. Heute liegen mit dem Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag die Fragen vor, die damals eine zentrale Rolle gespielt haben. Dieser Gesetzestext gießt nun die beschlossene Amputation des bremischen Rundfunks in dürre Zahlen und Paragraphen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bündnisgrünen dem zustimmen werden! Der zweite wichtige Punkt ist die Erhöhung der Rundfunkgebühren um 3,33 DM im Monat. Das halten wir für richtig und für notwendig, und wir hoffen, dass das inzwischen und am Ende auch in Sachsen und in Bayern so gesehen wird. An diesem Punkt finden wir den Staatsvertrag richtig! Damit, meine Damen und Herren, ist aber die Debatte um die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks überhaupt nicht zu Ende, nicht einmal für ein paar Monate. Die nächsten Runden sind längst eingeläutet. Deswegen halten wir es für richtig, dass die Landtage sich frühzeitig mit den nächsten neuen Fragen befassen, und ich sage es auch ganz ehrlich, am besten auch, bevor die Ministerpräsidenten am Kamin darüber reden und letztendlich entscheiden. Aus diesem Grund haben wir heute den Antrag „Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verlässlich neu regeln“ vorgelegt und debattieren den kurz. Wir haben vereinbart, dass er auch an den Medienausschuss überwiesen und dann dort beraten wird. Es geht dabei um eine technisch sehr spannende Entwicklung, die uns aber politisch in Schwierigkeiten bringt. Diese technische Entwicklung hat nämlich dazu geführt und wird wahrscheinlich dramatisch schnell weiter dazu führen, dass Radio und Fernsehen auch mit anderen Geräten empfangen werden können, zum Beispiel mit Personalcomputern oder mit Handys. Herr Kubicek von der Bremer Universität sagt, demnächst auch mit Heizungsgeräten. Also, alle möglichen Dinge sind im Prinzip denkbar. Das kann nun nicht dazu führen, dass wir alle diese Geräte Stück für Stück, eins nach dem anderen, dann auch noch mit Rundfunkgebühren belegen. Das würde die technische Entwicklung nur unnötig belasten und bremsen, das wollen wir nicht. Auf der anderen Seite kann man nicht einfach sagen, na, lasst man, die Leute können sich dann eben mit dem Personalcomputer das Fernsehen ansehen, weil das möglicherweise zu einer Flucht von den Geräten führen würde, die heute mit Gebühren belegt werden. Das würde die Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks am Ende insgesamt in Frage stellen. Eine allgemeine Steuer wollen wir nicht, das verbietet sich angesichts der staatsfernen Organisation
des Rundfunks. Wir schlagen deshalb in unserem Antrag ein Modell vor, dass jeder Haushalt, wie auch jede Betriebsstätte, jeweils für ein Empfangsgerät auch tatsächlich eine Rundfunkabgabe zahlt, egal, wie der- oder diejenige dann tatsächlich Rundfunk empfängt.
Das ist nicht nur ganz abstrakt, dass ich meine, wir sollten als Landtag darüber diskutieren, sondern wir haben auch ein besonderes Interesse, weil es an dieser Stelle wieder darum geht, dass die Finanzierung generell definiert und diskutiert wird. Bei der Finanzierung von Radio Bremen waren wir immer dafür zu bedenken, dass die Rundfunkabgabegebühr die Gesamtheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks finanziert und dass die Rundfunkanstalten entsprechend ihrer Aufgabe daran beteiligt werden müssen. Dieses ganze Instrument des Finanzausgleichs hielten wir immer eigentlich für nicht angemessen. Nach unserer Auffassung hat sich der Senat dafür nicht ausreichend eingesetzt. Wir sollten zukünftig unsere Position wieder in diese Debatte einbringen.
Wir müssen auf jeden Fall ein zukunftsfähiges System entwickeln, denn es wird auch diese neue Diskussion genutzt werden, und das kann man heute schon nachlesen, es gibt Äußerungen von Herrn Kirch und von Herrn Stoiber, insgesamt den Umfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Frage zu stellen.
Ich möchte abschließend den Verbandsvorsitzenden der privaten Rundfunkbetreiber zitieren, Herrn Doetz, der kürzlich die Länder aufgefordert hat, den Umfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks massiv einzuschränken und zu beschneiden. Er hat dann hinzugefügt — ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren —: „Meine Botschaft an die Ministerpräsidenten lässt sich auf die Formel bringen: Wenn ihr nicht wollt, dass sich Europa an den Tisch setzt, dann tut jetzt endlich etwas. Sonst zwingt ihr uns dazu, Europa zu Tisch zu bitten.“ Ob das nun die EU-Kommission will oder nicht, die Landesregierungen suggerieren ja gern, dass dort das Problem liegt, also, ob die das nun wollen oder nicht, andere werden uns dazu zwingen, dass unsere Lösung auch europäischen Diskussionen standhält. Dazu brauchen wir eine ausführliche und auch von den Landtagen begleitete Debatte. Die werden wir dann im Medienausschuss führen. — Ich bedanke mich, dass Sie den Antrag überweisen wollen!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Kuhn, ich möchte mich weniger mit dem eigentlichen Thema Rundfunkänderungsstaatsvertrag befassen, weil wir
den noch an den Ausschuss überweisen werden. Wir müssen die erste Lesung heute unterbrechen und überweisen, um dann im Parlamentsausschuss zu diskutieren.
Ich glaube aber, sagen zu können, dass, wenn der Finanzausgleich auch unbefriedigend für uns ausgefallen ist, wir im Lande Bremen, um die Rundfunkanstalt Bremen zu sichern, dennoch auf einem guten Wege sind, auch und gerade mit dem neuen Intendanten. Der Gebührenerhöhung werden wir aus bremischer Sicht, um eben den Sender zu sichern, zustimmen müssen.
Ich möchte mich, Herr Dr. Kuhn, im Wesentlichen auf Ihren Antrag konzentrieren und dazu Folgendes sagen: Die Konvergenzentwicklung der Medien bedeutet, dass Hörfunk und Fernsehen über verschiedenste elektronische Geräte übertragen werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich den Ländern die Frage, ob der Besitz eines Personalcomputers oder eines Handys schon die Gebührenfrage aufwirft. Das bezieht sich aber nicht nur auf diese beiden Geräte. Sie hatten noch die Heizungsanlage einbezogen, an anderer Stelle war vor etwa zwei Monaten in der „Welt“ zu lesen, dass auch aus dem Toaster in absehbarer Zeit Hörfunk zu empfangen sein wird. Insofern müssen wir uns mit dieser Thematik auseinander setzen, deshalb wollen wir auch Ihren Antrag überweisen.
In dem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass das Moratorium, nach dem die Gebührenbefreiung für Personalcomputer erst einmal bis 2003 vorgesehen war, im Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag bis 2004 verlängert worden ist, um in diesem Fall eine Gleichheit mit dem Gebührenzeitraum zu erreichen. Sie wissen, Herr Dr. Kuhn, dass in der Zwischenzeit eine Länderkommission eingesetzt worden ist unter der Leitung des thüringischen Kultusministers Krapp, die die verschiedensten Denkmodelle aufarbeiten soll, um dann dieses Ergebnis, mit dem wir uns in der Politik, auch natürlich in unserem Parlamentsausschuss, anschließend werden auseinander setzen müssen, auch den Parlamenten zuzuleiten.
Ich darf in dem Zusammenhang auf einige wenige Punkte hinweisen, die in dem Antrag der Grünen aufgegriffen worden sind. In der jüngeren Zeit, das wissen wir alle, ist eine nachlassende Gebührenakzeptanz zu beobachten. Wir müssen aber feststellen, dass Karlsruhe die Bestands- und Entwicklungsgarantie betont hat, und dazu gehören Gebühren.
Wir kommen möglicherweise zunehmend, Sie hatten es angedeutet, Herr Dr. Kuhn, in Verbindung mit EU-Richtlinien in Schwierigkeiten, was die Finanzierung von ARD und ZDF angeht. Eines darf ich aber ganz deutlich hervorheben: Die Länderkommission hat sich unter anderem das Ziel gesetzt — ich werde zu den anderen auch noch kommen —,
dass die erforderliche finanzielle Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch langfristig zu sichern sein wird. Ich glaube, das noch einmal hervorheben zu können und zu müssen, gerade auch im Hinblick auf Ihren Antrag, dass wir da bereits einen Konsens erzielt haben.
Die öffentlichen Überlegungen, die in diesem Zusammenhang angestellt worden sind, über Fernsehund Radiogeräte hinaus Gebühren zu kassieren, haben die junge Multimediabranche sehr verunsichert, wenn nach der Gebührenpflicht des Bundesverfassungsgerichts diese Geräte mit einzubeziehen sind. Betriebe sehen Kosten auf sich zukommen, die schon wegen der Ausstattung mit moderner Kommunikationstechnologie und nicht etwa aus der originären Nutzung ihrer elektronischen Geräte für Rundfunkempfang herrühren. Eine möglicherweise daraus resultierende Bremswirkung im Modernisierungsprozess dieser Organisationen und Betriebe muss verhindert werden. Ziel ist es, das ist ein Zweites, zusätzliche finanzielle Belastungen zu verhindern und den Betrieben Planungssicherheit zu geben.
Ein dritter Punkt ist das Akzeptanzproblem. Viele Leute melden zunehmend ihre Geräte nicht mehr an, weil sie meinen, das sei aufgrund der technischen Entwicklung nicht mehr notwendig, die im Übrigen viel schneller voranschreiten wird, als viele von uns glauben. Deshalb kann ich mir auch nicht vorstellen, dass eine Regelung bis zum Beginn des Jahres 2005 dauern wird. Ein Ziel wird es sein, die Gerechtigkeitslücke, die auch aus dem Befreiungstatbestand herrührt — den haben Sie auch angesprochen —, zu schließen, um damit auch eine spürbare Entlastung des einzelnen Rundfunkgebührenzahlers zu bewirken, wenn das Ganze auf eine breitere Basis gestellt wird.
Ein letzter Punkt in dem Zusammenhang, der auch einer Lösung zugeführt werden muss, ist die Gebühreneinzugszentrale, die mit ihren 800 Mitarbeitern im Jahr Millionenbeträge verschlingt. Auch diese Verwaltungsstrukturen müssen in Zukunft kostengünstiger gestaltet werden.
Ich glaube, sagen zu können, dass das Finanzierungsmodell Steuern aus der Diskussion herausgenommen ist, das zeichnet sich ab. Eine Steuer ist nicht zweckgebunden, außerdem kommen wir dann ganz schnell zu Fragen der Staatsferne, die steuerfinanziert dann sofort virulent werden wird.
Bei Ihnen ist die Rede von einer Rundfunkabgabe, das hat Ihr medienpolitischer Experte, Herr Berninger, auf Bundesebene verkündet. Sie haben Rundfunkabgabe einmal in Anführungszeichen gesetzt, einmal nicht. Ich weiß jetzt nicht, was Sie bewirken wollen, aber das werden wir im Ausschuss klären. Aber selbst auch die Abgabe, Herr Dr. Kuhn, ist problematisch! Ob Sie sie Gebühren nennen oder nicht, es ist nicht zu Ende gedacht. Wenn ich die Betriebe nehme, wie viele Geräte sollen dann von den
Betrieben angemeldet werden? Wenn ich die Bürgerabgabe nehme, welcher Bürger ist gemeint? Der über 18? Einschließlich unter 18?
Darauf komme ich jetzt sofort! Selbst die Frage nach den Haushalten ist noch nicht entschieden, Herr Dr. Kuhn. Auch da stellt sich die Frage: Einpersonenhaushalt, mehrere Personen im Haushalt, wie viele Geräte sollen dann bezahlt werden?
Der Verzicht auf Gebühren insgesamt wird in dem Zusammenhang auch diskutiert, das müssen wir gerechterweise sagen. Ich glaube aber, da sind wir aufgrund des Karlsruher Gerichtsurteils mit der Bestands- und Entwicklungsgarantie in der Verpflichtung, dass wir auch eine weitere Gebührenfinanzierung durchaus sehen.
Meine Damen und Herren, die Akzeptanz der Gebührenzahler ist zu erreichen, wenn die Rundfunkgebühr das Internetangebot, den Internetauftritt der öffentlich-rechtlichen Sender, einschließt und nicht eine Extragebühr darstellt. Ich glaube, darin liegt die eigentliche Problematik, die zurzeit diskutiert wird.
Es wird vieles im Moment diskutiert. Alle von Ihnen erwähnten Punkte, Herr Dr. Kuhn, sind in die Diskussionen der Länderkommission eingeführt worden. Es ist im Grunde genommen nichts Neues, aber wir müssen darüber diskutieren, deshalb die Überweisung! Lassen Sie uns in Ruhe die Vorschläge, die gemacht werden, erörtern, und dann werden wir zu einem entsprechenden Ergebnis kommen! — Ich bedanke mich!
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich dem Rundfunkstaatsvertrag Nummer fünf als Abgeordneter, der nicht täglich in der Medienpolitik ist, nähern will, dann ist das ein schweres Thema, so vermitteln mir meine Kollegen. Ich verstehe das gar nicht. Deswegen will ich am Ende einmal auf die wichtigsten Punkte des Rundfunkstaatsvertrags spiegelstrichartig eingehen.
Lassen Sie mich aber mit dem anfangen, was als Dringlichkeitsantrag vom Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt wird! Nicht im Einzelnen, Herr Dr. Kuhn, weil die Grünen insoweit Recht haben, das Parlament heute mit einem Antrag zu begrüßen, weil nach ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Lieber Kollege Isola, nach fünf kommt sechs, das ist richtig! Aber brauchen wir überhaupt noch Rundfunkstaatsverträge, oder müssen wir die Strukturen — —?
Ja, der Kollege Isola sagte: Nach fünf kommt sechs! Das habe ich nur gesagt. Dann kommt aber der Nebensatz, den ich Ihnen erläutern will, dass wir zukünftig vielleicht gar keine Rundfunkstaatsverträge mehr brauchen, weil es vollkommen neue Regelungen gibt. Insoweit, Herr Dr. Kuhn, ist der Antrag richtig. Über die Dringlichkeit mag man, weil das Thema länger bekannt war, nachdenken. Wir haben aber ja zu Recht auch koalitionär mit Ihnen besprochen, dass wir den Antrag an den Informations- und Kommunikationsausschuss überweisen.
In einem Punkt in Ihrem Antrag, unter Punkt drei, Herr Dr. Kuhn, sprechen Sie, der Kollege Bürger hat es angesprochen, von einer Rundfunkabgabe. Da muss man im Detail noch einmal nachfragen, was damit gemeint ist, denn meine Recherchen in den letzten Tagen haben mir gezeigt, dass es da durchaus Probleme mit dem Grundgesetz geben kann hinsichtlich einer verfassungswidrigen, undifferenzierten Steuer.
Herr Dr. Kuhn, ich sage ja, meine Interpretation des Wortes — —. Wollen Sie mir zuhören, Herr Kollege?