Die Voraussetzungen, da haben Sie Recht, sind in Bremen geschaffen. Wir haben jetzt alle Freiheit, zum richtigen Zeitpunkt einen großen Schritt voran zu tun, wenn wir uns dann hierüber einig werden. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Kuhn hat es eben noch einmal skizziert, Vorschläge für eine durchgreifende Studienreform, so nennt die Fraktion der Grünen ihr jüngstes Papier zur Hochschulpolitik. Patchworkpapier möchte ich es an dieser Stelle einmal nennen, aber vielleicht haben Sie auch nicht das Ziel gehabt, alles zu erschlagen, sondern hier erst einmal Teile des Ganzen aufzuzeigen und sie zu einem Mosaik zusammenzuführen.
Einen Teil haben wir ja schon beim letzten Mal debattiert, Fachhochschule ausbauen, da standen sich zumindest Grüne und CDU durchaus näher, als manch anderen und uns selbst das manchmal lieb ist. Den nächsten Punkt, wissenschaftliche Weiterbildung, diskutieren wir beim nächsten Mal, da bleiben heute Bachelor und Master – zum wiederholten Male, das ist nicht die erste Debatte, insofern muss die Debatte hier im Parlament auch nicht so tief greifend sein – und das Teilzeitstudium.
Als die Grünen die Redezeit auf 15 Minuten für den ersten Redner hochgeschraubt haben, habe ich gedacht, die Länge der Redezeit und nicht der Inhalt definiert offenbar den angestrebten Eindruck von Reformwilligkeit der Grünen in Sachen Hoch––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
schulpolitik. Herr Dr. Kuhn, ich kann leider nicht erkennen, dass das, was Sie fordern, besonders revolutionär ist. In der Tat, um noch einmal mit den Türen zu spielen, sind da beide Türen offen. Deshalb will ich hier jetzt auch nicht einen Keil an jede Stelle hineintreiben, wo vielleicht Unterschiede sind, das hätte man in der Rede vielleicht auch noch herausarbeiten können, trotzdem wollen wir Gemeinsamkeiten feststellen und allenfalls Grenzen aufzeigen.
Zum Teilzeitstudium, Master und Bachelor! Hier finden wir nicht nur bei den Grünen das Modewort Patchworklebenslauf. Manchmal habe ich so den Eindruck, das ist die Legitimation für alles und nichts, und wir tun so, als wäre das der ideale Lebenslauf, ohne äußere Zwänge mit der Freiheit, tun und lassen zu können, was man will, sozusagen als Idealform der Selbstverwirklichung zwischen Bafög und Rente. Das kann man manchmal verstehen, das ist immer eine Frage, wer das sagt. Ich hoffe nicht, dass Sie es meinen.
Dann gibt es das Stichwort von der Verkürzung der Studienzeit. In der Tat, da haben Sie schon vorgebaut, ist das unser erstes Thema, weshalb wir solche Dinge wollen. Das wird von Ihnen immer mehr als Nebeneffekt betrachtet. Ich sage, bei uns gilt die Studienzeitverkürzung als Priorität, wenn wir Modularisierung und ähnliche Dinge durchsetzen wollen, wobei wir noch immer nicht sehr trennscharf formulieren, wo denn die Modularisierung sinnvoll ist und wo nicht, vor allen Dingen, wie wir unsere eigene Rolle verstehen. Sind wir Kommentatoren, Ratgeber oder wie auch immer, wenn wir jetzt über die Hochschulen diskutieren? Wie können wir die Hochschulen, Herr Senator Lemke, begleiten, diesen Weg zu beschreiten, wie weit geht das über Anreizfunktionen? Diese Diskussion ist ja noch nicht geführt.
Ich weiß nur, dass mein Studium an der Universität Bremen – ich habe einmal Wirtschaftswissenschaften studiert – für mich immer ein Teilzeitstudium war. Eigentlich war es ein Vollzeitstudium, aber ich habe des Öfteren auf etwas langatmigen Bildungsdeputationssitzungen unter einem Ihrer Vorgänger, heute Bürgermeister, zugebracht. Heute sollen die Deputationssitzungen ja ein bisschen kerniger und entscheidungsorientierter sein, habe ich gehört. Insofern wissen wir auch als Parlamentarier, wie das mit der Teilzeit und der Vollzeit durcheinander geht. Auch die Senatsantwort macht ja sehr deutlich, dass, ich glaube, 35 Prozent der Studenten ihr Studium als Teilzeitstudium sehen.
Man muss bei den Begrifflichkeiten jetzt ein bisschen mit der Trennschärfe aufpassen, was wir denn damit meinen. Wenn wir vom Teilzeitstudium reden,
dann sollten wir also die Wege dorthin genauer beschreiben und die Rahmenbedingungen gestalten, gleiches gilt für Master und Bachelor. Für uns als CDU ist vor allen Dingen das Teilzeitstudium dort sinnvoll, wo die berufliche Orientierung gegeben ist. Priorität haben deshalb unserer Ansicht nach insbesondere die Fachhochschulen.
Zweitens ist das Teilzeitstudium zunächst dort einzuführen, wo die Studierwilligen und die Bedarfe besonders hoch sind und ein entsprechender Erfolg garantiert ist. Der Senat spricht ja davon, dass sich Erfolge auch nicht immer so eingestellt haben. Hier muss man einmal fragen, woran das liegt.
Drittens sollten diese Studiengänge auch in enger Kooperation mit der regionalen Wirtschaft entwickelt werden, weil wir damit die Erstausbildung und das anschließende weiterbildende Studium mit dem Ziel des lebenslangen Lernens – darauf kommen wir dann in der nächsten Debatte noch – besser verknüpfen können.
Viertens macht das Teilzeitstudium dort Sinn, wo es wirklich zu einer besseren Orientierung und Verbindlichkeit für Studierende führt und eben zur Studienzeitverkürzung beiträgt, weil Leerlaufzeiten, unübersichtliche Studienstrukturen, Vorlesungspläne und vorlesungsfreie Zeiten besser gebündelt werden.
Die Systematik, Herr Dr. Kuhn, die Sie einfordern, sollte vielleicht gar nicht einmal in der Breite des Fächerangebotes liegen, sondern es dort, wo man es durchsetzen will, auch konsequent machen, so dass man es dort lebt und vorzeigen kann, wie es funktioniert. Ich finde, wir sollten das alles jetzt nicht flächendeckend machen, aber die Dinge, die wir angehen, müssen konsequent sein, so dass man das auch nach außen tragen kann. Ein Teilzeitstudium macht meines Erachtens keinen Sinn, wenn es um eine rein wissenschaftliche Ausbildung geht, wenn überflüssige Doppelstrukturen aufgebaut werden müssen und wenn diese Studiengänge an Bedarfen vorbei entwickelt werden.
Fazit: Diejenigen, die für die künftige oder begleitende Berufstätigkeit Qualifikationen erwerben wollen, sollten auf flexiblere Studienformen treffen, als das bislang in der Tat der Fall ist. Den Patchworklebenslauf jedoch gerade noch als Idealfall herbeizureden und in der Lebensgestaltung zu priorisieren, führt am Kernproblem vorbei und beschreibt vielleicht die ideale Lebensform in den Köpfen mancher, kann aber nicht Ausgangspunkt der inneren Organisation unserer Hochschulen sein. Sicher müssen wir Antworten darauf finden, aber es ist nicht der Ausgangspunkt. Herr Dr. Kuhn, dort, wo wir die regionale Wirtschaft aktiv beteiligen können, sollten wir solche Teilzeitstudiengänge weiter forcieren, weil das nicht isoliert ohne die entsprechenden Bedarfsträger gemacht werden sollte.
Noch ein paar Worte zum Master und Bachelor! Ich denke, wir gewinnen den Wettlauf um die reformfreudigste Fraktion nicht mit der Häufigkeit und Vehemenz der Forderungen nach der forcierten Durchsetzung von Master- und Bachelorstudiengängen. Um das mit der Tür noch einmal aufzunehmen: Wenn die Tür eine Drehtür ist, können wir ganz rasant hineinlaufen und fallen auf der gleichen Seite wieder hinaus, weil wir nämlich zu rasant in die Tür geraten sind. Insofern haben Sie, Herr Dr. Kuhn, mit der Bremer CDU-Fraktion die Sympathien zwar auf Ihrer Seite, wenn es darum geht, dort, wo stärkere Praxisorientierung nötig ist, diese durchzusetzen, und dort, wo die Internationalisierung der Hochschulen fortschreiten muss, diese durchzusetzen.
Auch da gibt es Nachholbedarfe an der Universität Bremen. Wir kennen ja die Zahlen, was die internationale Repräsentativität der Universität betrifft, sie sind nicht so toll. Wenn wir einmal schauen, wie viele Amerikaner, Nordamerikaner wir an der Uni haben, dann ist das ein Armutszeugnis. Darauf kann man auch mit solchen Dingen reagieren. Da müssen wir einiges tun. Das kann nachher nicht nur Aufgabe der Internationalen Universität in Grohn sein. Vielmehr geht es um einen gesunden Wettbewerb zwischen dem durchaus erfolgreichen Humboldtschen Bildungsideal, das sich aber aus bestimmten Gründen, ich komme gleich noch darauf, inzwischen auch in Bereichen überholt hat, und den neuen modularisierten Studiengängen.
Die Modularisierung ist dort gut, wo sie der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, der stärkeren beruflichen Orientierung und Verwertbarkeit und den individuellen Interessen der Studierwilligen Rechnung trägt. Die Modularisierung ist falsch, wo die Beliebigkeit droht, die Vergleichbarkeit nicht mehr möglich ist und die Internationalität eben nicht im Vordergrund steht. Manche Fächer, das sage ich auch, kann man in ihrer Allgemeinheit und Wissenschaftlichkeit eben nicht durch modulare Elemente ersetzen, sondern dort bauen Inhalte aufeinander auf.
Wir haben hier im Zusammenhang mit der Juristenausbildung darüber gesprochen. Ein klassisches Jurastudium mit der Befähigung zum Richteramt als Königsweg ist etwas anderes als ein Jurastudium, das in seiner dienstleistenden Qualität von Personalabteilungen oder juristischen Stabsstellen in Unternehmen nachgefragt wird. Das eine wird bleiben, und das andere wird hinzukommen, und man wird in einen gesunden Wettbewerb untereinander treten. Das eine wird aber das andere nicht ablösen, deshalb sollten wir auch ein paar Euphorien zurückschrauben.
Es geht auch nicht, Herr Dr. Kuhn, allein um eine volkswirtschaftliche Ausschöpfung des Potentials an Studierwilligen, Studierbereiten und Studierfähigen. Über die Studierfähigkeiten haben wir ja gestern unter anderem im Zusammenhang mit den Naturwis
senschaftlern und den Ingenieuren geredet, darüber haben wir zu wenig geredet. Es geht vor allem um den Wettbewerb von Hochschulen untereinander, um einen fruchtbaren Wettbewerb von Organisationsformen, solange nicht teure Doppelstrukturen entstehen, und es geht vor allen Dingen auch um Bestenförderung. Zahlreiche Bachelor- und Masterstudiengänge werden erst dann wirklich erfolgreich – das zeigt sich dann, wenn man auch einmal woanders hinschaut –, wenn wir tatsächlich wieder zu Selektionsmechanismen und auch zu einer Bewerberauslese kommen. Ich würde das nicht unterschätzen, auch das spielt eine Rolle. Die Hochschulen werden auswählen müssen und auch in die Eigenverantwortung genommen werden, was die Studierfähigkeit der jeweiligen Bewerber betrifft.
Einen Punkt möchte ich in diesem Zusammenhang auch noch kurz andeuten, wir werden bald darauf zurückkommen: Es hat sich längst herumgesprochen, was nichts kostet, ist nichts wert, oder anders gesagt, wo die berufliche Weiterbildung und nicht das Erststudium angesagt ist, werden wir mittelfristig Gebühren erheben. Dem wird so sein! Ich weiß auch, dass – jetzt ist es noch relativ ruhig – die Empörung bei Ihnen da noch groß sein wird, Sie sind ja auch in Ihrer Rede darauf eingegangen. Ich weiß genauso gut, dass in der bremischen Rektorenschaft, und eben nicht nur dort, sondern auch bei vielen Professoren, die Gedanken längst auf einem gesunden Nährboden wachsen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich das auch in Bremen lauter artikuliert. Das, denke ich einmal, wird uns ganz schnell einholen.
Insofern sind wir jetzt an einem Punkt, wo wir viele Analysen gemacht haben, Herr Dr. Kuhn, aber was Systematik und Modelle betrifft, die Sie einfordern, hätten Sie natürlich auch einmal einen Antrag stellen können.
Ich möchte eines noch sagen: In Ihrer Anfrage wird es ja am Rand deutlich, aber ich glaube, Sie haben es noch gar nicht angesprochen, wie wichtig es eigentlich ist, die Grünen haben am Rande etwas zu dem Thema neue Medien gesagt. Ich finde, dass das eines der wirklich spannenden Themen als Fortsetzung und auch als Anregung der Diskussion ist. Das betrifft nicht nur die Darbietung von Lehrinhalten und die interaktive Zusammenarbeit von Institutionen und Personen innerhalb der Hochschullandschaft und für die Organisationsstruktur von Hochschule und Lehrform insgesamt. Im Moment haben wir nach dem Motto darüber geredet: Wir haben davon gehört, aber so richtig wissen wir auch noch nicht, was da passiert. Ich denke, die neuen Medien
werden uns zur Modularisierung treiben, ob wir sie wollen oder nicht. Insofern kommen wir am Ende dort an, und zwar wird uns das dann die Wirtschaft sagen, wo die Bedarfe sind und wo da nachgefragt wird. Da geht es dann nämlich auch wieder um möglichst kurze und knappe Module, die möglichst zeitstringent abgewickelt werden können. Insofern sollten wir auch da forcierte Anstrengungen unternehmen, die Hochschulen in Bremen und Bremerhaven fit zu machen in Sachen, und jetzt ist es egal, wie man das nennen wird, virtuelle Hochschule, Distantlearning, Teleteaching und so weiter. Die Bremerhavener sind ja in einem Modellprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beteiligt, wir haben das Zentrum für Multimedia in der Lehre gegründet, und das Informations- und Mediennutzungsprogramm des Senats, kurz T.I.M.E., wird ja hier auch noch detaillierte Antworten darauf geben, was wir denn hier in Bremen machen wollen. Ich kann nur sagen, wir sollten nicht nur danach schauen, was andere machen, sondern wir müssen wieder nach vorn kommen, auch die eine oder andere holperige Wegstrecke gehen und nicht nur den einfachen asphaltierten Weg nehmen. Damit will ich nur sagen, die Mosaiksteine, Herr Dr. Kuhn, die Sie aufgezeigt haben, sind ja schön und gut, nur, wir müssen nicht nur das machen, was andere machen, wir müssen eigene Akzente setzen und dort, wo wir anfangen, nicht in der Breite, müssen wir es konsequent tun. Insofern hoffe ich darauf, dass wir uns in diesem Sinne vielleicht ja auch gemeinschaftlich an der einen oder anderen Stelle verständigen. Meine Damen und Herren, es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich der private Bildungsmarkt weiterentwickelt, nicht eben zuletzt auch unter dem Einfluss neuer Medien und unter dem Erfordernis des lebenslangen Lernens. Wir müssen aufpassen, dass wir die öffentlichen und die öffentlich unterstützten privaten Hochschulen in einem Wettbewerb darin bestehen lassen können. Insofern nehmen wir diese Herausforderung an aus dem Mosaikstein. Ich meine, ich habe etwas von der Debattenlänge gesagt, Herr Dr. Kuhn, ich hatte schon den Eindruck, das ist jetzt einmal mehr kurz gehüpft als weit gesprungen.
Vielleicht nehmen wir das jetzt einmal als Warmup und können dann in den Anträgen und auch in den Kontrakten, die mit den Hochschulen ja weiter entwickelt werden, ein bisschen „Butter bei die Fische“ tun. Das wäre dann sinn- und hilfreicher als jetzt nur die Analysen auf der Grundlage der Große Anfrage. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Diese Themen, die durch die Große Anfrage vom Bündnis 90/Die Grünen nun heute in der Debatte auf das Tableau gekommen sind, neue Abschlüsse Bachelor und Master, das Thema Modularisierung und das Teilzeitstudium, sind in der Tat drei Kernfragen, die für die neuen Strukturen an den Hochschulen und für die zukünftige Entwicklung der Hochschullandschaft eine ganz fundamentale Bedeutung haben.
Meinen beiden Vorrednern danke ich auch, einmal von den kleinen Spitzen abgesehen, für die sehr sachliche Art, in der wir uns bisher damit auseinander gesetzt haben, und ich finde das auch gut so, dass wir im Wissenschaftsbereich dokumentieren, dass wir durch einen sachlich und fachlich qualifizierten Streit um den richtigen Weg ein gemeinsames Interesse formulieren, nämlich das Interesse, unsere Hochschulen im Land voranzubringen. Das grenzt uns manchmal auch von gerade erlebten Debatten zum Beispiel um die Ökosteuer ab, es hat allerdings auch leider zur Folge, dass die Aufmerksamkeit sowohl hier im Haus als auch in den Medien natürlich ein bisschen geringer ist. Trotzdem möchte ich gern auf diesem Weg bleiben und hier auch dementsprechend Position zu den Punkten neue Studienabschlüsse und Modularisierung beziehen. Meine Kollegin Frau Berk wird dann noch zum Teilzeitstudium sprechen.
Ich denke, Herr Dr. Kuhn, wenn Sie jetzt sagen, hier sind endlich Reformen in Gang gekommen, und genau wie ich werden Sie sich als überzeugten Reformisten bezeichnen, das finden wir Klasse, jetzt machen wir noch mehr Reformen und noch schneller, dann müssen Sie schon bedenken, was die neuen Abschlüsse angeht, es gibt da noch eine Reihe ungeklärter Fragen, und zwar sehr fundamentale ungeklärte Fragen. Zum einen betrifft dies, was die neuen Abschlüsse angeht, die Arbeitsmarktchancen insbesondere von denjenigen Studierenden, die mit dem Bachelor abschließen wollen.
Vor ungefähr einem Jahr habe ich dazu einmal einen sehr netten Beitrag in der Zeitschrift der GEW entdeckt, das war ein Cartoon. Dort kam ein junger Mann offenbar zu einem Vorstellungsgespräch in das Büro eines Personalchefs, stellte sich dort voller Überzeugung vor mit: Ich habe den Bachelor. Der Personalchef antwortete: Hoffentlich stecken Sie uns nicht alle an hier!
Das macht doch so ein bisschen deutlich, wie eigentlich die Sache in der Bundesrepublik aussieht, was die Akzeptanz und die Bekanntheit solcher neuen Abschlüsse angeht.
Es muss doch auch Ihnen zu denken geben, wenn zum Beispiel dieselben Verbände aus der Großindustrie ganz vehement, ich denke dabei zum Beispiel an die chemische Industrie, dafür eintreten, dass es nun zu neuen Abschlüssen auch mit Bachelor kommt, aber in ihrer alltäglichen Praxis der Einstellung im Grunde für Diplomanden nur Technikerstellen vorsehen, und ansonsten suchen sie doch nur nach promovierten Leuten. Das ist doch ein Widerspruch! Deswegen, denke ich, ist es durchaus angemessen, wenn man ein bisschen Vorsicht walten lässt bei der Einführung neuer Abschlusssysteme in der Bundesrepublik, bevor nicht ganz klar ist, ob wirklich die Arbeitsmarktchancen für die Absolventinnen und Absolventen gegeben sind.
Die zweite genauso fundamentale Frage, die noch nicht geklärt ist, ist: Auf welches Modell steuern wir in der Bundesrepublik eigentlich hin? Wenn man sich das international anschaut, sind unter dem Deckmantel, so nenne ich das jetzt einmal, B.A., also Bachelor, und M.A., also Master, ganz unterschiedliche Modelle zu finden; zum einen erst einmal das eher auf Selektion angelegte Modell, wie in den USA und in Großbritannien, wo im Grunde klar ist, dass die große Mehrheit der Studierenden nach dem Bachelor das Studium zu beenden hat, weil nämlich die Masterstudiengänge von ihrer Kapazität so ausgelegt sind, dass es dort keinen freien Übergang, kein im eigentlichen Sinn konsekutives Modell gibt. Es gibt als Gegenmodell das, was in skandinavischen Ländern praktiziert wird, dass man im Prinzip eine wirkliche Wahlfreiheit hat, vom Bachelor- in den Masterstudiengang überzuwechseln, und es ist noch überhaupt nicht klar, wohin das in der Bundesrepublik steuern wird. Darauf müssen wir natürlich politisch Einfluss nehmen.
Der dritte entscheidende Punkt ist: Werden wir hier auch in unserem Bundesland darauf abzielen, dass das neue System mit den Abschlüssen Bachelor und Master ein völliger Ersatz wird für das, was wir bisher kennen, auch in sehr langer Tradition, oder soll das eben ein Parallelangebot sein, das uns im internationalen Markt mehr Möglichkeiten beschert, aber das eben auch langfristig als paralleles Angebot angelegt sein wird? Auf diese Fragen haben wir bisher noch keine überzeugenden Antworten. Wir haben Positionen, und die Positionen, wie die Sozialdemokraten dazu stehen, will ich auch gleich noch einmal deutlich machen.
Nur, auf Ihren Einwurf, auch in Richtung des Senats, hier muss auf die Tube gedrückt werden, sagen wir dann schon ganz klar, nein, so lange noch nicht deutlich ist, wohin der Zug fährt, sind wir sehr dafür, dass man hier erst einmal verhalten vorgeht, denn wir wollen eines nicht: Wir wollen nicht, dass an den Hochschulen durch, ich nenne das jetzt einmal einen richtigen Modernisierungsschub, nun ein Wildwuchs an neuen Abschlüssen und neuen Studiengängen entsteht. Deswegen drängen wir auch
darauf, dass das auch von Ihnen zu Recht eingeforderte Gespräch zwischen dem Senator und den Rektoren endlich stattfinden muss, wohin es eigentlich gehen soll mit den neuen Studiengängen. Das ist in der Tat das Vordringliche, was passieren muss.
Unsere Position zu den neuen Abschlüssen möchte ich noch einmal kurz verdeutlichen. Wir wollen zum einen, und das nimmt Bezug auf diese unklare Lage auf dem Arbeitsmarkt, dass die Studiengänge, die jetzt als Modellprojekte angeschoben werden, von einer entsprechenden Arbeitsmarktanalyse begleitet werden und auch von Forschung, wie sich die Absolventen dieser Studiengänge dann in den Arbeitsmarkt einfügen. Wenn man darüber so, wie bisher die Datenlage ist, überhaupt keine vernünftigen Aussagen machen kann, meinen wir, dass es bitter notwendig ist, dass es dazu eine Begleitforschung gibt.
Dann sind wir der Meinung, die Magisterstudiengänge müssen grundsätzlich so zugeschnitten sein, dass sie eben offen sind für den Zugang und von ihren Kapazitäten auch so ausgelegt sind, dass es keine reinen Elitestudiengänge sind. Es muss für uns klar sein, das Modell muss von vornherein eher auf das skandinavische konsekutive Modell ausgelegt sein und darf nicht in Richtung des amerikanischen Selektionsmodells laufen. Deswegen meinen wir auch, dass es gut ist, dass man prinzipiell erst einmal ein Parallellangebot bereithält. So lange nicht klar ist, ob die Abschlüsse B.A. und M.A. auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt überhaupt nachgefragt werden, sollten wir einen Teufel tun, die schon gut funktionierenden klassischen Studiengänge schnell abzuschaffen.
Was wir noch für sehr sinnvoll und auch für vordringlich halten, ist, um die internationale Kompatibilität herzustellen, dass bei allen neuen Abschlüssen dem Zeugnis das so genannte Diploma supplement angefügt wird, denn nur das gewährleistet, dass zum Beispiel beim Abschluss Bachelor auch wirklich transparent ist, was sich hinter diesem Studium verbirgt. Sie wissen, denke ich, genau wie ich, dass in den USA eine große Vielfalt von verschiedenen Bachelorstudiengängen existiert, und hierzulande glaubt man immer, dass sich eine einheitliche Qualifikation dahinter verbergen würde. Das ist natürlich Unsinn, und wir finden es sehr wichtig, dass dort Transparenz hineinkommt. Der B.A., der Bachelor, darf kein Sparmodell für die Massenausbildung sein, deswegen muss eben auch klar sein, dass in der Ausstattungsfrage die Einführung von Masterstudiengängen nicht zu Lasten der eher grundständigen Bachelorausbildung gehen darf.
Ein sehr wichtiger Punkt ist, und das finden wir sehr positiv in der Antwort des Senats, dass der Schwerpunkt bei der Einführung neuer Studiengänge eben auch unter dem Aspekt von Kooperation und insbesondere von Durchlässigkeit zwischen den Hochschultypen gesehen wird. Wir halten das für
einen großen Fortschritt, dass Studentinnen und Studenten, die an der Hochschule Bremen eingeschrieben sind, sich durchaus eben auch zum Beispiel eines Anteils eines Studiengangs an der Universität bedienen können, um damit auch zu einer Form von individuellem Studiencurriculum zu kommen. Das ist sehr sinnvoll.