Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

(Beifall bei der CDU – Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Bürgermeister Dr. Scherf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bitte Sie alle sehr herzlich um die Zustimmung zu diesen Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Wir brauchen ihn insbesondere für Radio Bremen. Wenn das hier scheitert, stellen Sie sich einmal vor, was uns dann passiert! Wenn das Geld weder für Radio Bremen noch für die anderen Anstalten kommt, dann sind wir am Ende un

seres Lateins, dann haben wir die ARD kaputtgemacht. Das kann eigentlich keiner wollen.

Das habe ich auch bei Frau Stahmann nicht so herausgehört. Sie hat gesagt, dass wir uns über die Gebührenerhöhung einig sind, aber wir würden bei dieser Gelegenheit gern zum Thema der Absicherung von Radio Bremen Druck machen. Da haben eben Frank Schildt und Klaus Bürger detailliert – alles richtig, was sie gesagt haben – klar gemacht, wie das schrittweise vorangegangen ist. Das ist nicht wenig, ich will das nicht alles wiederholen, sondern es ist erstaunlich, was unter dem Druck dieses gekürzten Finanzausgleichs inzwischen alles an Kooperationen möglich geworden und begonnen worden ist.

Das wertet diesen Platz auf, das ist keine Abwertung dessen, was hier die Medienleute machen, sondern das ist eine ehrgeizige neue Perspektive. In Zusammenarbeit mit dem NDR, WDR und den anderen großen Einrichtungen müssen wir ehrgeizig ganz vorn um das Programm kämpfen und natürlich über Qualität uns durchsetzen. Ich habe das immer so verstanden, dass ein kleiner Sender wie Radio Bremen sich über Qualität durchsetzen muss. Es reicht nicht aus zu sagen, uns gibt es nun einmal, nun her mit der Kohle, sondern wir müssen immer wieder neu, wie auch auf anderen Feldern, beweisen, dass wir besonders reizvolle, ehrgeizige, von den anderen gewollte und bezahlte Beiträge, produktive, konstruktive und kreative Beiträge leisten.

Ich habe gestern mit Lust, aber leider nur über das Medium an dieser Eröffnungsveranstaltung teilnehmen können, die mit Nord Media in Hannover stattgefunden hat. Das ist so ein Schlaglicht! Da spürt man doch ganz deutlich, dass nicht nur die niedersächsische Landesregierung mit dem Senat zusammenrückt, sondern dass der NDR mit Radio Bremen zusammenrückt. Bitte sehr, dann auch mit den Produzenten! Wir haben sogar das Filmbüro dabei, das einmal hier begonnen worden ist und bei dem viele gesagt haben, das schafft ihr nie, dies ins große Geschäft zu bekommen! Aber auch dies hat eine Zugangsmöglichkeit. So kann man das für viele Kreative öffnen, die Beiträge in dieser Produktionspalette entwickeln wollen.

Ich glaube, wir haben hier unter dem zugegeben dramatischen Druck der gekürzten Finanzausgleiche zwischen den großen und kleinen Ländern eine Chance, die wir auch mit Radio Bremen und den vielen nutzen, die um Radio Bremen herum jetzt auch gerade entstehen, ein spannender Medienplatz zu bleiben; ich würde gern sagen zu werden, weil wir da eigentlich wachsen können, wir müssen uns nicht abmelden, wir können da wachsen.

Zurzeit rechne ich ungefähr mit 20 000 Arbeitsplätzen in Niedersachsen und Bremen im gesamten Medienbereich. Das ist gegen Hamburg, Köln, München oder Berlin eine relative Distanz, die haben je

rund 50 000. Aber man kann aus dieser Ausgangslage etwas machen. Da werden am Schluss nicht die Großen mit ihren vielen die einzigen sein, die dominieren, sondern wir werden immer wieder mit spannenden eigenen Beiträgen und spannenden eigenen Produktionen gefragt werden. Das hilft nicht nur Radio Bremen, das hilft auch dem ganzen Land. Das sind dann Werbeträger für die von uns allen gewollte Selbständigkeit des Landes Bremen. Dann können wir uns in der Bundesrepublik als eine attraktive werbende Veranstaltung und nicht als eine Veranstaltung, die die anderen blockieren, profilieren.

Ich bin zuversichtlich, dass wir mit diesem Kompromiss, den wir 1999 bei uns im Rathaus geschlossen haben, der die ARD befördert hat, nicht ausgesteuert oder blockiert hat, bei den Intendanten, aber auch bei den übrigen Kolleginnen und Kollegen in der Ministerpräsidentenkonferenz ausgesprochene Nähe und nicht Ferne ermöglichen. Wir arbeiten in Zukunft aus einer Nähe zueinander und nicht aus einer Position, in der wir die anderen zu Geschichten quälen, die sie gar nicht mehr machen wollen.

Ob das der letzte Staatsvertrag ist oder nicht, das hat Frank Schildt so angedeutet, kann keiner sagen! Lieber Frank Schildt, ich glaube, das müssen wir weiter zusammenhalten. Ich glaube, dass der bundesdeutsche Föderalismus über die Konstruktion, die ARD und das ZDF zusammenzuhalten, wesentlich ausgestaltet wird. Das ist ein Stück bundesrepublikanischer Identität und wird inzwischen ja auch international hoch geschätzt und geachtet. Viele in Italien, England und Frankreich sagen, das habt ihr gut hinbekommen mit dieser ausgetüftelten Balance, dass ihr den öffentlich-rechtlichen Teil so ehrgeizig – und ich denke, inzwischen auch mit einem ganz offensiven Anspruch gegenüber den Privaten – profiliert habt.

Darum: Keine Abgesänge auf diese Konstruktion, sondern fröhliches Weiterkämpfen mit Radio Bremen und der Freien Hansestadt Bremen als selbständigem Land in diesem Sechzehner-Kreis! Ich bin optimistisch. Wir werden immer wieder Diskussionen wie in Sachsen erleben. Lassen Sie sich bloß nicht davon anstecken! Die sollen sich auf uns verlassen können. Wir werden auch gegenüber Radio Bremen alles tun, damit dieser begonnene Prozess erfolgreich weitergeführt wird. Ich bitte um Zustimmung!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man könnte den Eindruck haben, dass in diesem Prozess, in dem Verlust von 50 Millionen DM die Chance liegt, dass wir uns gesundschrumpfen, oder Radio Bremen wäre unheimlich verschwenderisch gewe

sen. Ich sehe das deutlich anders! Ich halte es nach wie vor für tragisch und falsch! Die Alternative hätte vor anderthalb Jahren gelegen, Herr Bürger, das habe ich ja auch so offen gesagt. Das ist nicht rückholbar!

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Dann können Sie jetzt ja zustimmen!)

Kooperationen sind natürlich sinnvoll, da will ich Herrn Scherf nicht widersprechen. Es ist sinnvoll, weil wir uns nicht in einem Mikrokosmos oder als kleiner Fleck allein auf der Welt befinden, sondern Bremen liegt in einer Region, und ich finde, Radio und Fernsehen müssen für die Region gemacht werden und nicht nur für Bremen und Bremerhaven. Die Leute pendeln bekanntlich in die Stadt hinein und auch hinaus. Das macht auch die Attraktivität des Programms aus. Wenn der Staatsvertrag heute besiegelt wird, dann haben wir weniger Geld. Das kritisieren wir, das wollen wir nicht! Herr Glässgen hatte sich ja in der Zeitung Sorgen gemacht, wenn der Staatsvertrag nicht unterschrieben würde, dann hätten wir acht Millionen DM weniger. Allerdings würden wir 50 Millionen DM behalten, wenn er nicht unterschrieben wird. Das wollte ich nur noch einmal einwerfen. Vielleicht können wir uns darüber unterhalten.

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Das dicke Ende kommt doch dann hinterher!)

Radio Bremen hat viel für die kulturelle Landschaft in Bremen getan. Es macht viele Events auch für Jugendliche, Discos im Walle-Center, es macht Veranstaltungen, Partys und steckt dort Geld hinein. Gerade auch bei ernster Musik hat die Anstalt viele Veranstaltungen mitgetragen, Lesungen in der Schauburg unterstützt. Es gibt ein ganz großes Betätigungsfeld. Ich glaube, diese Sachen werden nicht erhalten werden, und von daher wird sich Bremen dadurch sehr stark ändern. Herr Bürger, ich wollte Sie noch fragen: Kennen Sie dieses Faustpfand, diese drei Seiten? Ich meine, auf drei Seiten könnte ja viel stehen. Es könnte ja auch klipp und klar darauf stehen, was die großen Sendeanstalten für Radio Bremen tun. Aber ich sage Ihnen einmal, wenn ich unter Punkt drei nur lese „Der WDR erklärt sich bereit, in der Gebührenperiode jährlich einen ,Tatort‘ in Koproduktion mit Radio Bremen herzustellen“, dann weiß ich – ich kenne einige Leute, die in dieser Branche tätig sind –, dass das nicht der Weisheit letzter Schluss ist und Radio Bremen nicht die Sorge von den Schultern nimmt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bleibe dabei, wir werden den ganzen Prozess aufmerksam begleiten, den Intendanten von Radio

Bremen nach besten Kräften unterstützen und das auch sehr genau anschauen. Eine Bewertung des ganzen Vorgangs werden wir aber am Ende machen, und wir werden uns dann vielleicht auch noch einmal melden. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zum Fünften Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge mit der Drucksachen-Nummer 15/452 in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und CDU)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Bündnis 90/Die Grünen und Abg. T i t t m a n n [DVU])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in zweiter Lesung.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des Ausschusses für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten Kenntnis.

Biotechnologie – Chancen für Bremen und Bremerhaven

Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD vom 13. Oktober 2000 (Drucksache 15/488)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 28. November 2000

(Drucksache 15/545)

Wir verbinden hiermit:

Förderung der Bio- und Gentechnologie in Bremen und Bremerhaven

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD vom 12. Dezember 2000 (Drucksache 15/561)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Wischer, ihr beigeordnet Staatsrat Dr. Färber und Staatsrat Logemann.

Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen. Herr Dr. Färber, ich gehe davon aus, dass Sie davon nicht Gebrauch machen wollen.

Meine Damen und Herren, wir hatten interfraktionell besprochen, dass diese Tagesordnungspunkte vorgezogen werden, weil Senator Hattig einen anderen Termin wahrzunehmen hatte. Er ist leider jetzt gehindert, an der Debatte teilzunehmen, weil wegen des Sturms das Flugzeug nicht starten kann, so dass er auf den Zug ausweichen musste und deswegen nicht rechtzeitig heute Vormittag an der Debatte teilnehmen kann. Er bittet um Entschuldigung. Aber das ist höhere Gewalt, das kann passieren.

Wir treten in die Aussprache ein.

Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Thema Biotechnologie beschäftigen wir uns heute mit einem der wichtigen Themen für die Zukunft der Bundesrepublik, aber auch natürlich mit einem Thema, das weltweit heiß diskutiert wird.

Bis Anfang der neunziger Jahre gab es für das Thema Bio- und Gentechnologie in der Bundesrepublik Deutschland keine Akzeptanz. Die Folge war, dass Forscher aus der Bundesrepublik nach Amerika ausgewandert sind, weil sie dort bessere Rahmenbedingungen für ihre Forschung gefunden haben. Auf den Vergleich zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland will ich gleich noch einmal eingehen, aber auch darauf, welchen Push dies insbesondere für die Vereinigten Staaten von Amerika gebracht hat.

Wie änderte sich die Situation in der Republik seit Beginn der neunziger Jahre? Zu Beginn des Jahres 1993 wurde das Gentechnikgesetz novelliert. Mit dieser Novellierung gab es im Endeffekt auch einen Startschuss für eine Gründerwelle im Bereich der Biotechnologie. 1995 rief die Bundesregierung den ersten Wettbewerb im Bereich Biotechnologie aus, nämlich den BioRegio-Wettbewerb, und 1996 gründete sich dann die Vereinigung der Deutschen Biotechnologieunternehmen. Im Jahr 1998 zählte man, fünf Jahre nach der Novellierung des Gentechnikgesetzes, bereits 280 Unternehmen im Bereich der Biotechnologie.