Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

Wer das Gesetz über den Eigenbetrieb Fidatas Bremen, Drucksache 15/513, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

(Einstimmig)

Hier ist vorgesehen, den Gesetzesantrag nach der ersten Lesung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen.

Wer der Überweisung des Gesetzes über den Eigenbetrieb Fidatas Bremen, Drucksache 15/513, zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) überweist entsprechend.

(Einstimmig)

Studienreform und wissenschaftliche Weiterbildung beschleunigt voranbringen

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 13. November 2000 (Drucksache 15/527)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Adolf.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was machen wir jetzt?

(Abg. T ö p f e r [SPD]: Der Senat ist ver- treten!)

Der Senat ist vertreten, aber es handelt sich ja nicht um eine förmliche Verabredung, die wir in unserer Verfassung haben, sondern um eine zweckbestimmte, dass es nämlich darum geht, mit dem Senat gemeinsam Politik zu debattieren. Ich gehe nicht davon aus, dass Frau Senatorin Adolf sich da in Fragen der Wissenschaftspolitik einmischen wird.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Doch, das würden wir begrüßen! – Abg. T ö p f e r [SPD]: Sie ist unsere All- zweckwaffe!)

Ja, ich habe da ganz hohe Erwartungen, aber sie wird es dennoch nicht tun. Ich habe heute früh schon einen Zwischenruf gemacht. Ich habe dafür keine Rüge bekommen, aber ich finde das einfach einen Sauhaufen, was hier passiert!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. H e r d e r h o r s t [CDU]: Damit war der Senat gemeint!)

Da ist er! Gut! Damit war der Senat gemeint, dass das richtig im Protokoll steht. Vielen Dank, Herr Kollege!

Herr Präsident, meine Damen und Herren, im Herbst des vergangenen Jahres haben die Grünen mit drei Großen Anfragen die aktuellen und in unseren Augen dringenden Fragen einer durchgrei

fenden Studienreform auf die Tagesordnung gesetzt. Diese Sache folgerte auch aus der Debatte um die Green Card, aber es war auch eine Reaktion auf die unübersehbare Tatsache, dass die Universität Bremen zwar in Fragen der Forschung nach wie vor große Erfolge aufzuweisen hat, und man kann heute gerade auch von dieser Stelle noch einmal zu dem neuen Sonderforschungsbereich gratulieren, den die Universität jetzt einrichten kann, aber dass man auf der anderen Seiten nicht übersehen kann, dass es in der Lehre und im Studium mittlerweile schwerwiegende Mängel gibt, Mängel, die sich in der steigenden Zahl von Studienabbrechern und in der sinkenden Zahl von Studienabsolventen ausdrücken. Wir sind nicht bereit, diesen Raubbau an Lebenszeit von jungen Menschen, die gern geordnet und überschaubar studieren wollen, die es aber nicht können, noch länger hinzunehmen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben vor drei Monaten unsere politischen Ziele so formuliert: Es geht um eine Studienreform, die für eine Gott sei Dank noch wachsende Zahl von Studierenden eine größere Zahl von klar überschaubaren Angeboten bereithält, die flexible Baukastensysteme von Abschlüssen und von Studienprogrammangeboten schafft, die auch international attraktiv sind. Es geht um eine Studienreform, die es jungen Menschen erleichtert, auch unter schwierigen Lebensbedingungen, nämlich nebenher jobben, Familienbetreuung, ihre Bildungsbiographie selbst zu gestalten und eine Studienreform, die klarer in eine Grundausbildung, in der Sache und in der Zeit konzentriert, trennt und darauf aufbauende, spezialisierte Ausbildungen, und zwar für die Tätigkeit von morgen, anbietet. Es geht auch um eine Studienreform, die damit auch Zeit und Raum schafft für lebenslange Aneignung neuen Wissens durch wissenschaftliche Weiterbildung. Das war das Gesamtkonzept unserer Studienreform.

Dieses Ziel, meine Damen und Herren, das ist unsere Überzeugung, lässt sich gegenwärtig nicht mehr weiter mit immer nur kleinen Schritten und dem bisherigen Tempo erreichen, sondern es ist notwendig, eine konzentrierte Anstrengung zu unternehmen, in der auch von unserer Seite, von der Seite der Politik und des Parlaments, Widerstände und offenbar natürliches Beharrungsvermögen versucht wird zu überwinden. In der letzten Debatte haben mir die Redner der Koalition gesagt, erstens sei das meiste, was wir sagen, falsch, und zweitens machten sie das sowieso schon. Wir haben jetzt einen Antrag gestellt, der die Nagelprobe machen will, denn, meine Damen und Herren, ich wiederhole es, die Reformanstrengungen, die wir in diesem Antrag sehr konkret und auf

die nächste Zeit bezogen formulieren, sind sehr dringend, und sie sind keinesfalls ein Selbstläufer.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau B e r k [SPD]: Oh, oh!)

Zum Antrag im Einzelnen! Ich gehe davon aus, dass einige Forderungen unseres Antrages zwischen uns unstrittig sein dürften. Das heißt aber nicht, dass wir sie hier nicht noch einmal klären sollten, weil es notwendig ist, sie auch als aktuelle Forderung in die hochschulpolitische Praxis einzubringen, und darum geht es ja. Ich nenne einmal die herausragende Bedeutung der guten Beratung für die Studierenden, eine geordnete und zügige Umsetzung der Modularisierung und der studienbegleitenden Prüfungen. Da ist noch einiges zu tun, es sind auch Voraussetzungen zu schaffen, zum Beispiel die Einrichtung von Studienmodulen gesondert für Studentinnen gerade in den technischen Fächern. Es ist eine Sache, einmal einen ganzen Frauen-Studiengang einzurichten, wie die Informatik an der Hochschule Bremen, aber es gibt auch vernünftige Ideen, auch in anderen Studienbereichen für Studentinnen in bestimmten Ausbildungszielen gesonderte Module nur für Frauen vorzusehen: Maßnahmen zur Verkürzung von Prüfungszeiten und andere Punkte, die vermutlich mehr oder weniger unstrittig sind, aber nichtsdestoweniger dringend.

Andere Punkte, glaube ich, sind kontroverser. Ich habe mir die letzte Debatte noch einmal durchgelesen. Ich habe es bei der CDU am Ende nicht ganz verstanden, wo die Differenzen liegen, aber das werden Sie heute sicherlich noch einmal deutlicher machen. Verstanden habe ich, dass die SPD in drei Punkten grundsätzliche Differenzen vorgetragen hat. Wir haben versucht, in unserem Antrag auch auf diese Einwände einzugehen, Herr Kollege Käse.

Erstens: Wir fordern, die Einführung gestufter Abschlüsse, also die so genannten Bachelor- und Master-Abschlüsse, auf breiter Front und zügig anzugehen. Die SPD hat gesagt, halt stopp, das müssen wir vielmehr vorsichtig und zurückhaltend machen, denn weder wisse man, welches System solcher Abschlüsse die Hochschulen denn wollen, noch wisse man, so die SPD, ob der Arbeitsmarkt diese Abschlüsse überhaupt annehme. Unser Antrag nimmt das auf, meine sehr geehrten Damen und Herren, indem wir die Hochschulen auffordern möchten, erstens im kommenden Jahr eine offene, öffentliche und ergebnisorientierte Debatte darüber zu führen, welches System von Abschlüssen man denn tatsächlich in Bremen will. In der Tat, das muss geklärt werden. Dazu wollen wir die Hochschulen mit unserem Antrag auffordern.

Wir nehmen auch das Argument der Unsicherheit des Arbeitsmarktes auf, indem wir vorschlagen, dass die Fachbereiche sich so genannte Innovationsräte einrichten, in denen sie Vertreter beruflicher und ge

sellschaftlicher Praxis einladen, mit ihnen zu diskutieren, das heißt, den Sachverstand von außen mit aufnehmen und von daher sehr viel klarer sehen müssten, wenn sie neue Studiengänge formulieren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Klar ist aber auch, meine Damen und Herren von der Koalition, die Frage der Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt stellt sich erst dann praktisch, wenn die Abschlüsse auch in absehbarer Zeit eine kritische Masse erreichen. Das wollen wir mit unserem Antrag forcieren.

Zweitens: Teilzeitstudium! Sie suchen noch immer nach einem formellen Status des Teilzeitstudenten. Ich prophezeie Ihnen, Sie werden suchen und suchen und werden ihn nicht finden. Sie können noch so viel Bürokratie und Kontrollen aufbauen, einen Teilzeitstudenten, bei dem Sie dann auch noch kontrollieren können, ob er tatsächlich ein Teilzeitstudent ist von seiner Arbeit, seiner Familie her, werden Sie nicht finden. Machen Sie lieber das, was wir vorschlagen, und zwar konkrete Maßnahmen zur Erleichterung für einen jungen Mann oder eine junge Frau, die studieren: langfristige Studienplanung, Blockveranstaltungen und anderes.

Drittens: Wissenschaftliche Weiterbildung! Wir reden alle von der zunehmenden Bedeutung, aber ich bleibe dabei, es müssen Mittel und Wege gefunden werden, dass die Wissenschaftsweiterbildung ins Zentrum auch der Tätigkeit der Hochschullehrer gerückt wird. Ich bleibe dabei, dass es in Bremen einen Motor geben muss, der diese Sache vermarktet und sehr aktuell betreibt. Ich bezweifle, dass jede bremische Hochschule für sich gestellt und ohne Partner von außerhalb das so gut machen kann, wie es notwendig ist. Also, unsere Forderung, der Senat möchte darüber doch noch einmal nachdenken und berichten, was er für die beste organisatorische Lösung hält.

Sie sagen nun, und damit wollen Sie das Ganze vom Tisch wischen, das läuft doch alles, aber bloß ein bisschen langsamer. Ich will Ihnen zwei Sachen sagen, warum das nicht so läuft. Erstens: Ich habe in der letzten Debatte den Rektor der Universität schon mit der Diagnose zitiert „viel zu lange Studienzeiten, viel zu wenig Absolventen“. Im Kontrakt, den der Senator jetzt abgeschlossen hat, steht ein halbes Jahr später als Reaktion, ich darf zitieren: „Die Universität Bremen wird mit dem Ziel, die Absolventenzahlen zu erhöhen und die Studienzeiten zu verkürzen, die Sachverhalte analysieren und Verbesserungsmaßnahmen planen.“

Also, allgemeiner und dürftiger geht es nun wirklich nicht angesichts dieses zentralen, brennenden Problems. Nach so langer Zeit, in der das Problem bekannt ist, eine solche Sache in einen Kontrakt zu schreiben, der gerade dazu dient, auch konkrete

quantitative und qualitative Maßnahmen zu vereinbaren, zeigt, dass da etwas hakt. Mehr war vielleicht mit der Universität nicht zu vereinbaren, aber das zeigt wirklich, welcher Widerstand da ist. Es gibt erklärtermaßen von Organisationen wie dem Deutschen Fakultätentag die Absicht, das zu torpedieren. Ich sage Ihnen, es ist kein Selbstläufer, was da passiert. Da müssen wir von der Politik aus klar sagen, was wir wollen, und die Hochschulen können dann immer noch sagen, was sie nicht wollen oder was sie vielleicht auch mit ihren Mitteln nicht können.

Der letzte Punkt: Vielleicht ist es ja auch das entscheidende Problem, dass Sie von der Regierungskoalition nicht klar sagen können, was Sie eigentlich gemeinsam wollen. Im November lag der Antrag vor. Unter anderem mit dem Argument, Sie wollten einen eigenen Antrag vorlegen, haben wir uns – –.

(Abg. Frau B e r k [SPD]: Das stimmt nicht, Herr Kuhn!)

Sehr verehrte Frau Berk, das werde ich mir nun nicht gefallen lassen, dass Sie hier irgendetwas erzählen! Dieser Antrag lag drei Tage vor der Sitzung vor. Wenn ich einmal durchrechne, mit wie vielen Anträgen Sie am Morgen eines Tagesordnungspunktes hier kommen! Drei Tage lag er vor, bevor wir debattieren sollten. Ich habe mich auf Ihren Wunsch eingelassen, dass wir das vertagen, unter anderem mit dem Argument, dass Sie einen eigenen Antrag machen wollen. Das ist ja auch vernünftig, wenn ich mir ansehe, wie viele gemeinsame Punkte vorhanden sind und dass wir nur in einigen Punkten Differenzen haben.

Normal ist im Parlament, dass man einen eigenen Antrag vorlegt. Ich sage Ihnen, Sie sind nicht dazu in der Lage gewesen, einen eigenen Antrag vorzulegen, und auch das ist ein Zeichen dafür, dass es dringend ist, sich hier politisch wirklich zu entscheiden, und nun bin ich einmal gespannt, wie Sie unseren Antrag en détail und en gros dann wieder ablehnen wollen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Jäger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Entwicklung der bremischen Hochschullandschaft ist für sich genommen schon ein einziges ehrgeiziges Reformprojekt. Die Dynamik, die die bremischen Hochschulen erfasst hat, ist nicht nur ein Ergebnis technischer oder gesellschaftlicher Prozesse in einem globalen Bildungsmarkt, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

den wir ja in letzter Zeit verstärkt diskutieren. Es gilt nicht nur, Anpassungsprozesse gegenüber internationalen Entwicklungen vorzunehmen, sondern die Hochschulen sollen und wollen inzwischen ja auch zugleich Motor für die wirtschaftliche Entwicklung der Region sein und ihren Ruf polieren, was sie teilweise bitter nötig haben, und das haben sie in den letzten Jahren auch erfolgreich getan.

Um die äußeren Rahmenbedingungen für diese Entwicklung zu fördern, hat der Senat eine deutliche Schwerpunktsetzung im Rahmen seiner Investitionspolitik vorgenommen. Durch die Schaffung dieses äußeren Rahmens sind zahlreiche innere Prozesse in den Hochschulen begünstigt worden. Die Hochschule Bremen hat zahlreiche Um-, Neu- und Erweiterungsbauten zu absolvieren und erhält dadurch dringend notwendige Handlungsspielräume zurück. Die Beteiligten sind umso motivierter, sich auch der inneren Reformen in diesem Prozess dann anzunehmen. Die Internationalisierung der Studiengänge und das erfolgreiche Marketing sind überregional gerade an der Hochschule Bremen anerkannt worden und Vorbild auch für andere Hochschulen im Land Bremen.