Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Vi- zepräsident D r. K u h n übernimmt den Vorsitz.)

Eine zentrale Schnittstelle für den Zugang zu den Familien bilden aus Sicht der Grünen die Kindergärten. In einem Bremerhavener Kindergarten, nämlich in der Bremerhavener Batteriestraße, wird ein sehr erfolgreiches Konzept zum Thema Elternarbeit gemacht. In der Vorlage, die uns allen zugegangen ist, steht, dieses Konzept könnte flächendeckend ausgeweitet werden, es fehlt bloß an Geld. Meine

Damen und Herren, das ist aber wirklich gut investiertes Geld! Wir sollten auch diesen Punkt noch einmal aufgreifen und beleuchten und dann vielleicht auf alle Kindertageseinrichtungen in Bremerhaven und Bremen ausweiten. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die nächste wichtige Schnittstelle ist für mich die Schule. Über das Thema Schulverweigerung haben wir uns hier ja schon häufiger unterhalten, aber bislang ist wenig Konkretes geschehen. Es gibt in Bremen einen Förderpreis, der heißt Bremer Förderpreis für innovative Jugendarbeit. Dieser Förderpreis wurde vor einigen Jahren an zwei Psychologiestudenten der Uni Bremen verliehen. Sie hatten an einer Bremer Gesamtschule einen Jugendberatungsladen initiiert, der Jugendlichen ein niedrigschwelliges Angebot psychosozialer Beratung unterbreitet hat. Die beiden Studenten haben mit diesem Wettbewerbsbeitrag den Preis gewonnen, aber der Preis hat ihnen auch nicht geholfen. Auch dieses Projekt ist an Geldmangel eingegangen, nicht weil es keine Resonanz unter den Jugendlichen gab. Die Schüler und Lehrer haben sich noch längere Zeit darum gekümmert, um eine Kooperation und auch eine Finanzierung zu erreichen, aber das hat leider nicht geklappt. Ich glaube auch, dass wir hier in Zusammenarbeit mit dem Bildungssenator noch weitere Schritte gehen müssen. Der Bericht zeigt auch, dass es durchaus Beratungsangebote wie das Open House gibt, die parteiliche, geschlechtsspezifische Jugendberatung anbieten, aber auch hier besteht eklatanter Geldmangel, sind Stellen nicht gesichert. Ich finde, Frau Striezel, Ihr Antrag ist eine Seite der Medaille, aber das Gesetz hat ja im Wesentlichen auch die Kinder und Jugendlichen im Auge. Vielleicht könnten wir später noch einmal einen gemeinsamen Antrag erarbeiten, der genau hier auch einen Schwerpunkt setzt, nämlich bei präventiven Angeboten und auch in der Kinder- und Jugendförderung. Bisher sind nur 15 000 DM aus Wettmitteln für diese Bremer Kampagne vorgesehen. Das ist nicht viel Geld, davon kann man ein paar Flugblätter kaufen. Frau Striezel hat ja selbst gesagt, wenn man mehrsprachige Werbezettel machen will, kostet das viel Geld. Wir brauchen aber Geld, um überhaupt die Eltern und die Kinder und Jugendlichen über dieses Recht zu informieren. Auf Bundesebene hat man sich entschieden, eine Kampagne mit prominenten Botschaftern zu machen. Vielleicht könnten wir in Bremen auch eine derartige Initiative noch einmal erwägen. Auf Bundesebene ist Erik Zabel einer der prominenten Köpfe oder die Sportlerin Heike Henkel. In Bremen haben wir einige herausragende Musikerinnen, Künstlerinnen und auch Sportler, die sich sicherlich gern für eine solche Kampagne bereitstellen und diese Kampagne weiter verbreiten würden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der Blick in das Ausland zeigt noch einmal, dass dieses Ziel durchaus erreicht werden kann und dieses Gesetz Sinn macht. In Schweden machte eine groß angelegte Informationskampagne das Gesetz zum Verbot jeglicher Körperstrafe in der Erziehung öffentlich bekannt. Diese Kampagne führte bei vielen schwedischen Eltern zur Verhaltensänderung. Gewalt gegen Kinder in Schweden hat deutlich abgenommen. Auch in Bremen brauchen wir ein breites Bündnis, und ich bin sehr froh, dass der Berichtsantrag, den ja auf unsere Initiative alle Fraktionen gemeinsam getragen haben, hier auch wirklich sehr umfassend beantwortet worden ist. Ich finde, die Verwaltung hat da sehr gut ihre Hausaufgaben gemacht, Frau Striezel. Ich bin auch mit der Ausführlichkeit sehr einverstanden.

Ich sage noch einmal abschließend, Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafung, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Wir können es gar nicht oft genug wiederholen. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag wird betont, dass es notwendig sei, Eltern beziehungsweise Erziehenden Hilfe und Unterstützung an die Hand zu geben, insbesondere vor dem Hintergrund der Ächtung von Gewalt. Zunächst muss festgestellt werden, dass infolge einer jahrzehntelangen familienfeindlichen Politik, insbesondere durch Rotgrün, Fehlentwicklungen im erzieherischen Bereich vielfach geradezu gezüchtet wurden. Erschreckende Folgen politischen Versagens etablierter Politiker, die nicht zuletzt aus ideologischer Verbohrtheit, was insbesondere auf die linke Achtundsechziger-Politikkaste zutrifft, geradezu irrsinnig so genannte antiautoritäre Erziehungsmodelle propagierten, sind heute durch die immer mehr um sich greifende Kriminalität unter Jugendlichen und Kindern allerorts sichtbar und hautnah spürbar.

Meine Damen und Herren, sträflich rächt sich am Gemeinwesen, was herrschende Politiker von rotgrün bis schwarzgelb über Jahrzehnte verschuldet haben. Gerade die so genannten Grünen haben stets die Notwendigkeit der Förderung intakter Familien im Sinne traditioneller Werte in Frage gestellt. Die Familie als kleinste, aber wichtigste Ordnungszelle des Volkes wurde sogar als faschistoid gebrandmarkt. Nun, angesichts des speziell von Linken angerichteten Scherbenhaufens, will man plötzlich das Thema Familie für sich vereinnahmen. So genannte junge Grüne unter der parlamentarischen Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Frau Göring-Eckardt, wollen Familienpoli

tik als Querschnittsthema aufwerten. Man darf auf die Ergüsse gespannt sein, zumal sich dieser Kreis nicht im Widerspruch zu den schuldbeladenen Traumtänzern der Achtundsechziger-Kaste sieht.

Dass nun Kanzlergattin Doris Schröder-Köpf für rote Genossen das Thema Familienpolitik mit der Belegung und Forderung, die wieder einmal von den demokratischen Rechten erhoben wurde, in der Öffentlichkeit testet, ist besonders bemerkenswert. Was die SPD-Frau verbreitet, könnte von der Deutschen Volksunion abgeschrieben worden sein. Zitat aus einem jüngsten Interview: „Wir müssen unsere Kinder wieder mehr erziehen“ – vollkommen richtig! – „und ihnen Werte vermitteln, Pflichtbewusstsein, Fleiß, Aufrichtigkeit, Hilfsbereitschaft, Verlässlichkeit, Anstand und richtiges Benehmen beibringen“. Alles DVU-Forderungen, schon vor Jahrzehnten gestellt, wohl wahr! Die DVU kann auch nur zustimmen, wenn die Kanzlergattin den zunehmenden Einfluss von Konsumgütern auf Kinder kritisiert. Wenn sie es wirklich ernst meint, hat Frau Schröder-Köpf allerdings ein ganz großes Problem: Sie ist nämlich in der falschen Partei!

Wie auch immer! Unter Mitverantwortung und Beteiligung auch der CDU kam es zur Entwertung und zum Infragestellen nahezu aller übernommenen sittlichen, ethischen und moralischen Werte und Ordnungsvorstellungen. Die gefährliche Sinnleere unter jungen Menschen, vielfach Ursache von Gewalt, ist weitestgehend das Resultat marxistisch indoktrinierter Gesellschaftsveränderer, die inzwischen als Apo-Opas oder -Omas das große Jammern anstimmen. Wenn Figuren solcher Kreise nun die späte Erkenntnis kommt, nachdem sie den Marsch durch die Institutionen des Staates zwar geschafft haben, doch zunehmend einen geordneten Rückzug fürchten, dann sollten sie auch den Mindestanstand besitzen, für den von ihnen angerichteten Schaden die Verantwortung zu übernehmen statt Verblödungskampagnen gegen nicht vorhandene Gewalt von Rechts zu inszenieren.

Meine Damen und Herren, nichts macht die Notwendigkeit der Durchsetzung der Forderung der Deutschen Volksunion deutlicher als das Totalversagen des etablierten Parteienkartells auch und gerade im Bereich der Familienpolitik. Erziehungshilfen laufen ins Leere, wenn sie einer künstlichen Welt im Kopf entspringen und dem lebensrichtigen Menschenbild widersprechen. Klar ist, dass junge Menschen Vorbilder, Ideale und Orientierungshilfen suchen, insbesondere in der Familie, aber auch in der Gesellschaft brauchen. Deshalb sind ein unzerrüttetes Familienleben, gegenseitige Achtung und eine kinder- und jugendfreundliche Einstellung der Gesellschaft und der Medien, aus denen endlich Gewaltdarstellungen verbannt werden sollten, ganz wesentliche Voraussetzungen für eine gesunde Entwicklung junger Menschen unseres Volkes. Mehr denn je fragen sie nach dem Sinn des Lebens, der

Arbeit, der Leistung, der Ehe und der Familiengründung.

Von einer Politik, die Individualismus, Materialismus und konsumorientierte Selbstverwirklichung in den Vordergrund stellt, können junge Leute keine überzeugenden Antworten erhalten. Das dürfte sogar Ihnen klar sein! Das ist im Übrigen auch einer der Gründe, weshalb sich die junge Generation mehr und mehr von der Kaste der Altparteien abwendet, was insbesondere bei Wahlen deutlich zum Ausdruck kommt, und nach glaubwürdigen Alternativen sucht. Es kommt nicht von ungefähr, dass die DVU gerade unter Erst- und Jungwählern größte Anteile hat. Das habe ich aber ja vorhin schon erwähnt.

Abschließend sei zudem festgestellt, von einer familien- und kinderfreundlichen Politik ist nach wie vor, weder bei der CDU noch bei der SPD und schon gar nicht bei den Grünen, auch nur ansatzweise etwas sichtbar. So genannte Bildungs- und Beratungsangebote im Rahmen der von Altparteien geschaffenen Bedingungen sind eher schädlich als nützlich und dürften auch die Eindämmung von Gewalt nicht fördern. Wenn, wie im Antrag, die Ächtung von Gewalt in der Erziehung angesprochen wird, dann stellt sich die Frage, weshalb Abtreibungsgewalt unerwähnt bleibt. Es ist nämlich zwingend erforderlich, dass im Einklang mit dem Sittengesetz und der Verfassung der Schutz des ungeborenen Lebens gefordert wird.

Meine Damen und Herren, hunderttausende Kinder werden Jahr für Jahr in der Bundesrepublik Deutschland abgetrieben, auch unter Inanspruchnahme öffentlicher Kassen. Gleichzeitig fehlen jährlich hunderttausende von Geburten in ganz Deutschland zum Erhalt des deutschen Volkes und zur Sicherung unserer Zukunft. Erziehungshilfe für Familien sollte insbesondere dahingehend erfolgen, dass der Endlösung im Mutterleib begegnet wird. Unser Volk braucht deutschen Nachwuchs mehr als Kinderimporte aus allen möglichen fremden Kulturkreisen. Deshalb: Wer Familienpolitik zum Wohl des deutschen Volkes will, muss die Herodes-Politik der Herrschenden bekämpfen. Das heißt ganz klar, das bleibt oberstes Gebot der Deutschen Volksunion, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.

Im Übrigen, Herr Dr. Güldner, habe ich zum Beispiel, und das gehört zur Gewalt, auf der 1.-MaiDemonstration in Berlin, aber nicht nur in Berlin und nicht nur am 1. Mai, nur rote, unter Mithilfe der kommunistischen PDS, und ausländische Schlägertrupps gesehen, die gewalttätig und randalierend durch Berlin gezogen sind und auf Polizeibeamte eingedroschen haben. Ich habe aber keine, so wie Sie es hier immer in Ihren Wahnvorstellungen behaupten, braunen Schlägertrupps gesehen. Das beweist mir doch ganz klar und deutlich, dass Gewalt hauptsächlich von Linken und ihren linken Genossen ausgeht. Darüber sollten wir uns hier einmal unterhalten, über

linke Gewalt! Das wäre sinnvoller und angebrachter. – Ich bedanke mich!

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Striezel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt hat es mich auch erwischt, dass ich nach Herrn Tittmann reden muss. Das ist wirklich nicht so einfach, das muss ich schon sagen. Die Agitation, die da immer herüberkommt, und all seine Textbausteine, die, egal zu welchem Thema, immer wieder auftauchen, sind schon schwer zu ertragen.

Herr Tittmann, Sie sind nicht die Einzigen, die irgendwelche Werte gepachtet haben oder die glauben, wenn irgendwo eine Wertediskussion stattfindet, ist die Grundlage immer die DVU! Alle anderen Parteien nehmen für sich selbstverständlich in Anspruch, dass sie eine Wertediskussion immer und ewig führen dürfen.

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Sie setzen es nicht um!)

Auch die Kanzlergattin darf sich zu Erziehungswerten äußern, ohne deswegen in Ihre Ecke gerückt zu werden. Das will ich deutlich sagen!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. T i t t - m a n n [DVU]: Es passiert nichts!)

Gemeldet habe ich mich, als Herr Pietrzok von Tätern und Opfern sprach, und ich habe ja auch einen Zwischenruf gemacht. Herr Pietrzok, ich würde Sie ganz herzlich bitten, noch einmal zu überlegen, ob das die richtige Einteilung ist. Wir haben sonst Täter und Opfer, das ist dann strafrechtlich, und da tun wir etwas für die Opfer, aber ob wir in der Familie und im Rahmen von Erziehung mit diesen Einteilungen umgehen dürfen? Ich glaube nicht, dass wir das so sagen können, egal, wie viele Gutscheine mit Geld verbunden ausgeben werden, ihr seid Täter, deswegen müsst ihr jetzt kommen und euch entsprechend behandeln lassen. Das wird nicht funktionieren.

(Abg. P i e t r z o k [SPD]: Hat aber auch keiner behauptet!)

Ja, aber wenn man die Begriffe Täter und Opfer nimmt, dann gibt es diese entsprechenden Schubladen, in die man fällt, weil die Begriffe ja besetzt sind. Ich weiß, und das wissen Sie auch, Sie haben ja auch einen Jungen, dass Kinder nicht immer Opfer sind. Manchmal werden auch Eltern Opfer ihrer Kinder. Das muss man auch sehen. Es gibt ja immer wieder Situationen, in denen Kinder wirklich, und wir wis

sen das alle, so piesacken und nerven können, dass es wirklich bewundernswert ist, wenn man sich da im Griff behält und nicht ausrastet.

Das ist ein Geben und ein Nehmen, einmal hat es der eine besser und einmal der andere. Aber um das miteinander hinzubekommen, finde ich, wollen wir die Angebote machen. Dafür ist eine Begrifflichkeit schwierig, auf die Sie sonst ja auch so viel Wert legen bei der SPD. Ich bin da sonst ja gar nicht so pingelig, aber ich glaube, in diesem Fall muss man sehr pingelig sein, damit man diese Begriffe nicht anwendet, ich bitte herzlich darum!

Frau Stahmann, Sie haben mit Recht geschildert, dass wir die neuen Angebote nicht immer so aufrechterhalten können, wie sie vielleicht notwendig sind. Ich sage das, was ich in diesem Zusammenhang schon immer gesagt habe: Wenn wir etwas Neues wollen, müssen wir sehen, was wir an alten Angeboten einstellen oder ändern können. Wir wissen einfach, dass Ressourcen, die einmal vergeben sind, sozusagen oft einen Selbstzweck entwickeln. Das kann es nicht sein, und von daher, wenn wir da gemeinsam sehen, wo etwas Neues kommt, wo wir etwas verändern oder einstellen können, dann schaufeln wir vielleicht auch dafür ein bisschen Geld frei.

Ich glaube, grundsätzlich unterscheiden wir uns darin, Frau Stahmann, das habe ich schon bei Ihrem ersten Antrag herauslesen können und gespürt, welche Adressaten es mit diesem Gesetz gibt. Nach meinem Dafürhalten sind in allererster Linie eindeutig die Erziehungsberechtigten damit gemeint, weil sie in der Tat in aller Regel, jedenfalls in den ersten Jahren, natürlich die Stärkeren sind, die sich gegenüber den Kindern einwandfrei durchsetzen. Das andere entwickelt sich ja nachher im Laufe des Älterwerdens von Kindern, wenn sie dann auch Methoden entwickeln, die es für Eltern manchmal ganz schwierig machen. Für uns sind die Adressaten dieses Gesetzes die Erziehungsberechtigten, das heißt also in aller Regel die Eltern, aber natürlich auch alle anderen, die erziehungsberechtigt sind. Insofern ist unser Ansatz nicht in erster Linie die Stärkung der Rechte der Kinder und Jugendlichen, das will ich deutlich sagen!

Möglicherweise kann ich da, wenn wir darüber länger diskutieren, etwas lernen, das will ich nicht ausschließen, aber erst einmal sehe ich diesen Aspekt, und ich weiß auch, dass im Wesentlichen die Richtung von Gewalt in der Erziehung von Eltern zu Kindern geht und eben nicht umgekehrt. Deswegen ist mein Schwerpunkt da. Aber vielleicht nähern wir uns da im Laufe der Zeit an. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort Herr Staatsrat Dr. Knigge.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke für die Würdigung unseres umfassenden Berichtes, auch wenn einige Fragen und Vorbehalte anklangen.

Ich glaube, wir können dem Bericht entnehmen, dass wir in Bremen gute Voraussetzungen mitbringen, um dieses, wie ich finde, sehr wichtige Gesetz auch mit Leben zu erfüllen. Das Gesetz, die Gewalt in der Familie zu ächten, zu verabschieden, ist eine Seite. Die andere Seite der Medaille ist natürlich, den Eltern zu helfen, ihrer Verantwortung und ihrem erzieherischen Auftrag tatsächlich gerecht zu werden. Dies sind zwei Seiten einer Medaille. Beides gehört zusammen, und wir wissen, dass viele Eltern natürlich auch auf diese Hilfe angewiesen sind, um ihrer Verantwortung als Erziehungsberechtigte gerecht zu werden.

Dieser Bericht macht ja deutlich, dass wir in Bremen eine gut ausgebaute Infrastruktur an Beratung und konkreter Hilfestellung haben. Ich sage aber ganz offen: Ich kann mir schon vorstellen, dass wir auch noch einmal darüber beraten sollten, ob es nicht Sinn macht, diese unterschiedlichen Angebote stärker zu bündeln und noch gezielter einzusetzen. Ich bin sehr froh, dass wir hier im Bereich der Erziehungshilfe auch eine Umsteuerung begonnen haben, die inzwischen auch ganz konkrete Früchte trägt. Wenn Sie sich die Entwicklung hin zu mehr ambulanten und präventiven Hilfen anschauen, sind wir, glaube ich, auf einem sehr guten Weg in diesem Bereich.

Natürlich kann ich mir immer noch vieles, Frau Stahmann, zusätzlich vorstellen, auch vieles, was natürlich dann auch Geld kosten würde. Ich sage aber ganz offen: Wir haben jetzt 118 Millionen DM in dem Bereich Erziehungshilfe im Etat vorgesehen. Wir haben im Bereich des Kontraktes diesen Betrag auch abgesichert, auch mit weiteren Einsparungen, die wir im nächsten Jahr noch erzielen wollen. Dies stellt uns aber schon vor die Notwendigkeit, genau zu schauen, wie wir diese Umsteuerung auch vorantreiben können. Wenn wir wirklich neue Sachen aufnehmen wollen, dann können wir uns nur in diesem Rahmen bewegen. Ich meine, dieser Rahmen dürfte auch groß genug sein, um neue Wege miteinander zu gehen.

Ich will noch einmal betonen, dass die Umsetzung dieses Gesetzes natürlich vorrangig eine Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe sein muss. Die kommunale Ebene ist hier ganz stark gefragt, und dazu gehört aus meiner Sicht natürlich auch der Bereich der Kinder- und Jugendförderung, und zwar nicht nur, soweit Kinderschutz konkret angesprochen ist, sondern auch der Bereich der Jugendförderung selbst. Dies gehört auch, finde ich, zu stärkerer Prävention und Hilfe für Eltern insgesamt.

Dazu gehört aber natürlich, wenn wir über, ich will es einmal so nennen, strukturelle Bausteine zur

Umsetzung dieses Gesetzes sprechen, nicht nur der Bereich Kinder- und Jugendhilfe, sondern auch andere politische Gestaltungsfelder. Ich nenne einmal als weiteres Beispiel den ganzen Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe mit dem Stichwort der verlässlichen Grundschule. Dazu gehört hier auch die Frage, wie wir ein Betreuungsangebot für Eltern sicherstellen können, damit sie ihrem Erziehungsauftrag und ihrer Erziehungsaufgabe gerecht werden. Dazu gehören auch andere Ansätze, die wir in den letzten Jahren ressortübergreifend mit Programmen zur Gewaltprävention und zur Bekämpfung der Jugendkriminalität angelegt haben. Ich nenne nur als Stichworte den Täter-Opfer-Ausgleich, Prävention im Grundschulbereich, Notruf-Angebote und so weiter. Es gibt also eine breite Palette an notwendigen Angeboten und notwendiger Begleitung. Dazu gehört auch, und damit komme ich zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen, dass wir uns über verstärkte Familienbildung hinaus hier durchaus überlegen sollten, auch neue Wege zu gehen. Familienbildung kann auch wirksame Hilfestellung für Eltern bringen. Wir haben in Bremen und Bremerhaven zurzeit bereits ein ziemlich beachtliches Angebot, aber auch hier sehe ich durchaus die Notwendigkeit, mehr zu bündeln und auch mehr Informationen an die betroffenen Eltern zu geben. Wir sind natürlich nicht nur bereit, sondern wir werden das auch tun, diesen Vorschlag mit dem Bildungsgutschein zu prüfen. Natürlich hängt das auch sehr eng damit zusammen, was der Bund hier konkret plant. Ich habe diesen Vorschlag, diesen Ansatzpunkt so verstanden, dass es hier neben dem so genannten Bildungsgutschein auch noch zusätzliche Angebote des Bundes geben muss, wie dieses Bildungsangebot über ein Online-Handbuch der Familienbildung, dass es aber auch eine Professionalisierung der Fachkräfte der Familienbildung und der Jugendhilfe geben muss. Dies wird natürlich auch alles Geld kosten. Wir müssen sehen, wie wir das zusammen mit dem Bund und auch im Konzert mit den anderen Ländern, wofür ich mich auch einsetzen würde, hinbekommen. Wenn wir das schaffen, wäre das sicherlich ein weiterer wichtiger Mosaikbaustein, um den Eltern die notwendige Hilfestellung zu geben, damit wir das erreichen, was in der Tat dieses Gesetz konkret vorschreibt. Es geht letztlich darum, dass wir gemeinsam alles tun, um gesunde Kinder zu erziehen. Gesunde Kinder werden am besten erzogen und erhalten die beste Hilfestellung nach wie vor in den Familien. Das muss auch so bleiben! Wo die Familie dieser Aufgabe nicht gerecht werden kann, muss der Staat die notwendige Hilfestellung geben, damit die Familien ihrer Verantwortung gerecht werden können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 15/695 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?