Protokoll der Sitzung vom 30.08.2001

Ein Gesetz ist nur dann nützlich, wenn es auch wirklich etwas bringt.

(Beifall bei der CDU)

Diesen Beweis hat noch keiner angetreten, dass ein Landesvergabegesetz für das Problem, das wir hier diskutieren, Abhilfe schafft.

(Beifall bei der CDU)

Berlin, meine Damen und Herren, hat als erstes Land ein Landesvergabegesetz eingeführt. Berlin ist eine Großbaustelle, da wird an jeder Ecke gebaut, und jeden Tag werden da mehr deutsche Bauarbeiter entlassen. Daran sehen Sie, das Problem ist nicht mit einem solchen Gesetz zu lösen, damit kann man andere Dinge transparenter machen, aber man kann das Problem Arbeitsmarkt mit einem Landesvergabegesetz nicht lösen.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Sind Sie bereit, eine weitere Zwischenfrage anzunehmen?

Ja, bitte!

Bitte, Frau Wangenheim!

Herr Abgeordneter, können Sie mir dann erklären, warum Sie für ein Bundesvergabegesetz sind?

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das kann ich Ihnen genau sagen! Weil dann bundeseinheitlich für alle das Gleiche gilt und weil natürlich andere Probleme darin aufgenommen werden müssen! Sie können nicht nur sagen, Sie müssen die Bauleistungen in einem Tarifgebiet – wenn wir das einmal hier auf Bremen beziehen – regeln. Das ist nun einmal so, dass die Vergaben stattfinden, dass jeder sich bewerben kann. Aus der ganzen Bundesrepublik können sich alle Firmen hier um Ausschreibungen bewerben, das ist doch ganz selbstverständlich. Ein Landesvergabegesetz kann auch nur das regeln, was das Land an Vergaben tätigt, und das sind einmal gerade knapp 20 Prozent des Volumens insgesamt, das hier in Bremen verbaut wird. Damit können Sie den Markt hier in Bremen nicht heilen.

Ich stelle mir auch vor, dass in einer Bundesregelung natürlich auch andere Punkte mit angesprochen werden müssen. Da müssen auch die Punkte mit angesprochen werden, wie das mit den ausländischen Arbeitnehmern ist, wie das mit den Arbeitnehmerüberlassungen ist, ob das verlängert werden soll oder nicht, ob das aus den osteuropäischen Ländern so weitergehen soll oder ob es da irgendwelche Vorschläge gibt. Das gehört doch alles dazu, das sind doch auch diejenigen, die jetzt den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen. Das muss in einer bun

desweiten Regelung natürlich auch mit angesprochen und geklärt werden, meine Damen und Herren! Es nützt doch gar nichts, darum herumzureden und das nicht auszusprechen.

(Abg. M ü t z e l b u r g [Bündnis 90/Die Grünen] meldet sich zu einer Zwischen- frage.)

Ich werde jetzt keine weiteren Fragen mehr annehmen, weil ich auch meine Redezeit nicht überschreiten will.

Ich sage nur in einigen Punkten, auch was Sanktionen betrifft, wir waren immer sehr dafür, dass es eine Truppe gibt, die die Schwarzarbeit überprüft, die Kontrollen durchführt, die illegale Beschäftigung aufspürt. Wenn solche Unternehmen gefasst werden oder wenn das aufgedeckt wird, dann sind auch harte Sanktionen zu verteilen. Das ist überhaupt keine Frage! Dagegen kann sich ja auch keiner sperren, das will ja auch keiner. Diese Möglichkeiten sind ja im Übrigen auch da.

Was mich hier auch sehr interessieren würde, ist, was von Frau Wischer oder vielleicht auch vom Arbeitsressort noch dazu zu sagen ist, wie das eigentlich mit der Kombination Arbeitsamt, Zoll, der Truppe beim Arbeitssenator und der –

(Abg. B e c k m e y e r [SPD]: Polizei!)

vielen Dank, Kollege Beckmeyer! –, und der Polizei ist, wie die zusammenarbeiten. Wir haben ja mehrere Hinweise auf Baustellen gehabt, die wir weitergegeben haben, die aber leider dann überhaupt nicht richtig weiter verfolgt worden sind. Wir haben auch gar nicht mehr herausfinden können, wer nachher dafür die Verantwortung übernommen hat, ob nun Zoll, Arbeitsamt oder sonst jemand. Es würde mich einmal sehr interessieren, wie die zusammenarbeiten und ob die überhaupt zusammenarbeiten, denn es wäre ja sinnvoll, wenn sie gut zusammenarbeiten würden.

Zusammengefasst: Wir warten auf eine bundesweite Regelung. Die werden wir uns genau anschauen. Wenn es die nicht gibt, werden wir andere geeignete Maßnahmen ergreifen, möglicherweise auch rechtliche, darüber werden wir diskutieren. Auch Herr Jägers hat vorhin gesagt, Niedersachsen – wir sind ja keine Insel, auf der wir leben, wir leben sozusagen in einem großen anderen Bundesland – hat kein Landesvergabegesetz, und wenn sich das Land dazu entschließen sollte, ein Landesvergabegesetz einzuführen oder Maßnahmen zu ergreifen, dann passt das noch besser, als wenn es nach wie vor kein Landesvergabegesetz macht. Wir sind darauf angewiesen, und auch unsere bremischen Unternehmen sind darauf angewiesen, dass sie Aufträge aus anderen

Bundesländern bekommen, meine Damen und Herren. Wir können den Markt nicht abschotten,

(Beifall bei der CDU)

sonst hat das nämlich kontraproduktive Ergebnisse, und die Leute sind wahrscheinlich noch schneller arbeitslos, als wir vielleicht denken. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Senatorin Wischer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Probleme, um die es geht, denke ich, sind durch meine Vorrednerinnen und Vorredner hinlänglich beleuchtet. Sowohl die Wettbewerbsverzerrung durch zunehmenden Einsatz von Billiglohnarbeitern zu Lasten der mittelständischen Unternehmen mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen als auch der Abbau von Arbeitsplätzen ist angesprochen worden bei örtlichen wie regionalen Bauunternehmen, und dies – das hat Herr Jägers gesagt – trotz umfangreicher erlebbarer Bautätigkeit. Es sind der Frust und der Zorn der Menschen, die in diesem Sektor eigentlich tätig sein möchten und keine Beschäftigung finden, angesprochen worden. Es sind Fragen der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung auf der einen Seite angesprochen worden.

Auf der anderen Seite, denke ich, ist es nicht dezidiert angesprochen worden, aber eben bei Herrn Focke angeklungen, dass es ja unterschiedliche Anläufe in der Bundesrepublik gegeben hat, dessen Herr zu werden. Es sind Hürden aufgetaucht sowohl verfassungsrechtlicher Natur als auch, unter den Gesichtspunkten der EU, wettbewerbsrechtliche Hürden. Ich will das alles hier nicht noch einmal vortragen, weil das Ihnen allen bekannt ist. Insofern will ich mich sehr kurz fassen.

Ich denke, so habe ich es jedenfalls verstanden, der Antrag der Koalitionsfraktionen macht deutlich, dass es den gemeinsamen Willen zur Problemlösung gibt, um diese bisher erkannten oder bisher angenommenen Hürden auch zu überwinden. Meine Damen und Herren, der Entwurf eines Gesetzes zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen, dessen Einbringung im Bundestag der Bundesrat mit Stimmen Bremens beschlossen hat, ist, denke ich, in der Tat eine große Chance, dass wir im Bund zu einer einheitlichen gesetzlichen Regelung kommen werden. Ich hoffe sehr, dass dies gelingt.

Nun hatte ich mir gedacht hinsichtlich Ihres Punktes vier, den ich gelesen habe, in dem steht, für den Fall, dass das Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene bei der Vergabe öffentlicher Aufträge drängende Probleme nicht in ausreichendem Maße re

gelt, wird der Senat gebeten, unverzüglich landesrechtliche Lösungen zu entwickeln und der Bürgerschaft vorzulegen.

(Abg. D r. S c h r ö r s [CDU]: Keine ein- zige, darum gibt es auch keine!)

Da habe ich gedacht, das bezieht sich auf den Auftrag, den der Senat ja schon einmal formuliert hat an mein Haus, nämlich ein Landesvergabegesetz zu entwickeln. Dies haben wir bereits getan. Es gibt den Entwurf eines Landesvergabegesetzes, der in der ersten Abstimmung auch mit anderen zu Befragenden nicht konsensual war, aber ich habe gedacht, dies sei eine gute Grundlage, auf der wir weiterarbeiten können, sollte es im Bund nicht erfolgreich sein, dies zur Grundlage zu nehmen, um dann zu einem Konsens zu kommen, der den Anforderungen Ihres Antrages entspricht, also nicht von null anfangen zu müssen, sondern mit diesem Entwurf dann auch weiterzuarbeiten. Insofern habe ich eigentlich insgesamt den Antrag der Koalition begrüßt, dass der Senat aufgefordert wird, sich intensiv für die bundesgesetzliche Regelung einzusetzen, das heißt insbesondere nicht nur mein Ressort, sondern auch der Senator für Arbeit, der Senator für Wirtschaft und der für Finanzen, das sind ja die entscheidenden Säulen in diesem Zusammenhang. Dies ist Ihre Aufforderung, und ich begrüße das außerordentlich. Wenn das im Bund nicht von Erfolg gekrönt sein sollte, so finde ich, sollte Bremen in der Tat zu einer eigenen Regelung kommen. Da denke ich nach wie vor, dass der Gesetzentwurf meines Hauses in Kombination mit geeigneten Sanktionsmaßnahmen und Kontrollmechanismen – und auch die Sanktionsmaßnahmen kann man ja in einem solchen Gesetz präzise formulieren – eine geeignete Grundlage ist, auf der wir gemeinsam weiterarbeiten können, und es dann auf den Weg bringen. Ich finde, es ist zumindest eine geeignete Grundlage. Ich glaube, und auch das ist hier angesprochen worden, dass wir es den Menschen schuldig sind, die in diesem Bereich arbeiten wollen, Arbeit haben möchten und ausgesperrt sind und im Grunde an den Bauzäunen stehen und sagen, wieso haben wir keine Arbeit. Jetzt zur Frage, und an der Stelle würde ich Ihnen Recht geben, Herr Focke, dass ein Landesvergabegesetz nicht alle Dinge regeln kann! Die Fragen der Kriminalität werden Sie nicht mit einem solchen Landesvergabegesetz regeln können.

(Zuruf von der CDU)

Das müssen die Fraktionen untereinander klären, ich habe einfach Ihren Text genommen und ihn so genommen, wie der Wortlaut ist.

(Abg. F o c k e [CDU]: Das ist ein fal- scher Text!)

Böhrnsen und Fraktion der SPD, Eckhoff und Fraktion der CDU! Aber bitte klären Sie das als Fraktionen!

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Was steht da- rin? Lesen Sie es doch noch einmal vor, Frau Senatorin!)

Das ist mein Text: „Für den Fall, dass das Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene bei der Vergabe öffentlicher Aufträge drängende Probleme nicht in ausreichendem Maße regelt, wird der Senat gebeten, unverzüglich landesrechtliche Lösungen zur Entwicklung“ – –.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Dann haben Sie einen falschen Text!)

Das ist der falsche? Kann ich dann vielleicht den richtigen Text haben, und hilft der mir weiter in der Frage?

(Heiterkeit – Abg. F o c k e [CDU]: Das ist ein ganz peinliches Missgeschick!)

Danke schön! Dann darf ich ja auch da sagen, geeignete Maßnahmen oder gesetzgeberische Initiativen zu entwickeln, zumindest kann ich Ihnen dann sagen, dass die gesetzgeberischen Initiativen gut vorbereitet sind

(Beifall bei der SPD)

und dass wir dann auf dieser Basis aufbauen können. Eigentlich finde ich es schade, dass es nicht der alte Text geblieben ist.

(Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei der CDU)

Vielleicht jetzt noch einmal zu der Nachfrage, die gestellt worden ist, was mit den von der Bürgerschaft auch oft geforderten Kontrollgremien und -mechanismen passiert ist! Sie wissen, dass die Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit eingesetzt ist und ihre Arbeit auch macht, aber Ihre Frage war konkret zu der gemeinsamen Ermittlungsgruppe GEA zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung.

Der Senat hat am 12. Juni 2001 das Konzept, das erarbeitet worden ist, gebilligt. In einer ersten Ausbaustufe sind an dieser gemeinsamen Ermittlungsgruppe die Senatoren für Finanzen, für Wirtschaft und Häfen, für Bau und Umwelt, für Justiz und Verfassung, die Polizei Bremen sowie der Senator für Arbeit mit der Koordinierungsstelle zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung und dem Amt für Soziale Dienste beteiligt. In der zweiten Ausbaustufe soll die GEA erweitert werden um Kooperationspartner, Arbeitsamt, Zoll, Steuerfahndung, Rentenversicherungsträger, Handwerkskammer, Berufsgenossen

schaften. Diese werden auch schon vorab in die Ermittlungen und Beweisauswertungsverfahren sowie in den Informationsaustausch der GEA einbezogen.

Zur Umsetzung des Konzeptes hat es Mitte Juli ein Gespräch mit den beteiligten Ressorts gegeben. In dem Gespräch wurden Ansprechpartner für die Einrichtung der GEA in der ersten Umsetzungsphase in den von mir genannten Behörden benannt. Gleichzeitig wurde eine Projektgruppe unter der Leitung der Polizei beschlossen. Inzwischen, zur weiteren Realisierung, hat man die Raumplanung konkretisiert, hat die Ausstattung definiert, und die Projektgruppe wird in der Folge jetzt über den Umsetzungsstand weiter informieren und die weiteren organisatorischen Probleme ansprechen. Ich denke also, dass dies auf den Weg gebracht und auch recht bald arbeitsfähig ist. Die Vorarbeiten sind insofern erfolgreich abgeschlossen. So viel von meiner Seite! – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD)