Protokoll der Sitzung vom 27.09.2001

Wir haben im November 2000 und im Juni 2001 darüber diskutiert, und heute diskutieren wir die Mitteilung des Senats, eine Mitteilung, aus der meines Erachtens hervorgeht, dass der Senat das Problem nicht nur erkannt hat, sondern dass der Senat auch schon gehandelt hat. Meine Damen und Herren, das, was der Senat getan hat, nenne ich Aktion, und wenn ich Ihnen Aktion sage, dann sage ich Ihnen auch gleich die Definition des Dudens, und der Duden definiert das Wort Aktion, mit Genehmigung des Präsidenten zitiere ich: „gezieltes Vorgehen, planvolle Unternehmung“. Was Sie wollen, scheint in meinen Augen mehr unter den Begriff Aktionismus zu fallen, und das wird definiert als „übertriebener Tätigkeitsdrang“. Ich werde Ihnen auch gleich die Gründe für meine Einschätzung geben, meine Damen und Herren. Vor dem Hintergrund der bremischen Haushaltslage müssen wir als Handelnde zur Kenntnis nehmen, dass die Grenzen unseres Tuns abgesteckt sind, und zwar haben wir als Ziel für das, was wir erreichen wollen, allerdings festgesteckt, dass wir die Unterrichtsversorgung abdecken wollen. Das, meine Damen und Herren, wird erreicht, und bis auf eine Meldung in den Medien zu Schuljahresbeginn, als es offenbar auch noch Probleme bei der entsprechenden Schuleinheit gab, ist der Unterrichtsbeginn 2001 geglückt. Von daher ist hier kein Chaos in Bremen entstanden, wie wir es aus früheren Zeiten noch kennen.

(Abg. Frau J a n s e n [SPD]: Wann denn? – Zuruf der Abg. Frau W a n g e n h e i m [SPD])

Wir wollen die Stundentafel erfüllen und durch eine fächerspezifische Lehrerbedarfsplanung errei

chen, dass in den Mangelfächern kein Unterricht ausfällt. Von daher müssen sowieso Einstellungen vorgenommen werden, weil unbestritten Lehrerinnen und Lehrer aus dem Schuldienst ausscheiden. Aber eines, meine Damen und Herren, darf auf keinen Fall wiederholt werden! Es darf nicht, wie vor 30 Jahren, eine ausschweifende Einstellungspolitik betrieben werden, die unabhängig von der Fachqualifikation der Lehrerinnen und Lehrer alles in den bremischen Schuldienst holte, was auf dem Arbeitsmarkt vorhanden war.

Darüber hinaus darf ich bemerken, dass die damalige Politik natürlich auch das Problem von heute mitgeschaffen hat. Viele Lehrerinnen und Lehrer sind in derselben Altersgruppe, über Jahre gab es kaum Einstellungen, und viele scheiden jetzt gleichzeitig aus dem Schuldienst aus. Einen Altersmix von Lehrerinnen und Lehrern schafft man durch kontinuierliche Neueinstellungen, so, wie wir es in der großen Koalition seit sechs Jahren auch praktizieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD])

Ja, Frau Hövelmann, wenn man früher gehandelt hätte! Ich darf daran erinnern, übermorgen jährt sich zum zehnten Mal der Tag, an dem die SPD die Alleinherrschaft in Bremen verloren hat. Ein schöner Tag, wie ich finde!

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau H a m - m e r s t r ö m [SPD]: Ihr werdet aber auch immer platter!)

Wenn man früher gehandelt hätte, dann hätten wir heute auch nicht die Probleme, die Sie gerade beklagt haben.

Ich darf Ihnen, um zum Thema zurückzukehren,

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Peinlich, peinlich! Wie im Kindergarten!)

als Beispiel für die Flexibilität, die wir mittlerweile erreicht haben, das Beispiel der Diplomanden nennen,

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Wird Zeit, dass wir diese Koalition beenden!)

die nach Ableistung des Referendariats in den Schuldienst übernommen werden können. Herr Kollege Mützelburg hat das ja eben auch angesprochen. Nur, Herr Kollege Mützelburg, ich bin nicht Ihrer Auffassung, dass diese dann nur noch einen Kurzlehrgang Referendariat machen müssen, sondern ich finde, dass dann die, die zum Beispiel ein naturwissenschaftliches Diplom haben, sich auch im Referenda

riat pädagogische Qualifikationen aneignen sollen. Von daher bin ich nicht dafür, Ihrem Beispiel zu folgen und zum Beispiel nur ein ganz kurzes Referendariat von nur einem Jahr zu machen. Ich bin schon dafür, dass die pädagogische Komponente hier sichergestellt werden soll.

Darüber hinaus sind wir aus übergeordneten Gründen, das betone ich, nicht aus ordnungspolitischen Gründen, wieder dazu übergegangen, und der Senat hat dies beschlossen, dass Lehrerinnen und Lehrer wieder zu verbeamten sind.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Damit entsteht das gleiche Problem wieder in 30 Jahren!)

Wenn alle anderen Bundesländer jungen angehenden Lehrerinnen und Lehrern die Verbeamtung anbieten, muss auch Bremen dies tun, allein um geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern ein entsprechendes Angebot hier im bremischen Schuldienst machen zu können. Für die Zukunft ist Bremen im Rahmen seiner Möglichkeiten gut gerüstet, wie wir finden.

Herr Mützelburg, Sie haben anerkannt, dass es einen Einstellungskorridor gegeben hat, der sogar im Frühjahr dieses Jahres noch erhöht worden ist. Die Zahl der Referendariatsplätze wurde pro Halbjahr um 50 erhöht, damit ist ein Pool geschaffen worden, aus dem auch entsprechende Einstellungen vorgenommen werden können. Wir haben darüber hinaus alles zu tun, was im Kanon der anderen Bundesländer zu tun ist. Wir als CDU-Fraktion begrüßen außerordentlich, dass sich die Kultusministerkonferenz auch entsprechend geeinigt hat, dass es Maßnahmen geben soll, den Lehrerberuf attraktiver zu gestalten. Das sind ja durchaus Punkte, die Sie in Ihrem Antrag auch völlig zu Recht beschrieben hatten.

Ich sage Ihnen nur auch: Es darf eben keine bremische Lösung geben!

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Wieso hat das denn mit der EU nicht geklappt?)

Ich sage Ihnen gleich noch etwas zur EU, denn da hat der Kollege Mützelburg, glaube ich, eben in den falschen Topf gegriffen, als er dazu etwas sagte. Ich möchte nur noch ganz kurz sagen: Das, was die KMK getan hat, wozu wir hier auch beitragen, bedeutet nämlich, dass man sowohl bremischen als auch Schülern in anderen Bundesländern den Lehrerberuf attraktiver macht und damit entsprechend auch in Zukunft sich geeignete Lehramtsanwärter hier an den bremischen Markt holt.

Ich möchte noch ganz kurz auf die Native Speaker, auf die EU – –.

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Ja, doch nicht immer „ganz kurz“ sagen und dann noch einen Satz!)

Frau Hammerström, ich bemühe mich, es wirklich kurz zu machen, aber auch so, dass Sie es verstehen! Das scheint noch nicht geglückt zu sein, ich arbeite daran.

Meine Damen und Herren, Herr Mützelburg hat hier eben gesagt: gleiches Geld für gleiche Arbeit! Sie wissen natürlich ganz genau, Herr Mützelburg, wenn wir zum Beispiel einen Lehrer aus einem EULand oder aus einem anderen Land holen, dann bekommt er nicht gleiches Geld für gleiche Arbeit, weil es entsprechende gesetzliche Regelungen gibt, weil nämlich in den bremischen Schuldienst Lehrer übernommen werden, die auch eine entsprechende Lehrerausbildung hier aus Deutschland haben.

Es ist ein ganz einfaches Beispiel: Wenn Sie jemanden aus den neuen Bundesländern nehmen, der vor 1990 eine entsprechende Lehrerausbildung hatte, bekommt der nicht unbedingt gleiches Geld für gleiche Arbeit. Dazu gibt es aber höchstrichterliche Rechtsprechung. Das können wir hier auch nicht ändern. Von daher können Sie auch nicht sagen, es gibt gleiches Geld für gleiche Arbeit. Genauso gibt es nicht unbedingt die vollständige Anerkennung ausländischer Abschlüsse in dem Bereich, Herr Mützelburg. Wir sind doch sehr dafür, Native Speaker einzusetzen, sagen Sie dann bitte nur nicht gleiches Geld für gleiche Arbeit!

Wir haben da in unseren Augen in der großen Koalition das getan, was wir leisten konnten. Der Senator bleibt aufgefordert, hier kontinuierlich am Ball zu bleiben, um auch einmal etwas die Fußballsprache zu benutzen, damit wir in Zukunft auch, und das ist unser wichtigstes Anliegen, die Unterrichtsversorgung in Bremen voll abdecken können.

Durch die Altersteilzeit haben wir ja auch eine Möglichkeit geschaffen, dass wir ältere Lehrkräfte haben, die aus dem Unterricht ausscheiden, wir aber auch neue einstellen können. Von daher haben wir dort auch etwas Zusätzliches zur Verjüngung des Lehrkörpers getan. Ich bin ganz optimistisch, dass wir auf dem Weg, der noch ein langer, harter und steiniger sein wird, gut vorankommen werden, wenn wir hier gemeinsam voranschreiten. Ich würde mich freuen, wenn das ganze Haus hier den Senat unterstützt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Hövelmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rohmeyer, der letzte Satz, den Sie hier eben gesagt haben, war, jedenfalls aus meiner Bewertung, wirklich der überzeugendste und beste Satz, den Sie geäußert haben, dass wir nämlich den Senator ordentlich unterstützen müssen.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Den Senat!)

Ansonsten bin ich eigentlich ein bisschen betrübt, weil ich so viele phantasievolle Anregungen Ihrer Rede nicht habe entnehmen können. Insofern war es eher eine Bestandsaufnahme dessen, was wir hier seit längerer Zeit diskutieren.

Ich habe bei dem Vortrag von Ihnen, Herr Mützelburg, wohl gemerkt, dass Sie eben einen richtig den Rahmen sprengenden Vorschlag gemacht haben. Ich glaube, dieser ist es wert, diskutiert zu werden. Sie schlagen in Ihrem Antrag vor, dass wir den Senat bitten sollen – ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten –, „Kooperationsverträge mit der Privatwirtschaft zum Einkauf von Fortbildung und die befristete Entsendung von Fachkräften in Engpassbereiche möglich zu machen“. Ich finde, das ist ein Vorschlag, den wir durchaus ernsthaft prüfen sollten, denn er sprengt richtig den starren Rahmen des Einstellungsrechts.

Wir haben gestern über Sport in diesem Haus diskutiert. Da habe ich ja angeregt und den Senator gebeten, wie immer wir das nennen wollen, zu prüfen, wie weit mehr Kooperationen mit den Sportvereinen möglich sind. Ich kann mir gut vorstellen, dass man zeitlich befristet, wie Sie es ja hier auch in Ihrem Antrag vorschlagen, über das Mittel „Geld statt Stellen“ Engpässe erträglicher macht, so will ich das einmal nennen. Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass es einen richtigen Schub gibt, wenn wir mit mehr Personalmix und einer höheren Flexibilität in die Schulen frischen Wind mit anderen Ideen bringen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Von daher, meine Damen und Herren, ist meine Phantasie durch den Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen durchaus angeregt. Ich weiß, dass ich auch meine Kolleginnen und Kollegen in der CDU-Fraktion davon sicher überzeugen kann, denn es gibt viele Angebote aus der Wirtschaft, allein für den naturwissenschaftlichen Bereich, mit der Bereitschaft, dies auch zu finanzieren. Die SPD-Fraktion steht dem sehr aufgeschlossen gegenüber, von daher greife ich das gern auf und bin sicher, dass wir das in der Deputation für Bildung, dann auch fachlich begleitet durch die Verwaltung, intensiv debattieren und entscheiden können und werden.

Ganz kurz zu der Position der SPD-Fraktion, das Thema ist auch hier im Parlament schon fast ausdiskutiert! So viele neue Aspekte außer diesem, dass wir jetzt den Rahmen einmal überdenken und einen Schritt weiter gehen, haben wir hier ja gar nicht. Eines muss aber noch einmal deutlich, und zwar auch für die Öffentlichkeit deutlich, gesagt werden: Die SPD-Fraktion hat sich sehr klar dazu bekannt und positioniert und gesagt, inhaltliche Entwicklungen in Schulen müssen personell abgesichert werden! Wir haben in Potsdam sehr klar gesagt, dass wir es nicht zulassen werden, dass die Schüler-Lehrer-Relation unter den Bundesdurchschnitt fällt. Das sind Äußerungen, mit denen man etwas anfangen, mit denen man auch Politik machen kann! Da würde ich mich sehr freuen, wenn so eine klare Äußerung auch vom Koalitionspartner käme. Ich weiß, Herr Rohmeyer, dass Sie mir inhaltlich zustimmen, aber sagen Sie es hier doch einfach auch noch einmal deutlich!

Die Frage der Lehrkräfte aus anderen EU-Staaten und der Anwerbung möchte ich gern weitergeben an die Behörde und rechtlich klären lassen. Ich kann mir nämlich überhaupt nicht vorstellen – ich bin allerdings keine Juristin, das muss ich einschränkend sagen –, dass bei der Freizügigkeit innerhalb der EU, freier Arbeitsplatz- und Wohnortwahl, es nicht die Möglichkeit geben soll, Native Speaker hier im besten Sinne einzustellen. Das glaube ich einfach nicht! Wir müssen sie ja nicht verbeamten, das ist sowieso nicht etwas, was meine uneingeschränkte Begeisterung findet, dass wir jetzt hier überall verbeamten. Wir können sie auch in einem Angestelltenverhältnis befristet einstellen, und das gibt uns auch eine gewisse Flexibilität, die ich mir ja sehr wünsche.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir uns auch! Dafür musste er sich schon beschimpfen lassen!)

Genauso wünsche ich mir, und das wird etwas sein, was uns in der Deputation beschäftigen muss, eine Flexibilisierung in der Fortbildung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, es ist einfach nicht befriedigend, so will ich das einmal sagen, dass wir den Schulen nicht sagen können: Hier habt ihr ein Budget, damit könnt ihr Fortbildung einkaufen. Ich wünsche mir, dass in Schulen gesagt werden kann: Wir brauchen eine Fortbildung für die inhaltliche Ausgestaltung des Mathematikunterrichts, denn wir sind nicht zufrieden damit, dass in unserer gymnasialen Oberstufe die durchschnittlich erreichte Punktzahl 2,3 ist. Dies möchten wir ändern. Hier kann ich mir gut vorstellen, dass man nachsieht, was das Landesinstitut für Schule, unsere Fortbildungsinstitution, dafür bietet, oder finden die Schulen auch Fortbildungsangebote außerhalb des staatlichen Rahmens, die sie dann einkaufen können. Das ist ja auch ein Vorschlag, den

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Antrag macht.

Herr Mützelburg, da ich jetzt so viel Positives zu Ihrem Antrag gesagt habe, sage ich Ihnen auch, warum wir ihn ablehnen!

(Abg. M ü t z e l b u r g [Bündnis 90/Die Grünen]: Irgendeinen Grund wird es ja ge- ben! Haben Sie einen gefunden?)

Ich habe deutlich gesagt, welche Punkte wir inhaltlich aufnehmen werden. Wiederbesetzung jeder freiwerdenden Stelle haben Sie, glaube ich, auch hineingeschrieben, damit wir nicht wieder einen gemeinsamen Antrag verabschieden, sondern um eben auch einen Unterschied deutlich zu machen. Das finde ich in Ordnung.

Zu der bundesweiten Werbekampagne! Ich bin sicher, meine Damen und Herren, dass keiner hier im Haus und auch keiner in der interessierten Öffentlichkeit bestreiten wird, dass Senator Lemke in seiner Funktion als neuer Bildungssenator und als KMK-Präsident der Erste gewesen ist, der da einen richtigen Stimmungswechsel in jedem öffentlichen Auftritt versucht hat, um eben das Image des Lehrers umzudrehen und zu zeigen, dass es eine gute Sache ist, mit Schülerinnen und Schülern zu arbeiten, und dass es auch etwas ist, das Spaß macht und, das betone ich hier, dass es auch etwas ist, das die Anerkennung von allen gesellschaftlichen Gruppen, Schichten und Parteien wahrlich verdient.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, so schlicht, wie es gelegentlich im Beitrag von Herrn Rohmeyer erschien mit den einzügigen Abteilungen und so weiter, ist die Welt nicht. Ich glaube aber, wir sind auf dem richtigen Weg, und die positiven Äußerungen der Opposition, die mehr eingestellten Referendare und die Erhöhung des Einstellungskorridors zeigen dies.

Ich bitte Sie alle herzlich weiter um eine positive und auch finanzielle Begleitung, denn die Diskussion als Folge des 11. September 2001, die wir heute nach der Mittagspause geführt haben, zeigt deutlich, und diese Aspekte wurden von allen Rednern hervorgehoben, dass die Veränderungen, die wir im Moment erleben, nicht nur eine Ursache haben, sondern dass auch Bildung, soziale Sicherheit und Gerechtigkeit dazu gehören. Deshalb danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie, die Schulen weiter zu unterstützen!

(Beifall bei der SPD)