Protokoll der Sitzung vom 27.09.2001

(Beifall bei der SPD)

Über das, was ich hier gehört habe, bin ich schockiert, denn an Sachlichkeit war auch das, was von unserem Koalitionspartner kam, ja wirklich nicht mehr – –.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Zu über- bieten!)

Nein, da war nicht mehr viel zu machen! Ich weiß gar nicht, warum Sie Ihre eigene Schwäche hier so deutlich gemacht haben.

Ich wende mich jetzt einmal an Herrn Röwekamp und auch an Sie, Herr Teiser, wir kennen uns ja lang genug. Ich verstehe überhaupt nicht, dass Sie ignorieren, vier Jahre in Bremerhaven regiert zu haben. In dieser Zeit hat sich überhaupt nichts bewegt.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt monieren Sie, dass da eine starke Persönlichkeit ist, der Oberbürgermeister, der auch als Motor fungiert, und der gemeinsam mit Ihnen,

(Abg. T e i s e r [CDU]: Kann ich verlän- gerte Redezeit haben, um zu widerlegen, was sie sagt?)

nein, nein, der gemeinsam mit Ihnen in der Stadt etwas bewegen will! Sie haben hier mit Ihren Reden die Schwäche der CDU deutlich gemacht und damit eigentlich nur herausgestellt, was für einen guten Oberbürgermeister wir haben. Gemeinsam, und das sollten Sie sich einmal merken, ist nämlich ein alter sozialdemokratischer Grundsatz, sind wir stark! Sie haben nur Trennendes aufgebaut, und ich finde, das tut der Stadt Bremerhaven wirklich nicht gut.

(Beifall bei der SPD)

Die große Koalition hat sich bemüht, eine Menge zu tun. Ich weiß, Herr Eckhoff hört das nicht gern, aber Sie schmücken sich wirklich oft mit fremden Federn. Wenn es aber am Ende der Stadt dient, sage ich: Gut, soll die CDU auch ein bisschen von dem Glanz abbekommen. Ich finde aber diese Art und Weise, wie Sie hier für die Stadt agiert haben, meine Damen und Herren Koalitionspartner, war wirklich schädlich und nicht förderlich für uns.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort Staatsrat Dr. Färber.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Wem gehört denn nun Bre- merhaven, der SPD oder der CDU?)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie, dass ich erst noch einmal Herrn Senator Hattig entschuldige! Herr Senator Hattig ist Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Post AG. Dieser Aufsichtsrat tagt heute, und es ist leider so, dass die Post ihre Aufsichtsratssitzungen zwei Jahre im Voraus plant, dieses Haus ein Jahr, und da gibt es leider Überlappungen.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Es gab auch ein Bemühen, diesen Tagesordnungspunkt auf gestern vorzuziehen, dem ist – Genaueres weiß ich nicht – irgendwie nicht Rechnung getragen worden.

Zu den beiden Anträgen und Ihrer Diskussion! Ich habe den Eindruck, dass der Streit um Prozentpunkte hier ein sehr feinsinniger ist und man ihn auch nicht übertreiben sollte. Ich weise aber darauf hin, dass man hier nicht nur mit abgeflossenen Mitteln rechnen, sondern das Ganze vielleicht auch in umgesetzten Projekten betrachten sollte. Immerhin ist die Schleuse für den Fischereihafen inzwischen bereits fertiggestellt, eines der ersten wirklich großen Projekte im ISP, das bereits fertiggestellt ist. Die Finanzierung dafür ist in das Rechenwerk im Moment nur in Teilen eingegangen. Ich denke, das sollte auch beachtet werden.

Ich habe aber den Eindruck, dass am Ende all die Differenzen, die hier deutlich geworden sind, viel kleiner sind, als es hier den Eindruck vermittelt. Es ist allerdings so, dass man nicht immer gemeinsam an einem Strang zieht.

Ich halte die Beschlusslage 25 Prozent für Bremerhaven für richtig. Bedenken Sie, dass das im Umkehrschluss heißt, 75 Prozent für einen Teil Bremen, der eigentlich nach dem Anteil der Bevölkerung 82 Prozent ausmacht! Ich halte das für in Ordnung, das Wirtschaftsressort steht dazu auch. Ich halte es deshalb für in Ordnung, weil wir in Bremerhaven ein ernsthaftes Problem haben, Frau Trüpel, Sie haben das angesprochen, was Wirtschaftsstruktur, Arbeitsmarkt und auch die Bevölkerungsentwicklung insbesondere uns hier aufzeigen.

Es kann aber eben nicht so gehen, dass hier Projekte als Worthülsen in den Raum geworfen werden und dann gesagt wird: Jetzt überweist schon einmal, vorher fangen wir gar nicht erst an. Das ist leider ein Eindruck, der manchmal entsteht. Wir sind

aber inzwischen einen Schritt weiter, wir haben eine Projektliste vorliegen. Das Problem war nun, wie wir diese Projekte umsetzen, wie wir sie insbesondere frühzeitig umsetzen können vor dem Hintergrund, dass die Mittelbindung im ISP bis 2004 sehr hoch ist. Das Vorhaben, Projekte vorzuziehen, muss einem Regelwerk entsprechen, ich denke, das hat Frau Wiedemeyer sehr deutlich dargestellt. Wenn Sie bei Roncalli waren, dann würde der jetzt so machen, dann wissen Sie, was das bedeutet, vielleicht sehen Sie sich das noch einmal an.

Der Versuch, hier nun diese Mittel, die Projekte vorzuziehen, hat darin geendet, dass wir diese Projektliste im Einzelnen bewertet haben und zu der Auffassung gekommen sind, dass ein Teil der Projekte über eine Zwischenfinanzierung abgedeckt werden kann, um die Effekte möglichst frühzeitig zu haben. Ich sehe es da als Problem an, wenn über ein Projekt wie das Auswanderermuseum diskutiert wird und eine Zahl von 40 Millionen DM im Raum ist, also keine kleine Zahl, ohne dass man nun konkrete Inhalte hat. Da sehen Sie, dass es dringend notwendig ist, an diese Inhalte nun heranzukommen.

Ein weiteres Projekt: Die Entlastung der Cherbourger Straße soll vorangetrieben werden. Hier ist deutlich zu sagen, dass, weil da die Preise leider immer weiter steigen, die Finanzierung noch weiterer Gespräche bedarf. Bei weiteren Projekten haben wir gesagt, da lasst uns einmal in die Planung einsteigen, da müssen wir sehen, dass wir die entsprechenden Planungsmittel aus den laufenden Mitteln darstellen können, weil absehbar ist, dass dieses Projekt, ich spreche über die maritime FuE-Zone am Handelshafen, wohl auch erst ab 2005 richtig konkret zur Umsetzung kommen wird! Dann haben wir auch gesagt, ein Teil der Projekte soll bitte von Bremerhaven selbst finanziert werden. Ich denke, das ist selbstverständlich, dass hier auch ein Eigenbeitrag Bremerhavens abgefordert wird.

Wir haben hier also Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, und ich denke, das war auch eine gewisse Öffentlichkeitsarbeit wert. Wir hatten da gar nicht die Probleme inhaltlicher Art, wir hatten da dann ein etwas schwieriges Verfahren. Mir ist am Ende immer noch nicht klar, warum diese Dinge überhaupt zu einem Problem geworden sind, wo wir inhaltlich doch auf einem hervorragenden Weg sind.

Jetzt ist es so, dass Bremerhaven wieder an der Reihe ist. Diese Projekte müssen konkretisiert und definiert werden. Noch einmal: Worthülsen allein reichen da nicht! Wir werden die Projekte so aufbereiten müssen, dass sie den Anforderungen, von Frau Wiedemeyer hier klargestellt, genügen müssen. Dann werden die entsprechenden Beschlüsse wie üblich in den Wirtschaftsförderungsausschüssen gefasst.

Ich möchte dann zu Herrn Dr. Dannemann überleiten. Wir haben in diesem Zusammenhang auch

eine Vereinbarung getroffen, dass wir ein Strukturentwicklungskonzept 2020, so haben wir diesen Zeitraum einmal definiert, ich denke, darauf geht Herr Dannemann gleich noch einmal genauer ein, für Bremerhaven zu erstellen haben. Hier, sage ich auch noch einmal deutlich, erwarte ich auch die Vorstellungen von Bremerhaven, da hier schon dargestellt wurde, dass es sich eigentlich um die freieste Kommune handelt, dass es sich hier selbst zu diesen ernsten Problemen bekennt und klare Zielsetzungen mitformuliert und sich zu den Inhalten auch bekennt.

Noch eine Anmerkung, Herr Töpfer: Ich denke, über die Projekte IuK-Institut und Datenschutzkompetenzzentrum unterhalten wir uns in den Wirtschaftsförderungsausschüssen, da können wir das sicherlich besser machen als hier. – Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort Staatsrat Dr. Dannemann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auch Herrn Bürgermeister Perschau entschuldigen, der in Berlin ist. So müssen Sie mit mir vorlieb nehmen.

Ich möchte einige grundsätzliche Bemerkungen zum Stellenwert Bremerhavens bei der Sanierungsstrategie des Stadtstaates Bremen sagen. Was stellen wir fest? Bremerhaven hat nach wie vor eine Arbeitslosenquote wie die neuen Bundesländer. Bremerhaven hat eine Abwanderung von etwa 2000 Menschen im Jahr. Sie hat sich gerade in den letzten Jahren verstärkt. Man darf hier nicht vergessen, dass der Vulkan-Zusammenbruch für Bremerhaven von der Größenordnung her fünf- bis zehnmal stärker negativ gewirkt hat als für die Stadt Bremen. Ich glaube, dieser Effekt ist noch nicht beseitigt.

Wenn dies so weitergeht, dass Bremerhaven jährlich 2000 Einwohner verliert, und zwar weil die Umlandwanderung nach wie vor anhält, es aber keine Zuwanderung, keine Fernwanderung gibt, sondern im Gegenteil, die Leute aus Bremerhaven arbeitsmarktbedingt abwandern – das ist in anderen vergleichbaren Städten nicht der Fall –, wenn dieser Prozess im Status quo über zehn Jahre anhalten würde, hätte Bremerhaven etwa 2010 die Einwohnergrenze von 100 000 unterschritten! Dies bedeutet für die Sanierung des Landes, um das Problem einmal deutlich zu machen, 20 000 Einwohner mit der Zahl von 6000 multipliziert, auf der Einnahmenseite minus 120 Millionen DM.

Es ist, glaube ich, hier erst einmal erforderlich, dass man sich ein klares Bild macht, was eigentlich in Bremerhaven droht. Man könnte auch sagen, Bremerhaven ist die Achillesferse für die Sanierung des Landes. Deswegen müssen wir uns eigentlich alle gemeinsam darum bemühen, dass wir in Bremerha

ven eine gemeinsame Sprache sprechen und Bremerhaven aus diesem wirtschaftlichen Niedergang herausholen und die Entwicklung stabilisieren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir müssten eigentlich eine Bündelung aller Kräfte erreichen.

Was sind die Ansatzpunkte, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen? Da ist natürlich klar, ohne Wirtschafts- und Finanzkraftstärkung wird es nicht gehen, Wirtschaftsstärkung am Standort Bremerhaven, denn Bremerhaven hat vorwiegend ein ökonomisches, ein Arbeitsplatzproblem.

Das Problem im städtischen Haushalt Bremerhavens ist weitaus geringer als das Problem auf der ökonomischen Seite. Wenn Sie die finanzwirtschaftliche Situation der Stadtgemeinde Bremerhaven mit der Stadtgemeinde Bremen vergleichen, dann ist die in Bremen insgesamt negativer in Bezug auf den Schuldenstand je Einwohner und in Bezug auf die Zinsbelastung je Einwohner. Auch dies darf man nicht vergessen!

Also, Hauptproblem ist die ökonomische Lage Bremerhavens! Dann darf man auch nicht vergessen, dass die Verbesserung der ökonomischen Lage Bremerhavens ungleich schwieriger ist als in der Stadt Bremen. Bremerhaven hat nicht die günstigen Standortfaktoren der Stadtgemeinde Bremen. Wir müssen sie in Bremerhaven erst schaffen. Es ist schwieriger, private Anschlussinvestitionen in Bremerhaven zu erzeugen. Da soll man sich nichts vormachen. Deswegen müssen Projekte gesucht und gefunden werden, die nicht nur aus sich heraus leben, sondern möglichst Anschlussinvestitionen und Anschlussaktivitäten erzeugen. Das ist in Bremerhaven schwieriger als in Bremen. Wenn wir an den Flughafen oder an die Universität mit dem Technologiepark denken, dann sind diese Ansatzpunkte eben in Bremerhaven in diesem Maße nicht vorhanden. Also ist das ein stärkeres Problem!

Ich möchte noch etwas zu dem sagen, was jetzt allmählich hochkommt, nämlich zur Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs in Bremerhaven. Sie wissen, dass wir über den Koalitionsvertrag den Auftrag haben, eine Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs in Bremerhaven ab 2002 umzusetzen. Hier hat es Vorarbeiten gegeben. Dies wird jetzt auf parlamentarischer Ebene beziehungsweise zunächst in den Koalitionsfraktionen bearbeitet. Wir wollen sehen, wie weit wir da kommen.

Die Neuordnung des Finanzausgleichs mit Bremerhaven, natürlich auch mit der Stadtgemeinde Bremen, muss letztlich auch darauf ausgerichtet sein, das ökonomische Problem Bremerhavens mittel- und längerfristig zu beseitigen. Der Senat hat eine Arbeitsgruppe aus Staatsräten eingesetzt mit Beteiligung Bremerhavens, in der wir uns Gedanken da

rüber machen wollen, wie wir die Kräfte in und für Bremerhaven bis zum Jahr 2020 bündeln können, 2020 deshalb, weil der Finanzausgleich ja über das Maßstäbegesetz bis zum Jahr 2019 gesichert ist. Es bedarf einer langfristigen Strategie, in die alle bisherigen Vorplanungen einfließen müssen. Wir müssen also eine Strategie für Bremerhaven entwickeln, die letztlich auch für die Sanierung des Landes entscheidend ist. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von den Antworten des Senats, Drucksache 15/827 und Drucksache 15/828, auf die Großen Anfragen der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.

Gesetz zur Änderung des Deputationsgesetzes (Beschleunigung des Postboten)

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 24. Juli 2001 (Drucksache 15/775) 1. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Mäurer.