Diese Koalition hat sich darauf verständigt, Sozialpolitik nicht länger als die Verwaltung von Menschen und ihren Schicksalen zu verstehen, sondern alles daran zu setzen, die Menschen wieder in den Arbeitsprozess zurück oder erst einmal in den Arbeitsprozess zu bringen. Dafür geben wir im Haushalt 2002 und 2003 viel Geld aus. Jede Mark, wir müssen ja jetzt schon jeder Euro sagen, der dazu beiträgt, einer Person oder einer Familie eine erste oder eine neue Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben, ist gut angelegtes Geld, meine Damen und Herren.
Wir wollen mit unserer Haushaltspolitik erreichen, dass Menschen, die von staatlichen Transferleistungen abhängig waren, wieder durch ihre eigenen Fähigkeiten in die Lage versetzt werden, für sich und für ihre Familien den Lebensunterhalt durch ihr eigenes Tun sicherzustellen. Wir Christdemokraten halten dies für sozialer und menschlicher als zuzulassen, dass sich Menschen in der Perspektivlosigkeit des Sozialhilfebezugs einrichten und ihre Selbstheilungskräfte und, was letztlich noch viel schlimmer wirkt, ihr Selbstvertrauen einbüßen.
Die neue Sozialhilfe wird durch die Fallmanager dargestellt. Ihre Aufgabe ist es, die in jedem Menschen vorhandenen Potentiale zu erkennen und zu fördern. Meine Damen und Herren, wir fördern aber nicht nur, wir fordern den Antragsteller oder die Antragstellerin auch auf, seine oder ihre Möglichkeiten für die Gesellschaft einzusetzen, um sich so fortbilden zu lassen, dass er oder sie das Ziel, unabhängig von staatlicher Transferleistung sein Leben gestalten zu können, erreichen kann.
Wer nicht bereit ist, dies zu tun, der muss auch die Folgen seiner Verweigerung selbst verantworten. Dann, meine Damen und Herren, wird nämlich
die Sozialhilfe in drei Schritten auf null DM oder null Euro gekürzt. Dies geschieht nicht von heute auf morgen. Die Betroffenen bekommen genügend Warnungen. Mehrere Male werden sie angeschrieben und geladen, sich um Arbeit zu bemühen, sich zu den entsprechenden Gremien zu begeben. Erst wenn sie ihre Mitarbeit überhaupt verweigern, dann wird die Sozialhilfe in drei Schritten bis auf null DM gekürzt. Für uns war es keine Überraschung, dass die Gerichte in Bremen dieses Verfahren anerkannt haben, meine Damen und Herren.
Über allen Änderungen in der Sozialhilfe und in den Verfahren in Bremen steht für uns Christdemokraten das BSHG, schließlich hat unsere Bundespartei das ja auch einmal beschlossen. Auch das verlangt aber vom Hilfebezieher eine tätige Mithilfe. Ist der Hilfebezieher einsichtig geworden und aktiviert seine Mitarbeit, setzt selbstverständlich der Bezug von Sozialhilfe wieder ein. Dadurch, dass jede Person ein eigenständiges Sozialhilferecht hat, ist auch gewährleistet, dass die Kinder nicht die Leidtragenden solcher Kürzungsmaßnahmen sind, weil es ja nur eine Person in der Familie betrifft.
Meine Damen und Herren, dieser Paradigmenwechsel in der Sozialhilfe wirkt. Wir können das im Widerspruchsausschuss sehen. Frau Kollegin Wangenheim wird dazu nicken, dass so verfahren wird und dass es auch gute Folgen hat. Wir sind jedes Mal verwundert, dass es immer noch Menschen gibt, die nicht verstanden haben, dass wir ihnen ja auch helfen wollen, indem wir sagen, wir haben hier eine Arbeitsstelle, wir haben hier eine Fortbildungsmöglichkeit für dich, komm her und nutze das! Mache dich ein Stückchen weiter selbständig!
Ein weiterer wichtiger Baustein für diesen neuen Weg in der Sozialpolitik sind die Bremerhavener und Bremer Arbeit GmbH. Hier bündeln wir Fach- und Sachkompetenz und setzen erhebliche Mittel für die Qualifizierung von Sozialhilfeempfängern ein. Das, ich sage es noch einmal, machen wir nicht nur, um die Betroffenen zu ärgern, sondern um ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, in den Wettbewerb um die Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt eingreifen und bestehen zu können. Das Ziel, jeden Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu verfestigen, muss das Ziel jeder unserer politischen Anstrengungen sein.
Dass wir uns dabei selbstverständlich alle Möglichkeiten, die uns das BSHG einräumt, nutzen, ist auch nur selbstverständlich auf diesem Wege. Wir werden hier in der Zukunft erfolgreich sein und durch sinkende Sozialhilfeleistungen mehr Gestaltungsspielräume für unsere Kommunen Bremerhaven und
Bremen erreichen. Ich muss hier nicht betonen, dass Bremerhaven seine Sozialpolitik selbständig gestaltet –
nun hören Sie noch weiter zu! Sie werden ganz begeistert sein! –, aber eines möchte ich darstellen: Der Bremerhavener Weg ist nicht durch Erfolglosigkeit geprägt gewesen, sondern war uns in Bremen auch schon einmal einige Schritte voraus.
Meine Damen und Herren, was werden wir in den kommenden zwei Jahren noch in der Sozialhilfe ändern? Wir müssen zu einem Verfahren kommen, das den Datenabgleich einfacher, überschaubarer und effektiver macht, damit die Fallmanager nicht durch zu viele Datenabgleiche oder Zahlenvergleiche unnötig effektive Arbeitszeit vergeuden. Die neuen Fallmanager – und Fallmanagerinnen gibt es selbstverständlich auch – müssen befähigt werden, schneller als bisher zu erkennen, wo zu große Wohnungen durch die Hilfebezieher angemietet worden sind und große Summen von der Sozialhilfe zur Bezahlung der Mietlast benutzt werden müssen. Hier kann, muss aber auch nicht ein unangemeldeter Nebenerwerb die Nutzung der unangemessen großen Wohnungen erlauben. Auch das erleben wir im Widerspruchsausschuss ständig, dass wir uns fragen, wovon eigentlich diese 300, teilweise 400 DM monatlich bezahlt worden sind, wenn die Familie, die darin wohnt, Sozialhilfe bezieht. Ich glaube, auch da ist Bremerhaven einen Schritt weiter gegangen und auch schon ein bisschen weiter.
Damit die Menschen, die von staatlichen Transferleistungen abhängig sind, nicht die Fähigkeit verlieren, selbst Entscheidungen im täglichen Leben zu fassen, müssen wir ihnen mehr Eigenverantwortung geben, meine Damen und Herren. Wir dürfen sie nicht nur verwalten, sondern müssen es ermöglichen, dass sie im Rahmen ihrer Mittel die Fähigkeit zu planen nicht verlieren. Darum werden wir Christdemokraten uns weiter für die Einführung von Pauschalen aussprechen. Was hindert uns daran, zum Beispiel für Renovierungen eine gewisse Summe in Abständen wie bei den Kleiderpauschalen auszuzahlen und so die Fallmanager von unproduktiven Vorgängen zu befreien? Die Aufgabe des Fallmanagers, der Fallmanagerin soll es doch sein, die Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt wieder davon unabhängig zu machen.
Meine Damen und Herren, für uns Christdemokraten ist es völlig klar, und ich will auch nicht, dass da etwas anderes aufkommt, dass wir die Zahl der Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt auch durch die engagierteste Arbeit der Fallmanager nicht auf
null reduzieren können. Chronisch Kranke, Alleinerziehende und weitere Personenkreise, Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, wird es weiterhin geben, und sie werden weiterhin die Hilfe zum Lebensunterhalt bekommen, die das BSHG für sie vorsieht.
Menschen, die nicht für sich selbst Sorge tragen können, haben unsere Solidarität und Fürsorge verdient, und die werden wir ihnen auch weiterhin zukommen lassen. Wenn wir auch weiterhin konsequent die Möglichkeiten der Unterbringung von Kindern im Vorschulalter ausbauen und moderne Wege zielstrebig beschreiten – ich will mich jetzt auf zwei Schlagworte, Kita-Card und „Kernzeit Plus“, konzentrieren –, wir haben eine Vorleistung gebracht, wir haben auf eine Gebührenerhöhung verzichtet, wir erwarten, dass sich auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kindertagesheimen bewegen. Wenn wir es ernst meinen, dass wir Frauen – insbesondere sind es ja Frauen – flexible Angebote in Kindertagesheimen anbieten, damit sie arbeiten können und sie nicht sagen, mit diesen Zeiten in den Kindertagesheimen kann ich gar nichts anfangen, damit kann ich keine Arbeit annehmen, dann, meine ich, müssten sich auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Kindertagesheimen ein bisschen bewegen.
Eines möchte ich als Koalitionär hier auch sagen: Das Ressort von Frau Senatorin Adolf hat mit der Unterstützung der Koalitionsfraktionen eine beachtliche Umsteuerung eingeleitet und begonnen. Dadurch wurden schon 2001 beachtliche Einsparungen erzielt, die wir dankenswerterweise zur weiteren Umgestaltung der Sozialleistungen vom Finanzsenator bekommen haben. Mit den Mitteln, die der Sozialarbeit und Jugendpolitik im Haushalt 2002 und 2003 zur Verfügung gestellt werden, können wir diesen Weg zur Konsolidierung des Haushalts weiter bestreiten, ohne die, die auf unsere Hilfe angewiesen sind, zu vergessen.
Zwei Dinge möchte ich dann zum Abschluss noch sagen! Meine Damen und Herren, wir haben als Koalition das Landespflegegeldgesetz so novelliert, dass das Blindengeld erhalten werden kann, und das ganze Haus hat beschlossen, den blinden Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Möglichkeit einzuräumen, ohne Hilfskraft die nächsten Wahlgänge bei der Bürgerschaftswahl und den Beiratswahlen durchzuführen. Wir als Koalition sind wild entschlossen, das auch zu machen. Nur, ich muss auch ein bisschen meine Enttäuschung kundtun, es hat in der Presse überhaupt keinen Nachklang gefunden, dass wir hier dieses Gesetz auf den Weg gebracht haben und so etwas in Zukunft möglich sein soll. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie uns jetzt noch einmal einen Blick auf den Haushalt werfen, der den Gesundheitsbereich betrifft! Daraus wird dann auch ganz klar, wie Ihre Gesundheitspolitik in den nächsten Jahren aussehen wird. Herr Böhrnsen hat das ja so schön beschrieben mit „Drehbuch“, das finde ich ein sehr schönes Bild. Also habe ich einmal in Ihr Drehbuch gesehen! Für uns Grüne wird ganz deutlich, dass Sie nur eine krankheitsbezogene Sichtweise verfolgen und den präventiven Ansatz völlig vernachlässigen. Wir denken, das ist keine Gesundheitspolitik des 21. Jahrhunderts, sondern sie gehört in das letzte Jahrhundert, meine Damen und Herren!
Das wird ganz deutlich in dem Bereich öffentlicher Gesundheitsdienst. Durch Ihre Kürzungen in diesem Bereich ist eine Weiterentwicklung des Gesundheitsamtes kaum möglich. Das betrifft besonders Kinder und Jugendliche. Es ist schon lange bekannt, dass der Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen aus problematischen sozialen Lagen weitaus schlechter ist als der aus anderen sozialen Schichten; auch im Bereich Bildung wurde heute Morgen schon darauf hingewiesen. Besonders deutlich wird dieser Zusammenhang zwischen sozialer Lage und dem Zahnstatus dieser Kinder.
Für uns ist ein wichtiger Ansatzpunkt für die Weiterentwicklung eines modernen Gesundheitsamtes, dass es die Verbesserung der sozialen Lebens- und Umweltbedingungen in den Vordergrund stellt. Dazu gehört auch, dass Kinder und Jugendliche nicht Schadstoffen ausgesetzt werden, die ihre Gesundheit langfristig schädigen und zu chronischen Erkrankungen führen. Deshalb haben wir Ihnen den Antrag vorgelegt, der zum Ziel hat, dass Kindertagesstätten und Schulen nicht nur auf den Schadstoff PCB, sondern auch auf Dioxine und andere Schadstoffe untersucht werden.
Das wäre ein wichtiger Schritt im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes. Doch Sie reagieren lieber nach dem Motto, was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Auch die Lärmbelästigung für die Einwohnerinnen und Einwohner dieser Stadt lässt Sie ziemlich kalt, auf diesen Ohren sind Sie taub. Sie nehmen es lieber in Kauf, dass diese Bürgerinnen und Bürger in das niedersächsische Umland ziehen, anstatt Ihre ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Ansiedlungs- und Verkehrspolitik darauf auszurichten, dass die Lebensqualität dieser Menschen verbessert wird. Auch in der Debatte um Mobilfunkantennen in Wohngebieten hat das Gesundheitsamt unserer Ansicht nach den Auftrag, als Verbündeter der betroffenen Bevölkerung aufzutreten und Grenzwerte öffentlich zu problematisieren.
Diese Erkenntnisse über die krankmachenden Lebens- und Wohnverhältnisse müssen dann aber auch im Rahmen einer Querschnittsfunktion der Gesundheitspolitik in die gesamte Kommunalpolitik eingegeben werden und – das ist besonders wichtig – politische Entscheidungen beeinflussen. Bei Ihnen ist nicht zu erkennen, welche gesundheitlichen Ziele Sie verfolgen, geschweige denn, wie Sie die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt daran beteiligen.
Zum Schluss noch eine Anmerkung zu den Investitionen in die Krankenhäuser! Wir finden es nicht sinnvoll, die Aufteilung der Fördermittel für die Häuser danach auszurichten, dass kommunale und nichtkommunale Krankenhäuser gleichberechtigt behandelt werden, sondern, und diesen Gesichtspunkt muss man auch beachten, dass eine Bedarfsorientierung stattfindet, die auch inhaltliche Kriterien berücksichtigt.
Zum Schluss möchte ich noch einmal ein paar Sätze zur Gesundheitswirtschaft sagen! Wenn wir dieses Drehbuch betrachten und es verfilmen würden, das wäre kein Film, das wäre ein Dia, meine Damen und Herren! – Vielen Dank erst einmal!
Ich möchte noch ein paar Worte zur Frauenpolitik sagen! Da es ja ein Querschnittsthema ist, ist es schade, dass es hier ein bisschen zu kurz gekommen ist. Die Frauenpolitik der großen Koalition zeichnet sich dadurch aus, dass sie erst einmal Kürzungen im Bereich der ZGF vorgenommen hat. Frau Wiedemeyer –