Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Jäger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Debüt der DVU in Sachen Hochschulpolitik war jetzt auch nicht so besonders. Ich mag auch nicht die Dauerstudenten beschimpfen. Ich kann das nur sagen, wenn denjenigen, die da auch so eine Art Kontrakt miteinander schließen müssten, nämlich Lehrende, Hochschule und Studenten, an sich nicht klar ist, was Pflichten und was Leistungen sind, wenn dies nicht von beiden Seiten gemeinsam vereinbart ist, dann ist auch klar, dass man möglicherweise auch von politischer Seite und von Verwaltungsseite Dauerstudenten produziert. Deshalb kann ich die Studierenden an sich nicht beschimpfen, wenn sie die Möglichkeiten ausnutzen, die sie eben an den Hochschulen haben. Von daher sind die Studenten die falschen Adressaten mit dem Vorwurf.

Herr Dr. Kuhn, Sie haben gesagt, es ginge uns nur darum, Statistiken zu schönen. Die Statistiken sind die Ausprägung und das Merkmal, an denen man die Dramatik deutlich machen kann. Ich kann schon unterscheiden, und dem wird der Bericht des Senats auch gerecht, dass es ganz unterschiedliche Biographien von Studierenden gibt und ganz unterschiedliche Ursachen, wieso es zu langen Studienzeiten kommt. Aber wenn Verwaltung und Politik nicht eine klare Orientierung vorgeben, was denn erwartet wird, nämlich einem zielführenden Studium nachzugehen, und Ziel heißt, Abschlüsse zu machen, heißt auf Berufsorientierung oder auf eine wissenschaftliche Anschlusstätigkeit hinzuarbeiten, wenn das nicht klar wird, dann ist es in der Tat ein Problem, und da legen wir den Finger in die Wunde.

Herr Dr. Kuhn hat mich zu Recht noch einmal darauf hingewiesen, Herr Senator Lemke, dass wir auch seitens der Deputation eigentlich einen Bericht zum Jahresende haben wollten, was das Thema Studiendauerverkürzung und weitere Maßnahmen betrifft. Deshalb sage ich noch einmal, Hochschulrahmengesetzänderung ja, Sommer 2002, mit der Änderung machen wir den Antrag mit, aber ganz deutlich, im Frühjahr gehören die Maßnahmen, die politischen Aussagen auf den Tisch, was denn die Be––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

hörde will, bei allem, was die Universität schon macht und an freiwilligen Initiativen will. Das gehört auf den Tisch, nicht zuletzt deshalb, weil wir auch Kontrakte mit den Hochschulen vereinbaren wollen und da in den Verhandlungen stehen. Vieles gehört auch da hinein. Wir können nicht alles im Hochschulrahmengesetz ändern, sondern wir müssen die Kontrakte berücksichtigen. Das halte ich für wichtig.

Ansonsten kann ich verstehen, den Grünen haben wir das geradezu auf dem Präsentierteller gegeben, dass wir eine Diskussion über Studiengebühren haben. Gut, es gibt meinetwegen die Koalitionsvereinbarung, dass wir in der Tendenz dafür sind, ist klar, dass es in dem Antrag nicht steht, den wir gestellt haben, das ist auch klar, Herr Dr. Kuhn, und wir werden einmal sehen, was passiert, wenn sich durch die niedersächsischen Beschlüsse die Geschäftsgrundlage möglicherweise ein wenig ändert. Warten wir das doch einfach gelassen ab! Ich denke, es müssen einige Maßnahmen zuvor greifen, und die sind hier ausgiebig diskutiert worden. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Käse.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal gemeldet, um auf den Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu reagieren, einen Punkt aus ihrem Antrag getrennt abstimmen zu lassen. Das ist sicherlich ein Anliegen, so interpretiert unsere Fraktion das, dass Sie in der Öffentlichkeit demonstrieren wollen, wir Sozialdemokraten seien ja möglicherweise für die Einführung von Studiengebühren, indem wir auch diesen Punkt Ihres Antrags ablehnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe in meinem Beitrag eben, denke ich, deutlich genug gemacht, dass die SPD auf Bundesebene, die SPD in Bremen und diese Fraktion, die die Partei hier im Haus vertritt, nicht für die Einführung von Studiengebühren ist, auch nicht für die Einführung so genannter Strafstudiengebühren für Langzeitstudierende. Wir haben hierzu unsere Beschlusslagen.

Es ist übrigens, und das habe ich auch bereits gesagt, der Text des Bremischen Hochschulgesetzes, es ist die Koalitionsvereinbarung, und, lieber Kollege Jäger, für uns ändert sich die Geschäftsgrundlage der Koalition nicht dadurch, dass die Niedersachsen jetzt eventuell einen anderen Weg gehen werden. Warum? Unsere Geschäftsgrundlage ist der Koalitionsvertrag, unsere Geschäftsgrundlage ist das Bremische Hochschulgesetz und im Übrigen selbstverständlich die Beschlusslage der SPD auf Bundesebene.

Ich meine, was Sie hier veranstalten, ist ein Zirkusspielchen. Sie halten uns einen Reifen hin, und wir 47 SPD-Abgeordneten sollen da durchhüpfen,

so stellen Sie sich das vor. Das ist albern! Damit werden Sie auch in der Öffentlichkeit nicht durchdringen. Dort ist klar, wo wir stehen, und deswegen bleibe ich dabei, ich und meine Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion haben kein schlechtes Gewissen dabei, wenn wir Ihren Antrag in allen Punkten ablehnen werden, auch in dem besagten Punkt sechs, in dem es um die Studiengebühren geht. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort Senator Lemke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden sich denken können, dass ich im Wesentlichen mit den Ausführungen von Herrn Dr. Käse und Herrn Jäger übereinstimme. Ich möchte jedoch ganz kurz noch einmal auf die Ausgangssituation zurückkommen. Es ist so, dass wir in der Tat aus drei verschiedenen Sichtweisen immer wieder mit dem Problem der Langzeitstudenten konfrontiert werden. Die Hochschulen beklagen externe Faktoren, eine unzureichende Studienförderung. Trotz der Anhebung der Bafög-Sätze wird darauf hingewiesen, dass zu viele Studenten darauf angewiesen sind, auch während des Studiums, nicht nur in den Semesterferien, ihren Lebensunterhalt zusätzlich zu erarbeiten.

Außerdem werden immer wieder von den Hochschulen die schlechten Berufsaussichten genannt, und in der Tat, und dabei bleibe ich auch, wenn wir mit so hohen Studienabbrecherquoten konfrontiert sind, dann resultiert das unter anderem auch daraus, dass es viele Studenten gibt, die bereits während ihres Studiums mit entsprechenden Angeboten in die Wirtschaft gelockt werden. Nicht immer ist ein Studienabbrecher ein Versager, sondern ich kenne persönlich, und Sie sicherlich auch, eine Menge von jungen Menschen, die aus der Universität in die Wirtschaft berufen werden. Ich habe das bereits im Frühjahr hier an dieser Stelle ausgeführt.

Der zweite Komplex ist der, wenn wir mit den angesprochenen Professoren über die Situation an der Universität diskutieren, habe ich schon vor zweieinhalb Jahren im ersten Rektorengespräch mitbekommen, dass die schlechte Schulausbildung und die mangelnde Studierfähigkeit beklagt worden sind. Viele Rektoren sagen, ein Jahr, zwei Semester brauchen wir, bevor wir überhaupt eine entsprechende Studierfähigkeit hergestellt haben. Außerdem beklagen sie das Desinteresse der Studierenden und die vielen Aktivitäten außerhalb des Studiums, die die Studenten davon abhalten, ihren Studienabschluss gezielt voranzutreiben.

Der letzte Bereich: Die eigentlich Betroffenen beklagen das zu starke Engagement der Professoren in der Forschung. Sie geben den Ball gleich wieder

zurück, und sie beklagen die mangelnde Transparenz des Studienbetriebs sowie die unzureichende Studienorganisation.

Wie Sie sehen, ist das ein munteres Spiel, dass sich die Argumente ausgleichen oder immer wieder gegeneinander aufgewogen werden. Dies ist natürlich schlecht. Gemeinsam haben wir durch diese Debatte seit mehreren Monaten etwas angeschoben, von dem ich eigentlich der Meinung bin, Herr Dr. Kuhn, ich will Ihnen da nicht wehtun, aber eigentlich bedarf es Ihres Antrags nicht.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Aber Ihres Antrags bedarf es?)

Wir haben den Ball aufgenommen und haben Ihnen auch mittels unseres Antrags ganz klar gezeigt, dass wir in den verschiedenen Bereichen, Sie wissen das wie kein anderer, Herr Dr. Kuhn, das Problem längst erkannt haben und gemeinsam mit den Hochschulen, gemeinsam mit der Universität daran arbeiten.

Das ist ja nichts Neues, das wissen Sie. Das weiß ich, dass Sie das wissen. Ich denke, da bedarf es nicht Ihres Antrags. Ich bin natürlich Ihrer Meinung, und wir werden das auch umsetzen, Herr Dr. Käse hat das ja eben noch einmal aufgenommen, dass wir Aussagen über die konkreten Maßnahmen zur Studienzeitverkürzung im Frühjahr vorlegen werden. Wir werden das nicht bis zum Sommer aufschieben, sondern wir werden Ihnen das entsprechend erbringen.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch noch einmal den Rektor der Universität zitieren, der ja anlässlich der IUB-Gründungsveranstaltung in Grohn gesagt hat – und da bin ich auch sicher, dass Sie das absolut bestätigen können –, in der Forschung hätten unsere Hochschulen, insbesondere die Universität und die angeschlossenen Institute, einen exzellenten Ruf. Das kann ich Ihnen als noch amtierender KMK-Vizepräsident nur bestätigen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich über die Landesgrenzen hinausgehe, kann ich mit Fug und Recht stolz sein auf die Leistungen unserer Professorinnen und Professoren. Das wollen wir an dieser Stelle auch einmal ganz klar sagen!

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte dennoch allen Debattenrednern absolut zustimmen. Wir haben erhebliche Probleme, und zwar, offensichtlich ähnlich wie bei den Schulen, beim Output. Beim Input gibt es eine hohe Übereinstimmung, aber es gibt nicht die konsequente Verfolgung auch dessen, was anschließend aus den Hochschulen und aus unserer Universität herauskommt.

Ich kann überhaupt nicht mit dem zufrieden sein, was gerade auch in der Universität in verschiedenen Studiengängen eben das Ergebnis der jahrelangen Arbeit ist, wenn wir die hohen Semesterzahlen in den einzelnen Studiengängen sehen, zumal wir im Bereich der Informatik und der Mathematik – einmal als kleine Gegenbeispiele – exzellente Studienverläufe sehen. Das heißt, es ist nicht eine Frage der Universität, sondern einzelner Studiengänge in der Universität.

Dennoch muss ich auch wieder zur Entlastung der Studenten sagen: Zu welchem Studenten würde ich denn sagen, dass er sein Studium beschleunigen solle, wenn er genau weiß, dass er für die Arbeitslosigkeit gerade seine Ausbildung macht? Da müssen wir das ganz klar reflektieren, dass das auch ein Grund für die lange Studiendauer in einzelnen Studiengängen ist.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen])

Zusammengefasst, meine Damen und Herren: Wir haben das Problem längst erkannt. Wir arbeiten heftig mit, aber selbstverständlich, Herr Dr. Kuhn!

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Lesen Sie doch Ihre Rede von Anfang Januar dieses Jahres!)

Wir haben das Problem erkannt, Herr Dr. Kuhn. Wir arbeiten mit der Universität und den Hochschulen an dem Thema. Wir werden die Debattenbeiträge, was den Zeitpunkt der konkreten Maßnahmen angeht, in engem Dialog gemeinsam mit den Hochschulen und nicht gegen die Hochschulen erarbeiten und werden das Thema dann weiter in der Wissenschaftsdeputation mit Ihnen beraten.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das finde ich nun ganz lustig, Herr Senator, dass Sie mir sagen, Sie brauchen unseren Antrag nicht. Wir haben hier diese Sache nicht auf die Tagesordnung gebracht. Die Koalitionsfraktionen haben einen Antrag hier eingebracht, in dem sie Maßnahmen einfordern, die wir mehrfach in der Deputation erörtert haben. Wir haben versucht, die Fehler dieses Antrages zu heilen, der nämlich einseitig, wenn überhaupt etwas Konkretes darin ist, auf Sanktionen abhebt. Da müssen Sie mir doch nicht erzählen, dass Sie unseren Antrag nicht brauchen!

Ich bin auch der Auffassung, dass im Wesentlichen viele Dinge politisch in den Hochschulen nach

den Debatten des letzten Jahres weitergegangen sind. Ich habe bis heute nicht verstanden, außer Sie setzen auf Sanktionen, was dieser Antrag heute soll. In den Punkten nämlich, wo wir vorschlagen, dass die Hochschulen Unterstützung bekommen, sei es organisatorischer Art durch Änderungen von Prüfungsordnungen oder finanzieller Art, da wollen Sie dies ja gar nicht mitmachen, da sagen Sie Nein. Das verstehe ich nicht.

Zum letzten Punkt, Herr Dr. Käse, Studiengebühren! Sie müssen schon öffentlich erklären, wieso eine Regierungskoalition nicht in der Lage und nicht bereit ist, das, was erstens im Gesetz steht, und das, was Sie zweitens in der Koalitionsvereinbarung verabredet haben, auch im Gesetz so zu lassen, dass es in Bremen nämlich dabei bleibt, dass es keine Studiengebühren für ein Erststudium gibt, auch nicht für so genannte Langzeitstudierende. Dies müssen Sie hier noch einmal öffentlich bekräftigen.

Sie müssen doch öffentlich erklären, wieso Sie angesichts einer Diskussion, die ja überall geführt wird und vor allen Dingen im großen Nachbarland Niedersachsen, wo das ja vor der Tür steht, wo beide Fraktionen gesagt haben, wenn das in Niedersachsen gemacht wird, dann verändert sich die Geschäftsgrundlage – hier noch einmal bestätigt –, nicht in der Lage sind, hier noch einmal klar der Öffentlichkeit zu sagen, dass wir in Bremen das nicht so machen werden! Sie können ganz sicher sein, dass wir diese Weigerung, heute noch einmal dies zu bekräftigen, auch öffentlich so darstellen werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf der Abg. Frau B e r k [SPD])

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD abstimmen.

Hier ist von den Antragstellern eine Änderung in Absatz 2 a vorgenommen worden. Dort muss es jetzt nicht heißen, bis zum 28. Februar 2002, sondern Sommer 2002.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, Drucksache 15/860, mit der eben von mir vorgetragenen Änderung in Absatz 2 a seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU und Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich bitte um die Gegenprobe!