Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben uns bei dem Bereich der Jugendkriminalität sehr mit den Repressionen, aber auch mit den Präventionen beschäftigt. Auf die Präventionen sind Sie gar nicht eingegangen, und ich denke, dass man das Thema nicht aufnehmen kann, ohne diesen wichtigen Bereich zu nennen und dort über Ansätze zu diskutieren. Auch wir möchten, dass Jugendlichen und Kindern ihre Grenzen aufgezeigt werden, dass sie, wenn sie etwas Falsches getan haben, dafür auch Sanktionen bekommen. Aber wir möchten ihnen vor allem helfen, dass sie gar nicht erst straffällig werden und Probleme mit dem Gesetz bekommen. Darum geht es uns hier!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es gibt eine Vielzahl von Mitteln, um Kindern und Jugendlichen im Land Bremen zu helfen. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz nennt viele davon. Der

Endfall, wenn es wirklich nicht anders geht, ist eine Heimunterbringung für Kinder, wenn ihre Eltern nicht selbst dafür Sorge tragen können, dass sie nicht straffällig werden. Es geht aber auch um die Verantwortung von Schule, vom Freizeit- und dem gesamten Sozialbereich. Wir, zumindest die demokratischen Fraktionen, haben viel diskutiert, wie man Kindern und Jugendlichen helfen kann. Herr Tittmann, ich habe nicht einmal gemerkt, dass Sie sich in diese Diskussion eingebracht haben.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf des Abg. T i t t m a n n [DVU])

Man kann in dieser Diskussion auch nicht, so wie Sie es getan haben, pauschal alles auf einen Stand bringen und dabei insbesondere nur die ausländischen Jugendlichen nennen.

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Habe ich auch nicht!)

Es ist so, dass viele ausländische Jugendliche dabei sind, die auch straffällig geworden sind, aber das heißt für uns gerade erst, besonders darauf zu achten, dass wir diesen Menschen helfen, dort auch ansetzen, aber nicht in einer Pauschalverurteilung hier einfach Ausländerhass oder überhaupt Hass in dieser Stadt schüren.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich glaube, Herr Tittmann, uns unterscheidet einfach, dass es uns wirklich um die Menschen in diesem Land geht.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Doch!)

Pardon, doch! Der Abgeordnete Tittmann hat noch einmal das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Also auf Ihren Redebeitrag eben würde wahrscheinlich folgendes Zitat zutreffen: Gott vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie sagen!

Ihr Kanzlerkandidat hat von einer durchrassten Gesellschaft gesprochen und nicht ich.

(Abg. Frau M a r k e n [SPD]: Was für ein Ding?)

Ihr rechtspolitischer Sprecher, Norbert Geis, hat öffentlich im Fernsehen erklärt: Deutschland den Deutschen! Was halten Sie denn von diesen Parolen? Bevor Sie hier nach vorn kommen, möchte ich das erst einmal geklärt haben!

Meine Damen und Herren, Tatsache ist doch, dass dieses Terrorkind Seihan aus Horn-Lehe schon seit über einem Jahr oder noch länger einen ganzen Stadtteil, eine ganze Stadt terrorisiert. Dieses vierzehnjährige Erzengelchen wurde nachweislich schon sage und schreibe achtunddreißigmal straffällig!

Ein weiterer Skandal und eine Frechheit ist, dass die Staatsanwaltschaft nun lapidar feststellt, es würde sich um ein jugendtypisches Verhalten handeln. Diese ungeheuerlich dümmliche Aussage ist an Frechheit durch nichts mehr zu überbieten! Das ist eine Beleidigung unserer Jugend. Ich glaube eher, dass diese Aussage der Staatsanwaltschaft eher ein staatsanwalttypisches Verhalten ist, wie man hier in Deutschland mit Schwerkriminellen umgeht, und sonst gar nichts! Hier gibt es ja viele Beispiele: Schwerkriminelle bekommen ohne Begleitung Freigang, Hafturlaub, Haftverschonung und so weiter. Von den Annehmlichkeiten einiger Luxushaftanstalten ganz zu schweigen!

Meine Damen und Herren, dieser vierzehnjährige Seihan S. hat nachweislich immer wieder, vor allem vor dem Schulzentrum Ronzelenstraße, mit vorgehaltenem Messer Jugendliche gezwungen, Geld, Handy und sonstige Wertgegenstände herauszurükken. Außerdem soll er Wohnungseinbrüche verübt, Hausfriedensbruch begangen haben und sogar an Tankstellenüberfällen beteiligt gewesen sein. Das ist nun einmal Fakt. Da kommen Sie hier nach vorn und wagen, eine solche Rede zu halten. Da kann ich nur raten: Machen Sie so weiter! Die Quittung für Ihre unrealistischen Reden und für Ihre Kritik erhalten Sie spätestens bei der Wahl im nächsten Jahr in Bremen und Bremerhaven.

Meine Damen und Herren, laut Aussage der Jugendbehörde hat sie sich ernsthaft mit dem Fall Seihan S. beschäftigt. Auf die Nachfrage des Ortsbeirates, seit wann denn, antwortete sie: seit gestern! Meine Damen und Herren, der Beirat hat am 25. Januar 2002 getagt. Das heißt also, die Jugendbehörde kümmerte sich erst seit dem 24. Januar 2002 intensiv um den Fall Seihan! Ein bisschen spät, finden Sie nicht auch?

Eine solch unverantwortliche Schlamperei wird die DVU niemals akzeptieren und hinnehmen. Unsere Bevölkerung hat ein Recht darauf, vor solchen Subjekten geschützt zu werden. Darüber hinaus ist es für die DVU unerträglich und wird von uns auch niemals hingenommen werden, dass zum Beispiel jugendliche Schüler in Bremerhaven oder auch in Hagen Lehrkräfte brutal zusammenschlagen. Aber auf diese Thematik, das können Sie mir gern glauben, werde ich noch gesondert besonders eingehen. Darauf können Sie sich verlassen!

Meine Damen und Herren, jetzt liegen wirklich keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann, DVU, mit der Drucksachen-Nummer 15/1054 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU und Bündnis 90/ Die Grünen)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Medienpolitische Entscheidungen für Radio Bremen und die Medienwirtschaft treffen – für ein Medienzentrum im Faulenquartier

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 12. Februar 2002 (Drucksache 15/1061)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Hattig.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich könnte man es ganz einfach auf den Punkt bringen: Es geht jetzt um einen Sachverhalt, den die SPD und die Grünen gern möchten, aber es scheitert an der Bremer CDU-Fraktion.

(Abg. Karl Uwe O p p e r m a n n [CDU]: An uns scheitert nichts!)

Herr Oppermann, darauf beziehe ich mich gleich gern noch einmal! Ich glaube, dass es Senator Hattig auch gern ein bisschen schneller hätte. An der Zögerlichkeit von Radio Bremen liegt es jedenfalls nicht, denn der Sender hat mehrfach laut auf verschiedenen Veranstaltungen gesagt: Ja, wir können uns einen citynahen Standort für Radio Bremen gut vorstellen.

Die grüne Bürgerschaftsfraktion hat eine klare Meinung. Das Faulenquartier ist ein guter Standort ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

für Radio Bremen und die Ansiedlung eines Medienzentrums. Wir fordern heute mit unserem Antrag den Senat auf, eine Standortentscheidung als Signal für ein Medienzentrum im Faulenquartier unter der Einbeziehung von Radio Bremen zu treffen. Außerdem fordern wir den Senat auf, die Grundstücksverhältnisse im Faulenquartier umgehend zu klären und eine bauliche Entwicklung an der Diepenau und auf dem Saturn-Hansa-Grundstück vorzubereiten, um mit Radio Bremen darüber in konkrete Verhandlungen zu treten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich freue mich jetzt auch, dass Senator Hattig uns mit einem halben Jahr Verspätung unterstützt und die Machbarkeitsstudie, die schon im September 2001 in der Wirtschaftsdeputation beschlossen worden ist, erneut hat beschließen lassen unter dem Motto: Doppelt hält besser. Wir freuen uns, aber schade eigentlich um das halbe Jahr, das wir jetzt verloren haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich habe gesagt, dass der Sender unmissverständlich sein Interesse an einem citynahen Standort angemeldet hat. Ich glaube, auch wir als Politiker, als Vertreter der Bremer CDU oder der SPD und der Grünen, sind aufgefordert, dieses Interesse politisch aufzunehmen und damit weiter zu arbeiten.

Noch einmal kurz zum Hintergrund! In den kommenden vier Jahren muss Radio Bremen seinen Haushalt um rund 50 Millionen DM, 25 Millionen Euro, etwa ein Viertel seines Gesamtetats reduziert haben. So erzwingt es die Neuordnung des ARD-Finanzausgleichs. Darüber haben wir uns hier ja auch schon mehrfach unterhalten. Der Sender sucht zügig bis zum Spätsommer einen neuen Standort, um im Jahr 2005 mit einem reduzierten Budget auskommen zu können, denn Radio Bremen wird aus wirtschaftlichen Gründen die beiden bisher getrennten Standorte für Hörfunk und Fernsehen zu einem Standort zusammenführen müssen und somit die Nettogeschossfläche von 32 000 Quadratmetern in einem Gebäude auf 16 000 Quadratmeter konzentrieren.

Die grüne Bürgerschaftsfraktion meint, Bremen bringt gute Voraussetzungen mit, um sich als Medienwirtschaftsstandort mit einer solchen Entscheidung für ein Medienzentrum über die Grenzen Bremens hinaus stärkeres Profil zu geben. Der Standort Bremen hat eine gut aufgestellte Palette an kleineren, mittleren und wenigen größeren Firmen in dieser Branche anzubieten. Die kleinen und mittleren Unternehmen, das kann ich an dieser Stelle noch einmal sagen, agieren meistens im regionalen Raum, sind aber durchaus recht erfolgreich, und die wenigen großen Firmen, die wir haben, ich glaube, das macht ungefähr drei Prozent an der Gesamtpalette aus, agieren bundesweit und gehören durchaus zu

den Unternehmen, die in der Oberliga oder in der ersten Bundesliga in der Bundesrepublik spielen. Klar, wir sind nicht Hamburg, München oder Berlin, aber, ich denke, man kann nicht sagen, okay, dann geben wir gleich auf, sondern wir müssen sagen, es gibt Hamburg, Berlin und München, und deshalb müssen wir uns anstrengen. So formuliert es ja auch ein Papier, das derzeit in den Gremien beraten wird, das Papier Innovision 2010. Bremen muss sich anstrengen bis zum Jahr 2010, muss sich eine Vision geben, um unter die Top Ten der Technologiestandorte und Medienwirtschaftsstandorte in Deutschland zu kommen. Man kann ja nicht sagen, man schafft es nicht, sonst wäre Japan nie als Wirtschaftsland erfolgreich geworden, und auch Sonny Rollins, ich bringe einmal ein Beispiel aus der Kultur, wäre nie einer der weltbesten Saxophonisten geworden, wenn er sich gesagt hätte, ich bin mit 25 Jahren zu alt, um Berufsmusiker zu werden. Bremen, wir sprechen Hochdeutsch, und ich denke, wir können es schaffen, den Wachstumsmarkt Bewegtfilm zu besetzen.

(Abg. K l e e n [SPD]: Das ist schon mehr als die Baden-Württemberger!)