Ich denke, fragen Sie doch einmal Ihren Senator Hattig, was er denn nun vorhat! Noch eines: Man kann doch nicht nach Netzwerken verlangen, wenn man bei solchen Fragestellungen nicht in der Lage ist, die vorhandenen Stellen hier in Bremen mit den unterschiedlichen Verantwortlichen zu erkennen.
Ich habe noch einen Aspekt, die Beratung von Unternehmen hinsichtlich der Akquisition und Antragstellung von EU-Projekten. Ich finde, gerade die Beratung von EU-Projekten ist ein hervorragendes Feld für Dienstleister, und ich denke, da können sich doch Dienstleister der privaten Wirtschaft hervortun, das als ihr Marktsegment begreifen und Unternehmen und auch Hochschulen und Institute beraten. Da hätten wir wieder einen Beitrag zur Existenzgründung geleistet.
Ich verstehe Ihre Bemühung so, Frau Jamnig-Stellmach, dass Sie natürlich versuchen wollen, den Wissenschaftsstandort Bremen weiter voranzutreiben. Sie haben die Drittmittelquote angesprochen, aber wir haben eine richtige Problematik in diesem Bereich. Bremen ist nämlich so gut und wirbt so viele Drittmittel ein, dass wir gar nicht mehr nachkommen können mit den Komplementärmitteln. Da bitte ich dann um Ihre Unterstützung hinsichtlich der haushaltsrechtlichen Abstimmungen, dass Sie dann auch bereit sind, dem zuzustimmen.
Das Gleiche gilt natürlich auch für die Institute. Haushaltsrechtlich ist es so, je mehr Drittmittel eingeworben werden, desto geringer fällt die Quote der Grundfinanzierung aus. Die Arbeit der Institute bleibt gleich, die müssen das leisten, aber sie dürfen doch nicht dafür bestraft werden, dass sie so gut sind, Drittmittel einwerben und dann weniger Geld bekommen.
Ich denke, wenn ich das alles so zusammenfasse, erweist es sich immer wieder als äußerst sinnvoll, dass wir eine Stelle eines Technologiebeauftragten, insbesondere mit der Besetzung von Herrn Professor Dr. Timm, eingerichtet haben. Ich halte es auch für sinnvoll, dass man alle Organisationen, die auch auf EU-Ebene und in Bremen tätig sind, miteinander verbindet, und das könnte diese Technologiebeauftragtenstelle sehr gut mit übernehmen. Ich hoffe, Herr Dr. Timm weiß, was auf ihn zukommt mit den vielen Forderungen, die wir ihm schon alle angedeihen lassen.
Ich möchte nicht verhehlen, dass auch unsere Europa-Abgeordnete Karin Jöns ihren Teil dazu beiträgt mit ihren Büros und sehr gut zusammenarbeitet mit dem EU-Büro in Brüssel, das ja aus dem Wirtschaftsressort ausgegliedert worden ist. Ich denke, das war die richtige Maßnahme, dass es da nach Brüssel vor Ort gegangen ist.
Zum Schluss möchte ich nur noch darauf hinweisen, nicht dass Sie denken, es sei noch gar nichts geschehen: Hier ist gerade wieder die Information zum sechsten Forschungsrahmenprogramm, und ich denke, auch Sie werden Ihren Teil dazu beitragen,
sämtliche KMU und auch Institute und Hochschulen, die wir hier haben, auf diese Veranstaltung hinzuweisen, damit wir weiterhin so erfolgreich bleiben können, wie wir es jetzt schon sind. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren, ich frage jetzt das Haus: Wollen wir diese Debatte zu Ende führen, oder soll ich unterbrechen? Wir werden sicher noch eine halbe Stunde benötigen für diese Debatte. Wollen wir diese Debatte zu Ende führen und dann in eine spätere Mittagspause gehen?
Ich höre gerade, es sind Ausschusssitzungen in der Mittagszeit, und dann geht das nicht. Ich unterbreche die Sitzung bis 14.30 Uhr.
Meine Damen und Herren, die Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet. Wir setzen die Aussprache zum Tagesordnungspunkt fünf, Bremer Beteiligung an EU-geförderten Forschungsprojekten, fort. Als Nächsten rufe ich Herrn Dr. Kuhn auf.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Jamnig-Stellmach, ich möchte Ihnen zunächst einmal aus inzwischen langjähriger Erfahrung einen guten Rat geben: Wenn ich den Senator angreifen will, wenn ich den Ehrgeiz habe, ihn anzugreifen, dann würde ich nicht die Stelle nehmen, wo er entweder gut ist oder wo er gute Ergebnisse hinter sich hat. Da würde ich mir etwas anderes suchen!
Die drei Punkte, die Sie vorgeschlagen haben als Quintessenz aus dem, was Sie an Kritik vor allen Dingen am Wissenschaftssenator vorgetragen haben, sind, dass Sie gern ein zentrales Europabüro der Hochschulen einrichten möchten, und neben anderen Aufgaben der Datenerhebung, der Datenverwaltung soll dieses Büro auch Anträge zum sechsten Forschungsrahmenprogramm sortieren, schauen, was erwartungsgemäß vielleicht Erfolg hat und was nicht, und es soll diese Anträge in Brüssel vertreten.
Ob es erstens der Weisheit letzter Schluss ist, ein neues Büro im Land Bremen bei der relativen Überschaubarkeit zu eröffnen, das weiß ich, ehrlich gesagt, nicht. Dass das gerade aus Ihren Reihen kommt, hat mich ein bisschen verblüfft, dass Sie als erste Idee jetzt ein neues Büro vorschlagen. Was die Funktion angeht, Anträge zu sortieren und in Brüssel zu vertreten, da unterliegen Sie einem wirklichen Missverständnis, wie das in der Wissenschaft funktioniert, und darauf möchte ich gern eingehen.
Wir dürfen ja nicht unser Gefühl, dass wir wenig von diesen Anträgen wissen und verstehen, was in dem Rahmenprogramm passiert, damit verwechseln, was die Wissenschaftler selbst wissen. Deren Anträge entstehen nicht aus guten Vorschlägen oder guten Ideen eines Büros, sondern solche Anträge im Wissenschaftsbereich haben einen langen Vorlauf aus der wissenschaftlichen Tradition, aus der Entwicklung eines Institutes, aus Schwerpunkten, die sich herausgebildet haben, die ergeben sich in erster Linie aus der eigenen wissenschaftlichen Logik.
Die Wissenschaftler, die damit zu tun haben, die kennen sich auch. Die kennen sich sogar nicht nur in Bremen, die kennen sich auch, wenn sie in London, Bologna oder sonst wo sitzen. Das ist nicht das Problem, dass sie sich nicht kennen. Wenn sie sich nicht kennen würden, hätten sie sowieso keine Spitzenforschung anzubieten. Wenn sie darauf aufmerksam gemacht werden müssten, was in einem Bereich der Umweltforschung irgendwo in Paris passiert, das ist nicht das Problem. Dann aber zu erwarten, dass Forschungsanträge, die aus solchen langjährigen Erfahrungsprozessen und wissenschaftlichen Beratungsprozessen entstehen, in einem zentralen Büro mit ein, zwei Beamten sortiert werden könnten, das ist doch eine irrwitzige Vorstellung!
Es ist hochkomplex, wenn Wissenschaftler sich überlegen, was mache ich als nächstes Projekt, und das hat wirklich wenig mit Bürokratie, sondern viel mit der wissenschaftlichen Überlegung zu tun. So ein Büro ist da sicherlich fehl am Platz.
Im Übrigen ist das eine ganz einfache Abwägung. Das kostet diese Institute Geld und Zeit. Sie werden sich sehr gut überlegen, ob sie das Risiko in Kennt
nis der Mitbewerber eingehen, ob ihnen etwas so wichtig ist, dass sie so etwas formulieren. Diese Entscheidung kann ihnen niemand abnehmen. Das ist der erste Punkt. Diese Aufgabe entfällt.
Die Aufgabe der Datensammlung, das habe ich schon gesagt, entfällt für mich auch, denn ein Spitzeninstitut, das nicht weiß, was zum Beispiel im Bereich der Klimaforschung in Bremen oder sonst wo läuft, und nicht weiß, was die anderen machen, kann man sowieso vergessen.
In Brüssel vertreten, haben Sie gesagt! Das geht nun wirklich nicht. Bei allem Respekt vor Lobby-Arbeit, ich glaube, sie hat gute Funktionen, das macht übrigens das Brüsseler Büro auch bei der Vorabinformation: Was plant die Kommission? Wie werden die Programme aussehen? Wann wird die erste Ausschreibung sein? Alles das holen sich die Leute bei Herrn Wilken beim Bremer Büro in Brüssel ab, aber beim Vertreten der Anträge in Brüssel nützt Ihnen kein Herr Wilken oder sonst jemand. Das wissen die Wissenschaftler selbst, die Anträge müssen gut sein. Ich habe so viel Vertrauen, und die Erfahrung ist auch so, dass die Kommission das mit ihren verantwortlichen Leuten so prüft, dass die wissenschaftliche Reputation und die Qualität zählen. Da brauchen Sie niemanden, der das vertritt.
All das, was Sie sich vorstellen, verehrte Kollegin, das geht damit wirklich nicht. Die kleinen und mittleren Unternehmen haben nicht das Problem, dass sie nicht über EU-Projekte Bescheid wissen. Ich habe heute überhaupt keine Lust, da etwas zum Wirtschaftsressort zu sagen oder es dorthin zu schieben. Die Einbeziehung von kleineren und mittleren Unternehmen in wissenschaftliche Forschung, in Projekte und solche Dinge ist schwierig. Da haben wir großen Nachholbedarf, aber da muss jeder Beteiligte, dazu gehöre ich auch, ehrlich sagen, dass es in der Tat kompliziert ist, dass da keiner den Stein des Weisen hat.
Wenn ein Unternehmen aber diesen Schritt getan und mit Wissenschaftlern kooperiert hat, ist es nicht das Problem, dass es den Schritt auch noch gegenüber der Europäischen Union macht. Das Ganze, was Sie sich da vorstellen, stimmt nicht. Wenn Sie der Auffassung sind, dass die Beauftragten der Hochschulen im Moment nicht so effektiv arbeiten, müssten Sie da Belege bringen und sie vortragen. Dann muss man sehen, dass man auf der Ebene etwas verbessert. Da bin ich dann natürlich als Opposition ganz auf Ihrer Seite gegenüber dem Senator, der das nicht macht, aber im Moment sehe ich das nicht so.
Sie haben angesprochen, Bremen müsste sich in seinen Forschungsschwerpunkten an dem neuen Programm der Europäischen Union ausrichten. Auch das ist ein Missverständnis. Die wissenschaftlichen
Schwerpunkte haben sich in Bremen aufgrund politischer Entscheidung, aber auch aufgrund der guten wissenschaftlichen Vorgaben entwickelt. Das EU-Forschungsprogramm ist anders zustande gekommen. Da darf ich übrigens einmal sagen, schade, dass Sie das nicht erwähnt haben, was die rotgrüne Bundesregierung gegenüber dem ersten Entwurf alles verbessert hat! Das würde ich Ihnen gern noch einmal vortragen, weil es nämlich wirklich sehr gut ist.
Nicht nur Genomforschung wird gefördert, sondern im Wesentlichen auch alle Forschungen, die sich gegen verbreitete Krankheiten richten, ein sehr breites und gutes Spektrum also. Sie haben durchgesetzt, dass keine Forschung gefördert wird, die in Deutschland nicht erlaubt ist, also all das mit den überflüssigen Stammzellen, was da geplant war. Das wird nicht passieren. Es werden mehr Mittel da sein für Lebensmittelsicherheit. Es werden mehr Mittel ausgegeben für regenerative Energien, und es wird bei der Atomforschung im Wesentlichen nur noch eine Risikoforschung finanziert. Das, finde ich, sind gute Erfolge. Das sollte man an der Stelle ruhig einmal hervorheben.
Ich bin aber überhaupt nicht der Meinung, dass Bremen denen hinterherlaufen muss. Bremen hat eigene Forschungsschwerpunkte. Das kann gar nicht so sein, dass wir uns an irgendeinem Forschungsprogramm ausrichten. Was Bremen machen sollte: genau schauen, wer liegt richtiger! Liegt die Europäische Kommission richtig mit dem, was hier vermutet wird, was die Schwerpunkte sein sollten? Was machen wir demgegenüber Richtiges?
Da sind wir doch der Meinung, dass wir dies und jenes aufgrund unserer Stärken machen sollten. Dass das so völlig identisch ist, das wird nie sein und ist auch nicht richtig! Ich würde Ihnen aber zu bedenken geben, dass Sie in der Tat vielleicht einmal, nachdem es so viele Mittel gibt für regenerative Energieforschung, überlegen, ob es richtig gewesen ist, das Bremer Energieinstitut praktisch herunterzufahren. Das halte ich allerdings für einen Fehler,
aber nicht nur erst, seitdem die Europäische Kommission das vorgelegt hat, sondern weil es von Anfang an ein Fehler gewesen ist! Abgleich, sorgfältige Prüfung, ja, aber nicht, sagen wir, die Kommission verteilt so viel Geld, also müssen wir dasselbe machen! Das läuft überhaupt nicht.
Frau Jamnig-Stellmach, schade finde ich, aber das können wir vielleicht dann gemeinsam machen, Sie haben jetzt überhaupt nicht über den europäischen Hochschulraum geredet, der ja für die Europäisierung eine zentrale Voraussetzung ist, dass das, was wir mit dem Forschungsprogramm machen wollen, funktioniert. Da haben Sie leider auch nichts vorzuweisen. Sie haben sich gegen die Internationalisierung bei der Personalstruktur gestemmt. Zur Abschaffung der Habilitation bestand bei der CDU bis heute ein anhaltender Widerstand. Sie haben in Ihrer Regierungszeit nichts für die Öffnung von BafögEmpfängern gemacht, dass sie die Förderung ins Ausland mitnehmen können. Das sind konkrete Maßnahmen zur Öffnung des Hochschulraumes nach Europa. Das gehört auch dazu!
Sie haben ja nicht gefragt, ich mache Ihnen das nicht zum Vorwurf, ich gebe Ihnen nur einen guten Tipp für das nächste Mal, denn da ist der Senator hier in Bremen auch nicht besser. Fangen Sie einmal an! – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren, auf der Besuchertribüne begrüße ich herzlich Schüler des Arbeitslehreprojektes „Wir bewegen etwas“ vom Schulzentrum Pestalozzistraße aus BremenGröpelingen.