Protokoll der Sitzung vom 21.08.2002

Meine Damen und Herren, auf der Besuchertribüne begrüße ich herzlich Schüler des Arbeitslehreprojektes „Wir bewegen etwas“ vom Schulzentrum Pestalozzistraße aus BremenGröpelingen.

(Beifall)

Herr Senator Lemke, Sie haben das Wort!

Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was soll ich denn nun zu Herrn Dr. Kuhn von der Opposition sagen?

(Heiterkeit – Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Dass Sie es gut finden!)

Er hat vollinhaltlich genau das vertreten, was ich auf meinem Zettel hatte, denn, liebe Frau Jamnig-Stellmach, ich verstehe Ihre Große Anfrage überhaupt nicht. Wir haben im Frühjahr eine Kleine Anfrage gehabt, die hat sich exakt mit diesem Themenkomplex befasst, und heute haben wir eine Große Anfrage. Leider muss ich feststellen, dass zwischen diesen Anfragen viel Zeit, ein halbes Jahr, vergangen ist, aber in der Sache muss ich feststellen, Frau Jamnig-Stellmach, dass ich bei allem Wohlwollen mich eben nicht inhaltlich vom Vertreter der Opposition distanzieren kann. Ich möchte das in kurzen, knappen Worten, damit ich nicht alles das nachbeten muss, was Herr Dr. Kuhn eben gesagt hat, Ihnen noch einmal sagen.

Erstens: Politik, Sie haben das gesagt, muss die Vorgaben für die Forschungsinstitute und die Hochschulen machen. In der Tat! Wir haben gerade in der letzten Woche in der Deputation für Wissenschaft zusammengesessen. Wir haben mit den Hochschulen geredet. Wir werden in der nächsten Sitzung mit den Forschungsinstituten zusammensitzen. Wir werden über die Kontrakte im Rahmen ihrer Autonomie reden, und da wünschte ich mir dann, dass Sie sich melden und sagen: So, liebe Institute, liebe Hochschulen, hier habe ich das Gefühl, dass Sie zusätzlichen Bedarf haben. Sie müssen zusätzlich von Ihrem Senator unterstützt werden. Da wünschte ich mir dann ein Engagement, eine Mitsprache, und ich gestehe Ihnen in der Tat ein, Politik soll die Vorgaben machen.

Ich sage Ihnen aber, und das wissen Sie ja auch, die große Koalition hat in diesem Bereich im Gegensatz zu dem anderen inhaltlichen Bereich, den ich auch hier vertreten muss, wirklich hervorragende Arbeit geleistet, gerade auch durch die ISP-Mittel. Möglicherweise ist das vorher auch schon in Gang gesetzt worden, aber durch die Unterstützung des ISP-Programms, Herr Dr. Kuhn, und das werden Sie auch nicht bestreiten können,

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ich habe das gar nicht bestritten!)

haben wir hervorragende Vorleistungen erbracht, durch die die Hochschulen, die Universitäten und auch die Forschungsinstitute das Niveau erreicht haben, das sie heute attestiert bekommen haben.

Ich glaube, Ihnen allen ist nicht entgangen, zumindest den wissenschaftspolitischen Mitgliedern der Deputation ist das nicht entgangen, dass wir in einem nationalen Ranking des CHE in Hannover, gemeinsam mit dem „Stern“ durchgeführt, Platz Nummer eins unter allen Bundesländern im Bereich der Forschung haben. Das muss man auch einmal ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD)

Das darf man hier nicht durch so eine Debatte kleinreden, denn ich weiß nicht, was die Wissenschaftler in den Forschungsinstituten, an der Universität, in den Hochschulen sagen werden, wenn sie hören, wie schwach wir hier ausgestattet sein sollen.

Wir sind, liebe Frau Jamnig-Stellmach, bestens positioniert. Ich darf nur noch einmal sagen, um das zu ergänzen, was Herr Dr. Kuhn eben gesagt hat, was mir zu den einzelnen Bereichen einfällt, wenn ich an das sechste Forschungsrahmenprogramm denke. Die Materialforschung, die Luft- und Raumfahrt, die Polar- und Meeresforschung sind Bereiche, in denen wir jetzt schon absolute Exzellenzcenter darstellen.

Das wissen Sie natürlich auch, die sind so verzahnt und so vernetzt mit anderen Bereichen, mit anderen europäischen, aber auch außereuropäischen Netzwerken im wissenschaftlichen Bereich, dass wir uns dort überhaupt keine Sorgen machen müssen. Wir erringen einen Erfolg nach dem anderen. Ich darf nur an die Ozeanränder, an den sechsten Sonderforschungsbereich erinnern, den wir hier an die Universität Bremen geholt haben durch das ganz starke Engagement unserer Wissenschaftler, die nicht der Hilfe einer Bürokratie bedürfen, sondern die selbst so stark sind durch ihre internationalen Vernetzungen, entsprechend tätig zu werden und entsprechende Erfolge, die millionenschwer sind, hier nach Bremen zu bringen. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Polar- und Meeresforschung. Dort werden internationale Akzente gesetzt, und das ist auch für den Standort Bremerhaven unendlich wichtig.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dank des Vorwortes von Herrn Dr. Kuhn komme ich jetzt schon zum Schluss. Wir kommen in der Einwerbung von Drittmitteln dazu, dass wir hier immer wieder bestätigt bekommen, dass wir, was das angeht, auch im nationalen Vergleich absolut vorn liegen. Frau Busch hat ganz deutliche Worte gefunden auch für den Bereich der kleinen und mittleren Betriebe. Da kann ich Sie beruhigen, Frau Jamnig-Stellmach, ich habe ein glänzendes Verhältnis zu Ihrem Wirtschaftssenator, wenn es dort irgendwelche Koordinierungsoder Vernetzungsprobleme gibt, wir arbeiten im Sinne der großen Koalition bestens zusammen. Wenn Sie ihn mit dieser Anfrage gemeint haben, was ich mir kaum vorstellen kann, treffen Sie den Falschen, denn ich weiß, dass er sich sehr für diesen Bereich einsetzt. Ich kann Ihnen also nachdrücklich versichern, dass wir diese Frage gemeinsam angehen. Einen versöhnlichen Aspekt will ich Ihnen zum Schluss nicht verhehlen. Wenn Ihre Anfrage dahin geht, dass wir schon sehr gut sind, aber uns jetzt nicht darauf ausruhen sollen, sondern überlegen, wie wir noch bessere Akquiseerfolge erzielen können, dann bin ich allerdings an Ihrer Seite. Es wäre aber völlig daneben, wenn wir über zentrale Dateien, Einrichtung einer neuen bürokratischen Organisation im Sinne einer zentralen Planwirtschaft hier irgendetwas verändern wollen. Das will ich ganz sicher nicht, Frau Jamnig-Stellmach. Ich möchte im Rahmen der Unterstützung der Autonomie unserer Hochschulen, unserer Forschungseinrichtungen für mehr Wettbewerb sorgen. Im freien Wettbewerb, Frau Jamnig-Stellmach, da liegt unsere Kraft, das haben unsere Forscher begriffen. Wir unterstützen sie jedenfalls nachdrücklich. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 15/1209, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Das Vertrauen in die Justiz stärken – Für eine leistungsfähige und bürgerorientierte Justiz

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 18. April 2002 (Drucksache 15/1119)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 11. Juni 2002

(Drucksache 15/1172)

Wir verbinden hiermit:

Reform des Sanktionenrechts

Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 19. Juni 2002 (Drucksache 15/1180)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 13. August 2002

(Drucksache 15/1212)

s o w i e

Funktionsfähigkeit des Strafvollzugs sichern

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 13. August 2002 (Drucksache 15/1206)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Bürgermeister Dr. Scherf, ihm beigeordnet Senatsrat Dr. Wrobel.

Herr Bürgermeister, möchten Sie die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich wiederholen? – Das ist nicht der Fall.

Ich gehe davon aus, dass wir in eine Aussprache eintreten wollen. – Das ist der Fall.

Die gemeinsame Aussprache ist eröffnet.

Das Wort erhält der Abgeordnete Röwekamp.

Wir haben eine verlängerte Redezeit für den ersten Redner je Fraktion bis zu 30 Minuten.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Im Jahr 2001 zeichneten sich nach der Kriminalstatistik des Senators für Inneres vom 18. 4. 2002 für das Land Bremen folgende Kriminalitätstrends ab: Anstieg bei Mord und Totschlag um elf Delikte auf 67 Fälle, An––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

stieg bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung um 30 Delikte auf 159 Fälle, Anstieg gefährlicher und schwerer Körperverletzung um 109 Delikte auf 1683 Fälle, Anstieg bei Gewaltkriminalität um 149 Delikte auf 3686 Fälle, Anstieg bei Diebstahl unter erschwerenden Umständen um 873 Delikte auf über 32 000 Fälle.

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, die Zahlen dieser schweren Straftaten belegen, dass die Kriminalität im Lande Bremen auf hohem Niveau stagniert. Auf Initiative der CDU-Bürgerschaftsfraktion sind dem Senator für Inneres zusätzliche Personal- und Sachmittel zur Verfügung gestellt worden, um auf der Ebene der Ermittlungsarbeit der Polizei dieser Kriminalität verstärkt entgegenwirken zu können.

Die Ermittlung und Festnahme der Tatverdächtigen ist die eine, die schnelle und wirkungsvolle Verurteilung der Täter ist die andere große Herausforderung für den Rechtsstaat. Hierzu einen kurzen Abriss von Meldungen der jüngsten Vergangenheit: Das Amtsgericht Bremen hebt einen Haftbefehl gegen einen jugendlichen Intensivtäter im Alter von immerhin 15 Jahren auf, der in diesem Alter bereits 62 schwerstkriminelle Straftaten begangen hat, und zwar die gesamte Palette mit und ohne Waffen, in Banden, allein, die ganze Bandbreite. Ein hochrangiges Mitglied der organisierten Kriminalität wird aus der Untersuchungshaft entlassen, weil das Hauptverfahren nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit vom Landgericht Bremen eröffnet werden konnte.

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Hört, hört!)

Ein Urteil des Landgerichts Bremen muss durch den Bundesgerichtshof aufgehoben werden, weil das Landgericht einen grausamen und abscheulichen Mord nur als Totschlag gewertet hatte, weil die Täter sich auf ihre religiösen Überzeugungen berufen haben. Nicht zuletzt gibt es die Meldung über den Sexualstraftäter, der während einer Vollzugslockerung in der Justizvollzugsanstalt einen Sexualmord begangen hat.

Meine Damen und Herren, dieser Ausriss von Meldungen hat das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zusätzlich beeinträchtigt. Mit unserer vorliegenden Großen Anfrage haben wir den Senat aufgefordert, zu diesen und anderen Entwicklungen der Justizpolitik Stellung zu nehmen. Im Anschluss an unsere letzte justizpolitische Debatte hier in der Bürgerschaft im März dieses Jahres haben wir uns einen heftigen Schlagabtausch zwischen Bündnis 90/Die Grünen auf der einen und der CDU mit dem Bürgermeister Dr. Scherf und Staatsrat Mäurer auf der anderen Seite geliefert. Dieser Schlagabtausch gipfelte in Schlagzeilen wie zum Beispiel „Scherf: Tätern keinen schlappen Staat zeigen“ oder „Scherf: Schlapper Staat schreckt Kriminelle nicht“,

und besonders gut gefallen hat mir natürlich die Schlagzeile „Henning Scherf auf CDU-Kurs“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, man konnte aus der öffentlichen Berichterstattung fast den Eindruck gewinnen, dass, wer Henning Scherf will, CDU wählen muss, zumindest ergab sich das aus der veröffentlichten Meinung.

(Beifall bei der CDU)