Thomas Röwekamp

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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Mit der vorliegenden Antwort auf die Große Anfrage der CDUund der SPD-Fraktion legt der Senat ein Zeugnis über das ab, was er in den vergangenen vier Jahren für die Wirtschaftsstrukturpolitik in Bremerhaven getan hat.
Nachdem Bremerhaven bereits in der ersten Wahlperiode der großen Koalition ein Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik des Landes war, hat die CDU auch in der jetzt laufenden Wahlperiode mit ihrem Senator Hattig einen Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Entwicklung in Bremerhaven gelegt. Noch nie, meine Damen und Herren, wurden für Bremerhaven so zahlreiche Projekte mit einer so großen Investitionssumme vorgeschlagen und durch den Senat gefördert. Hierzu zählen, meine Damen und Herren, insbesondere die kurz bevorstehende Fertigstellung des Containerterminals III a in Bremerhaven mit einem zusätzlichen Liegeplatz, der Grundsatzbeschluss zur Erweiterung des Terminals um den CT IV, der Umbau der Innenstadt zu einer attraktiven Flaniermeile, aber auch solche Maßnahmen wie die vollständige Sanierung des Stadttheaters oder die Sanierung beziehungsweise, kann man schon sagen, der Neubau des Zoos am Meer.
Neben diesen zahlreichen Maßnahmen hat die CDU auch die weitere gewerbliche Entwicklung des ehemaligen Carl-Schurz-Kasernengeländes in Bremerhaven vorangetrieben. Altlasten wurden beseitigt, das Straßensystem ausgebaut und Entsorgungsleitungen, die kreuz und quer über das Gelände liefen, erneuert, nicht mehr benötigte Gebäude wurden abgerissen.
Der Grundsatzbeschluss des Senats zur Untertunnelung der Cherbourger Straße an der Kreuzung Langener Landstraße sowie der verkehrsgerechte Ausbau an den weiteren Knotenpunkten wird den Verkehrsfluss in die Häfen und aus den Häfen beschleunigen und die Anwohner entlasten. Meine Damen und Herren, von den netto 70 Hektar Gewerbefläche Carl-Schurz-Kaserne sind elf Hektar vergeben, 210 Arbeitsplätze sind auf diesem Gelände entstanden beziehungsweise gesichert worden.
Mit den Gewerbeflächen Bohmsiel und Luneort werden auch im Süden der Stadt attraktive Flächen für Neuansiedlungen und Betriebserweiterungen geschaffen. Von den in der letzten Ausbaustufe ge––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
schaffenen Nettoflächen von 26 Hektar sind 19 bereits vergeben, 350 Arbeitsplätze sind hier neu entstanden.
Die Fertigstellung der lang ersehnten Fischereihafendoppelschleuse, die Neuplanung der B 71 zur Entlastung des Stadtteils Wulsdorf, die Gründung eines Labors für Sensorik am TTZ und insbesondere die Grundsteinlegung für das Gewerbe-, Gründer- und Entwicklungszentrum für biologische Anwendungen in der Lebenmittelwirtschaft, kurz BioNord genannt, wurden in Bremerhaven als Stärkung des Standortes für die Fisch- und Lebensmittelwirtschaft in den letzten vier Jahren realisiert.
Nirgendwo, meine Damen und Herren, in der Stadt Bremerhaven ist der Strukturwandel von der Industriestadt zur hochtechnologisierten und modernen Großstadt besser sichtbar als im Gewerbegebiet Fischereihafen. Dazu gehört auch, dass wir den Flugplatz Luneort zum Regionalflughafen ausgebaut haben, indem zwei kreuzende asphaltierte Start- und Landebahnen geschaffen, ein Rollbahnsystem eingerichtet, der Passagierterminal errichtet und Hangars völlig neu gebaut worden sind. Mit der Ansiedlung einer Luftwerft und mit der Ansiedlung der Firma Optimare Sensorsysteme zeigt diese Politik bereits ihre ersten großen Ansiedlungserfolge. Wir haben vor der Ausbaustufe am Flugplatz Luneort vier Arbeitnehmer beschäftigt, heute sind es bereits 87.
Die Hochschule und das ihr angeschlossene Technologietransferzentrum sind weiter gestärkt worden. Mit der Erweiterung der Studiengänge und der Anpassung an aktuelle Ausbildungsbedürfnisse hat die Hochschule ihr Profil und ihre maritime Kompetenz durch die Arbeit der großen Koalition weiter stärken können.
Auch in der touristischen Entwicklung des Alten/ Neuen Hafens ist die Stadt Bremerhaven dank der Beschlüsse der großen Koalition und bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der letzten Sitzung der Wirtschaftsförderungsausschüsse einen Riesenschritt weitergekommen. Nach jahrelangen Planungen stehen die Beschlüsse. Die Sportbootschleuse befindet sich bereits im Bau, die Planungen für einen Hotelneubau, ein attraktives Einkaufszentrum am Meer und vor allen Dingen für das Klimahaus sind abgeschlossen. Die öffentlichen Fördermittel konnten wir noch vor der Bürgerschaftswahl in vollem Umfang bewilligen. Damit steht fest, meine Damen und Herren, Bremerhaven bekommt ein neues touristisches Zentrum, das sowohl für die Menschen in der Region als auch für auswärtige Gäste spannend und interessant sein wird.
An dieser Stelle lassen Sie mich, Herr Schramm, weil das vorhin in der Hafendebatte eine Rolle gespielt hat, auch sagen, der maritime Trail ist längst beschlossene Sache! Wir werden selbstverständlich
die schönen Ecken Bremerhavens, die Sie Ihrer Kollegin Frau Dr. Trüpel bei Gelegenheit noch einmal zeigen wollten, auch der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Es gibt jetzt schon den Hafenbus, der durch beide Hafengebiete fährt. Es wird den maritimen Trail mit Aussichtsplattform gegebenenfalls sogar bei der Lloyd-Werft geben. Die Menschen können den Hafen spüren und erleben, wenn sie nach Bremerhaven kommen. Das sollten wir begrüßen und nicht mäkeln, dass es ein bisschen gedauert hat.
Meine Damen und Herren, seit die CDU in Bremen und Bremerhaven mitregiert und insbesondere den Senator für Wirtschaft stellt, ist es mit dem Strukturwandel in Bremerhaven rasch vorangegangen. Wir haben allein in dieser Legislaturperiode Mittel in Höhe von 600 Millionen Euro für die Stadt Bremerhaven beschlossen. Ich meine, das ist eine Leistungsbilanz, die sich sehen lassen kann.
Von der alten Werft- und Fischstadt Bremerhaven ist nicht mehr viel zu sehen. Wir sind eine moderne Großstadt mit attraktiven und sicheren Arbeitsplätzen geworden. Wir haben uns zukunftssicher entwickelt, wir haben aber auch noch viel vor uns. Dabei haben wir die vorhandenen Industriestandorte, insbesondere die Werften, nicht vernachlässigt, sondern immer weiter gefördert und in ihrem Umstrukturierungsprozess begleitet. Bremerhaven, meine Damen und Herren, stellt den Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik des Landes dar, und das ist gut so.
Es ist für Bremerhaven viel getan worden, es ist aber auch noch viel zu tun. Im Norden der Stadt müssen durch geeignete Infrastrukturmaßnahmen auf dem Gelände der Carl-Schurz-Kaserne optimale Ansiedlungserfolge für Logistik und Veredelungsbetriebe geschaffen werden. Ich habe mit großem Interesse an einer Besichtigung des Tchibo-Hochregallagers teilnehmen können. Das ist eine Infrastruktur, wie sie auch Bremerhaven sehr gut gebrauchen könnte. Ich hoffe, dass wir in der nächsten Legislaturperiode dazu die wegweisenden Beschlüsse fassen werden.
Wir wollen die Lokoquote erhöhen, indem wir vom Umschlagshafen zum Verarbeitungs- und Veredelungshafen werden. Der CT IV ist planerisch noch nicht in sicheren Schuhen. Eine rotgrüne Landesregierung könnte das Projekt wieder kippen, und wie wir alle wissen, sind die Grünen vehement gegen den CT IV und die Außenweservertiefung. Deswe
gen kann ich mir für das Land nur wünschen, dass die Opposition da bleibt, wo sie ist.
Meine Damen und Herren, auch die Kaiserschleuse muss dringend saniert werden. Die Verkehrsanbindung Cherbourger Straße muss so, wie der Senat sie jetzt beschlossen hat, auch tatsächlich umgesetzt werden, und dafür ist Garant nur eine große Koalition.
Meine Damen und Herren, ich habe eingangs gesagt, der Senat hat ein Zeugnis ausgestellt. Ich kenne noch ein Zeugnis aus meiner Schulzeit, auch wenn ich mittlerweile gelernt habe, dass das alles nicht mehr so ist wie früher. In dem Zeugnis sollte meiner Ansicht nach Lob stehen. Das heißt, die große Koalition hat erkannt, dass Bremerhaven Schwerpunkt der Wirtschaftsstrukturpolitik sein und bleiben muss. Sie hat alle Impulse für eine Verbesserung der Wirtschaftsstruktur angenommen und selbst Impulse gegeben. Sie hat sich, wie es so schön heißt, immer wieder aktiv in die Strukturveränderung unserer Stadt eingebracht.
Es gibt aber auch Verbesserungsvorschläge, die sich insbesondere auf die Gewerbegebiete im Norden der Stadt beziehen, also Carl-Schurz-Kasernengelände, Speckenbüttel und auch Weddewarden. Um eine bessere Vermarktung und infrastrukturelle Ausstattung muss sich die große Koalition auch in der nächsten Legislaturperiode weiter bemühen.
Kurzum, man kann sagen, die große Koalition hat ihr Klassenziel erreicht. Sie ist es würdig, in die nächste Legislaturperiode versetzt zu werden. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Schwarzen Peter habe jetzt wohl ich, weil ich wohl der Einzige aus diesem Rechtsausschuss bin, der das Vergnügen haben wird, sehr wahrscheinlich dem Rechtsausschuss der nächsten Legislaturperiode anzugehören, so der Wähler uns noch geneigt ist, wovon ich ausgehe. Sie haben sich beide mit dem Appell an die künftige Legislaturperiode verabschiedet, das Problem, das Sie nicht gelöst haben, zu lösen. Das ist natürlich ein bisschen schwierig.
Herr Dr. Kuhn, ich will an dieser Stelle noch einmal sagen, so unumstritten war Ihr Vorschlag nicht. Zunächst ist festzuhalten, dass das, was Sie hier dem Parlament vorgelegt haben, verfassungsrechtlich nicht tragbar war, auch nach dem Gutachten von Herrn Professor Dr. Pottschmidt nicht, weil Sie unterhalb der Änderung einer Landesverfassung eine Änderung des Richterwahlgesetzes angestrebt haben. Das war verfassungsrechtlich nicht in Ordnung.
Unabhängig davon haben wir uns redlich Mühe gegeben, in den Beratungen des Rechtsausschusses eine geeignete Grundlage zu finden, wobei ich nach wie vor meine Sympathie – auch für die CDU-Fraktion – hier zum Ausdruck bringen möchte, dass der Richterwahlausschuss selbstverständlich nicht nur eine Abstimmungsmaschine sein soll. Wir haben dieser Tage gerade die Vorlagen für die nächste Sitzung des Richterwahlausschusses bekommen, in dem es wieder nur darum gehen wird, Richter auf Lebenszeit zu ernennen. Das ist in der Tat nicht, sage ich einmal, für Mitglieder des Richterwahlausschusses befriedigend.
Einen Dämpfer hat Ihr Vorschlag auch durch das Gutachten von Herrn Professor Dr. Pottschmidt bekommen, der ausgeführt hat, so schlank geht es ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nicht. Diejenigen, die im Richterwahlausschuss sitzen, bedürfen einer parlamentarischen Legitimation, wenn man ihnen wahrlich Mitentscheidungsrechte einräumen möchte. Das heißt, wir hätten hier im Parlament über Vorschlagslisten abstimmen müssen, aus den Vorschlagslisten hätten durch ein geeignetes Gremium, ein Richterwahlausschuss oder etwas Ähnliches, entsprechende Vorschläge aufbereitet werden müssen. Das heißt, wir hätten im Parlament sowohl die parlamentarischen als auch die nichtparlamentarischen Mitglieder des Richterwahlausschusses in einem relativ komplizierten Verfahren wählen müssen.
Daraufhin hat das Justizressort, das zugegebenerweise lange Zeit unbeweglich gewesen ist, den Vorschlag gemacht, lediglich im Weg der Anhörung den Richterwahlausschuss auch an solchen Personalentscheidungen zu beteiligen, wie wir das eigentlich angedacht hatten. Das ist in der Tat für die CDUFraktion ein fauler Kompromiss gewesen, weil er gegenüber dem Status quo praktisch aus unserer Sicht keinerlei Verbesserung gebracht hätte. Auch Sie, Herr Dr. Kuhn, haben diesen Kompromissvorschlag letztendlich in Bausch und Bogen abgelehnt, so dass es insgesamt dem Rechtsausschuss nicht gelungen ist, eine verfassungsändernde Mehrheit für eine geeinigte Lösung zusammenzubekommen.
Wir halten als CDU-Fraktion die komplizierte Lösung aus dem Gutachten von Professor Dr. Pottschmidt mit Vorschlagslisten und was weiß ich allem auch nicht für sachgerecht. Wir könnten uns vorstellen, das haben wir an der Stelle auch gesagt, einen rein parlamentarischen Richterwahlausschuss mit relativ weitgehenden Kompetenzen zu installieren. Dieser Vorschlag war mit Ihnen nicht einigungsfähig. Letztendlich haben wir dieses Modell mit Herrn Isola einmal angedacht, aber dann gesagt, eine Zeitspanne von 14 Tagen oder sechs Wochen vor Beendigung der Legislaturperiode ist nicht geeignet, eine Reform des Richterwahlausschusses anzustreben.
Kurzum, es hat trotz langjähriger, und ich würde das nicht so abtun wie Sie, Herr Dr. Kuhn, intensiver und fachkundiger Beratung, und Herr Professor Dr. Pottschmidt hat dem Ausschuss ein hervorragendes Gutachten erstattet, keine Reform gegeben. Wir haben auch, finde ich, sehr sachgerecht inhaltlich beraten, das heißt, wir haben uns sehr gründlich der Thematik angenommen. Wir waren von Anfang an als Koalitionsfraktionen im Prinzip bereit, an der jetzigen Zusammensetzung und an den jetzigen Kompetenzen des Richterwahlausschusses etwas zu ändern. Wir haben gelernt, dass es rechtlich sehr schwer sein wird, eine geeignete Regelung zu finden, die auch praktikabel ist, und nur deswegen haben wir es aus den jetzigen Beratungen des Rechtsausschusses genommen.
Ich finde, der Kollege Isola hat dem Plenum hervorragend berichtet, wie der Beratungsverlauf war. Wir müssen es jetzt so zur Kenntnis nehmen, und
ich werde mich darum bemühen, Ihren beiden Anliegen für die nächste Legislaturperiode Rechnung zu tragen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich hatte mir überlegt, ob ich für die CDU-Fraktion hier noch einmal das Wort ergreifen soll, denn alles, was ich sagen wollte, habe ich als Ausschussvorsitzender gesagt, und dazu stehe ich auch. Das, was wir in unserem gemeinsamen Bericht des Untersuchungsausschusses mit den Stimmen der SPD und mit den Stimmen der CDU festgestellt haben, sind die objektiven Feststellungen des Untersuchungsausschusses, und wir haben uns gemeinsam auf die notwendigen Kon––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
sequenzen aus dem Ausschuss geeinigt. Ich stehe dazu, was wir gemeinsam verabredet haben, und ich habe mich nur gemeldet, Herr Schildt, weil ich nach Ihrer Rede eher den Eindruck habe, dass Sie mit den Erkenntnissen, Ergebnissen und Schlussfolgerungen des Untersuchungsausschusses nichts mehr zu tun haben wollen.
Lieber Kollege Schildt, ich weiß, dass ich Ihnen im Untersuchungsausschuss häufig auf die Nerven gegangen bin, ich weiß auch, dass Sie sich häufig über mich geärgert haben. Ich habe mich auch manchmal über Sie geärgert, aber ich finde, wir haben einen kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden, in der Tat, und zwar aus Verantwortung, Herr Schramm, dazu sage ich gleich noch einmal etwas. Wir haben einen kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden, und dazu sollten wir jetzt auch stehen.
Der kleinste gemeinsame Nenner heißt, erstens, das Rechnungsprüfungsamt ist weisungsfrei, zweitens, der Stadtverordnetenvorsteher ist nicht Vorgesetzter des Leiters des Rechnungsprüfungsamts, drittens, der Oberbürgermeister hat keinen Schriftverkehr des Rechnungsprüfungsamts in laufenden Prüfungsverfahren anzuhalten und darauf sitzen zu bleiben und ihn nicht weiterzuleiten, viertens, das Rechnungsprüfungsamt hat Anspruch darauf, Akteneinsicht auch in Personalakten zu bekommen, was ihm bisher durch die Stadt Bremerhaven verwehrt worden ist. Eine gesetzgeberische Initiative ist bis heute nicht von der Stadt Bremerhaven ergriffen worden.
Das sind die objektiven Feststellungen dieses Untersuchungsausschusses,
und das ist die Aufforderung an uns auch gemeinsam, das in Bremerhaven so zu lösen, dass es in Zukunft zu solchen Verstößen gegen Recht und Gesetz durch wen auch immer nicht kommt. Das ist das, was wir gemeinsam festgestellt haben, und ich hätte mich gefreut, wenn Sie das heute auch in dieser Klarheit und Deutlichkeit hier im Parlament gesagt hätten und sich nicht nur auf die Rolle von Herrn Mattern in seiner Zeit seit 1997 beschränkt hätten, Herr Schildt.
Herr Schramm, zum kleinsten gemeinsamen Nenner will ich Ihnen auch noch einmal etwas sagen: Damit ist nicht der kleinste gemeinsame Nenner der Sachverhaltsfeststellung gemeint, sondern das, was
tatsächlich war. Ich glaube, Sie haben hier auch bekundet, dass Sie in wesentlichen Punkten mit den objektiven Feststellungen des Berichts übereinstimmen. Kleinster gemeinsamer Nenner heißt auch, Verantwortung für das zu übernehmen, was wir in Zukunft machen, und da ist es mir wesentlich wichtiger, Herr Schramm, dass wir in Zukunft in Bremerhaven eine weisungsfreie, unabhängige, sachgerechte Rechnungsprüfung haben wie in allen anderen Gemeinden der Bundesrepublik Deutschland auch, dass sie unbeeinflusst stattfinden kann, als mir über personelle Konsequenzen, die politisch vielleicht interessant sind, Gedanken zu machen. Mir geht es darum, dass das in Bremerhaven so gelöst wird, wie wir es jetzt vorgegeben haben. Das ist unser Auftrag, und das ist unsere Empfehlung an die Stadt Bremerhaven.
Um in den Bildern zu bleiben, Herr Schildt, Sie haben gesagt, Sie haben sich zu dieser Geschichte der Metamorphose des Papiers gar nicht so sehr geäußert, weil Sie meinten, es käme gar nicht darauf an. Ihrem Beitrag konnte man aber so fast entnehmen, dass diese Papierlage irgendwie auf Wunsch der CDU entstanden sei. Da muss man sich noch einmal die Geschichte vorstellen. Da sagt ein SPD-Fraktionsvorsitzender zu einem SPD-Magistratsdirektor, schreibe mir einmal ein paar Punkte auf! Der schreibt das auf, vernichtet zufälligerweise alles, was er aufgeschrieben hat, nimmt das einzige Original, was ein üblicher Verwaltungsvorgang ist, dass man sich keine Kopien fertigt, steckt das in einen Briefumschlag, bringt es persönlich zur Botenmeisterei mit dem Auftrag, es sofort zu Herrn Rosche persönlich, vertraulich zu bringen, und da kommt merkwürdigerweise ein ganz anderer Umschlag an.
Wenn diese Geschichte wahr ist, sehr geehrter Herr Schildt, und die CDU etwas damit zu tun hat, dann kommt nur in Frage, dass Herr Teiser oder ich der Bote war und wir auf dem Weg von Herrn Magistratsdirektor Kleine zu Herrn Rosche das Papier so verändert haben, dass die CDU hinterher damit ein Riesenproblem hat. Das ist wohl offensichtlich Ihre Ansicht gewesen.
Ich bleibe dabei, Herr Schildt, diese Geschichte ist eine reine SPD-Lügengeschichte. Das kann man auch immer wieder sagen!
Sie ist erfunden und ersponnen aus sozialdemokratischen Kreisen, und die CDU hat damit nichts, aber auch überhaupt nichts zu tun. Sie hat sich damit nicht identifiziert!
Herr Schildt, eines ist auch klar, als das zweite Papier das Licht der Welt erblickt hat, ist es auf wessen Wunsch dann wieder in der Schublade verschwunden? Doch nicht auf Wunsch von Herrn Beneken und auch nicht auf Wunsch von Herrn Schulz, sondern auf Wunsch der CDU ist das Papier verschwunden und nie zur Umsetzung gelangt!
Herr Beneken hat ja heute noch ein gewisses Faible für dieses Papier. Das ist die Wahrheit, die der Untersuchungsausschuss zutage gefördert hat!
Herr Schildt, einen Punkt will ich auch noch einmal sagen, ich bekenne, ich komme nicht aus der Provinz. Bremerhaven ist keine Provinz!
Ich will Ihnen aber gern einmal sagen, was provinziell ist. Provinziell ist, wenn ein Oberbürgermeister einer Großstadt sich nach einer fünfzigjährigen Tradition von Untersuchungsausschüssen nicht in der Lage sieht, dem üblichen Verfahren der Akteneinsicht Rechnung zu tragen, sondern dem Untersuchungsausschuss einen schönen Urlaub wünscht und anbietet, nach dem Urlaub einmal auf eine Tasse Kaffee zusammenzukommen, um miteinander zu besprechen, was man eigentlich gemeinsam machen will. Das finde ich provinziell, meine Damen und Herren!
Provinziell ist, wenn ein Stadtverordnetenvorsteher einem Mitarbeiter des Rechnungsprüfungsamtes eine Aussagegenehmigung gibt, in der steht, ich bin zwar unzuständig, aber ich erteile die Aussagegenehmigung. Meine Damen und Herren, das ist provinziell, statt sich darum zu kümmern, dass der Mann hier vor dem Untersuchungsausschuss mit einer richtigen Aussagegenehmigung die Wahrheit zu sagen hat! Wenn man sich schon immer anmaßt, Dienstvorgesetzter der Mitarbeiter zu sein, dann hat man auch Treue- und Fürsorgepflichten und dafür zu sor
gen, dass der Mann sich nicht vor dem Untersuchungsausschuss blamiert. Das ist provinziell, meine Damen und Herren!
Ich will auch an dieser Stelle noch einmal etwas dazu sagen, Herr Schildt, weil Sie gesagt haben, bis zum Schluss hätte es unterschiedliche Aussagen darüber gegeben, ob der SPD-Fraktionsvorsitzende Rosche Herrn Mattern nun diesen Vertragsentwurf zur Unterschrift vorgelegt habe oder nicht. Ich habe hier das Protokoll der Gegenüberstellungsvernehmung und daraus will ich jetzt einmal zitieren.
Da fragt der Vorsitzende, ein bisschen Geduld bitte ich zu haben: „Ich habe noch eine Frage. Wir haben jetzt Zeugenaussagen unterschiedlicher Art zu der Frage, ob und wann Herr Rosche Herrn Mattern aufgefordert haben soll, das Papier zu unterzeichnen. Ich will die Aussagen noch einmal zusammenfassen, um dann abschließend unter besonderem Hinweis auf die Wahrheitspflicht und die Strafbarkeit einer uneidlichen Falschaussage die Zeugen im Einzelnen noch einmal zu befragen, ob sie bei ihrer bisherigen Aussage bleiben. Es heißt, Herr Mattern, in Ihrer Aussage, ich zitiere: ‚Zu Beginn des Gesprächs hat Herr Rosche den fraglichen Vertragsentwurf aus der Tasche geholt, auf den Tisch gelegt und dies sinngemäß mit den Worten, wenn Sie diesen Vertrag unterschreiben, dann ist die Angelegenheit erledigt.’“
Herr Bödeker sagt, ich zitiere: „Zunächst einmal ist dieser Vertrag vorgelegt worden, dieser Entwurf ist vorgelegt worden. Herr Rosche hat erklärt, wenn man sich dahingehend verständigen könnte, würde man auch die anderen Dinge bereinigen können. Insofern bin ich davon ausgegangen, dass dies so unterschrieben werden soll.“
Herr Rosche hat in seiner Aussage gesagt: „Nein, ich habe nicht gesagt, er solle das unterschreiben. Wie muss ich diese Aussage denn verstehen, also, wann haben Sie angedeutet, dass, wenn er die einzelnen Punkte im Wesentlichen anerkennt, der Streit vom Tisch ist, und in welcher Weise sollte er die einzelnen Punkte im Wesentlichen anerkennen?“ Dann geht es weiter in der Aussage, und dann kommt es: „Kann es nicht vielmehr sein, Herr Rosche, dass Sie vielleicht zu Beginn des Gespräches eine solche Äußerung gemacht haben?“ „Nein“, Rechtsanwalt Dr. Ernst, „ich glaube, Sie missverstehen einander. Da muss ich mich jetzt einmal einschalten.“ Dann haben wir das Mikrophon ausgeschaltet, und dann erklärt Herr Rosche: „Dann habe ich das wohl doch etwas missverstanden. Also, am Anfang, bevor wir dies durchgegangen sind, kann es sehr wohl sein, dass
ich gesagt haben soll, dass, wenn die Punkte Einverständnis erbringen, wir uns dann einig sind.“
Meine Damen und Herren, es steht also fest, dass Herr Rosche den Vertragsentwurf vorgelegt hat mit der Aufforderung, ihn zu unterschreiben. Alles andere ist nicht das Ergebnis dieses Untersuchungsausschusses. Ich halte also noch einmal fest, Herr Rosche hat einen Vertragsentwurf mitgebracht, der wie auch immer von Herrn Kleine verfasst und verändert bei ihm angekommen ist. Herr Beneken kann für diesen Vertragsentwurf ein Faible entwickeln.
Meine Damen und Herren, das ist doch kein Vertragsentwurf der großen Koalition! Die Urheberschaft für diesen Vertrag liegt bei den Sozialdemokraten. Dieser Vertragsentwurf ist sittenwidrig, er ist rechtswidrig, und er hat keine Rechtfertigung. Das will ich an dieser Stelle noch einmal sagen, und er stellt objektiv den Versuch einer unzulässigen Einflussnahme dar.
Das lässt sich in so einer Debatte auch nicht, meine Damen und Herren, verkleistern.
Sie, Herr Schildt, haben gesagt, und das zum Abschluss, Herr Mattern würde mit Kanonen auf Spatzen schießen. Ich habe eher den Eindruck, dass der eine oder andere Bremerhavener Spitzenpolitiker heute noch als Baron auf seiner Kanonenkugel über der Stadt Bremerhaven kreist
und meint, dass der eine oder andere diese Geschichte noch glaubt. Es glaubt sie keiner, Herr Schildt, und ich weiß, Sie glauben sie auch nicht. Sie können sie auch nicht glauben, weil sie so unwirklich ist, dass sie wirklich nur in der Provinz geboren sein kann, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Schildt, eine letzte kurze Bemerkung: Wenn Sie sagen, der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes ist eine Fehlbesetzung,
dann kann man zu dieser Auffassung gelangen, weil er einen dienstlichen Fehler gemacht hat.
Alles andere ist im Übrigen im Sande verlaufen, und die Stadt Bremerhaven hat diesen dienstlichen Fehler leider nicht rechtzeitig disziplinarrechtlich geahndet, weil das Verfahren heute noch läuft. Aber, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, wenn Sie sich Gedanken über Fehlbesetzungen wegen falschen Verhaltens machen, dann bitte auf beiden Seiten der Konfliktparteien und nicht nur auf einer! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Es ist ja ein bisschen ein merkwürdiges Rollenverständnis innerhalb einer großen Koalition, dass der eine Koalitionspartner immer den Rücktritt der Staatsräte des anderen Koalitionspartners fordert, und wenn es um Rücktrittsforderungen gegen seine eigenen Staatsräte geht, es auch noch dem Partner überlässt, die Verteidigungslinie hier zu fahren im Parlament.
Herr Kollege Isola, und das verwundert umso mehr, als ich glaube, dass Sie als derjenige, der Sie der gleichen Partei wie Herr Mäurer angehören, Herrn Mäurer eigentlich viel eher verstehen müssten als wir. Ich will es aber an dieser Stelle noch einmal sagen, Herr Kuhn, ich weiß nicht, der wievielte Versuch es von Ihnen nun mittlerweile ist, einen Keil zwischen die SPD-Fraktion und den Regierungschef an dieser Stelle zu treiben. Sie sagen, es ist der zweite, mir kommt es so vor, als wäre es der fünfzehnte mindestens. Was mich daran stört, ist, Herr Kuhn, dass Sie immer wieder darum bemüht sind, hier mit falschen Bewertungen und falschen Behauptungen eine im Kern vernünftige Politik im Justizressort in das Abseits zu stellen.
Lassen Sie uns doch lieber, Herr Dr. Kuhn, gemeinsam über das reden, was diese große Koalition auch im Bereich der Justiz in dieser Legislaturperiode und in der letzten Legislaturperiode geleistet hat! Herr Dr. Kuhn, darüber diskutieren Sie überhaupt nicht!
Was haben wir gemacht zum Beispiel gegen schwerstkriminelle Wiederholungstäter, Intensivtä––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ter! Was haben wir gemacht zum Beispiel in der Diskussion um Jugendkriminalität! Sie träumen immer noch davon, dass Jugendvollzug eine Jugendherberge ist, in der eine möglichst optimale Betreuung von kriminellen Straftätern stattfindet! Dieses Ressort steht zum Glück mit der Mehrheit der Bevölkerung dafür, dass Jugendvollzug auch Jugendvollzug ist und Strafvollzug ist, und das ist ein Erfolg dieses Ressorts.
Ich will damit nicht sagen, weil das auch nicht meine Aufgabe als CDU-Politiker ist, dass ich mit allem, was das Justizressort macht, zufrieden bin. Im Gegenteil: Wir haben ja auch schon eine Debatte geführt, in der ich gesagt habe, eigentlich könnte noch viel mehr gemacht werden. Gerade in der letzten Debatte über die Große Anfrage zur Justizpolitik des Landes hat die CDU hier Forderungen aufgestellt wie zum Beispiel die Einführung eines Strafarrests neben dem Jugendarrest, wie zum Beispiel die Verankerung des Fahrverbots als Zuchtmittel, wie zum Beispiel Strafrahmenerhöhungen, wie zum Beispiel höhere Strafen für Sexualstraftaten gerade an Kindern!
Meine Damen und Herren, das haben Sie in Bausch und Bogen abgelehnt! Merkwürdigerweise gibt es jetzt einen Vorschlag der neuen Justizministerin, die viele dieser von der CDU erhobenen Forderungen aufnimmt. Ich kann mir nur wünschen, Herr Dr. Scherf, dass auch Ihr Ressort zur besseren Einsicht gelangt ist und Sie diese Gesetzesinitiative jetzt über den Bundesrat auch entsprechend unterstützen.
Herr Dr. Kuhn, ich sage deswegen hier, dass Sie eine wahrheitswidrige und falsche Bewertung vorgenommen haben, weil Sie den Eindruck vermitteln, Herr Mäurer habe in seinen Äußerungen auch in der Öffentlichkeit gesagt, die jetzigen Richter, die eine Veränderung des Systems wollten, stünden in der Tradition der unsäglichen Richter der Weimarer Republik. Das ist mitnichten der Fall! Sie wissen auch, dass Herr Mäurer auch eine entsprechende Klarstellung vorgenommen hat. Ich zitiere Ihnen einmal, wie es bei den Leuten, um die es geht, angekommen ist, einen Leserbrief von Herrn Adolf Claußen aus der „taz“ vom 7./8. 12.
Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Ulrich Mäurer hat mitnichten die jetzige Richterschaft in eine Linie mit Wegbereitern des NS-Regimes gestellt oder sie gar mit der republikfeindlichen Richterschaft der Weimarer Zeit verglichen. Ganz im Gegenteil, er hat dargestellt, welche Konsequenzen aus
seiner Sicht aus dem Faschismus gezogen wurden, und verteidigt diese. Er verteidigt also eine Politik, die eine demokratische Richterschaft zum Ziel hatte und hat, und attestiert der bestehenden Richterschaft damit, eben nicht mit Nazi-Richtern vergleichbar zu sein.“ Genauso habe ich Herrn Mäurer auch verstanden, Herr Dr. Kuhn, und so kann man ihn auch nur verstehen. Wer ihn ein bisschen kennt, der weiß, dass er aus der Geschichte heraus für sich die Schlussfolgerung gezogen hat, eine unabhängige, der exekutiven und legislativen Kontrolle des Parlaments entzogene selbstverwaltete Richterschaft darf es in Deutschland nicht wieder geben. Das ist auch die Ansicht der CDU-Fraktion.
Aber, Herr Dr. Kuhn, Sie haben ja eine Frage an das Parlament gestellt mit der Aktuellen Stunde: Ulrich Mäurer Justizstaatsrat – wie lange noch? Damit wollen Sie eine Bewertung haben. Herr Isola hat sich nicht geäußert. Ich will Ihnen meine Einschätzung geben. Solange es die große Koalition im Lande Bremen gibt, glaube ich fest daran, dass Herr Mäurer Staatsrat im Justizressort bleibt und weiterhin vernünftige Politik für die Menschen im Lande Bremen macht. Ich kann Ihnen allerdings nicht versprechen, Herr Dr. Kuhn, dass, wenn es eine rotgrüne Regierung gibt, gegebenenfalls noch mit einem Justizsenator Dr. Kuhn,
dann Herr Mäurer im Amt bleibt. Bei einer rotgrünen Regierung sehe ich für Herrn Mäurer schwarz. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben dieses Thema in der Tat Anfang des Jahres im Rechtsausschuss diskutiert, und der Kollege Dr. Kuhn und ich hatten auch das Vergnügen, auf Einladung der Richterverbände beziehungsweise der Vertreter der Richterräte mit denen noch einmal über dieses Anliegen zu sprechen. Selbstverständlich handelt es sich, Herr Dr. Kuhn, um einen Teil bremischer Mitbestimmung, auch wenn es nicht unmittelbar das Personalvertretungsgesetz betrifft, denn sonst hätte Herr Isola eben auch nicht angekündigt, man müsste einmal mit dem Gesamtpersonalrat darüber reden. Es handelt sich also um einen Teil bremischer Personalvertretung, die, wie wir alle wissen, nach wie vor in weiten Teilen in Bremen verfassungswidrig geregelt ist.
Die CDU hat immer wieder darauf gedrungen, diesen verfassungswidrigen Zustand bremischer Personalvertretung zu lösen. Wir sind bis heute zu kei––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ner Lösung gekommen. Deswegen haben wir als CDU-Fraktion in dem Ausschuss erklärt, wir drehen so lange an keinem Rad der Mitbestimmung, wie wir uns nicht insgesamt darauf verständigen können, die Personalvertretung auch im Lande Bremen verfassungskonform auszugestalten. Das ist der eine Grund gewesen, weswegen wir im Frühjahr dieses Jahres gesagt haben, wir sehen keine dringende Veranlassung, das Thema zu behandeln.
Der zweite Grund war der, und das wissen Sie auch aus dem Gespräch, das wir gemeinsam geführt haben, dass Bremen in seiner Kleinheit bisher keinen Bedarf für einen solchen Gesamtrichterrat gehabt hat. Es gibt vom Justizressort zahlreiche offizielle, inoffizielle Kontakte zu Richterverbänden und auch zu den Richterräten. Bei allen Maßnahmen, die wir im Lande Bremen hier im Bereich der Justiz unternommen haben, bis hin zum Justizzentrum, Herr Dr. Kuhn, waren die Personalvertreter, also die Richter, sehr eng eingebunden über die Präsidenten, aber auch über eigene Arbeitsgruppen, in denen sie mitgearbeitet haben. Sie haben organisatorisch in sehr weiten Teilen auch an solchen Entscheidungen mitgewirkt. Selbst in dem Gespräch, das wir gemeinsam geführt haben, unmittelbar vor der Bundestagswahl, also vor zwei Monaten, haben sie signalisiert, ja, es stimmt, es war in Bremen ein vernünftiges Klima mit dem Justizressort, aber wir haben den Eindruck, dass es jetzt an der einen oder anderen Stelle hakt und wir gern einen organisierten Gesprächspartner für das Justizressort hätten.
Im Prinzip spricht nichts dagegen. Ich habe, Herr Isola, heute Morgen gelernt, man muss sehr sorgsam abwägen, was man hier in der ersten Lesung sagt. Deswegen sage ich ganz deutlich, wir haben uns als CDU-Fraktion noch keine abschließende Meinung dazu gebildet, dass wir, ohne andere Regelungen zu treffen, allein und ausschließlich diese Änderungen im Bremischen Richtergesetz vornehmen. Ich will aber sagen, wenn tatsächlich einer der beiden Gesprächspartner, nämlich die Richterräte, sagen sollte, das klappt mit der Kommunikation nicht mehr hundertprozentig, und wir müssen darüber reden, dass wir da eine vernünftige organisatorische Maßnahme finden, dann kann man darüber reden.
Im Übrigen hat Herr Mäurer, wenn ich das richtig erinnere, im Rechtsausschuss auch keine grundsätzlichen Bedenken gegen diesen Gesetzentwurf formuliert, sondern auch gesagt, ob wir hier tatsächlich eine neue Institution brauchen, um unsere Kommunikation untereinander zu verbessern, da habe er Zweifel. Ich glaube, dass man in einem Zwei-StädteStaat wie Bremen in der Tat darüber nachdenken kann, ob man hier nun neue Gremien schaffen muss, oder darüber nachdenkt, wie man die Gesprächsebene verbessern kann.
Gewurmt hat die Richterräte und die Richterverbände, Herr Dr. Kuhn, und das ist in dem Gespräch
auch deutlich geworden, dass sie kein bremenweites Echo hatten auf die Äußerungen des Justizsenators, der gesagt hat, wir müssen einmal darüber nachdenken, er hat es ein bisschen präziser gesagt, in welchem Umfang die Gerichte leistungsfähig sind. Das haben sie auch in dem Gespräch eingeräumt und haben gesagt, Mensch, das fanden wir ein bisschen unanständig, wir konnten in die Debatte dann nur über unsere einzelnen Richterräte und über unsere einzelnen Richterverbände eingreifen, wir hätten uns aber gewünscht, dass die organisierte Richterschaft im Lande Bremen in so einer Diskussion einen Gegenpol, auch gegen die Meinung des Justizressorts, bilden kann.
Da kann man in der Tat darüber nachdenken, wobei auch da, sage ich einmal, die Frage ist, müssen wir Gremien dafür schaffen, damit jemand seine Meinung im Land Bremen sagen kann! Ich habe da so meine Zweifel, ob das wirklich in allen Punkten immer erforderlich ist. Ich sehe auch einen Zusammenhang, das sage ich an dieser Stelle ganz deutlich, mit unseren Beratungen über die Frage der Neuzusammensetzung und der neuen Aufgabenstellung für den Richterwahlausschuss, deswegen finde ich das ganz gut, dass wir es im Rechtsausschuss gemeinsam behandeln werden.
Herr Dr. Kuhn, Sie tun ja so, als ob die große Koalition die inhaltliche Beratung über dieses Thema jetzt monatelang ausgesetzt hat. Sie wissen genauso gut wie wir, dass das nicht der Fall ist. Wir haben gemeinsam ein Gutachten beim ehemaligen Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts in Auftrag gegeben, der zu sehr differenzierten Aussagen gekommen ist, die im Übrigen eindeutig belegen, dass das so, wie Sie sich das vorstellen, nicht geht. Wir sind im Moment dabei, sorgsam abzuwägen, auf welche Weise und auf welchen Wegen man praktisch den Richterwahlausschuss neu formieren kann.
Wenn es dazu führen sollte, dass wir zum Beispiel auch da in Fragen der Mitbestimmung eingreifen müssten, also, da sitzen ja auch bisher Vertreter der Richterverbände beziehungsweise Richterräte mit am Tisch im Richterwahlausschuss, dann finde ich, dann muss man das gemeinsam diskutieren! Das werden wir im Rechtsausschuss in der nächsten Sitzung machen. Die CDU-Fraktion ist in der Frage, wie gesagt, unverändert nicht festgelegt, obwohl ich an dieser Stelle noch einmal sagen muss, dass wir als CDU-Fraktion nachhaltig beklagen, dass das Thema Personalvertretungsgesetz und Verfassungswidrigkeit bis heute nicht abschließend geklärt worden ist.
Ich freue mich auf die konstruktiven Beratungen des Gesetzesantrags, den Sie ja von dem Vorschlag der Richterräte abgeschrieben und hier eingebracht haben. Wir werden das konstruktiv noch einmal im Ausschuss beraten und werden dann auch sicherlich im Zusammenhang mit der Diskussion über die
Neuzusammensetzung des Richterwahlausschusses zu geeigneten Ergebnissen kommen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Anlass für die heutige Aktuelle Stunde ist, dass seit Montag dieser Woche an einer Grundschule in Bremerhaven sechsbis zehnjährige Kinder von einer muslimischen Lehramtspraktikantin beschult werden, die während des Unterrichts das Tragen ihres Kopftuches aus religiösen Gründen für unverzichtbar hält. Dieses Praktikum, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat eine Vorgeschichte.
Die betreffende Praktikantin ist bereits einmal in einer Bremerhavener Schule als Praktikantin eingesetzt worden, hat dort aber selbst in das Unterrichtsgeschehen nicht eingegriffen, sondern lediglich hospitiert. Nun aber soll sie auch mit Lehrerfunktionen versehen werden. Diese Lehramtspraktikantin hat im Vorfeld in Gesprächen mit der Schulbehörde in Bremerhaven signalisiert, dass sie bereit wäre, auf das Tragen des Kopftuches zu verzichten, während sie den Unterricht erteilt. Nach Einschalten der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung und senatorischer Dienststellen hat sie dann jedoch signalisiert, dass sie zu diesem ursprünglich erklärten Verzicht nicht mehr bereit wäre und nunmehr auf dem Tragen des Kopftuches bestehen würde.
Die Schulverwaltung hat nach einigem Zögern und gegen den Rat des zuständigen Oberschulrates in Bremerhaven den Einsatz dieser Praktikantin genehmigt. Damit verstößt der zuständige SPD-Schulstadtrat Wolfgang Weiß gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit der Kinder und ihrer Eltern und ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
stellt sich gegen ein einschlägiges Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juli dieses Jahres.
Die SPD in Bremen und Bremerhaven verstößt damit aus parteipolitischen Gründen gegen die Neutralitätspflicht von Schulen in religiösen und politischen Angelegenheiten, die in unserer Gesellschaftsordnung ein hohes Gut einnimmt.
Da Ihnen zumindest auf dieser Seite offensichtlich die Grundzüge des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, Frau Berk, nicht in allen Punkten bekannt sind, möchte ich sie an einigen Punkten darstellen.
Frau Berk, halten Sie nicht soviel vom Bundesverwaltungsgericht? Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 4. Juli 2002 entschieden,
dass selbstverständlich die Zulassung zu öffentlichen Ämtern unabhängig von religiösen Bekenntnissen zu erfolgen hat. Das Tragen eines Kopftuches aus religiösen Gründen fällt daher auch in den Schutzbereich der Glaubensfreiheit gemäß Artikel 4 Absatz 1 Grundgesetz. Diese Religionsfreiheit findet nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts jedoch dort ihre Grenzen, wo die Grundrechte der Schüler und ihrer Eltern berührt werden. Aus der Glaubensfreiheit folgt eben gerade auch das Gebot der staatlichen Neutralität gegenüber unterschiedlichen Religionen und Bekenntnissen. Der Staat, meine Damen und Herren, muss in Glaubensfragen Neutralität wahren und alles vermeiden, was den religiösen Frieden gefährden kann.
Wegen der allgemeinen Schulpflicht treffen in den Schulen die unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen der Schüler und ihrer Eltern sowie der Lehrer aufeinander. Der Staat, der die Eltern verpflichtet, ihre Kinder in die staatliche Schule zu schicken, muss auf die religiösen Interessen der Kinder und ihrer Eltern Rücksicht nehmen. Durch das Tragen eines islamischen Kopftuches werden die Schüler während des Unterrichts von Staats wegen ständig und unausweichlich mit diesem offenkundigen Symbol einer bestimmten Glaubensüberzeugung konfrontiert.
Kinder der Altersgruppe von Grundschulen sind mental besonders leicht zu beeinflussen. Ihnen stel
len sich viele Fragen, in ihren Anschauungen sind sie noch nicht gefestigt, Kritikvermögen und Ausbildung eigener Standpunkte sollen sie erst noch lernen. Zur gegenseitigen Achtung vor der Überzeugung des anderen, zur Duldsamkeit und Toleranz sollen sie erst noch erzogen werden. Die durch das Kopftuch symbolisierte und ständig sinnfällig zum Ausdruck gebrachte Glaubensüberzeugung ihrer Lehrerin mag Kindern auch in diesem Alter durchaus vorbildhaft und befolgungswürdig erscheinen. Das Recht einer Unterrichtsperson, sich nach ihrer religiösen Überzeugung zu verhalten, muss daher während des Schulunterrichts gegenüber der Glaubensfreiheit der Schüler und Eltern zurückstehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie klatschen zu Recht! Ich zitiere nur Kernsätze des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts. Es wundert mich nur, dass es nicht die Zustimmung des gesamten Hauses findet!
Das verfassungsrechtliche Gebot der Neutralität fordert jedenfalls bei Unterrichtspersonen an Grundund Hauptschulen den Verzicht auf das Tragen eines islamischen Kopftuches im Unterricht, so das Bundesverwaltungsgericht in seinem sorgsam abwägenden und gründlichen Urteil. Ebenso, meine Damen und Herren, wie das Bundesverwaltungsgericht hatten sich bereits der Verwaltungsgerichtshof Mannheim, das Oberverwaltungsgericht Lüneburg und sogar der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden.
Meine Damen und Herren, diese staatliche Neutralität gilt nicht nur gegenüber dem so genannten islamischen Kopftuch. Jedes Symbol religiösen Bekenntnisses in staatlichen Schulen greift in die Religionsfreiheit der Kinder und ihrer Eltern ein. Daher hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil vom 21. Dezember 2001, das die uneingeschränkte Zustimmung auch der Sozialdemokraten gefunden hat, geurteilt, dass ein Lehrer nicht verpflichtet werden darf, in einem Klassenraum mit einem Kruzifix zu unterrichten.
Wir reden, meine sehr verehrten Damen und Herren, daher über ein hohes Gut unserer Grundrechte, in das nicht leichtfertig und unausgewogen eingegriffen werden darf.
Nun höre ich ja immer wieder, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei für diesen Fall nicht einschlägig, weil es sich nicht um eine Lehrerin, sondern um eine Praktikantin handelt. Meine Damen und Herren, es kommt nicht darauf an, in welcher Funktion, ob als Praktikantin, als Referendarin, als Lehrerin, als Beamtin, als Angestellte, die Trägerin des islamischen Kopftuches als religiösem Bekenntnis vor die Schülerinnen und Schüler tritt.
Nach den eindeutigen Begründungen der Gerichte, und zwar nicht nur des Bundesverwaltungsgerichts, sondern auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, kommt es allein darauf an, dass diese Person in öffentlichen Schulen Anerkennung der Schüler genießt und Einfluss auf deren Entwicklung nehmen kann.
Meine Damen und Herren, ich habe einen fünfjährigen Sohn, David mit Namen, der im nächsten Jahr die Grundschule in Bremerhaven besuchen wird. In seinem Kindergarten sind sowohl Erzieher als auch Praktikanten, als auch Auszubildende eingesetzt, Praktikanten auch gleich welcher Dauer. Für ihn sind alle Erwachsenen im Kindergarten eine Autoritätsperson und ein Vorbild. Er unterscheidet nicht danach, ob es sich um einen Praktikanten, einen Referendar oder einen Erzieher handelt. Diese Menschen nehmen Einfluss auf die Entwicklung unserer Kinder, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ihre Ratschläge und Weisungen werden zumindest meistens befolgt. Ihre Taten und ihr Auftreten sind Vorbild und einflussstark. Ein sechsjähriges Kind, meine Damen und Herren, kann nicht unterscheiden, ob dieser Einfluss von einem Erzieher, einer Lehrerin, einer Praktikantin oder einer Referendarin ausgeht. Es nimmt ungeachtet der Funktionen diesen Einfluss an, und deswegen sind die Aussagen der Ausländerbeauftragten Marieluise Beck vom Bündnis 90/Die Grünen und Wolfgang Weiß von den Sozialdemokraten falsch, wonach die Religionsfreiheit der Kinder und ihrer Eltern bei einer Praktikantin lediglich am Rande berührt werde, meine Damen und Herren! Sie berühren die Religionsfreiheit der Kinder und Eltern in ihrem Kernbereich.
Sie verstoßen gegen die hoch geschätzte staatliche Neutralitätspflicht in den Schulen.
Meine Damen und Herren, deswegen ist es rechtswidrig, ein Verstoß gegen die staatliche Neutralitätspflicht und ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit gemäß Artikel 4 Grundgesetz, wenn in einer Schule im Lande Bremen eine Praktikantin während des Unterrichts das islamische Kopftuch trägt. Auch ihr Grundrecht auf Ausbildung nach Artikel 12 des
Grundgesetzes findet seine Schranken in der Religionsfreiheit der Kinder und ihrer Eltern.
Es ist jedoch, meine Damen und Herren, nicht nur rechtswidrig, sondern auch politisch widersinnig, dieses Tragen des Kopftuches vor sechs- bis zehnjährigen Kindern zu dulden. Hier werden die unterschiedlichen Ansätze der Integrationspolitik von SPD und Grünen auf der einen und der CDU auf der anderen Seite erkennbar. Während die CDU auch im weltoffenen und toleranten Bremen Wert darauf legt, dass sich Bürgerinnen und Bürger anderer religiöser und weltanschaulicher Traditionen und Überzeugungen dem hiesigen Werte- und Gesetzeskanon anpassen, schrecken SPD und Grüne erkennbar vor einer nachhaltigen Veränderung dieser Werteordnung nicht zurück, wie dieses Beispiel deutlich macht.
Diese kurzsichtige parteipolitische Taktik ist es nicht wert, meine Damen und Herren, die Grundfeste unserer Demokratie, die staatliche Neutralität in Glaubens- und Gewissensfragen und die hart erkämpfte offene und tolerante Haltung der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes in Frage zu stellen.
Es ist, meine Damen und Herren, auch bildungspolitisch unverantwortlich. Es reicht eben nicht aus, in Anbetracht des Abschneidens bremischer Schülerinnen und Schüler beim Ländervergleich der PisaStudie die Verantwortung für die bildungspolitische Misere im Lande Bremen auf sich zu nehmen, Veränderungen anzukündigen und sogleich in einer wichtigen und entscheidenden Frage wieder bremische parteipolitische Sonderwege zu gehen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit schaden Sie dem Ansehen unseres Bildungssystems.
Ich komme zum Schluss! Meine Damen und Herren, wer eine religiöse Erziehung seiner Kinder wünscht und seinen religiösen Überzeugungen im Unterricht Ausdruck verleihen will, der kann das in zahlreichen Bildungseinrichtungen auch im Lande Bremen tun. Es gibt zum Beispiel konfessionelle Schulen fernab der staatlichen Neutralitätspflicht, wo religiös beeinflusst unterrichtet werden kann. Die staatliche Pflichtschule muss jedoch nach Auffassung der CDU von jeder religiöser Beeinflussung frei bleiben, und deswegen, meine Damen und Herren, fordert die CDU-Fraktion Bildungssenator Willi Lemke und den Schulstadtrat Wolfgang Weiß auf: Wahren Sie die religiöse Neutralität auch an den Schulen in Bremen und Bremerhaven! Dulden und fördern Sie nicht den Unterricht mit religiösen Symbolen in staat
lichen Schulen! Lassen Sie Unterricht von muslimischen Frauen mit Kopftüchern nicht zu!
Herr Güldner, können Sie mir dann vielleicht einmal beantworten, was Sie einer jungen, couragierten, kraftvollen Frau islamischen Glaubens erklären wollen zu ihrer Leistung, dass sie sich in ihrer Familie gegen die Tradition, gegen das Tragen des Kopftuches entschieden hat, wie sie Ihre Ansicht verstehen soll, wenn Ihr Kind im Unterricht einer Lehrerin gegenübersteht, die ein islamisches Kopftuch trägt? Was antworten Sie dieser selbstbewussten, couragierten Frau, die mit den Traditionen ihres Landes gegen erheblichen Widerstand gekämpft hat und die nun in einer staatlichen Schule mit einer Kopftuchträgerin konfrontiert wird?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Im Jahr 2001 zeichneten sich nach der Kriminalstatistik des Senators für Inneres vom 18. 4. 2002 für das Land Bremen folgende Kriminalitätstrends ab: Anstieg bei Mord und Totschlag um elf Delikte auf 67 Fälle, An––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
stieg bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung um 30 Delikte auf 159 Fälle, Anstieg gefährlicher und schwerer Körperverletzung um 109 Delikte auf 1683 Fälle, Anstieg bei Gewaltkriminalität um 149 Delikte auf 3686 Fälle, Anstieg bei Diebstahl unter erschwerenden Umständen um 873 Delikte auf über 32 000 Fälle.
Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, die Zahlen dieser schweren Straftaten belegen, dass die Kriminalität im Lande Bremen auf hohem Niveau stagniert. Auf Initiative der CDU-Bürgerschaftsfraktion sind dem Senator für Inneres zusätzliche Personal- und Sachmittel zur Verfügung gestellt worden, um auf der Ebene der Ermittlungsarbeit der Polizei dieser Kriminalität verstärkt entgegenwirken zu können.
Die Ermittlung und Festnahme der Tatverdächtigen ist die eine, die schnelle und wirkungsvolle Verurteilung der Täter ist die andere große Herausforderung für den Rechtsstaat. Hierzu einen kurzen Abriss von Meldungen der jüngsten Vergangenheit: Das Amtsgericht Bremen hebt einen Haftbefehl gegen einen jugendlichen Intensivtäter im Alter von immerhin 15 Jahren auf, der in diesem Alter bereits 62 schwerstkriminelle Straftaten begangen hat, und zwar die gesamte Palette mit und ohne Waffen, in Banden, allein, die ganze Bandbreite. Ein hochrangiges Mitglied der organisierten Kriminalität wird aus der Untersuchungshaft entlassen, weil das Hauptverfahren nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit vom Landgericht Bremen eröffnet werden konnte.
Ein Urteil des Landgerichts Bremen muss durch den Bundesgerichtshof aufgehoben werden, weil das Landgericht einen grausamen und abscheulichen Mord nur als Totschlag gewertet hatte, weil die Täter sich auf ihre religiösen Überzeugungen berufen haben. Nicht zuletzt gibt es die Meldung über den Sexualstraftäter, der während einer Vollzugslockerung in der Justizvollzugsanstalt einen Sexualmord begangen hat.
Meine Damen und Herren, dieser Ausriss von Meldungen hat das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zusätzlich beeinträchtigt. Mit unserer vorliegenden Großen Anfrage haben wir den Senat aufgefordert, zu diesen und anderen Entwicklungen der Justizpolitik Stellung zu nehmen. Im Anschluss an unsere letzte justizpolitische Debatte hier in der Bürgerschaft im März dieses Jahres haben wir uns einen heftigen Schlagabtausch zwischen Bündnis 90/Die Grünen auf der einen und der CDU mit dem Bürgermeister Dr. Scherf und Staatsrat Mäurer auf der anderen Seite geliefert. Dieser Schlagabtausch gipfelte in Schlagzeilen wie zum Beispiel „Scherf: Tätern keinen schlappen Staat zeigen“ oder „Scherf: Schlapper Staat schreckt Kriminelle nicht“,
und besonders gut gefallen hat mir natürlich die Schlagzeile „Henning Scherf auf CDU-Kurs“.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man konnte aus der öffentlichen Berichterstattung fast den Eindruck gewinnen, dass, wer Henning Scherf will, CDU wählen muss, zumindest ergab sich das aus der veröffentlichten Meinung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bereits in dieser Debatte hat die CDU die SPD und den Bürgermeister aufgefordert, Farbe zu bekennen und mitzuteilen, ob er bereit ist und die SPD bereit ist, an einem schnelleren und wirksameren Strafverfahren auch durch Gesetzesänderungen mitzuwirken. Die Antwort in der damaligen Debatte war ausweichend. Mit der vorliegenden Großen Anfrage wollte die CDU-Fraktion es genauer wissen. Folgen den vollmundigen Ankündigungen des Bürgermeisters und des Staatsrates auch Taten?
Ich will es Ihnen an einigen wenigen Beispielen deutlich machen. Erstens, notwendige Veränderungen der Strafgesetze! Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Die Bevölkerung verlangt zu Recht, vor Kriminalität geschützt zu werden. Es ist legitim, wenn sie eine wirkungsvolle Anwendung der Strafgesetze fordert.“ Dieses Zitat stammt aus einer Pressemitteilung des Senators für Justiz und Verfassung und gibt, das bekenne ich an dieser Stelle, in vollem Umfang die CDU-Position wieder. Wer Recht bricht und sich damit gegen die Werteordnung der Gesellschaft stellt, muss mit konsequenter Verfolgung und gerechter Bestrafung rechnen.
Die CDU tritt daher in Anbetracht der zunehmenden Gewaltkriminalität auch in Bremen dafür ein, die vorhandenen strafrechtlichen Sanktionen sinnvoll zu erweitern. Hierzu gehört für die CDU insbesondere die Einführung eines Strafarrestes für jugendliche Täter, der neben der Bewährungsstrafe als Jugendarrest verhängt werden kann. Die jugendlichen Straftäter sollen so erkennen, dass eine Bewährungsstrafe kein Freispruch, sondern eine Verurteilung und damit eine Sanktion ist.
Die CDU fordert die Einführung eines Fahrverbots als Sanktion auch für Straftaten, die nicht im Straßenverkehr begangen werden, weil Jugendlichen der Verzicht auf den Führerschein als erhebliche Strafe wegen des damit eintretenden Image- und Statusverlusts erscheint. Die CDU fordert die Erhöhung des Strafrahmens für Verbrechen von heranwachsenden Intensiv- und Gewalttätern von bisher zehn auf zukünftig 15 Jahre, dies erstens, um jugendliche und heranwachsende Intensivtäter stärker bestrafen zu können, dies zweitens aber auch, um den Gerichten einen größeren Spielraum in der Strafzumessung zu geben. Die CDU fordert die Einführung eines beschleunigten Verfahrens auch für
Jugendliche, weil es gerade für Jugendliche notwendig ist, die Strafe unmittelbar auf die Straftat folgen zu lassen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU will, dass die Grundfälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern entgegen den Regelungen aus der letzten Legislaturperiode wieder als Verbrechen gekennzeichnet werden.
Jährlich werden bundesweit nahezu 20 000 Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern registriert. Die entsprechende Dunkelziffer liegt um ein Vielfaches höher. Eine Verschärfung der einschlägigen Vorschriften des Paragraphen 176 Strafgesetzbuch ist deshalb aus Sicht der CDU geboten. Wir greifen damit auch den Vorschlag des Bundesrates auf, der die Grundfälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern ebenfalls zum Verbrechen hochstufen will. Die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen beim sexuellen Missbrauch von Kindern bestand nicht immer. Bis 1973 galt der sexuelle Missbrauch von Kindern in allen Formen als Verbrechen. Die 1973 vorgenommene Differenzierung ist aus Sicht der CDU falsch.
Der sexuelle Missbrauch von Kindern ist immer ein Verbrechen, ob die Tat brutal oder weniger brutal ist. Die unterschiedliche Qualifikation einmal als Vergehen und erst in der schweren Form als Verbrechen wurde seinerzeit damit begründet, dass wissenschaftlich nicht geklärt war, ob durch die sexuellen Handlungen bei dem Kind wirklich ein schwerwiegender Schaden eintritt. Mittlerweile liegen hierzu wesentlich intensivere neue Erkenntnisse vor. Die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes wird auch bei geringen Eingriffen bereits empfindlich gestört, an den Kindern wird deshalb bei jedem sexuellen Missbrauch immer ein schweres Verbrechen begangen. Das hat unserer Auffassung nach der Gesetzgeber zu beachten.
Dies bedeutet auch, dass für sexuellen Missbrauch an Kindern eine Verfahrenseinstellung nach den Paragraphen 153 und 153 a Strafgesetzbuch und eine Verfahrenserledigung lediglich durch Strafbefehl nicht mehr möglich ist. Nach unserer Auffassung entspricht dies auch dem kriminellen Verhalten des jeweiligen Täters, der die Schwere der Tat und vor allem die Folgen der Tat spüren muss.
Zusätzlich fordert die CDU die Erweiterung der Möglichkeiten zur Telefonüberwachung und zum verstärkten Einsatz der DNA-Analyse.
Meine Damen und Herren, zu all diesen Positionen hat die CDU Farbe bekannt. Wir wollen diese Strafrechtsverschärfungen, um die Bürgerinnen und Bürger vor der zunehmenden Gewaltkriminalität zu schützen.
Entgegen seiner vollmundigen Ankündigung ist der Senator für Justiz offensichtlich nicht bereit, diese sinnvollen Gesetzesinitiativen zu unterstützen. Ein Strafarrest neben der Bewährungsstrafe wird als nicht notwendig erachtet. Fahrverbote soll es nur im Zusammenhang mit Straßenverkehrsdelikten geben. Die Höchststrafen für Jugendliche sollen nicht angehoben werden. Eine Beschleunigung des Jugendgerichtsverfahrens soll es nicht geben. Eine Strafrechtsverschärfung bei Sexualstraftätern gegen Kinder wird abgelehnt.
All diese notwendigen Maßnahmen und Gesetzesänderungen soll es nach Auffassung von Bürgermeister Dr. Scherf und Staatsrat Mäurer und seiner Verwaltung nicht geben, meine sehr verehrten Damen und Herren, und damit erweisen sich die vollmundigen und öffentlichkeitswirksamen Ankündigungen, die ich eingangs zitiert habe, aus Sicht der CDU als reine Effekthascherei und Worthülsen.
Letztlich stehen auch die Bremer SPD und ihr Bürgermeister geschlossen an der Seite der rotgrünen Bundesregierung, die jedwede Verschärfung von Strafgesetzen abgelehnt hat und weiter ablehnt. Sheriff Scherf und Hilfssheriff Mäurer, die Bremer SPD-Besetzung für law and order, erweisen sich damit als soft and softy.
Außer starken Sprüchen sind sie zu Veränderungen nicht bereit.
Herr Böhrnsen, Sie kommen nachher auch noch an die Reihe!
Wir hatten ja bisher noch nicht das Vergnügen, außer über die Medien, aber ich denke, wir werden uns nachher zu einem Thema austauschen, das uns beide offensichtlich bewegt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will Ihnen dies auch an einem zweiten Beispiel deutlich machen, nämlich bei der verschärften Ahndung von Sexualstraftaten. Der Vorwurf, dass es dem Ressort offensichtlich in erster Linie um Effekthascherei geht, zeigt sich insbesondere bei der Debatte um die nachträgliche Sicherheitsverwahrung für Sexualstraftäter.
Die CDU-Fraktion im Deutschen Bundestag und einige CDU-geführte Länder haben die Bundesregierung lange bedrängt, die nachträgliche Sicherheitsverwahrung rechtlich zu verankern. Diese soll dann verhängt werden, wenn es sich um einen gefährlichen Täter mit einem Hang zu schweren Straftaten handelt. Bei einem solchen Täter ist auch nach der Verbüßung der Strafhaft mit weiteren schweren Straftaten zu rechnen. Deshalb sollte nach dem Willen der CDU das Gericht die Möglichkeit erhalten, sogleich mit dem Urteil oder auch danach die nachfolgende Sicherheitsverwahrung anzuordnen.
Nach erheblichem Drängen ist die rotgrüne Bundesregierung auf diese Forderung teilweise eingegangen, indem sie die Möglichkeit für die Zukunft geschaffen hat, aber auch nur, sofern das verurteilende Gericht sich bereits bei Urteilsverkündung eine nachträgliche Sicherheitsverwahrung vorbehalten hat. In einem sehr aufwendigen und komplizierten Verfahren wird dann nach dem Gesetzentwurf und den gefassten Beschlüssen der rotgrünen Bundesregierung nochmals die Frage der nachträglichen Verwahrung geprüft.
Doch auch diese Regelung ist nach Auffassung der CDU, die auch bei den Beratungen im Bundesrat, Herr Kollege Dr. Kuhn, deutlich geworden ist, zu kurz gesprungen. Sie lässt die bisher einsitzenden Täter – –.
Das unterscheidet uns, Herr Dr. Kuhn! Wir missbrauchen die Mehrheit im Bundesrat nicht dafür,
um zumindest teilweise vernünftige Gesetze auch zu verabschieden und den Menschen im Lande zu helfen, Herr Dr. Kuhn!
Sie haben jahrelang immer nur blockiert, um damit Ihr eigenes politisches Kapital daraus zu schlagen, wir haben uns auf diesen Minimalkonsens eingelassen, aber gleichzeitig deutlich gemacht, dass wir mehr für die Menschen in diesem Lande wollen, und das ist wohl auch vernünftig.
Ich weiß nicht, ob Sie das in den hinteren Reihen richtig verstehen, Herr Engelmann!
Sie sind doch aktiv daran beteiligt, vornehmlich eigentlich doch nur durch Zwischenrufe, Frau Kollegin!
Doch, ich sagte es bereits, diese Regelung ist nach Auffassung der CDU zu kurz gesprungen. Sie lässt die bereits jetzt verurteilten und einsitzenden Täter völlig außer Acht und ermöglicht im Übrigen nicht die Sicherheitsverwahrung für Täter, die erst während des Strafvollzugs als besonders gefährlich einzuordnen sind. Diese Täter sind nach der Gesetzesfassung der rotgrünen Bundesregierung und zum Entsetzen der jeweiligen Anstaltsleiter in die Freiheit zu entlassen. Leider hat Bürgermeister Dr. Scherf die notwendige Erfassung dieser Täter im Bundesrat nicht unterstützt.
Die CDU tritt unverändert dafür ein, dass alle Straftäter mit einer besonderen Gefährlichkeit auch nach Verbüßung der Haftstrafe in die Sicherungsverwahrung eingewiesen werden können. Nur so kann die Bevölkerung wirksam vor weiteren Straftaten gefährlicher Wiederholungstäter geschützt werden.
Ein dritter Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist der verstärkte Einsatz der DNA-Analyse. Die DNA-Identitätsfeststellung ist mittlerweile zu einem Standardverfahren entwickelt worden, das große Bedeutung für die Strafverfolgung hat. Es geht eben nicht immer nur um die schnelle Feststellung des Täters, sondern auch um die schnelle Feststellung der Unschuld von in Verdacht geratenen Personen. Daneben hat der Aufbau einer möglichst umfassenden Datei einen präventiven Charakter. Der potentielle Täter muss damit rechnen, schnell gefasst zu werden, wenn seine DNA-Identifizierung in der Datei ist.
Die CDU ist dafür, der DNA-Analyse eine möglichst breite Anwendung zu verschaffen. Bislang ist die Entnahme von Vergleichsmaterial nur möglich, wenn es sich bei der Tat um eine schwere Straftat handelt. Das ist nach Auffassung der CDU eine zu hohe Hürde. Die Analyse muss bei jeder Straftat gefährlicher Täter unter richterlicher Kontrolle möglich sein, um eine möglichst breite Wirkung zu entfalten.
Die rotgrüne Bundesregierung hat, und das haben wir in der letzten Rechtsausschusssitzung erfahren, diese Gesetzesänderung so lange blockiert, bis sie jetzt nicht mehr beratungsreif ist. Der Bundesrat hat einen Gesetzesantrag verabschiedet, der wegen
der Verzögerung der Bundesregierung nicht mehr vor der Wahl beraten werden kann. Damit hat die rotgrüne Bundesregierung unter Mitwirkung von Bürgermeister Dr. Scherf ein wesentliches Mittel zur verstärkten Verbrechensbekämpfung verhindert.
Meine Damen und Herren, das vierte Beispiel sind die Maßnahmen im Strafvollzug. Das SPD-geführte Justizressort hat in den vergangenen Wochen ein Konzept für den Jugendstrafvollzug und eine Dienstanweisung für Vollzugslockerungen von Sexualstrafgefangenen vorgelegt. Auch wenn diese Papiere – zum Grauen von Herrn Dr. Kuhn – schon eher den Gedanken eines wirkungsvollen Vollzugs statt des Kuschelvollzugs folgen, bleibt der bremische Strafvollzug insgesamt zu teuer, zu personalintensiv und zu lockerungslastig. Die CDU bleibt dabei, dass die Hafterleichterungen im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung weiter verschärft werden müssen. Die Sicherheit der Bevölkerung hat immer Vorrang vor den Interessen der Strafgefangenen.
Für die CDU ist der Regelfall des Strafvollzugs der geschlossene Vollzug. In den offenen Vollzug dürfen nur Gefangene, von denen keine Gefahr und keine Gewalt mehr ausgehen. Daher muss unserer Auffassung nach die verschärfte Dienstanweisung nicht nur für Sexualstraftäter, sondern auch für alle Straftäter und auch jugendliche Intensivtäter gelten.
Im Übrigen, Herr Dr. Kuhn, und dies zu Ihrem Antrag, brauchen wir nach den Feststellungen des Gutachtens von Roland Berger zum Strafvollzug und den Bekundungen des Anstaltsleiters Dr. Otto kein zusätzliches Personal, wie in Ihrem Antrag enthalten, und deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Meine Damen und Herren, ein fünftes Beispiel ist die Diskussion um die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen. Mit einem Entwurf der rotgrünen Bundesregierung zur Reform des Sanktionenrechts wollten SPD und Bündnis 90/Die Grünen weitere Strafmilderungen durchsetzen. Die CDU erteilt solchen Plänen eine klare Absage. Daher darf und wird es auch keine Zustimmung Bremens zu einem solchen Gesetz geben. Die Geldstrafe hat ihre überragende Bedeutung in der Strafverfolgung schon seit Jahrzehnten. Es gilt das Tagessatzsystem. Kann ein mittelloser Täter die Geldstrafe auch in Raten nicht zahlen, hat er schon heute die Möglichkeit, gemeinnützige Arbeit zu leisten. Die Strafe verliert damit jedoch nicht ihre Wirkung.
Die rotgrüne Regierung will an Stelle der Ersatzfreiheitsstrafe nunmehr generell für alle Täter die gemeinnützige Arbeit einführen. Dem Täter droht dann statt der Gefängnisstrafe, wenn er die Geldstrafe nicht bezahlt, nur noch ein mehr oder weni
ger intensiv überwachter Arbeitsdienst von wenigen Stunden am Tag. Ein Tagessatz, also ein Tag Freiheitsstrafe, soll nach den Plänen von Rotgrün durch drei Stunden gemeinnützige Arbeit abgegolten werden. Eine solche Strafmilderung, meine Damen und Herren, ist mit der CDU nicht zu machen.
Deshalb, Herr Dr. Kuhn, ist die diesbezügliche Große Anfrage Ihrer Fraktion in der bemerkenswerten, aber auch ausreichenden Kürze beantwortet worden.
Insgesamt, meine Damen und Herren, ist daher festzustellen, dass die SPD und ihr Bürgermeister vollmundige Erklärungen zu harter und gerechter Strafe abgeben. Ihre Taten lassen sich an diesen Erklärungen nicht messen. Wenn wir über Straftäter reden, dürfen wir die berechtigten Interessen der Opfer nicht vernachlässigen. Auch sie haben ein Recht auf angemessene Bestrafung des Täters, und die Bürgerinnen und Bürger haben ein Bürgerrecht auf Schutz vor Gewalt.
Die CDU nimmt in diesem Sinne ihre Aufgaben wahr. An Sie, Herr Dr. Scherf, seien deswegen die Worte meines SPD-Kollegen Isola aus der Debatte vom März gerichtet: Gelegentlich einmal ein Interview weniger, dafür ein bisschen mehr den Aufgaben nachgehen, Herr Dr. Scherf!
Zudem haben wir mit der vorliegenden Großen Anfrage weitere Fragen zur Zivilprozessordnung, zum Nachbarschaftsgesetz und Verbündelung von Arbeitsrechtssachen für das Land Bremen gefordert, auf die ich in diesem ersten Redebeitrag nicht näher eingehen möchte. Gestatten Sie mir aber, Herr Böhrnsen, wie bereits angekündigt, eine abschließende Bemerkung auch zu der Diskussion um die so genannte Doppelspitze am Oberverwaltungs- und Finanzgericht!
Wir haben auf Initiative des SPD-geführten Justizressorts vor mehr als zwei Jahren die Diskussion der Ressourcenbündelung von diesen beiden Fachgerichten geführt. Die CDU stand diesen Plänen von Anfang an eher skeptisch gegenüber und hat dem dringenden Wunsch des SPD-geführten Ressorts und der SPD-Vertreter im Ausschuss nachgegeben. Um so verwunderter waren wir, als wir gestern aus den Medien erfahren konnten, dass die SPD-Fraktion ihren Bürgermeister im Regen stehen lässt. Da lässt sich ein Abgeordneter eines besonderen Sachverstands rühmen, der während der gesamten Debatte in den vergangenen zwei Jahren, Herr Böhrnsen, geschwiegen hat.
Wo waren Sie denn, Herr Böhrnsen, als wir im Rechtsausschuss diese Fragen erörtert haben? Wa
rum haben Sie mit Ihrer Fraktion am 27. September 2001 hier in der Bürgerschaft lebhaft applaudiert, als der rechtspolitische Sprecher Isola die Pläne des Ressorts verteidigt hat? Wo waren Sie, als wir über die Widerstände der Betroffenen diskutiert haben?
Die Wahrheit ist, dass die SPD den Bürgermeister mit seinen Plänen blamiert hat, weil sie ein parteiinternes Problem hat. Es gab dem Verlauten nach eine Zusage von Herrn Böhrnsen und dem Bürgermeister an den ehemaligen Staatsrat Göbel, der sich auch für das Amt des OVG-Präsidenten interessiert hat.
In diesem Zusammenhang und weil seine Bewerbung nicht berücksichtigt werden sollte, hat die SPDSpitze zugesagt, eine dritte Stelle eines Vorsitzenden eines Senats für Herrn Göbel zu schaffen. Dann hätten wir am Oberverwaltungsgericht drei Häuptlinge und drei Indianer gehabt.
Die CDU hat von Anfang an erklärt, dass wir solchen Plänen eine Absage erteilen, und letztlich hat sich auch die SPD-Basis gegen diese Pläne ausgesprochen. Nur um diesen Unmut zu bändigen, den parteiinternen Unmut vor der Kandidatenaufstellung zu bändigen, haben Sie von den ursprünglichen Plänen, die beiden Stellen der Präsidentenämter zusammenzufassen, Abstand genommen. Damit ergibt sich nämlich nicht die Diskussion, ob ein dritter Senatspräsident erforderlich ist oder nicht.
Wenn das so ist, Herr Böhrnsen, dann seien Sie ehrlich und bekennen sich dazu, dass Sie rein aus parteitaktischen Gründen die bisher gemeinsam getragenen Wünsche des Bürgermeisters nicht mehr unterstützen! Auf Ihrer Homepage werben Sie zu dem Thema Justiz mit der Aussage: „Justizpolitik findet meist nur dann öffentliche Aufmerksamkeit, wenn etwas schief geht.“ Ihre Pläne, Herr Böhrnsen, sind schief gegangen, und deswegen gab es eine öffentliche Diskussion, die dem Ansehen der Justiz insgesamt geschadet hat. Wenn der Bürgermeister dem Befehl von Ihnen zum wiederholten Male folgt und die von ihm betriebenen Pläne einstampft, dann haben Sie ihm, seinem Amt, der Justiz und der Politik aus Gründen der Parteiräson einen Bärendienst erwiesen und das Vertrauen in die unabhängige Justiz nachhaltig beschädigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU wird in dem vorerwähnten Sinne ihre nachvollziehbare, glaubhafte und tatkräftige Politik zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger weiter verfolgen. Sie wird daran arbeiten, den Bürgermeister und die SPD-Fraktion nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten mitzunehmen und die Menschen in Bre
merhaven und Bremen für Bremen zu begeistern. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das müssen Sie nun einmal ertragen, das geht uns häufig nicht anders, dass das, was Sie sagen, nicht unwidersprochen bleibt. Ich will mit dem Letzten anfangen, was Herr Böhrnsen gesagt hat. Wissen Sie, die Lust an Koalitionen kann einmal so und einmal so sein. Ich habe auch, was meine Lust auf den Koalitionspartner betrifft, wie häufig im Leben, Aufs und Abs. Aber wenn sich die Lust der Koalition immer nur in medienwirksamen Ergüssen eines Koalitionspartners widerspiegelt, dann habe ich dafür kein Verständnis mehr, Herr Böhrnsen!
Wenn wir, und das mache ich an dem Beispiel einmal deutlich, miteinander politisch verabreden, dass wir den Wunsch Ihres Ressorts trotz der zahlreichen Bedenken, die es im Übrigen nicht erst seit gestern und seit vorgestern gibt, sondern die es seit Monaten und Jahren gibt, und auch trotz der Rechtsgutachten, die sagen, das könnte zweifelhaft sein, wenn wir trotzdem das hier in der Bürgerschaft miteinan––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
der besprechen und koalitionär verabreden, dann erwarte ich, und das ist eine Frage des Anstandes, wenn man sich davon verabschiedet, dass man den, mit dem man es gemeinsam geplant hat, davon unterrichtet und es nicht wiederholt über die Zeitung macht, Herr Böhrnsen.
Man kann in der Sache unterschiedlicher Auffassung sein. Jawohl, Sie haben uns auch in diese Entscheidung getrieben, weil Sie es gern so wollten. Wir können in der Sache unterschiedlicher Auffassung sein, vielleicht sind wir nicht immer so weit auseinander, Herr Böhrnsen, aber die Frage ist, wie man miteinander umgeht. Das bestimmt die Lust an einer Koalition, und die ist uns gestern vergangen, Herr Böhrnsen.
Schauen Sie, die Lust ist uns gestern vergangen, und heute ist sie schon wieder ein bisschen zurückgekommen! Ihnen ist sie heute vergangen, kommt wahrscheinlich auch morgen wieder zurück. Ich glaube, wir werden uns in der Frage wieder ganz vernünftig zusammenraufen, wenn wir uns darauf verständigen, uns über Sachfragen vernünftig auszutauschen, und nicht versuchen, in der Presse die bessere Rolle zu spielen. Das hielte ich für einen vernünftigen Umgang.
Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie hier erklärt haben, es habe von Ihnen keine rechtliche Zusage an Herrn Göbel gegeben. Das habe ich auch nicht behauptet, das können Sie auch gar nicht. Meine Information ist, und die ist übrigens nicht von Christdemokraten, sondern aus Ihrer Partei, dass es eine politische Zusage gegeben hat. Wenn Sie hier heute erklären, auch eine solche politische Zusage hat es von Ihnen nicht gegeben, dann wäre ich bereit, das zur Kenntnis zu nehmen und das an die Sozialdemokraten weiterzutragen, die mich entsprechend darüber informiert haben. Zurzeit glaube ich eher denen als Ihnen!
Sie sagen dann auch noch, Herr Böhrnsen, das hier anzusprechen wäre unanständig! Das ist nicht unanständig, Herr Böhrnsen, das ist Demokratie. Unanständig ist es, solche Verabredungen zu treffen, das will ich Ihnen an dieser Stelle auch ganz deutlich sagen.
Ich halte für die CDU-Fraktion fest, es gibt nicht eine einzige neue Erkenntnis in der Frage der Doppelspitze, die wir nicht vor einem Jahr bei der letz
ten Debatte hier in der Bürgerschaft auch schon gehabt hätten. Das Justizzentrum haben wir bereits vor einem Jahr inhaltlich diskutiert. Es war klar, jawohl, es kommt. Die rechtlichen Gutachten lagen vor einem Jahr vor. Wir haben gemeinsam im Rechtsausschuss und hier im Parlament gesagt, jawohl, wir machen es trotzdem, Herr Böhrnsen. Deswegen gibt es keine neue Erkenntnis außer Ihrem Besuch beim Oberverwaltungsgericht. Dass man dann darüber spekuliert, das ist ja wohl mehr als verständlich.
Ich will jetzt zur Sache und zur Aussprache noch zwei Punkte anmerken, die sich nicht auf diesen Nebenpunkt beziehen. Herr Isola hat darauf hingewiesen, je weniger Haftplätze wir haben, desto weniger Geld geben wir aus. Das ist richtig. Das kann man im Übrigen überall sagen! Je weniger Schulen wir haben, desto weniger Lehrer brauchen wir, je weniger Krankenhäuser wir haben, desto weniger Geld geben wir aus, also, das ist beliebig.
Die Frage ist ja, Herr Isola: Wo setzen wir unsere Prioritäten? Die CDU setzt ihre Priorität klar da, wo Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger dieser beiden Städte durch Straftäter gefährdet sind. Für uns ist das Thema nicht beliebig, und für uns ist das kein Thema des Geldes, darüber zu reden, ob jemand inhaftiert wird oder nicht. Wenn jemand eine Straftat begangen hat und wird dazu verknackt, in den Knast zu gehen, dann gehört er auch dahin, und wenn es Geld kostet, Herr Isola!
Herr Dr. Kuhn hat gesagt, das, was die CDU hier heute vertreten hätte, wäre konservative Politik. Das stimmt! Aber das ist nicht schlimm, denn ich finde konservative Justizpolitik vernünftig und klug, Herr Dr. Kuhn. Das, was Sie machen als rotgrüne Bundesregierung und was Sie hier im Parlament vertreten, ist nicht einmal konservativ, das ist nur starrsinnig.
Ja, die einen sagen so, die anderen so! Es kommt ja auch immer auf den Empfänger an.
Ich will es Ihnen auch erklären, konservative Justizpolitik heißt für mich, dass wir uns an einem Wertebild orientieren, zum Beispiel, dass wir eine Gesellschaft wollen, in der Straftäter für ihre Straftaten bestraft werden. Wenn es Wandel gibt, passen wir uns diesem Wandel an. Ihr Starrsinn, sage ich einmal, beruht darauf, dass Sie sagen, die Konzepte in meiner Generation, nämlich der Achtundsechziger, und das, was im bremischen Strafvollzug seit Jahren und Jahrzehnten gemacht wird, das ist gut, das
ist vernünftig, das bleibt, egal was in der Gesellschaft passiert, und das, Herr Dr. Kuhn, ist starrsinnig!
Ich will es Ihnen noch einmal an einem Beispiel deutlich machen. Ich zitiere aus einer Vorlage des Senators für Justiz und Verfassung, da heißt es, mit Erlaubnis des Präsidenten: „Auch die Klientel des Jugendvollzuges hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Insassen im Jugendvollzug erweisen sich zunehmend als dissozial, unbelastbar, unentschlossen, aggressiv und psychisch krank. Der Ausländeranteil ist in den letzten Jahren gewachsen, und Probleme mit der neuen Insassengruppe der Aussiedler sind hinzugekommen. Der Konsum von Cannabis und den so genannten Designerdrogen wie Ecstasy wird unter den Jugendlichen als gesellschaftlich normal bis legal empfunden. Durch die Mischung der eingenommenen Drogen ist die Betreuung und Behandlung der polytoxikomanen Insassen zunehmend schwierig.“
Herr Dr. Kuhn, das ist die Änderung, die eingetreten ist bei den Insassen im Strafvollzug. Diese Änderung kann man nicht mit Ihren Rezepten von gestern beantworten, dazu muss man nachdenken, und das macht der Senator für Justiz und Verfassung sehr klug mit Unterstützung der CDU. Wir brauchen neue Formen im Strafvollzug, und da muss man eben auch einmal sagen, wer nicht resozialisierbar ist, an dem wird die Strafe vollstreckt, und zwar bis zum Ende.
Das ist konservativ, aber ich finde, das ist klug. Herr Dr. Kuhn, lassen Sie mich auch noch einen Satz dazu sagen, weil Sie immer sagen, die CDU ist für Wegschließen und möglichst alle in den Knast und möglichst lange in den Knast, und die CDU würde überhaupt niemanden mehr resozialisieren! Ich glaube, Sie leben fernab der Realität. Ich will Ihnen einmal sagen, was wir eigentlich im Jugendvollzug den Insassen an Angeboten machen.
Wir haben Angebote zur schulischen Bildung, Hauptschule, Elementarklasse, Berufschulunterricht, Nachhilfe, für weibliche jugendliche Gefangene Extraangebote. Wir haben qualifizierende, berufsqualifizierende Maßnahmen, Ausbildung zum Maler/ Lackierer, Ausbildung zum Maurer, Hochbaufacharbeiter, Ausbildung zum Landschaftsgärtner, wir haben Metallausbildungsplätze, wir haben ein Projekt CHANCE, wo wir spezielle Angebote schaffen. Wir haben Kurzangebote. Herr Dr. Kuhn, wir haben eine riesige Palette an Angeboten für die Jugendlichen, den Weg zurück in die Gesellschaft zu finden.
Was die CDU sagt, ist: Wir erhalten diese Angebote aufrecht, aber wer die Angebote nicht wahrnimmt, wer sie boykottiert und wer sie stört, der ge
hört eben nicht mehr in die Resozialisierung, der gehört weggeschlossen.
Das ist der Unterschied zwischen dem, was Sie sagen, was wir sagen und was Herr Mäurer meint. Eine Erkenntnis kann sein, wie Herr Mäurer sagt, dass jemand, der nie sozialisiert war, auch nicht resozialisiert werden kann. Für diese Menschen, im Interesse der Opfer und der Gesellschaft, sind wir dafür, die Strafe zu vollstrecken. Das ist konservativ, aber ich finde, es ist klug und im Interesse der Menschen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Sehr geehrter Herr Staatsrat Mäurer, vor manchen Freunden kann man sich nicht schützen.
Wichtig ist aber, dass Sie in diesem Haus für die von Ihnen vertretene Wende, so muss man das ja wohl sagen, in der Justizpolitik zumindest die Unterstützung einer großen Fraktion haben, nämlich die der CDU-Fraktion. Ich versichere Sie in dieser Frage unserer vollen Unterstützung!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Dr. Kuhn hat hier ja ein ziemlich düsteres Bild des bremischen Strafvollzugs, insbesondere des bremischen Jugendvollzugs gemalt. Ich möchte Ihnen hierzu vielleicht die eine oder andere Zahl nennen! Ausweislich der Kriminalstatistik des Bundes hat sich die Zahl der heranwachsenden Tatverdächtigen im Jahr 2000 drastisch gegenüber den Vorjahren erhöht. Sie macht an den gesamten Tatverdächtigen mittlerweile 10,8 Prozent aus, obwohl ihr Bevölkerungsanteil nur 3,4 Prozent beträgt.
Meine Damen und Herren, wir haben ausweislich einer Kriminalstatistik hier im Land Bremen insgesamt rund 400 Intensivtäter. Wenn man sich diese Kriminalstatistik anschaut, dann gelangt man zu dem Ergebnis, Herr Dr. Kuhn, dass ein Zweiunddreißigjähriger bereits 357 Straftaten verübt hat, ein Vierunddreißigjähriger 388 Straftaten, ein Siebzehnjähriger bereits 138 Straftaten.
Meine Damen und Herren, wer dann hier in dieser Debatte die Augen vor diesen Zahlen verschließt und allein das Augenmerk darauf richten will, dass Strafzweck die Resozialisierung ist, der verkennt die gesellschaftlichen Bedürfnisse in Bremen, Bremerhaven und in der Bundesrepublik Deutschland!