Protokoll der Sitzung vom 23.10.2002

In Punkt vier ging es uns um differenzierte Regelungen für Wissenschaftler in drittmittelfinanzierten Projekten, die der Bericht jetzt auch zu beachten zusagt. Klar ist, dass in dieser Frage die bundesweite Diskussion nach wie vor sehr kontrovers ist. Es gibt viele junge Wissenschaftler, die der Meinung sind, dass es eigentlich nicht mehr zeitgemäß ist, sozusagen in staatlich-gesetzlicher Fürsorge die Möglichkeiten oder das Verbot von Befristungen zu regeln. Ich bin auch ganz sicher, dass diese Frage nach einer gewissen Erprobungszeit wieder auf die Tagesordnung kommen wird, weil sich die Auffassungen da im Laufe der Zeit ändern und weiter verändern werden.

In Punkt fünf haben wir den Senat aufgefordert, in Zukunft für den Abschluss eines gesonderten Wissenschaftstarifvertrags einzutreten. Da nun auch die neue rotgrüne Bundesregierung erklärt hat, dass sie dafür eintreten wird, denken wir, dass sich da in nächster Zeit auch etwas bewegen wird. Das begrüßen wir sehr. Vielleicht nicht in jedem Halbsatz, aber in der politischen Substanz ist unser Antrag positiv abgearbeitet und damit insofern tatsächlich erledigt. Wir stimmen insofern der Empfehlung der Deputation zu.

Ich will noch einige Punkte nennen, die sich jetzt danach ergeben! Der erste Punkt, ganz zentral, ist die Einführung der Juniorprofessur. Sie wissen, dass Bremen sich sehr früh darum beworben hat, die Gelder, die die Bundesregierung dafür zur Verfügung stellt, auch zu nutzen. Es sind eine Reihe von Verfahren für Juniorprofessuren bereits im Gang. Wir finden es sehr gut, dass die Universität und die Verwaltung auf unsere Nachfrage erklärt hat, dass man

einen vernünftigen Weg gehen will, dass man die Juniorprofessoren erst nach und nach schrittweise mit jeweils steigenden Lehrverpflichtungen belastet. Das ist, glaube ich, ein guter Weg, den sie gehen. Die Universität bekommt das Recht, Juniorprofessoren an der gleichen Universität zu berufen, allerdings dann auch mit einem ordentlichen, normalen, regelhaften Berufungsverfahren. Beides, finden wir, sind gute Regelungen.

Wir dürfen allerdings in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, dass wir gerade jetzt, wo so viele Juniorprofessuren besetzt werden, sehr darauf achten müssen, dass tatsächlich bei der großen Aufgabe der Förderung von Frauen in wissenschaftlichen Berufen ein Sprung gemacht wird und dass dort, wenn schon nicht mit einer Quotierung, dann aber doch darauf geachtet wird, dass Frauen wirklich zum Zuge kommen.

Insgesamt die Juniorprofessoren! Wenn Bremen sich so stark macht, und wir sind an der Spitze, dann kann das nur bedeuten, dass Bremen bundesweit zeigt: Bremen ist ein Wissenschaftsstandort, wo junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Chance haben, sich zu bewähren. Mit dieser Botschaft, mit diesem Image sollten wir auch richtig bundesweit auftreten. Ich kann und will gar nicht verhehlen, dass die heutige Debatte einen gewissen Schlusspunkt bietet, dass es auch für mich persönlich eine Genugtuung ist, denn wir haben in der Tat vor sechs Jahren den ersten Antrag dazu eingebracht, und die Forderungen, die wir damals erhoben haben, sind alle abgearbeitet mit einer Ausnahme, das ist das Beamtenrecht für Professoren. Ich gestehe ein, dass ich das als aktiver Abgeordneter wohl nicht mehr erleben werde, das ist so. Das Brett ist erheblich zu dick gewesen.

Ansonsten, meine Damen und Herren, ist klar: Das, was wir jetzt haben machen können, ist das Ergebnis der ersten vier Jahre Rotgrün in Berlin, nachdem sich in langen Jahren davor schon richtig der Mehltau über diese Frage gelegt hatte. Wenn ich mich zurückerinnere, Herr Jäger und Herr Eckhoff, an die Wissenschaftsdebatte des letzten Monats, dann kann ich Ihnen nur sagen, Sie haben auch in dieser Debatte eine unrühmliche Rolle gehabt. Sie haben sich aus Angst vor alten Männern der Wissenschaft nicht getraut, die heilige Kuh der Habilitation anzugreifen, Sie haben eine zögerliche, abwartende, abwehrende Haltung eingenommen! Sie haben lange nicht gewusst, was Sie wollten, und immer wieder sind Sie auf die Bremse getreten. Das ist schade, aber das ist natürlich Ihr eigenes Problem.

Ich bin überzeugt, dass wir jetzt erfolgreich mitten in großen Veränderungen sind, die uns weiterbringen auf den Weg größerer Dynamik, Flexibilität und vor allen Dingen auch internationaler Attraktivität der deutschen Hochschulen und der Hochschulen in Bremen. Deswegen ist dieser vorläufige Ab

schluss dieser Diskussion wirklich ein schönes Ergebnis!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Jäger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind sachlich und verantwortungsbewusst zunächst mit dem Antrag der Grünen umgegangen und haben uns des Themas in der Deputation angenommen. Allerdings macht mich der Beitrag von Herrn Dr. Kuhn hier mehr als ärgerlich!

Eines einmal vorweg: Glauben Sie nicht, dass Herr Eckhoff und ich nur mit grauhaarigen und älteren Professoren reden! Wenn Sie glauben, Sie können das so in die Ecke abtun, dass wir die Einzigen sind, die die Fortsetzung oder die Aufrechterhaltung der Habilitation wollen, so ist das natürlich schlichtweg falsch.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Politisch ja!)

Wir reden auch mit jüngeren Professoren, also machen Sie es sich nicht so einfach! Lassen wir das! Wir reden hier einmal eben zum Antrag, Herr Dr. Kuhn.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Die Einwände sind von Ihnen nie ge- kommen!)

Wir haben uns um den Vertrauensschutz derjenigen gekümmert, die nun von der fünften und sechsten Hochschulrahmenrechtsnovelle betroffen wurden. Zunächst einmal: Wenn Sie das als rotgrünen oder grünen Erfolg der Hochschulpolitik hier kennzeichnen, dann können Sie das nicht in Richtung CDU sagen, dann müssen Sie sich an die rotgrüne Bundesregierung wenden, die nämlich diese Geburtsfehler schon in den Änderungen mit verursacht hat. Hätten Sie darauf gehört, was Verbände und Institutionen, aber auch die CDU-Bundestagsfraktion gesagt hat! Wenn man diese Dinge berücksichtigt hätte, dann wären solche Fehler nicht passiert. Insofern wäre der beste Weg des Vertrauensschutzes wahrscheinlich gewesen, es wäre eine andere Bundesregierung gewählt worden, aber gut, lassen wir das!

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen])

Sie haben die sechste Novelle hinterhergeschoben, und dann ist die Frage, waren es handwerkliche ju––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ristische Fehler, oder wollten Sie die Stimmen einfach nicht hören? Das ist doch der Punkt!

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Die Kritik kam von Ihnen nie, Herr Jäger! Ich habe sie nicht gehört!)

Das Zweite ist, hier ist noch einmal der Wissenschaftstarifvertrag angesprochen worden! Da sind wir uns nun einig, dass wir den wollen. Ich kann noch einmal ein Zitat aus der „taz“ hier vom Anfang des Jahres bringen, das ich mit Genehmigung des Präsidenten vortragen möchte: „Das größte Versäumnis der rotgrünen Bundesregierung ist, dass sie diesen Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Tarifautonomie nicht korrigiert hat. Arbeitgebern und Gewerkschaften gelingt es doch am besten, in kollektiven Vereinbarungen Beschäftigungsbedingungen auszugestalten und Interessen auszugleichen.“ Da kann man der „taz“ nur zustimmen, da hat sie Recht, meine Damen und Herren! Ich hätte mir schon gewünscht, dass wir nicht erst am Beamtenrecht herumdoktern müssen, sondern dass wir gleich in wissenschaftskonforme Tarifverträge kommen. Das ist allerdings eine Frage an die Verbündeten von Frau Bulmahn und der rotgrünen Bundesregierung, und da haben offenbar einige nicht in der Reihe gestanden und Frau Bulmahn allein stehen lassen.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Welche Länder haben das denn ver- hindert?)

Reden wir noch einmal über das Ziel! Es geht hier nicht um Vertrauensschutz als Selbstzweck. Die Ursache dieser ganzen Diskussion ist, dass wir in Deutschland den Braindrain stoppen müssen, dass wir mehr Leistung und Wettbewerb an den Hochschulen haben wollen, und da werden wir Sie in den nächsten vier Jahren prüfen, ob das gelingt oder nicht. Bei dem Teil Juniorprofessur haben Sie uns beispielsweise in der Reihe, aber warten wir doch einmal ab, wenn die Bundesförderung ausläuft, was dann mit den Juniorprofessuren ist, ob sie sich wirklich soweit verankert und verwurzelt haben, oder ob das Ganze möglicherweise auch in einigen Bereichen ins Leere läuft! Wir bleiben da am Ball, in diesem Sinne sind wir mit Ihrem Antrag einvernehmlich umgegangen.

Was die politischen Ruhmesblätter betrifft: Ich glaube, dass wir uns da nicht zu verstecken brauchen und uns von Ihnen aber auch nicht sagen lassen müssen, was nun richtig und was falsch ist. Wie gesagt, im Bund gab es die Diskussion auch schon früher. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Berk.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stimme Herrn Jäger zu. Wir sind in einer vernünftigen Art und Weise mit dem Antrag umgegangen. Das ist ja auch unstrittig, und ich habe zu denjenigen gehört, die der Meinung waren, dass wir eigentlich darüber jetzt nicht mehr zu reden brauchten, weil alles so gut gelaufen ist.

Nun hat Herr Jäger ja von dem Ärger der CDU gesprochen. Da muss ich doch noch einmal sagen, wir sind gut mit diesem Antrag umgegangen, und wenn Sie hier beklagen und dann auch noch die „taz“ zitieren, „größtes Versäumnis von Rotgrün“, das mag vielleicht im Moment der Eindruck der „taz“ gewesen sein. Wenn ich aber bedenke, was diese rotgrüne Bundesregierung alles geschafft hat, was sie in diesen vier Jahren alles auf den Weg gebracht hat, Dinge, die bei Ihnen brachgelegen haben, und Sie stellen sich jetzt hier hin und bemängeln und quaken herum, also, Herr Jäger, das kann es ja nun wirklich nicht gewesen sein!

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. T i t t m a n n [DVU])

Wir haben noch längst nicht alles erreicht, aber mit der fünften Novelle des Hochschulrahmengesetzes wurde eine grundsätzlich neue Struktur des wissenschaftlichen Mittelbaus eingeführt. Die Betroffenheit und Verunsicherung bei denjenigen, die sich zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens bereits in der Qualifizierung befanden, entstand durch mangelnde Information. Das war kein schlechtes Handwerk, es fehlte die Kommunikation!

Mit der sechsten Novelle sind Übergangsregelungen festgelegt worden und der Vertrauensschutz gesichert. Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, wäre das ja gar nicht geschehen, aber der Bundespräsident hat unterschrieben, und insofern können die, die sich zuerst betroffen gefühlt und sich Sorgen gemacht haben, jetzt sagen, diese Übergangszeit trägt dazu bei, gewisse Dinge zu regeln.

Wenn Sie jetzt sagen, Professoren, die alten Professoren sind zum Teil dagegen! Es gibt ja sehr aufgeschlossene Professoren, auch an unserer Universität, und Herr Kuhn hat zu Recht gesagt, wir haben ja schon die ersten Juniorprofessoren. Jetzt wird es Zeit, dass wir uns über unser Bremisches Hochschulgesetz als Koalitionäre einigen, damit das dann auch alles auf der richtigen rechtlichen Grundlage geschieht.

Ich bin froh, dass die Bundesregierung, dass Rotgrün neue Wege beschritten hat. Das sind wesentliche Verbesserungen. Der eigene Tarifvertrag für den Wissenschaftsbereich ist ein wichtiges Ziel, meine Damen und Herren, da sind wir uns ja einig, und wenn wir uns anstrengen, schaffen wir das auch! Wenn wir dann hier die Debatte haben und Rotgrün und Schwarz sagen, das ist eine gute Sache, ich weiß,

es wird Ihnen vielleicht nicht so leicht fallen, weil man grundsätzlich die Beschlüsse dieser neuen Bundesregierung, die jetzt wiedergewählt worden ist, kritisiert, aber wenn sie gute Dinge auf den Weg bringt, dann können Sie sich durchaus auch einmal ein Lob abringen, denn das, was Sie in 16 Jahren nicht geschafft haben, haben wir tatkräftig angepackt.

(Unruhe bei der CDU)

Wenn Sie gute Projekte gehabt hätten, wären Sie ja vielleicht wiedergewählt worden, und das ist ja am 22. September nicht passiert! Ich bin dafür, dass die rotgrüne Regierung auch im Wissenschafts- und Forschungsbereich die positive Politik fortsetzt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung geschlossen. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/1084 ist durch die Drucksache 15/1244 erledigt. Meine Damen und Herren, die Bürgerschaft (Land- tag) nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 15/1244, Kenntnis.

Bericht des Petitionsausschusses Nr. 49 vom 24. September 2002

(Drucksache 15/1247)

Wir verbinden hiermit:

Bericht des Petitionsausschusses Nr. 50 vom 15. Oktober 2002

(Drucksache 15/1259)

Eine Aussprache ist nicht beantragt worden. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Behandlung der Petitionen in der empfohlenen Art zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

(Einstimmig)

Meine Damen und Herren, Sie sehen, ich habe hier nichts mehr vorliegen. Das bedeutet, dass wir die Tagesordnung für heute abgearbeitet haben. Ich bedanke mich für die konzentrierte Beratung und schließe die Sitzung.

(Schluss der Sitzung 17.26 Uhr)