Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

Ich bedanke mich an dieser Stelle auch noch einmal bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Verkehrsbetriebe, die lange überlegt haben, ob sie auf die Straße gehen, und gesagt haben, dieser Kompromiss ist tragfähig. Ich finde das gut, dass wir gemeinsam so etwas erreicht haben, und hoffe, dass wir jetzt im Sinne von dem guten Tag für das Land Bremen, den Frau Stahmann hier angesprochen hat, zu einem gemeinsamen Votum kommen, damit das ein guter Tag wird für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land und auch für die betroffene Wirtschaft. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Pflugradt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben im Oktober hier einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem sie gesagt haben, es soll ein Landesvergabegesetz geben, und es soll noch im Jahr 2002 ein Landesvergabegesetz geben. Diese Zusage, die wir abgegeben haben, halten wir auch ein. Wir werden ein Gesetz beschließen, und insofern wird das, was wir zugesagt haben, auch eingehalten.

Frau Stahmann, wenn Sie uns hier besonders vorführen wollten mit Ihrem Beitrag, sollten Sie sich einmal ein bisschen an die eigene Nase fassen. Wer so laut tönt, sollte sich erst einmal in den eigenen Reihen umschauen, wo Sie an der Regierung beteiligt sind, zum Beispiel Schleswig-Holstein. Fragen Sie doch einmal Ihre rotgrüne Landesregierung, ob die da weiter ist, oder Nordrhein-Westfalen, ob die da weiter sind als wir! Tun Sie doch nicht so, als hätten Sie die Weisheit mit Löffeln gegessen!

(Beifall bei der CDU)

Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht unbedingt mit Steinen werfen!

Eine zweite Bemerkung will ich machen: Ich habe nichts gegen die Namen, die hier darunter stehen, nur einer stört mich, das sage ich auch ganz freimütig, eine Kollegin hat nicht unbedingt einen Beitrag dazu geleistet, damit dieses Vergabegesetz zustande kommt. Manchmal sollte man, bevor man eine Presseerklärung abgibt, sich vorher auch ein bisschen schlau machen oder vielleicht nicht sogar wider besseres Wissen eine Erklärung abgeben. Ich halte so etwas nicht für glücklich. Manchmal sollte man überlegen, bevor man etwas schreibt.

(Beifall bei der CDU – Abg. S c h r a m m [Bündnis 90/Die Grünen]: Das konnten wir nicht nachvollziehen!)

Eine dritte Bemerkung, die ich machen möchte: Der Kollege Sieling hat auf den Koalitionsvertrag hingewiesen, dass wir 1999 hier eine Verabredung getroffen haben im Hinblick auf ein Landesvergabegesetz. Ich weise nur darauf hin, dass dieser Koalitionsvertrag eine ganze Reihe von Unterschriften trägt, nicht nur von irgendwelchen Leuten, sondern von mehreren Leuten, die hier auch im Saal sitzen.

(Abg. T e i s e r [CDU]: Daran brauchen Sie mich nicht zu erinnern! – Heiterkeit)

Danke!

(Abg. T e i s e r [CDU]: Das ist wie mit dem Personalvertretungsgesetz!)

Ich wollte auf die Koalitionsvereinbarung hinweisen und auf die Diskussionen verweisen, die wir hier geführt haben, auch in der eigenen Fraktion. Wir waren eigentlich immer der Auffassung, dass es viel sinnvoller ist, ein Bundesvergabegesetz zu verabschieden. Dazu gab es im Übrigen auch Initiativen der unionsgeführten Bundesländer, darauf will ich hinweisen, und ich will auch darauf hinweisen, dass das Bundesvergabegesetz nicht an der CDU/CSU so gescheitert ist, sondern dass es da querbeet ging. Insbesondere die Ostländer waren es, die ein Problem damit hatten, logischerweise. Das war keine Parteienfrage, sondern es war eine Frage der Länderinteressen. Auch dies gehört zur Wahrheit, wenn man dieses Gesetz beurteilt. Es gab auch entsprechende Initiativen des Senats, der von SPD und CDU getragen wird, dass wir ein Bundesvergabegesetz wollten. Es ging nicht um die Frage des Ob, sondern es ging um die Frage des Wie.

Nachdem dies gescheitert ist, haben wir als CDUFraktion gesagt, wir werden einem solchen Vergabegesetz zustimmen, und das hat die Fraktion auch mehrheitlich beschlossen. Natürlich gab es auch Bedenken, die man ernst nehmen muss, die ich auch

ernst nehme, das ist völlig klar. Wer hier glaubt, das, was wir hier jetzt machen, sei das einzig Richtige, ist, glaube ich, nicht gut beraten. Man muss den Sachverhalt schon sehr differenziert beurteilen.

Es ist nur so, Berlin war das erste Bundesland, das ein Vergabegesetz hatte. Ich will gar nicht darauf eingehen, dass es gerichtlich teilweise für nichtig erklärt worden ist, aber vom Prinzip ist es erhalten geblieben. Die Bayern waren die Nächsten. Das Saarland war dann das nächste Land, das eines verabschiedet hat, und danach kamen erst andere Bundesländer. Die meisten sind jetzt auf dem Weg, ein solches Gesetz zu verabschieden.

Unsere Position war im Übrigen immer die, dass wir gesagt haben, solange Niedersachsen kein Gesetz hat, wäre es völlig falsch, in Bremen solch ein Gesetz zu machen, und deswegen ist die Reihenfolge erst Niedersachsen und dann Bremen eine richtige Reihenfolge. Wenn wir als Sanierungsland, umgeben von Niedersachsen, Vorreiter gewesen wären, wäre das ein falsches Signal gewesen. Deswegen ist es richtig, wenn Niedersachsen solch ein Gesetz macht, dass wir dann erst danach solch ein Gesetz anstreben, was wir heute hier tun, und uns an diesem Gesetz orientieren.

Eine nächste Bemerkung, die ich machen möchte, ist im Hinblick auf den ÖPNV: Ich sehe hier einige von der BSAG, auch aus dem Aufsichtsrat, von den Arbeitnehmervertretern. Ich will auf die Diskussion, die wir da im Aufsichtsrat geführt haben, die wir aber sonst auch hier in den Gremien führen, eines ganz deutlich sagen: Wer will, dass, wenn es den freien Wettbewerb auf diesem Markt gibt, die Arbeitsplätze auf Dauer erhalten bleiben, sicherlich alle, dass dieses Unternehmen erhalten bleibt, der muss dafür sorgen, dass dieses Unternehmen wettbewerbsfähig gemacht wird im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denn es geht um deren Arbeitsplätze. Da nützt es überhaupt nichts, irgendwelche Beschränkungen hier bremisch herbeizuführen. Das wird auf Dauer nicht funktionieren. Das wissen aber auch, glaube ich, alle Beteiligten im Sinne der Erhaltung dieser Arbeitsplätze.

Es gibt einen zweiten Gesichtspunkt. Bremen ist ein Sanierungsland. Wir müssen überall sparen, wir können nicht nur im öffentlichen Dienst sparen, was wir ja wirklich massiv tun. Wir müssen generell sparen, und wir geben ja wirklich viele Millionen DM für den öffentlichen Personennahverkehr aus.

(Zuruf von der CDU: Euro!)

Entschuldigung, Euro, ja! Da bin ich aber, glaube ich, nicht der Einzige, der sich hin und wieder noch einmal verspricht.

Auch aus diesem Grunde können wir uns manches, was uns lieb und teuer geworden ist, nicht mehr leisten. Darauf will ich ausdrücklich hinweisen. Die

BSAG muss wettbewerbsfähig gemacht werden, so schnell und so zügig, aber auch so verträglich wie möglich.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich will darauf hinweisen, dass wir über diesen Gesetzentwurf, der Kollege Sieling hat das auch angesprochen, mit allen, die davon betroffen sind, gesprochen haben, eine Anhörung gemacht haben mit allen, die davon betroffen sind als Verbände. Er hat ja auch ausgeführt, dass lediglich ein einziger Verband dort Probleme hatte. Ich will deswegen noch einmal aus einer schriftlichen gemeinschaftlichen Stellungnahme von zwei Verbänden mit Genehmigung des Präsidenten zitieren, und zwar vom Verband der baugewerblichen Unternehmer im Lande Bremen e. V. und vom Verband der Bauindustrie Bremen-Nordniedersachsen. Dieses Schreiben ist vom 9. Dezember 2002, und dies wird im Übrigen nicht nur von denen so gesehen, sondern von den Gewerkschaften genauso gesehen. Mit Genehmigung des Präsidenten zitiere ich aus diesem Schreiben:

„Nachdem ein Vergabegesetz auf Bundesebene nicht zustande gekommen ist, begrüßt die Bauwirtschaft die Gesetzesinitiative für ein bremisches Landesvergabegesetz, um Wettbewerbsverzerrungen auf dem Gebiet des Bauwesens entgegenzuwirken. Schon seit einer Reihe von Jahren beeinträchtigt der Einsatz von Niedriglohnkräften einschließlich illegaler Arbeitnehmer und Schwarzarbeiter die Rahmenbedingungen am Baumarkt in Deutschland und auch in Bremen.“

Das ist letzten Endes auch der Grund, warum wir als CDU-Fraktion gesagt haben, wir stimmen solch einem Vergabegesetz zu, und wir werden dieses Gesetz heute in erster und zweiter Lesung beschließen mit einem entsprechenden In-Kraft-Treten, wie es hier auch angesprochen worden ist. – Ich darf mich bedanken!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Jägers.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! In der Tat, wir beenden heute ein Stück weit eine lange Debatte, die wir hier über die Jahre geführt haben, mit der Zustimmung zu einem Landesvergabegesetz. Dass mich das freut, brauche ich hier, glaube ich, nicht näher zu erläutern. Herr Pflugradt, Sie haben sicherlich Recht, dass das Landesvergabegesetz nicht das Einzige ist, um sozusagen den ganzen Arbeitsmarkt zu befrieden, zu steuern oder zu verbessern. Das Landesvergabegesetz ist aber ein Teil eines Bündels, das wir brauchen, um wieder fairen Wettbewerb am Bau und auch an an

deren Arbeitsplätzen herzustellen. Wir sind die öffentliche Hand, und die öffentliche Hand muss in dieser Frage mit gutem Beispiel vorangehen. Deswegen brauchen wir ein Landesvergabegesetz.

(Beifall bei der SPD)

Arbeitnehmer und Arbeitgeber der Bauwirtschaft begrüßen das Landesvergabegesetz, das ist von allen meinen Vorrednern hier schon gesagt worden. Die Lage am Bau rechtfertigt auch, dass wir ein Landesvergabegesetz dort bekommen. Hoher Arbeitslosigkeit, die am Bau ja extreme Ausmaße – ich habe die Zahlen hier alle schon einmal genannt – erreicht hat, muss begegnet werden, indem es Vergaberegelungen gibt, die dafür sorgen, dass unsere Bauleute hier vor Ort wieder in Lohn und Brot kommen und auf den Baustellen Arbeit finden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Tarifverträge beinhalten ja ein gegebenes Wort, ein Wort der Arbeitgeber, gemeinsam mit den Gewerkschaften ausgehandelt. Dieses Wort der Arbeitgeberseite hat aus vielerlei Gründen, was ich gern zugeben will, nicht mehr seine Bedeutung, die es haben muss. Meine Damen und Herren, Tarifverträge regeln Mindestlohn und Mindestarbeitsbedingungen. Diese Tarifverträge sind wie ein gegebenes Wort, wir Bauleute kennen das, einzuhalten. Deswegen muss es da auch diese Regel, das Landesvergabegesetz, geben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir fördern den Mittelstand – deswegen stimmen ja auch Bauindustrie und Baugewerbe zu –, weil die Aufträge zukünftig anders vergeben werden müssen, losweise Vergaben, Vergaben nach Gewerken wird es geben. Das ist Mittelstandsförderung, wie sie übrigens auch in der VOB schon immer festgeschrieben ist. Das ist einer der Pluspunkte des Vergabegesetzes. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass wir eine Transparenz in die Vergaben bekommen, eine Nachvollziehbarkeit. Welches sind eigentlich die Grundlagen, nach denen vergeben wird? Das Landesvergabegesetz wirkt wie die anderen Vergabegesetze auch durchaus korruptionsbekämpfend, weil eben Transparenz hergestellt wird, Transparenz, die wir brauchen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Kontrolle und strikte Anwendung des Gesetzes müssen selbstverständlich sein. Gesetze müssen nicht nur erlassen, sie müssen auch angewendet werden,

sonst sind sie schlicht nichts wert. Wir werden also Kontrolle brauchen. Wir haben ja auch Kontrollinstrumente hier gemeinsam geschaffen, die gemeinsame Ermittlungsgruppe Arbeit, die Arbeitsamtsbehörden, die Zollbehörden – ich will sie nicht alle aufzählen –, die im Übrigen einen guten Job machen, haben eine neue Rechtsgrundlage, nach der sie dann auch mit Hilfe der Bauverwaltung prüfen können, ob dieses Gesetz eingehalten wird. Sie haben schon nachgefragt und gesagt, gut, dass ihr ein Gesetz macht, wir haben dann Handlungsspielräume, wir haben Freiräume, es ist gut, wenn besser kontrolliert werden kann.

Wir brauchen noch eine Rechtsverordnung – die ist in Niedersachen im Übrigen gerade in Arbeit –, welche Tarifverträge denn nun Anwendung finden sollen. Das muss der Senat jetzt machen, das ist Hausarbeit sozusagen, bis das Gesetz seinen Lauf nimmt bis zum März. Bis dahin muss eine Verordnung, wie auch immer – das Gesetz gibt ja vor, wie das laufen soll –, geschaffen werden, um dann dort auch festzulegen, welche Tarifverträge Grundlage sind. Wir unterbinden diese unsäglichen Nachunternehmerketten: Ein Nachunternehmer ernennt einen Nachunternehmer, der ernennt einen Nachunternehmer, bis keiner mehr weiß, wer auf der Baustelle arbeitet. Keiner weiß mehr, wer für Arbeitssicherheit zuständig ist, die Leute erleiden Unfälle, es gibt keinen, der weiß, dass da überhaupt welche gearbeitet haben. Diese Ketten unterbinden wir, und das ist auch gut so, das brauchen wir!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Arbeitgeber und Gewerkschaften sind aufgefordert, in tariflosen Bereichen, die es gibt, Tarifverträge zu schließen, weil es jetzt ein Vergabegesetz gibt, das sich auf diese Tarifverträge bezieht. Auch da, in dieser Hinsicht, gibt es Chancen für die Arbeitnehmer und Arbeitgeberverbände. Wir, meine Damen und Herren, sind für Wettbewerb. Wir stellen uns diesem Wettbewerb, Wettbewerb ist auch okay, das ist sozusagen natürlich. Diesem Wettbewerb wollen wir uns stellen, aber dieser Wettbewerb muss fair sein. Wir schaffen mit dem Landesvergabegesetz einen fairen Wettbewerb, denn Wettbewerb braucht Regeln. Deswegen ist auch für mich heute ein schöner Tag wie für uns alle. – Danke!

(Beifall)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Da der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/1323 zurück

gezogen wurde, lasse ich über den Gesetzesantrag der Fraktionen der SPD und der CDU abstimmen. Wer das Vergabegesetz für das Land Bremen, Drucksache 15/1325, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

(Einstimmig)