Protokoll der Sitzung vom 22.01.2003

Es gab innerhalb des Ausschusses noch eine weitere Variante, wie man mit diesem Gesetz hätte umgehen können. So haben wir diskutiert, ob wir vielleicht den Artikel 1 dieses Gesetzes, der den Geist des Gleichstellungsgesetzes schon sehr deutlich zum Ausdruck bringt, schon in dieser Legislaturperiode beschließen und dann die vielen Detailfragen, die quer durch alle Ressorts von diesem Gesetz berührt sind, erst in der nächsten Legislaturperiode beschließen. Wir sind dann aber auch im Einvernehmen mit den Vertretern und Vertreterinnen der behinderten Menschen hier im Land Bremen übereingekommen, dass wir nun diesen Weg wählen. Wir wollen also ein geschlossenes Landesgleichstellungsgesetz beschließen, und das aber dann auch so schnell wie möglich.

Ich denke, es ist noch einmal deutlich zu machen, auch in diesem Antrag: Es geht keineswegs darum, dass man, wenn man sich mehr Zeit für die Beratung eines Gesetzes lässt, dann mit geringerer Intensität an der Konkretisierung arbeitet. Nein, das ist damit überhaupt nicht gemeint! Damit ist gemeint, dass wir einen hohen Anspruch haben im Hinblick auf das, was in diesem Gesetz auch an konkreten Fragen geregelt sein soll, und das benötigt Zeit, sowohl bei der Politik, aber auch bei der Verwaltung im Hinblick auf die Zuarbeit, und deswegen gehen wir jetzt hier diesen Weg.

In diesem Ausschuss ist schon eine ganze Menge beraten worden. Der barrierefreie Zugang beispielsweise zu Wahllokalen ist erörtert worden, welche Möglichkeiten gewählt werden können, damit Behinderte an Wahlen teilnehmen können, ich erinnere hier an die Landesbauordnung, eines der wichtigsten Themen. Im Rahmen des Landesgleichstellungsgesetzes ist das von Bedeutung, aber hier muss man auch schon einmal deutlich sagen, der Landesbauordnung ist nun mittlerweile von der Deputation für Bau zugestimmt worden, das heißt, sie wird uns hier in diesem Hause schon im Februar erreichen, und damit ist ein wichtiges Element für das Landesgleichstellungsgesetz im Prinzip schon in der nächsten Parlamentssitzung hier im Hause wieder Thema und wird – so hoffe ich jedenfalls! – auch die Zustimmung der Mehrheit dieses Hauses finden.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Es wird noch weitere Konkretisierungen geben müssen im Hinblick auf die Schulen Bremens. Auch hier müssen wir feststellen, dass es im Schulgesetz behindertenpolitisch gesehen schon sehr viele fortschrittliche Formulierungen gibt. Hier wird es noch Überprüfungen geben, und wir werden an einzelnen Stellen auch noch überprüfen müssen, ob dort tatsächlich das, was an Anspruch bereits formuliert ist, mittlerweile mit Leben gefüllt ist.

Auch für das Hochschulgesetz kann man deutlich sagen, dass dort schon Elemente des Bundesgleich

stellungsgesetzes übernommen worden sind, jedoch haben wir es auch hier immer noch mit einem Bereich zu tun, wo wir im Hinblick auf das Landesgleichstellungsgesetz auch noch aktiv werden müssen.

Ich möchte noch auf ein Thema hinweisen, das sicherlich noch eine große Kontroverse werden wird, wir haben es in dem Ausschuss bisher noch nicht beraten, aber die Planungen sehen vor, dass dieses Thema bald beraten werden wird, und das ist das des Behindertenbeauftragten. Ich erwarte, dass wir hier eine kontroverse Diskussion führen. Die Behindertenbeauftragten haben dazu eine sehr klare Position, die haben sie auch schon seit Jahren formuliert, und hier werden sicherlich die Argumente auch noch einmal ausgetauscht werden, und diese Diskussion ist ein ganz zentraler Bestandteil dieses Landesgleichstellungsgesetzes.

All das müssen wir noch beraten, das werden wir auch abarbeiten mit dem gleichen Engagement, wie wir es bisher gemacht haben, so dass ich hoffe, dass wir noch vor Ablauf dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf vorliegen haben, der so gut ist, dass er dann in die Abstimmungsverfahren kommen kann. Ich hoffe sehr, dass wir noch in diesem Jahr, vielleicht schon im frühen Herbst, also nach der Sommerpause, dann tatsächlich zu einer Beschlussfassung im Hinblick auf dieses Gesetz kommen.

Ich freue mich jedenfalls, meine Damen und Herren, auch wenn wir im Hinblick auf das Abarbeiten der Detailfragen nicht die nötige Geschwindigkeit erreicht haben, dass wir jetzt hier mit einem solchen Entschließungsantrag noch einmal deutlich machen: Wir wollen ein solches Landesgleichstellungsgesetz, das wird es geben. Wir fordern auch noch einmal auf, schon damit anzufangen, die kommunale Ebene zu beleuchten, also nicht erst abzuwarten, bis das Land fertig ist und dann die kommunale Ebene anzugehen, um auch jetzt schon zu sagen, die beiden Kommunen müssen sich auch darum kümmern, dass der Geist dieses Gesetzes in ihren Handlungsfeldern auch zur Umsetzung gelangt. Deswegen bin ich auch sehr optimistisch, dass es dann auch so kommt, wie wir es jetzt geplant haben. Wir haben eine realistische Zeitplanung, und ich glaube, für die Konflikte, die es auch zwischen den Fraktionen auszutragen gilt, haben wir dann genügend Zeit, so dass wir ein gutes Gesetz bekommen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Erstes möchte ich einmal sagen, dass es sich hierbei ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

um die Umsetzung eines Reformvorhabens der rotgrünen Bundesregierung handelt, und die Grünen sind immer noch ein bisschen stolz darauf, dass es dort gelungen ist, das Bundesgleichstellungsgesetz zu schaffen, was ja dann in den Ländern und Gemeinden umgesetzt werden muss, und wir erarbeiten hierfür rechtliche Regelungen.

In der Arbeitsgruppe der Deputation gibt es eine gute Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Politik, und es ist auch, wie auch versprochen worden ist, zu einer Beteiligung der Behinderten an der Beratung der einzelnen Regelungen gekommen. Das ist konstruktiv und in weiten Teilen einvernehmlich, wobei ich den grünen Wunsch, dass wir das Gesetzesvorhaben lieber in einem richtigen Parlamentsausschuss erarbeiten, eigentlich immer noch für besser gehalten hätte, weil ein Teil der zeitlichen Verzögerung, zu der es jetzt gekommen ist, auch ein bisschen damit zusammenhängt, dass nicht alle Ressorts gleich engagiert ihre Sachen anliefern und sich beteiligen. Wir Grünen haben uns ja mit diesem Weg jetzt einverstanden erklärt, hier diese Entschließung zu machen, die mit den Behinderten auch abgestimmt ist, und dann schauen, dass man in dieser Legislaturperiode so weit wie möglich kommt, damit das Gesetz in der nächsten dann schnell verabschiedet werden kann. Wir werden diesen Weg hier mitgehen, obwohl er natürlich auch gewisse Risiken beinhaltet, da soll man sich nichts vormachen.

In der Arbeitsgruppe war kontrovers – darauf will ich hier nur kurz eingehen – in der Vergangenheit die Frage, ob die bremischen Gesellschaften mit einbezogen werden sollen in die Verbesserung der Rechte behinderter Menschen, also ob man für die Gesellschaften verpflichtend vorschreiben soll, dass sie das Gleichstellungsgesetz anzuwenden haben. Da haben wir uns, glaube ich, auf eine Formulierung geeinigt, die diesem Ansinnen Rechnung trägt, aber trotzdem rechtskonform ist. Da ist also eine Lösung in Sicht. Es hat eine Kontroverse unter uns über die Frage des Finanzvorbehalts bei der Verpflichtung gegeben, Einrichtungen so umzubauen, dass behinderte Menschen sie barrierefrei erreichen können. Da hat sich die Arbeitsgruppe darauf geeinigt, den Finanzvorbehalt nicht aufzunehmen, und ich hoffe sehr, dass dieses Vorhaben in den Fraktionen auch hält. Mit den Grünen, das sage ich hier ganz klar, wird es kein Gleichstellungsgesetz geben, worin dann steht, Behinderte sind gleichgestellt, solange man irgendwo Geld dafür zusammenkratzen konnte. Das machen wir ausdrücklich nicht mit.

Ausgespart, darauf ist Herr Pietrzok schon eingegangen, ist bisher ausdrücklich der Behindertenbeauftragte. Ich glaube auch, dass wir zu einer Kontroverse kommen. Für die Grünen kann ich nur sagen, wir haben uns viele Jahre an vielen Punkten sehr distanziert zu einem ausufernden Beauftragtenwesen geäußert und finden auch immer noch, wie Frau Stahmann es hier vorhin vorgetragen hat, dass

man keinen Kinderbeauftragten braucht. Bei dem Behindertenbeauftragten, finde ich, hat es in der letzten Zeit doch eine ganze Menge neuer Aspekte gegeben, die die Grünen dazu bewogen haben zu sagen, wenn man eine richtige Konstruktion für den Behindertenbeauftragten findet und auch sicherstellt, dass er verpflichtet ist, dem Parlament zu berichten, und ihm eine kleine, aber schlagkräftige Verwaltung gibt, die sicherstellt, dass Behindertenpolitik als Querschnittsaufgabe wahrgenommen werden kann, dann würden wir dieser Idee doch nähertreten, aber, wie gesagt, das hängt ein bisschen von der konkreten Ausgestaltung ab.

Loben muss man ausdrücklich, das sehe ich auch so wie Herr Pietrzok, die Arbeiten an der Novelle der Landesbauordnung sind zu Ende, und das war auch sehr konstruktiv und einvernehmlich und kann sich auch sehen lassen. Alle Beteiligten haben da Kompromisse gemacht, und damit kann man jetzt ganz zufrieden sein.

Für die Grünen ist es wichtig, dass in diesem Zusammenhang die Integration behinderter Kinder in Schule und Kindergarten weiter in den Mittelpunkt der Überlegungen rückt. Die Regelungen im Schulgesetz sind weitgehender als die bremische Praxis. Insbesondere in der Sekundarstufe I ist es zu einem Stillstand der Integration – Frau Jansen nickt! – in den letzten Jahren gekommen, und ich finde, man muss die Erkenntnisse, die die Pisa-Studie uns gegeben hat, nämlich zu sagen, die Vielfalt in der Schule ist das, was ein gutes Bildungsklima schafft, nutzen, um der Integration behinderter Kinder in Kindergärten und Schulen neuen Vorschub zu leisten und sich neu mit diesem Thema zu beschäftigen. Für die Grünen kündige ich das an. Wir wollen, dass da dem Bremischen Schulgesetz in Zukunft eher Rechnung getragen wird, als es in der Vergangenheit gewesen ist.

Ich glaube, für die Grünen kann ich sagen, dass uns eine Sache im Zusammenhang mit dem Umgang des Gesetzes – zwar nicht so durchgehend, aber teilweise ist es aufgetreten – gestört hat: Wir würden heute sagen, dieses Gleichstellungsgesetz ist ein gutes Reformvorhaben, und das kann gelingen, und man muss die Vorteile, die darin bestehen, dass man so ein Gesetz auch in Bremen umsetzt, in den Mittelpunkt der Überlegungen rücken. Ich würde einmal sagen, man muss da mit dem Schlagwort Reformfreude herangehen. Stattdessen ist es sehr leicht so, dass dann im Zusammenspiel zwischen Politik und Verwaltung so ein Klima entsteht, ach du lieber Himmel, das müssen wir jetzt auch noch, und was soll das alles kosten, und wer soll das bezahlen, und welche Folgen hat das für den und den, und das ist irgendwie alles ganz schrecklich!

Ich sage einmal für uns – ich glaube, mit meinen Fachkollegen in SPD und CDU bin ich mir da auch einig –: Wir müssen es schaffen, an diesem Punkt ein Klima zu erzeugen, das ganz klar das Signal in

die Stadt sendet, behinderte Menschen sind uns willkommen. Es geht nicht darum, jetzt irgendwie ein Gesetz zu schaffen, wo sich alle im Grunde ganz schrecklich schwer tun und nur die Probleme und Schwierigkeiten sehen, sondern wo wir sagen: Ja, wir wollen das! Es trägt zum Reichtum einer Gesellschaft bei, wenn behinderte Menschen auf allen Ebenen teilhaben können. Es gibt eine soziale Prägung der Gesellschaft, es fördert den Zusammenhalt, und wir wollen dieses Gesetz, wir wollen, dass es gut ist, und wir sehen die Chancen, die darin für Bremen liegen, im Vordergrund und nicht, ob es jetzt Probleme bei der oder der Rampe in der oder der Einrichtung gibt.

Ich möchte gern, dass wir diese Haltung gemeinsam teilen, und dann wird das Gesetz, egal, ob es im Sommer oder im Herbst kommt, auch gut werden und den behinderten Menschen vor allen Dingen das geben, was sie brauchen, nämlich eine positive Stimmung für sie. Sie sind Teil der Gesellschaft, und wir wollen sie auch als solchen annehmen. Dafür werden wir uns jedenfalls einsetzen.

Es geht auch darum, meine Damen und Herren, die Behinderten haben sich ja mit diesem Verfahren, das wir hier jetzt wählen – in dieser Legislaturperiode bekommen wir das Gesetz nicht mehr hin, aber in der nächsten, das versprechen wir euch –, einverstanden erklärt. Das ist eine hohe Verpflichtung an alle Teile dieses Hauses, die Behinderten nicht zu enttäuschen. Sie geben nämlich ein Pfund aus der Hand, das Pfund ist die drohende Bürgerschaftswahl. Sie haben sich natürlich überlegt, an welchen Punkten sie da auf den einen oder anderen Teil dieses Hauses Druck ausüben können, damit wir ihnen gegenüber Versprechungen machen. Wenn die Behinderten darauf verzichten, dieses Pfund aus der Hand geben, ist es eine hohe Pflicht, auch nach der Wahl weiter mit ihnen im Gespräch zu bleiben, an Kompromissen interessiert zu sein und ihnen auch an vielen Punkten, denke ich, entgegenzukommen, weil das Gesetz nur Kraft entfalten wird, wenn es möglichst einvernehmlich zustande kommt und in der Gesellschaft akzeptiert wird, und dazu können wir beitragen. Ich finde, das müssen wir den Behinderten hier heute alle versprechen, und dann ist es auch egal, ob im Sommer oder im Herbst! – Vielen Dank!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Karl Uwe Oppermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es schön, dass wir nach dem Punkt „Kinderrechte in die Landesverfassung“ jetzt auch noch über die Behinderten reden. An vielen Stellen könnte man die Reden von vorhin nehmen und „Kinder“ streichen und „Behinderte“ einsetzen. Frau Linnert hat es zum

Schluss noch einmal ganz deutlich gesagt: Ein Gesetz allein verändert nichts. Es muss in den Köpfen, in den Herzen ein Umdenken erfolgen, sowohl bei der Behandlung der Kinder als auch bei dem Miteinander mit behinderten Menschen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Man könnte beinahe nach dem alten Kinderreim sagen: „Wer hat an der Uhr gedreht“. Vom 20. Februar 2002 ist dieser erste Entschließungsantrag gewesen, heute haben wir den 22. Februar 2003.

(Abg. Frau J a n s e n [SPD]: Januar!)

Ja, Entschuldigung, Januar! Da war ich ein bisschen zu weit! Wir haben uns verabredet, dass wir auf der Grundlage des Bundesgesetzes verfahren wollen. Ich will hier auch noch einmal erwähnen, dass die CDUBundestagsfraktion dieses Gesetz in Berlin weitgehend mitgetragen hat. An einigen Stellen hat es kontroverse Diskussionen gegeben, das liegt in der Sache, aber es ist mitgetragen worden.

Meine Damen und Herren, wir müssen, glaube ich, auch einen Dank an die Behindertenverbände richten, dass sie sich auf dieses Verfahren eingelassen haben, mit uns auf gleicher Augenhöhe – darauf legen wir immer sehr viel Wert – und gleichberechtigt in diesem Gremium zu sitzen, um mit uns dieses Gesetz zu bearbeiten. Die Zuarbeit einiger Ressorts hatten wir uns sicherlich etwas effektiver vorgestellt, und mir ist dabei auch klar geworden, dass einige Ressorts – Frau Senatorin, Sie werden es sicherlich am ehesten gemerkt haben – gar nicht die Sensibilität für dieses Thema hatten und vielleicht auch nicht die Fachleute, weil es sie in der Vergangenheit viel zu wenig berührt hat und es deswegen auch zu Anlaufschwierigkeiten in einigen Ressorts gekommen ist.

Als wir erfahren mussten, dass wir dieses Gesetz in der fünfzehnten Legislaturperiode nicht mehr verabschieden können, haben wir den beschriebenen Kompromiss gefunden: Wir arbeiten weiter, machen hier einen Entschließungsantrag, mit dem wir den Behinderten signalisieren, dass dieses hohe Haus fest entschlossen ist, solch ein Gesetz hier noch in diesem Jahr zu beschließen und hinter den Kulissen zügig daran weiter zu arbeiten.

Ich habe ein bisschen Angst, dass einige vor solchen Begriffen wie bei „Die Stadt soll barrierefrei“ Angst haben. Man muss denen vielleicht auch noch einmal deutlich sagen, dass dies nicht Sachen sind, die in einer Legislaturperiode umgesetzt werden können, auch nicht in zwei oder drei. Es wird sicherlich noch in vielen Fällen viel länger dauern, bis die ganze Stadt barrierefrei ist und wir ein Klima geschaffen haben, das den Behinderten so mit in den Mittelpunkt der Gesellschaft stellt, dass wir sagen können, es gibt keine Sonderregelung oder irgendetwas mehr.

Wir sind auf vielen Feldern, wir haben gesagt, wir wollen nicht hinter dem Bundesgleichstellungsgesetz zurückbleiben. Wir sagen hier in dem Antrag auch, dass wir bremische Perspektiven haben, wo wir gut liegen, womit wir uns in der Republik überall sehen lassen können: Unser ÖPNV ist bundesweit vorbildlich, die behindertengerechte Ausrüstung, Herr Pietrzok hat es angesprochen, von den Schulen, vieles steht allerdings im Gesetz und ist noch nicht so umfassend umgesetzt, das wird beim Antrag erwähnt. Wie behindertengerecht Bremen teilweise ist, können Sie daran sehen, dass viele Rollstuhlfahrergruppen gezielt Ausflüge nach Bremen machen, weil sie sich in Bremen hier mit ihren Rollstühlen wunderbar bewegen können. Das Deutsche Rote Kreuz macht gerade eine Großaktion, wo sehr viele Rollstuhlfahrer für einen oder zwei Tage nach Bremen kommen. Unsere Einrichtung für die Werkstatt Bremen, Martinshof, die begonnen hatte, Behinderte nicht nur hinter den Toren des Martinshofes arbeiten zu lassen, sondern Außengruppen gegründet hat – Kellogg war, glaube ich, eine der ersten, Bremer Steingut, Bremer Wollkämmerei, glaube ich, die Waschanlagen von der Polizei –: Voller Stolz erzählen diese Behinderten, sie arbeiten bei der Polizei, oder die anderen erzählen voller Stolz, sie arbeiten bei Daimler-Chrysler, die, das wissen viele gar nicht, für eines der teuersten Autos dieser Republik das versenkbare Seitenfenster herstellen. Ich glaube, das sind Sachen, die wir in Bremen durchaus vorzeigen können und die wir auch über die Landesgrenzen hinaus tragen können. Meine Damen und Herren, ich finde es gut, oder wir als CDU finden es gut, dass Behinderte in der Arbeitsgruppe mitarbeiten. Wir haben die große Freude oder den großen Nutzen, dass wir jemanden, der am Bundesgleichstellungsgesetz führend mitgearbeitet hat, als Berater der Behindertenverbände gewinnen können. Herrn Frehe ist da sicherlich auch Dank auszusprechen für diese Arbeit, die er dort gemacht hat. Wir haben einen Richter, der die juristischen Seiten sehr genau berücksichtigen kann, und wir werden sicherlich in der nächsten Zeit den einen oder anderen Streitpunkt oder Diskussionspunkt bekommen. Es gibt auch schon den einen oder anderen Dissens, der angemeldet worden ist. Das ist sicherlich in der Sache der Gesetze so. Meine Damen und Herren, es ist immer so, dass es Beifall gibt, wenn in Reden gesagt wird, Behinderte gehören nicht an den Rand der Gesellschaft, sondern in die Mitte der Gesellschaft. Dann gibt es Applaus, es kostet in der Regel nicht viel, dann zu applaudieren. Wir müssen so weit kommen, dass wir in den Köpfen und in den Herzen umdenken, dass jeder Behinderte – es gibt nicht „den“ Behinderten, es gibt keinen Standardbehinderten, genauso wenig, wie es einen Standardmenschen gibt – etwas Besonderes für sich ist, genauso wie jeder von uns für sich respektiert, dass er etwas ganz Besonderes für sich ist.

Wir haben heute über das Ehrenamt gesprochen. In der Behindertenarbeit spielt das Ehrenamt auch eine große Rolle. Viele Behinderte sind wirklich nur auf ehrenamtliche Zuarbeiten angewiesen. Das muss sich in dieser Gesellschaft ändern. Es muss dort ganz verbindliche Rechtsansprüche geben, das wollen wir mit diesem Gesetz auch regeln. Eine Sensibilität für dieses Thema muss entstehen, und Behindertenarbeit, Frau Senatorin, muss – ich weiß, dass Sie mit Ihren Kollegen und in der Staatsrätelenkungsgruppe darüber sehr viel nachdenken – nicht Aufgabe eines einzelnen Ressorts sein, sondern es ist eine Querschnittsaufgabe, die vor den Toren der Sozialpolitik nicht aufhört. Wir haben schon gehört, dass bei der Novelle der Landesbauordnung dort vorbildlich gearbeitet worden ist.

Meine Damen und Herren, wenn alle verstanden haben, dass das eine Querschnittsaufgabe ist, dann sind wir mit der Behindertenpolitik und mit einem Gleichstellungsgesetz, auch mit einem Geist des Gleichstellungsgesetzes, viel weiter. Der Ausschuss wird seine Arbeit fortsetzen, die Behindertenverbände machen mit, die Ressorts gehen an ihre jeweiligen Verordnungen und Gesetze heran. Das ist unterschiedlich viel pro Ressort. Es gibt sicherlich Bereiche, die jetzt erst einmal ganz verwundert feststellen, was sie alles ändern müssen, wenn man so ein Gesetz macht. Das hat mich auch verwundert, als ich das Gesetz aus Berlin gesehen habe. Das Gesetz hat, glaube ich, fünf Seiten, und dann hängen daran noch fast 100 Seiten mit Verordnungen, die geändert werden wollen. Ganz so viel wird es bei uns nicht werden.

Wir machen eine Zwischenetappe, meine Damen und Herren: Wir beraten in dem Ausschuss mit den Behinderten und den Fachressorts weiter, wir machen die Arbeit und beschließen, während die Abgeordneten aus der sechzehnten Legislaturperiode für sich dann den Ruhm einfahren, solch ein Gesetz beschlossen zu haben. Wir wollen fleißig und still und bescheiden daran arbeiten, damit es dazu kommt. – Ich danke Ihnen!

(Beifall)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Röpke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an unserer Gesellschaft ist eine zentrale Aufgabe. Deswegen begrüße ich es ausdrücklich und nachdrücklich, dass die Bürgerschaft diesen Antrag auf den Weg bringt.

Ich möchte nur zwei klare Aussagen machen, was mich beziehungsweise mein Ressort betrifft: Es ist aus meiner Sicht absolut wichtig, dass wir den inhaltlichen Standard des Bundesgleichstellungsgesetzes auf jeden Fall halten und nicht dahinter zurück

fallen, und ich sehe es, Herr Oppermann, als unsere Aufgabe, weiterhin mit großem Nachdruck dafür zu sorgen, dass wir dieses gemeinsame Ziel auch in der nächsten Legislaturperiode mit allen Ressorts erreichen. – Danke schön!

(Beifall)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 15/1350 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!